Orange Ocean: Totalverlust für Anleger von sechs Bulker-Fonds

22.04.2014, Autor: Herr Mathias Nittel / Lesedauer ca. 4 Min. (640 mal gelesen)
Mitte April 2014 eröffnete das Amtsgericht Hamburg die vorläufigen Insolvenzverfahren über sechs Orange Ocean Fonds. Für die Anleger bedeutet dies aller Voraussicht nach den Totalverlust ihrer Einlage.

Als einer der letzten Anbieter startete das Emissionshaus Orange Ocean im Jahr 2008 mit der Emission von Schiffsfonds, zu Beginn der sich abzeichnenden weltweiten Schifffahrtskrise. Allein sechs davon wurden im Jahr 2008 aufgelegt, ein weiterer im Jahr 2010.

Mitte April 2014 eröffnete das Amtsgericht Hamburg die vorläufigen Insolvenzverfahren über die beiden 54.000-tdw-Bulker MS Marietta Bolten (Orange Ocean 01) und MS Lucia Bolten (Orange Ocean 02) und die vier 35.000-tdw-Bulker MS United Tristan da Cunha (Orange Ocean 04), MS United Tronador (Orange Ocean 05), MS United Tambora (Orange Ocean 06) und MS United Takawangha (Orange Ocean 07). Für die Anleger bedeutet dies aller Voraussicht nach den Totalverlust ihrer Einlage.

Dass die Fondsgesellschaften die im Jahr 2008 aufgelegten Schiffe zu einer Zeit gekauft haben, in der sich die Kaufpreise für Bulker auf nie dagewesener Höhe befanden, stellte der Brancheninformationsdienst fondstelegramm bereits im Februar 2008 in der Analyse für den ersten Fonds MS Marietta Bolten (Orange Ocean 01) fest. Auch hinsichtlich des zwei Jahre später aufgelegten Fonds MS United Takawangha (Orange Ocean 07) kritisierte das fondstelegramm den hohen Kaufpreis. Letzterer war einer der Gründe, warum die in einen Markt mit fallenden Charterraten hinein aufgelegten Fonds scheitern mussten.

Die betroffenen Anleger der insolventen Orange Ocean-Fonds stehen nun vor der Alternative, erlittene Verluste hinzunehmen oder bestehende Möglichkeit der Erlangung von Schadenersatz zu nutzen. Die Chancen hierfür stehen nicht schlecht, bedürfen jedoch in jedem Einzelfall einer eingehenden Prüfung.

Völlig unzureichende Aufklärung über Risiken

Aus Gesprächen mit zahlreichen Anlegern wissen wir, dass diese über die Risiken, die sich in der gegenwärtigen Krise des Fonds verwirklicht haben, von ihren Beratern vor der Zeichnung des Fonds nicht informiert wurden. Geschlossene Fonds sind unternehmerische Beteiligungen die als solche das Risiko bergen, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil, wenn nicht sogar vollständig (Totalverlust) verloren gehen kann. Die Risiken der Beteiligung hätten daher einen wesentlichen Teil der Beratung bilden müssen.

Doch die Beratungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an dem Containerschiff, mit denen wir uns für unsere Mandanten bislang befasst haben weisen erhebliche Aufklärungspflichtverletzungen auf, von denen nachfolgend einige wenige genannt werden:

- Kein Hinweis auf Totalverlustrisiko: Ein Schiffsfonds ist eine unternehmerische Beteiligung. Als "Mitunternehmer" tragen die Fondsanleger unternehmerische Risiken, die bis hin zum Totalverlust des investierten Kapitals gehen. Nur ein geringer Teil der uns bekannten Schiffsfondsanleger wurde über diesen bedeutsamen Umstand informiert.

- Schiffsfondsbeteiligung als Altersvorsorge nicht geeignet: Zahlreiche Mandanten berichten uns, dass ihnen der Schiffsfonds als Altersvorsorge bzw. Anlage im Alter empfohlen wurde. Da eine Schiffsfondsbeteiligung eine unternehmerische Beteiligung mit hohen Verlustrisiken ist, ist sie als Altersvorsorge völlig ungeeignet. Der Bundesgerichtshof hat daher entschieden, dass Beteiligungen an geschlossenen Fonds nicht als Altersvorsorge empfohlen werden dürfen.

- Kein Zweitmarkt für "gebrauchte" Fondsbeteiligungen: Für Anteile an geschlossene Fonds gibt es keinen geregelten Zweitmarkt. Eine Veräußerung der Anteile ist daher in der Regel gar nicht oder nur mit erheblichen Preisabschlägen möglich. Hierüber wurden die uns bekannten Anleger mehrheitlich nicht informiert. In einigen Fällen wurde vielmehr damit geworben, dass die Anteile jederzeit auf einem Zweitmarkt zu veräußern seien.

- Hohe Weichkosten verschwiegen: Das von den Anlegern in die Orange Ocean Fonds investierte Geld ist nicht nur für den Kauf der Fondsschiffe aufgewandt worden. Ein wesentlicher Anteil des von den Anlegern aufgebrachten Kommanditkapitals in nicht investive Verwendungen, also diverse Dienstleistungsvergütungen (einschließlich Vertriebskosten), Zwischenfinanzierungszinsen und Gründungskosten. Die Berater der Anleger, mit denen wir gesprochen haben, haben sie nicht über die geplante Mittelverwendung und den Anteil der Weichkosten informiert.

- Kein Hinweis auf Höhe der Vertriebsaufwendungen: Die im Vertrieb tätigen Anlageberater wären verpflichtet gewesen, die Anleger darauf hinzuweisen, welcher Anteil der von ihnen investierten Gelder für Vertriebskosten eingeplant ist, denn sie übersteigen auch bei diesem Fonds nach unseren Berechnungen 15% des Emissionskapitals und damit den Wert, ab dem der Bundesgerichtshof eine ausdrückliche Information des Anlegers durch den Berater vorschreibt.

- Risiko des Wiederauflebens der Anlegerhaftung verschwiegen: Als Kommanditist haften die Schiffsfondsanleger grundsätzlich nur in Höhe ihrer Einlage. Ist diese geleistet, erlischt die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Sie lebt jedoch wieder auf, wenn Ausschüttungen gezahlt werden, bei denen es sich nicht um Bilanzgewinne der Gesellschaft handelt. Dies ist bei Schiffsfonds konzeptionsbedingt regelmäßig der Fall gewesen. Aus diesem Grund müssen Schiffsfondsanleger im Falle der Insolvenz der Fondsgesellschaft in der Regel die gesamten Ausschüttungen an den Insolvenzverwalter zurückzahlen.

Falschberatung und Prospektfehler begründen Schadenersatzansprüche der Anleger

Die im Vertrieb des Fonds beteiligten Berater haben die Anleger mit denen wir bislang gesprochen haben über die Risiken dieser hochspekulativen Schiffsfondsbeteiligung gar nicht oder nicht ausreichend informiert. Wir haben bei einer Analyse der Beratungen eine Vielzahl von Beratungsfehlern festgestellt. Daher sehen wir vielversprechende Chancen zur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen die Berater wegen der Verletzung von Pflichten aus den jeweils geschlossenen Beratungsverträgen. Die Gründungsgesellschafter des Fonds haften ebenfalls auf Schadenersatz, da sie sich die Beratungsfehler der Anlageberater zurechnen lassen müssen und für etwaige Prospektfehler haften.

Haben Sie Fragen zu Ihrer Fondsbeteiligung an einem Orange Ocean Fonds? Möchten Sie wissen, wie Ihre Chancen stehen, Schadenersatzansprüche durchzusetzen?

Rufen Sie uns an, wir wissen, wie Sie zu Ihrem Recht kommen!

Nittel | Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht
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