LAG Berlin-Brandenburg, Urt. 24.3.2021 - 4 Sa 1243/20

Homeoffice als mildere Maßnahme im Rahmen einer Änderungskündigung

Autor: RA FAArbR Prof. Dr. Stefan Lunk, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 07/2021
Das Angebot eines Homeoffice-Arbeitsplatzes ist zumindest dann keine mildere Maßnahme im Rahmen einer Änderungskündigung, wenn es Teil der unternehmerischen Entscheidung ist, bestimmte Arbeitsplätze in der Zentrale des Arbeitgebers zu konzentrieren und kein Homeoffice anzubieten.

KSchG § 1, § 2, § 4 Satz 1

Das Problem

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Die Klägerin ist seit 1992 in der Berliner Niederlassung der beklagten Arbeitgeberin, einer Bank mit Sitz in Wuppertal, als Vertriebsassistentin tätig. Anfang 2019 vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Er sieht u.a. vor, die Niederlassung in Berlin zu schließen, eine inhaltlich neu ausgerichtete Vertriebsassistenz in Wuppertal aufzubauen und nur die Außendienstmitarbeiter am Standort Berlin zu belassen, wo diese ihre Aktivitäten vom Homeoffice aus steuern könnten.

Die Klägerin erhielt eine ordentliche Änderungskündigung, gerichtet auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Wuppertal. Hiergegen wendet sie sich mit dem Argument, die Änderungskündigung sei unverhältnismäßig, da eine Weiterbeschäftigung im Homeoffice ein milderes Mittel sei. Ihre Arbeit sei bereits vollständig digitalisiert. Zudem habe auch ihr Ehemann, der im Außendienst für die Beklagte tätig sei, die Möglichkeit erhalten, in Berlin zu bleiben. Die Beklagte beruft sich auf ihre unternehmerische Entscheidung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LAG weist die Klage – anders als das Arbeitsgericht – ab. Schulbuchmäßig prüft die Kammer, ob das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin aufgrund der unternehmerischen Entscheidung zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und die Beklagte sich darauf beschränkt hat, nur Änderungen vorzuschlagen, die die Klägerin am wenigsten beeinträchtigen und die diese billigerweise hinnehmen musste.

Beides bejaht die Kammer. Insbesondere sei die unternehmerische Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch unvernünftig oder willkürlich. Ausweislich des Interessenausgleichs sei eine Änderung der gesamten Unternehmensstruktur nebst Zentralisierung bestimmter Tätigkeiten in Wuppertal beschlossen und diese sei auch tatsächlich umgesetzt worden. Die grundsätzliche Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sei unter Berücksichtigung dieser unternehmerischen Entscheidung kein milderes Mittel gewesen, was die Kammer näher ausführt.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Arbeits-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Arbeitsrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme