Neues Unterhaltsrecht seit 01.01.08 in Kraft!

10.01.2008, Autor: Herr Volker Schweer / Lesedauer ca. 3 Min. (2889 mal gelesen)
Am 09.11.2007 wurde durch den deutschen Bundestag das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts (UÄndG 2007) verabschiedet.

Am 01.01.2008 ist das Gesetz in Kraft getreten.

D a s n e u e U n t e r h a l t s r e c h t ( 0 1 . 0 1 . 2 0 0 8 )



I. Stärkung des Kindeswohls / Rangverhältnisse

Seit dem 01.01.2008 hat sich die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten dahingehend verändert, dass die minderjährigen Kinder und die ihnen gleichgestellten volljährigen, unverheirateten Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben, unterhaltsrechtlich nicht mehr dem Ehegatten des unterhaltspflichtigen Elternteils gleichstehen; vielmehr sind die Unterhaltsansprüche der Kinder vorrangig zu erfüllen. Diese Kinder stehen also im 1. Rang.

Dies bedeutet, dass, bevor Ehegattenunterhalt zu zahlen ist, der Unterhaltsbedarf der Kinder zu decken ist.

Sollte der Unterhaltspflichtige dann noch über Einkommen verfügen, das er für Unterhaltszwecke einzusetzen hat, wird dieses entsprechend dem jeweiligen Rang auf die verbleibenden Unterhaltsberechtigten verteilt.

Im 2. Rang stehen nunmehr die Ehegatten, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung wären, sowie der geschiedene Ehegatte bei einer Ehe von langer Dauer.

Im 3. Rang stehen die Ehegatten und geschiedenen Ehegatten, die nicht in den 2. Rang fallen.

Die Rangfolge kann unter anderem dazu führen, dass der geschiedene Ehegatte dem Ehegatten, der ein mit dem Unterhaltsverpflichteten ein gemeinsames Kind betreut, nachgeht, wenn die erste Ehe nicht von langer Dauer war.


II. Kindergeldanrechnung

Das Kindergeld, dass der Ehegatte erhält, bei dem das Kind bzw. die Kinder leben, ist nunmehr bedarfsdeckend auf den Unterhaltsanspruch des Kindes anzurechnen und zwar bei minderjährigen Kindern zur Hälfte, bei volljährigen Kindern in voller Höhe auf den von dem bzw. den Unterhaltsverpflichteten zu zahlenden Barunterhalt.

Vor der Gesetzesänderung wurde das Kindergeld bis zur 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle nur teilweise angerechnet.

Gleichermaßen haben sich jedoch auch die in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Unterhaltsbeträge (Stand 01.01.2008) geändert.

Die Höhe der Zahlbeträge hat sich indes nicht wesentlich geändert.

III. Verschärfung der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten

Der Grundsatz der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten wird durch das neue Unterhaltsrecht verschärft.

Zwar galt auch früher, dass die Ehegatten nach der Scheidung grundsätzlich für ihren Unterhalt selbst Sorge zu tragen haben; es gab jedoch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen, die es letztlich ermöglichten, dass ein Ehegatte unter Umständen ein Leben lang unterhaltsberechtigt gegenüber seinem früheren Ehegatten verblieb.

Dies ist zwar auch nach der Reform in Einzelfällen möglich; die Möglichkeiten sind jedoch sehr weit eingeschränkt.

Bis zum 31.12.2007 galt, dass die Erwerbsobliegenheit eines geschiedenen Elternteils, das ein gemeinsames Kind / gemeinsame Kinder zu betreuen hat, nicht bestand, wenn das Kind / jüngste der gemeinsamen Kinder noch nicht 8 Jahre alt gewesen ist.

Nach dem nunmehr neuen Recht kommt eine Erwerbsobliegenheit bereits ab dem 3. Geburtstag des Kindes / des jüngsten gemeinsamen Kindes in Betracht.

Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine Obliegenheit zu einer vollschichtigen Tätigkeit in diesem Alter des Kindes nur in Ausnahmefällen bestehen wird. Es sind jeweils die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Ist sonach zunächst nur eine Teilzeittätigkeit möglich, kommt also grundsätzlich noch Betreuungsunterhalt in Betracht.

Ebenso kann zu einer Verlängerung des Unterhaltsanspruchs die Lebensplanung der Eheleute führen. So wird ein Ehegatte, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft aufgegeben oder zurückgestellt hat, ein längerer Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden müssen als einem Elternteil, der von vorneherein alsbald in den Beruf zurückkehren wollte.

Es ist jeweils der Einzelfall entscheidend.

IV. Art der Erwerbstätigkeit des Ehegatten
Geändert hat sich nach neuem Recht auch, welche Tätigkeit dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach der Ehescheidung zugemutet werden kann. Früher kam es insbesondere auch auf die ehelichen Lebensverhältnisse an. Eine „Chefarztgattin“ konnte beispielsweise nicht zwingend auf eine Tätigkeit verwiesen werden, die sich nach ihrer Arbeitsbiographie für sie ergab.

Dies ist nach neuem Recht anders. Die Obliegenheit, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, wird in den Vordergrund gestellt. Dies bedeutet, dass sich ein Ehegatte, der vor der Ehe Aushilfsarbeiten verrichtet hat, sich grundsätzlich nicht mehr darauf berufen kann, wegen des durch die Ehe erlangten sozialen Standes dazu nicht mehr verpflichtet zu sein.


Volker Schweer
(Rechtsanwalt)