Lebensversicherung – Haftung des Versicherungsvermittlers bei Wechsel

02.02.2015, Autor: Herr Dierk Meinrenken / Lesedauer ca. 3 Min. (251 mal gelesen)
Der BGH hat in einer für Versicherungsnehmer wichtigen Entscheidung BGH vom 13.11.2014 - III ZR 544/13 - klargestellt, dass der Vermittler dem Kunden über Folgen und Risiken aufklären muss und dies im Zweifel beweisen muss.

Lebensversicherung – Haftung des Versicherungsvermittlers für Schäden durch Wechsel der Versicherung

Der BGH hat in einer für Versicherungsnehmer wichtigen Entscheidung BGH vom 13.11.2014 - III ZR 544/13 - klargestellt, dass der Vermittler dem Kunden über Folgen und Risiken aufklären muss und dies im Zweifel beweisen muss.

Leitsätze:

1. Bei einem Wechsel der Lebensversicherung muss der Versicherungsvermittler (hier: Versicherungsvertreter) seinen Kunden (Versicherungsnehmer) insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen.

2. Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist.

Folge davon ist, dass das neue Versicherungsunternehmen dem Kunden für alle Schäden haftet, die durch den Wechsel entstanden sind.

Sachverhalt (verkürzt):

Der Beklagte „überprüfte“ (!) den Versicherungsschutz der Versicherungsnehmer als selbständige Versicherungsvermittler. Anschließend kündigten die Kläger ihre mit der Versicherung abgeschlossenen Versicherungsverträge, hierunter auch eine seit dem 1. November 2004 bestehende und bis zum 1. November 2034 laufende kapitalbildende Lebensversicherung; das diesbezügliche Kündigungsschreiben war von dem Beklagten aufgesetzt worden.

Stattdessen schlossen die Kläger über den Beklagten neue Versicherungen einschließlich einer Lebensversicherung ab. Nachdem die Kläger zu der Einschätzung gelangt waren, dass die neuen Versicherungen für sie ungünstiger seien als die alten, widerriefen sie die Verträge mit der Begründung, sie seien falsch beraten worden.

Die Kläger schlossen dann neue Versicherungsverträge mit der Versicherung ab, nachdem der Versuch gescheitert war, den alten Lebensversicherungsvertrag aus dem Jahre 2004 wieder in Kraft zu setzen.

Schaden? Erheblich!

Nämlich der zwischenzeitliche Wegfall der Steuerfreiheit, das höhere Eintrittsalter mit höheren Prämien, den erneuten Anfall von Abschlusskosten und einen geringeren Garantiezins. Der den Klägern entstandene Schaden bemisst sich nach der Differenz der Kosten und Erträge der alten und der neuen Lebensversicherung.

Das sah der BGH auch so:

Sollte der Beklagte die Kläger nicht auf die negativen Folgen einer Kündigung der alten - für die Kläger günstigen - Kapitallebensversicherung hingewiesen haben, so hat er seine Beratungspflicht verletzt.

Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, dass es kein Protokoll und keine Auflistung über alle wesentlichen leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede der bestehenden und der angebotenen Versicherung gebe, und geltend gemacht, dass hieraus die Beweisbelastung des Beklagten folge.

Dieses Vorbringen, dass es an einer Dokumentation über die Beratung durch den Beklagten fehle, ist entscheidungserheblich. Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr nach sich ziehen.

Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt; hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Entscheidung des Näheren zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen.

Wird ihm diese Nachweismöglichkeit durch das Fehlen einer Dokumentation abgeschnitten, so hat dies zu seinen Gunsten Auswirkungen auf die Verteilung der Beweislast. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung - wie er auch hier in Rede steht - nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden.

Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so ist zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der betreffende Hinweis nicht erteilt worden ist, der Versicherungsvermittler mithin pflichtwidrig gehandelt hat.

Dierk Meinrenken
Fachanwalt für Versicherungsrecht