Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters

01.10.2011, Autor: Herr Hermann Kulzer / Lesedauer ca. 3 Min. (3075 mal gelesen)
Haftung des Insolvenzverwalters
Maßgebliche Gesetzesnorm
Beispiele für Pflichtverletzungen
Wer macht den Anspruch geltend?
Welche Verjährungsfrist gilt?
Höhe des Schadens
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Pflichtverletzungen von Banken, Bankvorständen, Schuldnern, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern und Geschäftsführern können zu Schadensersatz-ansprüchen in beträchtlicher Höhe führen. Steuerberater und Rechtsanwälte müssen daher Haftpflichtversicherungen abschließen. Auch Insolvenzverwalter können im Rahmen ihrer Berufsausübung Pflichtverletzungen begehen, die zu Schadensersatzansprüchen führen können.

I. Gesetzestext

§ 60 (Haftung des Insolvenzverwalters)
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

II. Beispiele

Eine Schadensersatzpflicht gemäß § 60 InsO besteht für/wenn:

die pflichtwidrige Begründung von Masseverbindlichkeiten, BGH, 06.05.2004 - IX ZR 48/03
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters verletzt hat, BAG, 25.01.2007 - 6 AZR 559/06
der Insolvenzverwalter eine Immobilie an einen unzuverlässigen Mieter vermietet dadurch den Rückgabeanspruch gefährdet, BGH, 25.01.2007 - IX ZR 216/05
wenn der Insolvenzverwalter nach eingetretener Masseunzulänglichkeit aus dem Verkauf von Massegegenständen vor Befriedigung der Verfahrenskosten die Umsatzsteuer begleicht,vgl. BGH, 14.10.2010 - IX ZB 224/08
eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann, § 61 InsO
wenn sich Insolvenzverwalter nicht vergewissert, ob er bei normalem Geschäftsablauf zur Erfüllung der von ihm begründeten Forderungen mit Mitteln der Masse in der Lage sein wird. Dabei ist der primäre Erfüllungsanspruch von Bedeutung und nicht etwaige Sekundaransprüche, BGH Urteil vom 25.09.2008 - IX ZR 235/07
Vergabe von masseschädlichen Krediten, BGH Urteil vom 08.05.2007 - IX ZR 54/07
Ist eine im Einziehungsermächtigungsver-fahren erfolgte Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden, darf der Verwalter/ Treuhänder in der Insolvenz des Schuldners - unabhängig davon, ob jenem die Verwaltungs- und Verfügungs-befugnis übertragen worden ist - nicht die Genehmigung versagen, vgl.
BGH vom 20.07.2010 - IX ZR 37/09
der Insolvenzverwalter notwendige Ausgaben, die er bei ordnungsgemäßer Ausübung des Verwalteramtes hätte tätigen müssen, unterlassen, um zu verhindern, dass sie den Überschuss aus seiner Unternehmensführung - und damit seiner Vergütung - mindern, kann dies eine Pflichtverletzung zum Schaden der Insolvenzbeteiligten darstellen, vgl BGH, Beschl. v. 22.7.2007 ZInsO 2007 S. 436 ff.

Eine Schadensersatzpflicht besteht nicht:

wenn vor der Erhebung einer Klage oder während des Verfahrens der Insolvenzverwalter nicht die Interessen des Prozeßgegners an einer Erstattung seiner Kosten berücksichtigt, BGH Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 142/03
wenn vom Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einzelkaufmännisch tätigen Schuldners die unmittelbar für die selbständige Erwerbstätigkeit des Schuldners benötigten Betriebsmittel "freigegeben" und neue Ansprüche von Arbeitnehmern auf Arbeitsvergütung danach vom Schuldner nicht bezahlt werden. Diese hat allein der Schuldner zu erfüllen, vgl. BAG, 10.04.2008 - 6 AZR 368/07

III. Höhe des Schadensersatzes:

Verletzt der Insolvenzverwalter schuldhaft insolvenzspezifische Pflichten, haftet er auf den Ersatz des negativen Interesses, BGH, 25.01.2007 - IX ZR 216/05

IV. Wer macht den Anspruch wie geltend?

1. Sonderinsolvenzverwalter

Die Gläubigerversammlung muss den Einsatz eines Sonderverwalters beschliessen. Ein einzelner Gläubigber kann dies nicht.

Lehnt das Insolvenzgericht den Antrag eines einzelnen Insolvenzgläubigers auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ab, ist der Insolvenzgläubiger auch dann nicht beschwerdeberechtigt, wenn er die Prüfung und Durchsetzung eines auf Ersatz eines Gesamtschadens gerichteten Anspruchs erreichen will, vgl. BGH, Beschluss vom 5. 2. 2009 - IX ZB 187/08; LG München I.

2. Der Gemeinschaftsschaden kann nach Beendigung des Konkursverfahrens nur im Rahmen einer Nachtragsverteilung, § 203 Abs.1 Nr.3 InsO verfolgt werden, BGH, Beschluss vom 14. 5. 2009 - IX ZR 93/08 (OLG Hamm)

3. Schadensersatz nach Abschluss des Verfahrens durch den einzelnen Gläubiger

4. Schadensersatz nach Abschluss des Verfahrens durch den Schuldner?

Nach Beendigung des Konkursverfahrens ist der Gemeinschuldner nicht berechtigt, einen Gemeinschaftsschaden gegen den Konkursverwalter zu verfolgen, sofern der Schadensbetrag für die Befriedigung der Konkursgläubiger benötigt wird, BGH, Beschluss vom 14. 5. 2009 - IX ZR 93/08 (OLG Hamm). Der Ersatzanspruch ist Bestandteil der Masse (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 82 Rdnr. 5) und setzt sich auch nach Verfahrensbeendigung fort, weil der Ersatzanspruch auf einer von dem Konkursverwalter während des Verfahrens begangenen Pflichtverletzung beruht (Laukemann, ZInsO 2006).
Dies schließt es aus, dass der Gemeinschuldner den Ersatzanspruch nach Verfahrensbeendigung gerichtlich beitreibt und damit frei verfügbares Vermögen in die Hand bekommt.

V. Verjährung
Da Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter nur durch einen Sonderverwalter oder einen neu bestellten Verwalter verfolgt werden können, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist für solche Ansprüche erst zu laufen, wenn dieser Verwalter von den maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat (BGH 113, 262, 280; 159, 25, 28f; BGHRp 2008, 994, 995; ERMAN/ J. Schmidt-Räntsch 2011 Rdnr. 604).

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Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht


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