Neue Rechtsprechung zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort bei Schäden in Zusammenhang mit Beladen eines Lkws!

29.06.2009, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 2 Min. (3329 mal gelesen)
Es liegt kein Verkehrsunfall vor, wenn ein Gegenstand im stehenden Verkehr beim Be- bzw. Entladen eines Lkw auf einen daneben stehenden Pkw fällt!

Vorliegend wurde dem Angeschuldigten unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, strafbar gemäß § 142 StGB, vorgeworfen. Beim Beladen seines Lkws wurde ein daneben stehender Pkw mit einem Schaden in Höhe von 1.100,- € wegen eines herabfallenden Ladungsteils beschädigt. Daraufhin erließ die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl, welcher jedoch vom zuständigen AG Tiergarten abgelehnt wurde.

Das AG Tiergarten begründete seine Entscheidung damit, dass kein Verkehrsunfall im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB vorliegt, wenn im stehenden Verkehr beim (noch nicht beendeten) Be- oder Entladen ein Gegenstand von einem Lkw auf einen daneben stehenden Pkw fällt, da sich in diesem Geschehen in keiner Weise irgendein typisches Unfallrisiko gerade des Straßenverkehrs verwirklicht hat. Der stehende Verkehr werde nicht von der Teilnahme im Straßenverkehr umfasst. Auch ist nicht ein Teil der Ladung von einem Kraftfahrzeug heruntergefallen, vielmehr hat der Angeschuldigte durch fehlerhaftes Beladen den Pkw beschädigt. Der Angeschuldigte hatte Sichtschutzzaunelemente aus Holz in den Transporter eingeladen. Eins dieser Zaunelemente berührte den Pkw, sodass dieses Fahrzeug beschädigt wurde.

Insoweit weicht das AG Tiergarten von der derzeitigen herrschenden Rechtsprechung ab. Eine etwaige Weiterentwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten.

AG Tiergarten, (290 Cs) 3032 PLs 5850/08 (145/08)

Ständige Rechtsprechung zum unerlaubten Entfernen von Unfallort beim Be- und Entladen:

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB setzt zunächst einen Unfall im Straßenverkehr voraus. Ein Verkehrsunfall ist ein plötzliches Ereignis im öffentlichen Verkehr, das mit dessen Gefahren in ursächlichem Zusammenhang steht und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat, der nicht ganz unerheblich ist. Auch Schadensereignisse im ruhenden Verkehr können Verkehrsunfälle sein, wenn sie verkehrsbezogene Ursachen haben. Ein Unfall liegt aber nur vor, wenn das Schadensereignis durch die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verursacht wurde. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist z B. das Hinunterklappen der Bordwand eines parkenden Lastkraftwagens, durch das ein parkendes Fahrzeug beschädigt wurde, als Verkehrsunfall im Sinne des § 142 StGB anzusehen. Indem auch der ruhende Verkehr erfasst ist, ist zudem bei einem herabstürzenden Ladungsteil, welches ein anderes parkendes Fahrzeug beschädigt ein Verkehrsunfall unabhängig davon gegeben, ob sich der Lkw im Betrieb befunden oder seinerseits geparkt gewesen ist.

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten. Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.