Müssen Bedenken wiederholt werden?

14.09.2018, Autor: Frau Esther Maria Czasch / Lesedauer ca. 3 Min. (140 mal gelesen)
In der Praxis haften viele Werkunternehmer, weil diese den Bauherren vergessen haben, schriftlich oder mündlich darauf hinzuweisen, dass die von ihm bereitgestellte Planung unzureichend oder mangelhaft ist, dass von ihm gelieferte Baumaterial ungenügend oder Vorleistungen anderer Unternehmer mangelhaft sind. Diese Pflicht des Unternehmers wird als Bedenkenanzeige bezeichnet und ist in §§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 2 VOB/B gesetzlich normiert. Doch auch wenn der Unternehmer seiner Pflicht nachgekommen ist, Bedenken anzuzeigen, heißt das nicht, dass er aus einer möglichen Haftung befreit ist. Der vom OLG Hamburg entschiedene Fall befasst sich mit der Konstellation, wie zu entscheiden ist, wenn einmal Bedenken geäußert wurden, die Planung sich dann aber geändert hat. Müssen die Bedenken nochmal wiederholt werden?

OLG Hamburg, Urteil vom 27.04.2016 - 11 U 179/09

Sachverhalt

Der Auftragnehmer erbrachte Werkleistungen u.a. an einer Garage und klagte auf Restwerklohn. Der Auftraggeber wendet Mängel wegen eines mangelhaften Fugensystems ein und rechnete mit Mängelbeseitigungskosten auf. Der Auftraggeber hatte ein Ingenieurbüro beauftragt, welches auch die bemängelten Fugen geplant hat. Diesem gegenüber wurden Bedenken wegen der Fugen gemeldet, sowohl schriftlich als auch später mündlich auf der Baustelle. Später wurde zwischen den Parteien ein Nachtrag beauftragt, dass nochmals vom Auftraggeber abgeändert wurde. Dieser beauftragte, jedoch abgeänderte Nachtrag entsprach nicht mehr der ursprünglich beauftragten Leistung in der Bedenkenanmeldung. Das Fugensystem wurde mangelhaft ausgeführt. Der Auftraggeber meint, der Auftragnehmer hätte erneut Bedenken anmelden müssen, damit er für Mängel nicht haftbar gemacht werden könnte.
 

Entscheidung

Das Gericht spricht dem Auftragnehmer den ausstehenden Werklohn zu.

Insoweit erachtet es die Bedenkenanmeldung als ausreichend an, obwohl diese nicht mehr ausdrücklich, auch nicht schriftlich, wiederholt wurde. Nach § 4 Abs. 3 VOB/B hat ein Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (...) dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Die Bedenkenanmeldung muss allgemein verständlich und so detailliert ausfallen, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, diese in angemessener Frist zu prüfen und auf der Grundlage der Prüfung Entscheidungen zu treffen bzw. Maßnahmen zu ergreifen. Je höher die Kenntnis des Auftraggebers, umso geringere Anforderungen sind an die Prüfungs- und Hinweispflichten zu stellen. Der Umstand, dass eine Fachplanung vorliegt, entbindet den Auftragnehmer aber nicht von seiner eigenen Prüfungs- und Hinweispflicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2013 - 23 U 185/11).

Erteilt gemäß diesen Anforderungen der Auftragnehmer eine Bedenkenmitteilung und reagiert der Auftraggeber auf diese und trifft eine andere Anordnung, muss in jedem Einzelfall der Auftragnehmer erneut prüfen, ob neue Bedenken geltend zu machen sind. In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass eine Wiederholung nicht erforderlich gewesen sei. Denn für das Gericht stand fest, dass der Auftragnehmer im Anschluss an die Änderung noch Bedenken geäußert hatte, obwohl tatsächlich ein falsches Fugensystem eingebaut wurde und der Auftragnehmer dies nicht wiederholt schriftlich gerügt hatte. Insoweit ist das Gericht davon ausgegangen, dass von einem Auftragnehmer nicht verlangt werden kann, noch einmal an den Auftraggeber heranzutreten, wenn dieser über die Bedenken vorher ausreichend schriftlich und mündlich informiert wurde, einen Fachberater an der Seite hatte, sich von diesem beraten lies, jedoch im Ergebnis eine andere Anordnung getroffen hat und der Auftraggeber in diesem Falle kein in Bausachen unkundiger Bauherr war.

Praxishinweis

Der Fall ist speziell und zeigt deutlich, dass es oftmals auf Kleinigkeiten ankommt. Daher ist immer sorgfältig zu prüfen, ob vom Unternehmer angemeldete Bedenken ausreichend vorgetragen wurden gegenüber dem Bauherrn und/oder von ihm beauftragten Fachplanern.

Entgegen der Entscheidung des Gerichts ist zu empfehlen, dass falls der Bauherr trotz ausreichender Hinweise und Bedenken, auch nach Einholung einer Beratung durch Planer, eine andere Art der Ausführung wünscht, die für den Auftragnehmer erkenntlich nicht zur Ausführung geeignet erscheint, er seine Bedenken nochmals schriftlich und mündlich wiederholen sollte. Die Gefahr besteht insbesondere, wenn der Bauherr ein Laie im Baurecht ist, dann müssen die Hinweise und Bedenken deutlich geäußert werden, weil solche Bauherren besonders schutzwürdig gelten und eingehender Beratung benötigen. Da ist ein Verweis auf einen beauftragten Fachplaner oftmals nicht ausreichend, um einer Haftung zu entgehen.

Handelt es sich aber bei dem Bauherrn um einen in Bausachen kundigen Bauherren, kann dies anders zu beurteilen sein. Dies ist aber stark Einzelfallabhängig und kann nicht pauschaliert werden. Sollte es dann zu einem Rechtsstreit kommen, sind alle Indizien heranzutragen und vom Gericht zu bewerten.