Insolvenzen 2013 und 2021: Rückblick und Ausblick

03.01.2021, Autor: Herr Hermann Kulzer / Lesedauer ca. 3 Min. (891 mal gelesen)
Es gab in 2013 spektakuläre Insolvenzverfahren im Fachhandel.
Was kommt in 2021? Viele erwarten eine Insolvenzwelle. Die Regierung versuchte, dies zu verhindern. Das Insolvenzrecht wurde reformiert- zuletzt Ende 2020 mit einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz. Dadurch sollen mehr Unternehmen eine Chance auf Erhalt, Sanierung und Restrukturierung erhalten und dies außerhalb eines Insolvenzverfahrens.
Das ist gerade in Zeiten von Corona mit erheblichen Belastungen für viele Unternehmen eine notwendige Hilfe.

1. Rückblick auf 2013
In 2013 betrug die Zahl der Unternehmensinsolvenzen 26.300. Der letzte spektakuläre Fall war die Praktiker-Pleite. Ursache war die wachsende Konkurrenz durch Online-Wettbewerber und zu starke Fixierung auf Rabatte (20 Prozent auf alles - außer Tiernahrnung). Praktiker hatte seine Position am Markt ausschließlich am Preis orientiert mit einer Niedrigpreisstrategie. Dies kann jedoch nur funktionieren, wenn man gegenüber dem Wettbewerber auch Kostenvorteile hat - wie Aldi und Ikea. 

1.1. Unternehmensinsolvenzen 2013: 26.300
1.2. Anteil der Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung: 10 Prozent
1.3. Negativrekord der Unternehmerinsolvenzverfahren in 2003: 40.000
1.4. Beteiligte Gläubigerforderungen in 2013 in Milliarden:10
1.5. Insolvenzschäden 2013 in Milliarden Euro: 27
1.6. Arbeitsplatzverluste 2013 durch Insolvenzen in Tausend: 285
1.7. Schutzschirmverfahren in 2013: 300
1.8 Bekannteste Insolvenzverfahren in 2013: *Praktiker (Baumarkt mit 7.600 Beschäftigten), *Max Bahr, *Flexstrom *Loewe (Fernsehhersteller)*Kunert (Strumpfhersteller)

2. 2021: Schutz der Unternehmen und vorbeugende Sanierung
Der Gesetzgeber wollte mit der Reform der Insolvenzordnung mehr Fortführungen und Sanierungen.
Wenn ein Unternehmen durch die Corona-Pandemie in eine Krise geraten ist oder gerät, muss nicht gleich ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, um das Unternehmen wieder zu stärken. 
Der Gesetzgeber schuf in 2020 einen Sanierungsmoderator, einen Restrukturierungsbeauftragten und einen Restrukturierungsplan. Ferner wurde zahlreiche Gesetze angepasst. Das Ziel: sanierungsfähige Unternehmen sollen erhalten werden.

Eine wichtige Neuerung in 2020: wer nach einer Krise in die Insolvenz gerät/geriet, erhält die Restschuldbefreiung jetzt schon nach drei Jahren. Dies gilt für Verbraucher, Unternehmer, Selbständige, Kaufleute und Handwerker.

3. 5 Tipps für 2021

Tipp 1
: Krisenvorsorge ist nützlich - ein gutes Forderungsmanagement notwendig
Neue Pleiten sind vorprogrammiert, da der Strukturwandel weiter seinen Tribut fordert. Es wird trotz der Maßnahmen der Regierung eine steigende Zahl von Insolvenzen geben - man erwartet ca. 40.000 Unternehmensinsolvenzen. Das bedeutet auch eine erhöhte Gefahr der Geschäftspartner vor Forderungsausfällen. Hier sollte die Vorsorge ansetzen durch ein geignetes Forderungsmanagement. 

Tipp 2:
 Der Wandel als Chance
Der Strukturwandel schreitet voran und fordert seinen Tribut. Wer den Wandel ignoriert, verschwindet. Digitale Geschäftsmodelle werden weiter stark wachsen und gerade den stationären Handel weiter zurückdrängen. Aber auch der stationäre Handel und das Dienstleistungsgewerbe ua. können an der digitalen Erweiterungen ihrer Portfolios arbeiten. Der Wandel ist auch Chance.

Tipp 3: Neue Sanierungswerkzeuge nutzen
Die Quote der Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung hat sich in den letzten Jahren erhöht- auch waren die Ergebnisse für die Gläubiger in Verfahren in Eigenverwaltung besser als bei normalen Insolvenzverfahren(Regelabwicklung). Jetzt hat der Gesetzgeber nochmals stark nachgebessert und auch die Sanierungswerkzeuge außerhalb eines Insolvenzverfahrens und außerhalb einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verbessert. Diese Werkzeuge können schon frühzeitig ansetzen und Helfen Krisen zu vermeiden oder zu bewältigen. 

Tipp 4: Fachanwalt als Berater, Helfer, Coach oder Moderator
Wer steigt auf einen hohen, gefährlichen Berg - allein?
Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht- Schwerpunkt Restrukturierung und Sanierung kann in ernsthaften Krisen helfen, dass das Unternehmen die Herausforderungen gut meistern kann. 
Er kann auch Coach, Helfer und Moderator sein- nicht nur ein "Bedenkenträger".

Tipp 5: Einfluss nehmen bei der Insolvenz des Geschäftspartners
Man hat Einflussmöglichkeiten im Falle einer Insolvenz des Geschäftspartners auf die Auswahl des Sachwalters oder des Insolvenzverwalters. Ferner kann man in der Gläubigerversammlung abstimmen, ob und wie das Unternehmen fortgeführt werden kann. Diesen Einfluss sollte man (besser) nutzen. 

Viel Erfolg in 2021.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (DIU)