In welchen Fällen wird ein Fahrverbot angeordnet?

07.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Fahrverbot,Bußgeldbescheid,Punkte,Führerschein,Fahrerlaubnis Ein Fahrverbot trifft viele Pendler und Berufskraftfahrer hart. © Ma - Anwalt-Suchservice

Ein Fahrverbot hat die Folge, dass man für eine bestimmte Zeit nicht mehr mit einem motorisierten Fahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen darf. Aber: Wann müssen Verkehrsteilnehmer damit rechnen?

Wer ein Kraftfahrzeug, also ein motorisiertes Fahrzeug, fährt, muss bei einer Reihe von Verstößen gegen die Verkehrsregeln nicht nur mit einem Bußgeld rechnen, sondern auch mit einem zusätzlichen Fahrverbot. Dann darf man für einen begrenzten Zeitraum nicht mehr fahren. Während dieser Zeit muss man seinen Führerschein abliefern. Nach Ablauf des Fahrverbots erhält man ihn zurück. Wichtig ist es, das Fahrverbot vom Entzug der Fahrerlaubnis zu unterscheiden: Der Fahrerlaubnisentzug gilt nämlich auf Dauer, hier bekommt man den Führerschein nicht zurück. Stattdessen kann man ihn nach Ablauf einer Sperrzeit neu beantragen, häufig erst nach Vorlage einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU).

Nach welchen Verkehrsverstößen gibt es ein Fahrverbot?


Ein Fahrverbot kann infolge einer Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Dann ist gleichzeitig ein Bußgeld zu zahlen und ggf. fallen auch Punkte in Flensburg an. Fahrverbote wegen einer Ordnungswidrigkeit dauern ein bis drei Monate. Auf der anderen Seite kann ein Fahrverbot auch wegen einer Straftat verhängt werden. Hier kann es bis zu sechs Monate dauern. Zu einem Fahrverbot kommt es zum Beispiel bei bestimmten Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstößen oder Fahren unter Alkoholeinfluss.

Beispiele: Wann wird ein Fahrverbot verhängt?


Einige Beispiele nach dem Bußgeldkatalog 2023, der auch 2024 noch gilt:
Rotlichtverstoß: Wer eine rote Ampel missachtet, die bereits eine Sekunde lang rot zeigt, muss mit einem Bußgeld von 200 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot rechnen. Wenn dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden oder es zu einem Unfall kommt, steigt das Bußgeld. Es bleibt jedoch bei einem Monat Fahrverbot.

Blaulicht: Wer einem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Sirene nicht sofort Platz macht, riskiert ein Bußgeld von 240 Euro, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot. Das Bußgeld steigt bei Gefährdung anderer oder Unfall.

Falschfahrer: Wer auf der Autobahn in der falschen Fahrtrichtung unterwegs ist, hat mit 200 Euro Bußgeld, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot zu rechnen. Das Bußgeld steigt auch hier bei Gefährdung anderer oder Unfall. Falschfahrern droht jedoch auch ein Entzug der Fahrerlaubnis und eine strafrechtliche Verurteilung wegen Straßenverkehrsgefährdung.

Tempo: Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 26 bis 30 km/h können 235 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot fällig werden. Bei einer Überschreitung um 41 bis 50 km/h sind es zum Beispiel 560 Euro, zwei Punkte und zwei Monate Fahrverbot. Bei einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit innerorts um 51 bis 60 km/h sind es 700 Euro, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot. Ein Fahrverbot kann auch bei vielen anderen Varianten von Verstößen gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit die Folge sein.

Alkohol: Führt jemand ein Fahrzeug mit mindestens 0,5 Promille Blutalkohol, wird ein Bußgeld von mindestens 500 Euro verhängt. Hinzu kommen zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Wiederholungstäter müssen schon beim zweiten Mal mit rund 1.000 Euro und drei Monaten Fahrverbot rechnen. Von der dritten Tatbegehung an werden 1.500 Euro fällig, die anderen Folgen bleiben gleich. Auch beim Fahren unter Einfluss von Drogen gibt es ein Fahrverbot.

Wann wird wegen einer Straftat ein Fahrverbot fällig?


Nach § 44 des Strafgesetzbuches können Gerichte bei einer Verurteilung wegen einer Straftat zusätzlich zu einer anderen Strafe auch ein Fahrverbot verhängen. Was viele nicht wissen: Dies gilt seit 2017 auch für Straftaten, die überhaupt nichts mit dem Straßenverkehr zu tun haben. Diese umstrittene Änderung wurde eingeführt, da man der Meinung war, mit einem Fahrverbot auf Straftäter mehr Eindruck machen zu können, als mit anderen Strafen.

Ein Fahrverbot wegen einer Straftat wird immer dann angeordnet, wenn sich jemand unter Alkoholeinfluss einer Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig gemacht hat (§ 315c StGB) oder einer Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) und keine dauerhafte Entziehung der Fahrerlaubnis stattfindet. Diese beiden Delikte können sowohl unter dem Einfluss von Alkohol als auch unter dem von anderen Rauschmitteln begangen werden.

Kann ein Fahrverbot auch bei vielen kleineren Verstößen verhängt werden?


Ein Fahrverbot kann auch verhängt werden, wenn der Betreffende eine Reihe kleinerer Verkehrsverstöße begangen hat, die im Normalfall nicht so ernste Folgen haben würden. In solchen Fällen wird dem Fahrzeugführer eine besondere Beharrlichkeit im Hinblick auf seine Verkehrsverstöße unterstellt.

Beispiel: Das Oberlandesgericht Hamm verhandelte den Fall eines Mannes, der beim Telefonieren mit dem Handy während der Fahrt erwischt worden war. In den vorangegangenen zwei Jahren war er schon zweimal beim Telefonieren während der Fahrt ohne Freisprechanlage aufgefallen und hatte dafür Bußgelder entrichten müssen. Zwischendurch war er zusätzlich zweimal innerorts mit etwas über 20 km/h zu viel "geblitzt" worden – und wieder gab es Bußgeldbescheide. Beim fünften Mal – dem Handyverstoß – kam es zu einem Bußgeld von 100 Euro und einem Monat Fahrverbot. Er ging dagegen gerichtlich vor.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied: Wenn ein Verkehrsteilnehmer innerhalb von weniger als drei Jahren fünf leichtere Verkehrsverstöße begeht, die trotzdem ein gewisses Gefährdungspotential für Dritte haben, kann ein einmonatiges Fahrverbot ausgesprochen werden. Schließlich habe der Betroffene seine Pflichten als Autofahrer beharrlich verletzt (Beschluss vom 17.9.2015, Az. 1 RBs 138/15).

Kann ich das Fahrverbot auf meinen Urlaub verlegen?


Wurde gegen den Betreffenden innerhalb der letzten 24 Monate kein anderes Fahrverbot verhängt, kann dieser das Inkrafttreten des Fahrverbots in bestimmten Grenzen aufschieben. Das bedeutet: Man kann innerhalb der folgenden vier Monate selbst bestimmen, wann man das Fahrverbot antreten möchte. So lässt sich das Fahrverbot auf einen passenden Zeitraum verlegen. Aber: Dies ist nur möglich, wenn das Fahrverbot wegen einer Ordnungswidrigkeit verhängt wurde, also nicht nach einer Straftat. Und: Wiederholungstäter müssen den Führerschein sofort mit Wirksamwerden des Fahrverbots abgeben. Nicht möglich ist ein Aufteilen des Fahrverbots auf mehrere Zeitabschnitte.

Kann ich ein Fahrverbot in ein höheres Bußgeld umwandeln?


Ein Fahrverbot soll einen gewissen erzieherischen Charakter haben. Daher ist eine Umwandlung in ein höheres Bußgeld meist nicht möglich. Es gibt jedoch Ausnahmen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die wirtschaftliche Existenz des Fahrers durch das Fahrverbot akut gefährdet wäre. Kaum Chancen gibt es allerdings für Wiederholungstäter sowie bei Alkohol- und Drogendelikten oder bei Punkten in Flensburg.

Wie wird das Fahrverbot vollstreckt?


Zu dem im behördlichen Bescheid genannten Datum muss der betreffende Fahrer seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde oder bei der Polizei abgeben. Er kann ihn nach Ablauf der Fahrverbotszeit wieder abholen. Wenn er ihn nicht vorbeibringt, ist mit einer Beschlagnahme des Fahrzeugs zu rechnen, unter Umständen auch mit einem Hausbesuch durch die Polizei.

Was passiert, wenn ich trotz Fahrverbot ein Kfz fahre?


Fährt man trotz Fahrverbot, begeht man eine Straftat. Diese wird mit empfindlichen Strafen geahndet. Näheres dazu hier:
Fahren trotz Fahrverbot – was riskiere ich?

Wie kann ich mich gegen ein Fahrverbot wehren?


Wenn es sich um ein vom Gericht verhängtes Fahrverbot handelt, können Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden. Wenn dies unterbleibt oder über die Rechtsmittel entschieden wurde, wird das Fahrverbot rechtskräftig und muss angetreten werden.

Wurde das Fahrverbot von einer Behörde im Rahmen eines Bußgeldbescheids ausgesprochen, wird der Bescheid mit Zustellung wirksam. Dann beginnt das Fahrverbot mit dem im Bescheid genannten Tag. Allerdings kann gegen den Bescheid innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt Einspruch eingelegt werden. In diesem Fall wird das Fahrverbot bis zu einer Entscheidung über den Einspruch nicht rechtskräftig.

Neu: EU-Parlament stimmt für europaweite Durchsetzung von Fahrverboten


Das EU-Parlament hat am 6.2.2024 dafür gestimmt, Fahrverbote europaweit zu vollstrecken. Dann würde also etwa ein in Italien verhängtes Fahrverbot auch in Deutschland gelten und nicht nur in dem Land, in dem der Verstoß begangen wurde. Die Umsetzung dieses Beschlusses wird jedoch voraussichtlich noch zwei bis drei Jahre dauern.

Praxistipp zum Fahrverbot


Gerade bei Menschen, die beruflich auf ihren Führerschein angewiesen sind, ist ein Fahrverbot eine sehr einschneidende Strafe. Hier empfiehlt sich oft die Prüfung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Dieser kann feststellen, ob das Fahrverbot überhaupt zu Recht ausgesprochen wurde.

(Bu)


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 Stephan Buch
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