Neue Beschlüsse zu Filesharing-Abmahnungen: Vorgehensweise von Rasch, Waldorf, Negele – Zimmel und Co. ist rechtswidrig

22.09.2008, Autor: Herr Tim Geißler / Lesedauer ca. 2 Min. (3528 mal gelesen)
Kostenloser Download der Gerichtsbeschlüsse für Interessierte

Die altbekannte Vorgehensweise der Abmahnanwälte ist jetzt in mehreren von der Kanzlei GKS-Rechtsanwälte aus Wuppertal geführten Verfahren für rechtswidrig erklärt worden (vgl. die Beschlüsse vom Landgericht Krefeld, Az. 21 AR 2/08 und dem Landgericht Osnabrück, Az. 2 AR/140 Js 48962/07 – 7/08).

Die Vorgehensweise der Abmahnanwälte
Zuerst wird von den Abmahnern die IP-Adresse des Filesharingplattform-Nutzers ermittelt. Da diese IP-Adresse aber bloß aus einer nichtssagenden Zahlenfolge besteht mit der so nichts anzufangen ist, bedienen sich die Abmahnanwälte einer besonderen Vorgehensweise: Sie stellen Strafanzeige gegen den unbekannten Nutzer der IP-Adresse und lassen dann von der – mit weit reichenderen Kompetenzen ausgestatteten - Staatsanwaltschaft Namen und Adresse des Nutzers über den Provider ermitteln. Diese Informationen werden dann im Wege der Akteneinsicht von den Abmahnanwälte „abgerufen“ und für die dann folgenden Schadensersatzforderungen und Unterlassenserklärungen verwendet.

Der Beschluss der Landgerichte Krefeld und Osnabrück
Gegen diese Vorgehensweise hatte die Wuppertaler Kanzlei GKS-Rechtsanwälte in mehreren Verfahren mit Erfolg Rechtsmittel eingelegt und bei den Gerichten beantragt festzustellen, dass diese Vorgehensweise rechtsmissbräuchlich und rechtswidrig ist. Mit Erfolg, denn die angerufenen Landgerichte stellten einen Verstoß gegen elementare Prozessrechte der Betroffenen sowie eine Beeinträchtigung von Grundrechten fest, sofern der Inhaber der IP-Adresse nicht selber Musiktitel heruntergeladen oder zum Download angeboten hat, sondern ein Dritter (z.B. Mitbewohner) den Internetanschluss verwendet hat.
Interessierte können den musterhaften Beschluss des LG Krefeld unter kostenlos herunterladen.

Konsequenz aus dem Beschluss: Verwertungsverbot
Im Einklang mit der Rechtsprechung des Landgerichts Frankenthal (Beschluss vom 21.05.2008, Az. 6 O 156/08) ist aus diesem Verstoß ein Verwertungsverbot für die auf diesem Weg erlangten Informationen zu folgern. Dies bedeutet praktisch nichts anderes, als dass der Abmahnende zwar Namen und Adresse des Anschlussinhabers mitgeteilt bekommt, jedoch diese Informationen nicht verwerten darf, also so tun muss, als hätte er „den Namen nie gehört“. Dies führt dazu, dass die von den Abmahnern geltend gemachten Ansprüche gerichtlich nicht durchsetzbar sind, weil der Nutzer der IP-Adresse quasi unbekannt bleibt.

Neue Rechtslage seit September 2008 – kostenlose Checkliste zum Download
Seit September 2008 gilt jedoch das neue Urhebergesetz. Ob dieses den „Umweg über die Staatsanwaltschaft“ jedoch überflüssig macht, kann erst die Zukunft zeigen. Gerade in Fällen, in denen nur wenige Titel heruntergeladen wurden, bleibt aber zu befürchten, dass die Abmahnanwälte sich auch weiterhin der Staatsanwaltschaft als Informationsquelle bedienen werden. Eine kostenlose Checkliste mit den wichtigsten Punkten zur Reform des Urheberrechts finden Sie ebenfalls unter

Hilfe für Betroffene
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Gerichtsbeschlüsse kann Abgemahnten nur dringend geraten werden, sich auf keinen Fall pauschal auf die Forderungen der Ahmahnanwälte einzulassen, sondern sich mit anwaltlicher Hilfe gegen die Forderungen zur Wehr zu setzen. Gerade weil die Rechtsprechung in diesem Bereicht immer undurchsichtiger wird, kann dabei nur geraten werden, sich einem auf Urheberrechtsverletzungen spezialisierten Anwalt zuzuwenden.

Tim Geißler
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Marc Jüngel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei GKS