Reise mit dem Fernbus: Welche Rechte haben Busreisende?

09.07.2018, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (303 mal gelesen)
Reise mit dem Fernbus: Welche Rechte haben Busreisende? © Bu - Anwalt-Suchservice

In Deutschland gibt es mittlerweile ein dichtes Netz von Fernbuslinien. Busreisende sind sich oft nicht über ihre Rechte gegenüber dem Busunternehmen im Klaren. Hier einige rechtliche Tipps für das Reisen im Fernbus.

Immer mehr Menschen nutzen Fernbusse im Liniendienst, um preiswert und relativ bequem größere Strecken zurückzulegen. Denn nicht jeder hat ein Auto, oder auch Lust, damit schnell mal von Hamburg nach Stuttgart zu fahren. Fernbusse sind billiger als die Bahn und erfordern keine langfristige Vorplanung. Allerdings gibt es in der Fernbus-Branche auch einen harten Wettbewerb. Dies führt dazu, dass die Unternehmen oft Klauseln in ihren Beförderungsbedingungen verwenden, welche die Passagiere unangemessen benachteiligen. Die Gerichte haben bereits verschiedene solcher Klauseln für unwirksam erklärt. Und nicht zuletzt gibt es auch eine Verordnung der EU über die Fahrgastrechte im Busverkehr, die sogar Entschädigungen bei Verspätungen vorsieht.

Welche Rechte haben Fahrgäste nach der EU-Verordnung?


Die Rechte von Busfahrgästen regelt seit 2011 die Verordnung (EU) Nr. 181/2011. Nach dieser gilt zum Beispiel für Linienbusfahrten über 250 km Länge innerhalb von Deutschland: Verspätet sich die Abfahrt um mehr als zwei Stunden, wird sie annulliert oder ist der Bus überbucht, muss das Unternehmen den Reisenden vor die Wahl stellen:

- frühestmögliche Beförderung zum Ziel ohne Aufpreis oder
- Erstattung des Fahrpreises und wenn nötig kostenlose Rückfahrt zum Ausgangsort der Reise.

Wird dem Fahrgast diese Auswahl nicht angeboten, hat er zusätzlich zur Erstattung des Fahrpreises noch Anspruch auf eine Entschädigung von 50 Prozent des Fahrpreises, zahlbar innerhalb von einem Monat nach Einreichen des Entschädigungsantrags. Aber Reisende haben noch weitere Rechte.

Was passiert, wenn der Bus während der Fahrt liegenbleibt?


Technische Pannen kann es immer geben. Artikel 19 Abs. 3 der EU-Verordnung verpflichtet das Busunternehmen bei einer Panne auf der Strecke dem Reisenden die Weiterbeförderung vom Pannenort zum Fahrtziel oder zumindest zu einem geeigneten Wartepunkt oder Busbahnhof zu ermöglichen, von dem aus die Reise fortgesetzt werden kann.
Übrigens: Wird Reisegepäck beschädigt – etwa bei einem Unfall – muss das Busunternehmen dieses ersetzen (Art. 7 der Verordnung).

Wann muss ich über Verspätungen informiert werden?


Wird die Abfahrt eines Fernbusses annulliert oder verspätet sie sich, muss der Busbetreiber oder der Busbahnhofsbetreiber die Fahrgäste nach der EU-Verordnung so rasch wie möglich informieren, spätestens aber 30 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit. Wenn die voraussichtliche Abfahrtszeit bereits feststeht, müssen die Fahrgäste darüber informiert werden.

Welche Hilfeleistungen gibt es bei Verspätung und Annullierung?


Wird eine Abfahrt gestrichen oder verspätet sich die Abfahrt für eine über dreistündige Fahrt um mehr als 90 Minuten, muss das Busunternehmen den Fahrgästen kostenlos folgendes anbieten:

- einen Imbiss, eine Mahlzeit oder Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit oder Verspätung,
- wenn eine Übernachtung erforderlich wird, auch ein Hotelzimmer oder eine andere Unterbringung und Hilfe bei der Beförderung dorthin. Das Busunternehmen darf die Übernachtungskosten allerdings auf höchstens 80 Euro pro Nacht und auf höchstens zwei Nächte beschränken.

Welche Informationen muss mir das Busunternehmen geben?


Busunternehmen und Busbahnhofsbetreiber müssen die Fahrgäste spätestens bei der Abfahrt über ihre Rechte nach der EU-Verordnung aufklären. Dies kann auch durch Aushang im Busbahnhof oder im Internet erfolgen.

Welche Klauseln in Beförderungsbedingungen sind unwirksam?


Das Landgericht Frankfurt am Main hat eine ganze Reihe von Klauseln in den Geschäftsbedingungen eines Fernbus-Unternehmens für unwirksam erklärt (Urteil vom 13.3.2015, Az. 2-24 O 192/14).
So entschied das Frankfurter Gericht, dass eine Klausel unwirksam ist, die dem Busunternehmen erlaubt, bei Fernbus-Linienfahrten beliebig Haltestelle und Abfahrtzeit zu ändern. Zusätzlich sollte der Fahrgast noch verpflichtet sein, sich kurz vor der Abreise darüber zu informieren, ob die Reisedaten noch stimmen. Das Gericht dazu: Durch eine solche Vereinbarung werde das Risiko kurzfristiger Änderungen vollständig auf den Kunden verlagert. Dieser werde dadurch unangemessen benachteiligt.
Unwirksam ist auch eine Klausel, nach der das Ticket bei Übertragung auf eine andere Person unwirksam wird.
Das Gericht kippte auch eine Klausel, nach welcher der Fahrgast bei im Ausland startenden Linienbusfahrten vor der Abreise verpflichtet sein sollte, vor der Abfahrt noch einmal zu bestätigen, dass er tatsächlich mitfahren wollte.
Für eine sogenannte Rückreservierung, mit welcher der Kunde bestätigt, dass er eine gebuchte Fahrt auch wirklich antreten will, darf das Busunternehmen keine zusätzliche Servicegebühr erheben. Denn es findet ja auch keine zusätzliche Leistung statt.

Welche Haftungsbeschränkungen sind unwirksam?


Eine Begrenzung der Haftung des Busunternehmens für Schäden durch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auf höchstens 1.000 Euro ist nach dem Frankfurter Urteil unwirksam. Zumindest, wenn gleichzeitig die Haftung für beschädigtes Gepäck auf 1.200 Euro beschränkt ist. Denn: Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders, und hier weiß niemand, welche Haftung gemeint ist.
Auch die Begrenzung der Haftung des Busunternehmens auf den dreifachen Beförderungspreis, wenn dem Unternehmen nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden können, ist unwirksam. Denn dieser Haftungsausschluss würde auch Körper- und Gesundheitsschäden betreffen. Für diese kann man aber seine Haftung nicht per AGB-Formular ausschließen.

Unwetter und höhere Gewalt


Wenn die Straßen überschwemmt sind, fährt auch der Bus nicht weiter. Aber wer hat den Schaden?
Eine Klausel, nach der das Busunternehmen bei Annullierung oder Reiseabbruch infolge höherer Gewalt einen Teil des Ticketpreises als Entschädigung behalten darf, ist unwirksam. Denn sie widerspricht der EU-Verordnung.
Aus dem gleichen Grund ist auch eine Regelung ungültig, nach welcher der Fahrgast bei Kündigung des Reisevertrages durch das Busunternehmen wegen höherer Gewalt die Hälfte der Mehrkosten für seine Rückbeförderung tragen muss.
Erst recht war nach dem Frankfurter Gericht eine Klausel ungültig, die den Fahrgast dazu verpflichtete, bei einer Leistungsstörung alles Zumutbare zur Beseitigung dieser Störung beizutragen. Das Gericht stellte sich hier Reifen wechselnde Fahrgäste vor und sagte “nein”.

Was passiert, wenn man in den falschen Bus einsteigt?


Wer in Hamburg aus Versehen statt in den Bus nach Hagen in den nach Frankfurt einsteigt, kann keine Ansprüche gegen das Busunternehmen geltend machen. Dies entschied das Amtsgericht München. Ein Ehepaar hatte seinen Irrtum erst in Hannover bemerkt und war dort auf dem Busbahnhof abgesetzt worden. Die Mehrkosten für die Weiterreise konnten sie laut Gericht nicht vom Busunternehmen einfordern. Es sei nicht dessen Schuld, dass die Kläger in den falschen Bus gestiegen seien (Urteil vom 15.6.15, Az. 122 C 7088/15).

Praxistipp


Auch Busreisende haben Rechte. Geht bei einer Fernbusfahrt etwas schief, können Fahrgäste verschiedene Ansprüche geltend machen. Wichtig ist es, Beweise zu sichern – etwa die Tickets aufzuheben und womöglich die Adressen von Mitreisenden als Zeugen zu notieren. Unter den Rechtsanwälten, die sich mit dem Zivilrecht befassen, gibt es einige mit der Spezialisierung auf das Reiserecht. Hier sind auch Fernbusreisende am besten aufgehoben.

(Bu)


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 Stephan Buch
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