Kein Mietvertrag möglich, wenn der Vermieter die Wohnung mit nutzt?

10.09.2016, Autor: Herr Anton Bernhard Hilbert / Lesedauer ca. 2 Min. (263 mal gelesen)
Der Ehemann ist alleiniger Eigentümer der Wohnung, die er zusammen mit seiner Ehefrau bewohnt. Kann er über die Mitnutzung einen Mietvertrag mit seiner Ehefrau schließen?

Nein, sagt der Bundesgerichtshof. Das widerspreche dem gesetzlichen Modell eines Mietverhältnisses (Urteil vom 27.04.2016 – VIII ZR 323/14).

Die Fallgestaltung, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, wies einige Besonderheiten auf. Zunächst hatten Eheleute die Wohnung gemietet. Anschließend hatte (nur) der Ehemann die Wohnung zu Eigentum erworben. Die Ehefrau machte geltend, dass der Mietvertrag, soweit er sie betraf, weiterbestand („Kauf bricht nicht Miete“, § 566 BGB) und vom Ehemann als jetzigem Vermieter übernommen worden sei. Deshalb zahle sie auch Miete an ihn.

Dieser erwägenswerten Auffassung erteilt der Bundesgerichtshof eine glatte Absage.

Er beruft sich dabei auf das gesetzliche Leitbild des Mietvertrages. Der Vermieter sei verpflichtet, dem Mieter den (ungestörten) Gebrauch der Wohnung zu gewähren, ihm also den Gebrauch an der Wohnung zu überlassen. Diese Gebrauchsüberlassungspflicht, so folgert das höchste deutsche Zivilgericht weiter, sei mehr als die Gestattung oder Duldung eines (Mit-)Gebrauchs oder die bloße Einräumung der Möglichkeit zum (Mit-)Gebrauch. Notwendig sei, dass der Vermieter dem Mieter den ungestörten alleinigen Besitz an der Wohnung verschaffe, damit dieser die Mietsache ausschließlich, „und zwar insbesondere auch unter Ausschluss des Vermieters, benutzen kann“, so das Urteil wörtlich.

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs kann ein Mietvertrag deshalb dann nicht geschlossen werden, wenn der Vermieter berechtigt ist, die Wohnung ebenfalls (mit) zu nutzen.

Konsequenter Weise darf der Mieter, der seine Freundin in die (Miet-)Wohnung aufnimmt, mit der auch keinen Untermietvertrag abschließen, der regelt, dass die Freundin Miete an ihn bezahlt.

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht, dass der Vermieter dem Mieter den alleinigen Gebrauch unter Ausschluss gerade des Vermieters verschaffen muss. Die einschlägige Vorschrift, § 535 Abs. 1 BGB, lautet wie folgt:

 

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren.

 

Unter dieser Formulierung muss nicht zwingend der Alleingebrauch verstanden werden. Es kann auch genügen, dem Mieter den Mitgebrauch zu gewähren.

Ob die Entscheidung richtig ist, mag daher bezweifelt werden. Sie nimmt jedenfalls der in die Wohnung aufgenommenen Person in unnötiger Weise den gesetzlichen Schutz des Mietrechts. Der wird aber mindestens genauso benötigt, wenn der Vermieter mit dem Mieter zusammen in der Wohnung lebt, möglicherweise gerade dann noch mehr.

Die beiden Wohnungsnutzer sind gezwungen, einen (möglichst schriftlichen) Nutzungsvertrag abzuschließen, der die beiderseitigen Rechte und Pflichten genau regelt. Die Praxis zeigt, dass solche Regelungen nur selten getroffen werden.  Auch dann gilt der gesetzliche Kündigungsschutz nicht für den „Mieter“. Gerade dem Schutzbedürftigen entzieht der Bundesgerichtshof den Schutz.