Neue Hoffnung für Abgemahnte

18.06.2008, Autor: Herr Tim Geißler / Lesedauer ca. 2 Min. (3800 mal gelesen)
Schwere Niederlage für Rasch, Waldorf, Negele Zimmel und Co: Inhaberdaten der IP-Adressen im Zivilprozess nicht verwertbar!

Die Rechtsprechung ist dem Abmahnunwesen erneut deutlich entgegengetreten und hat dem „klassischen Weg“ einer Filesharing Abmahnung schwere „juristische Steine“ in den Weg gelegt. Abgemahnten kann damit vorsichtig Hoffnung gemacht werden, vielleicht überhaupt nicht mehr zahlen zu müssen.
Hintergrund ist, dass der rechtliche Weg der Filesharing Abmahnung eigentlich immer der Gleiche ist: Zuerst wird von den Abmahnern die IP-Adresse des Filesharingplattform-Nutzers ermittelt. Da diese IP-Adresse aber bloß aus einer nichtssagenden Zahlenfolge besteht mit der so nichts anzufangen ist, bedienen sich die Abmahnanwälte eines besondere Tricks: Sie stellen Strafanzeige gegen den unbekannten Nutzer der IP-Adresse und lassen dann von der – mit weit reichenderen Kompetenzen ausgestatteten - Staatsanwaltschaft Namen und Adresse des Nutzers über den Provider ermitteln. Diese Informationen werden dann im Wege der Akteneinsicht von den Abmahnanwälte „abgerufen“ und für die dann folgenden Schadensersatzforderungen und Unterlassenerklärungen verwendet.
Genau gegen diese Vorgehensweise richtet sich der aktuelle Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Beschluss vom 21.05.2008, Az. 6 O 156/08). Wie auch von der Kanzlei GKS schon mehrfach bei verschiedenen Gerichten angeregt, ist das Landgericht Frankenthal zu dem Schluss gekommen, dass die Auskunftserteilung über den Inhaber einer IP-Adresse dem Datenschutz unterliegt und damit rechtswidrig ist. Das bemerkenswerte an dieser Entscheidung ist jedoch, dass das Gericht ein Verwertungsverbot für die auf diesem Weg erlangten Informationen folgert. Dies bedeutet praktisch nichts anders, als dass das erkennende Gericht zwar Namen und Adresse des Filesharers mitgeteilt bekommt, jedoch diese Informationen nicht verwerten darf, also so tun muss, als hätte es „den Namen nie gehört“. Dies führt dazu, dass die von den Abmahnern geltend gemachten Ansprüche gerichtlich nicht durchsetzbar sind, weil der Nutzer der IP-Adresse quasi unbekannt bleibt.
Da die Gerichte im Bereich des Filesharing allerdings häufig unterschiedliche Positionen vertreten, bleibt abzuwarten, ob sich die Rechtsauffassung des Landgericht Frankenthal durchsetzen wird. Fest steht aber schon jetzt dass sich ein klarer Trend abzeichnen lässt, denn bislang haben nicht nur mehrere Staatsanwaltschaften die Zusammenarbeit mit den Abmahnanwälten durch Nichtgewährung des Akteneinsichtsrechts oder Einstellung der Verfahren wegen Geringfügigkeit verweigert sondern auch zuvor schon einige Gerichte zu Ungunsten der Abmahner entschieden (Informationen hierzu in den weiteren Fachartikeln von Tim Geißler).
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung kann Abgemahnten nur dringend geraten werden, sich auf keinen Fall pauschal auf die Forderungen der Ahmahnanwälte einzulassen, sondern sich mit anwaltlicher Hilfe gegen die Forderungen zur Wehr zu setzen. Gerade weil die Rechtsprechung in diesem Bereicht immer undurchsichtiger wird, kann dabei nur geraten werden, sich einem auf Urheberrechtsverletzungen spezialisierten Anwalt zuzuwenden.

Tim Geißler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht