Kapitalanleger aufgepasst: (Schein-)Renditen aus Schnellballsystemen können steuerpflichtig sein

16.09.2010, Autor: Herr Frank Brüne / Lesedauer ca. 3 Min. (2927 mal gelesen)
Zur Steuerpflichtigkeit von Scheinrenditen aus Schneeballsystemen.

Bei den sogenannten Schneeballsystemen handelt es sich um Kapitalanlagemodelle, die in der Regel allein dadurch funktionieren, dass die Zahl der Teilnehmer, die Geld in diese angebliche Kapitalanlage investieren, ständig wächst. Aus diesem Kapitalzufluss werden dann zunächst die versprochenen Renditen an die Anleger ausbezahlt. Das System bricht aber spätestens dann zusammen, wenn an immer mehr Teilnehmer Renditen ausgezahlt werden müssen, die durch neue Kapitalzuflüsse nicht mehr gedeckt sind. Das Unternehmen, das das Schneeballsystem betreibt, ist dann nach absehbarer Zeit überschuldet bzw. zahlungsunfähig und tritt den Gang in die Insolvenz an. Die Folge hieraus ist, dass die Kapitalanleger ihr angelegtes Kapital und auch ggf. wieder angelegte (Schein-)Renditen verlieren. Hieraus wird deutlich, dass es sich um ein betrügerisches System handelt und somit illegal ist.

Versteuerung von Scheinrenditen kann schnell teuer werden

Zu dem Verlust des angelegten Geldes kommt dann noch der Umstand hinzu, dass die Finanzverwaltung nicht nur die Renditen, die auch tatsächlich ausgezahlt wurden, versteuert, sondern auch die sogenannten Scheinrenditen, bei denen eine Auszahlung an die Kapitalanleger nicht erfolgt ist. Zu solchen Scheinrenditen kommt es nach folgender Verfahrensweise der betrügerischen Kapitalanlagemodellen:

Die Kapitalanleger werden mit dem Versprechen geworben, hohe Renditen zu erzielen. Nachdem die Geldanlage erfolgt ist, werden aus den frischen Kapitalzuflüssen weiterer Kapitalanleger tatsächlich Renditen gezahlt. Dabei ist ihnen nicht bekannt, dass es sich nicht um Gewinne aus der Geldanlage des Unternehmens handelt, sondern vielmehr aus den Kapitalzuflüssen neuer Kapitalanleger.

Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte und auch des Bundesfinanzhofes handelt es sich bei diesen Zahlungen nicht um steuerfreie Kapitalrückzahlungen, sondern Renditen, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind.

Der Betreiber des Schneeballsystems geht erfahrungsgemäß nach einiger Zeit dazu über, den Kapitalanlegern vorzuschlagen, die angeblich erwirtschafteten Renditen nicht mehr auszuzahlen, sondern ebenfalls in dem System anzulegen. Das heißt, dass ein tatsächlicher Geldzufluss bei dem Kapitalanleger nicht mehr erfolgt.

Bundesfinanzhof nimmt Kapitalanleger in die Pflicht
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist in der Wiederanlage der angeblich erwirtschafteten Rendite eine Gutschrift an den Kapitalanleger zu sehen, die ebenfalls zur Versteuerung von Einnahmen aus Kapitalvermögen führt. Dies gilt jedenfalls nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes so lange, wie der Betreiber des Schnellballsystems hinsichtlich dieser Scheinrenditen leistungsbereit und leistungsfähig ist. Damit hält der Bundesfinanzhof auch in seiner aktuellsten Entscheidung (Urteil vom 16.03.2010, AZ: VIII R 4/07) daran fest, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen selbst dann vorliegen, wenn ein Anleger lediglich eine sogenannte Scheinrendite erhält, die eben nicht ausgezahlt, sondern nur zu einer Gutschrift in den Büchern des Betreibers des Schneeballsystems führt.

Der Bundesfinanzhof begründet seine Ansicht damit, dass der Anleger eine Auszahlung hätte erreichen können, diese aber durch die Vereinbarung mit dem Betreiber des Schneeballsystems, die Rendite wieder anzulegen, unterblieben ist. Dabei kommt es dem Bundesfinanzhof nicht darauf an, ob Zahlungen an alle Anleger hätten erfolgen können. Es wird nur der konkrete Fall des jeweiligen Anlegers geprüft. Nur wenn es sich objektiv um eine Forderung gegen den Betreiber des Schneeballsystems handelt, die dieser nicht mehr erfüllen kann, scheidet nach Auffassung des Bundesfinanzhofes ein Zufluss aus.

Anwaltliche Hilfe kann die steuerliche Mehrbelastung verhindern
Kapitalanleger, die insoweit durch das oben beschriebene Schneeballsystem geschädigt worden sind, müssen also damit rechnen, für die nie erhaltenen Scheinrenditen Steuern zahlen zu müssen. Geprellte Anleger können aber unter Umständen eine zusätzliche steuerliche Belastung vermeiden, wenn eine mangelnde Zahlungsbereitschaft oder Zahlungsfähigkeit des Betreibers des Schneeballsystems in ihrem konkreten Einzelfall vorgelegen hat. Dies kann nur im Rahmen einer gründlichen Sachverhaltsaufklärung beantwortet werden. Die Opfer eines solchen Schneeballsystems sollten sich, sofern das Finanzamt auf die Scheinrenditen Steuern verlangt, kompetent beraten lassen. Ggf. können auf diese Weise hohe Steuerforderungen vermieden werden.

Frank Brüne
Rechtsanwalt/Steuerberater