Trunkenheitsfahrt: Versicherung kann u.U. Leistung voll verweigern!

20.10.2011, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 2 Min. (2094 mal gelesen)
Bei einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer (VN), z.B. infolge einer Trunkenheitsfahrt, ist der Versicherer unter Abwägung der Einzelfallumstände berechtigt seine Leistung vollständig zu versagen.

Im vorliegenden Fall prallte der VN nach Abkommen von der Fahrbahn gegen einen Laternenpfahl. Eine ihm nach etwa 1,5 h entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,7 Promille. Dementsprechend wurde er im Strafverfahren wegen fahrlässigen Vollrauschs verurteilt. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte zudem den Ersatz seines Fahrzeugschadens und hatte vorinstanzlich Erfolg. Der BGH hob allerdings im Revisionsverfahren das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung zurück.
Nach Ansicht des BGH scheidet ein Leistungskürzungsrecht des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls aus, wenn der VN zum Unfallzeitpunkt unzurechnungsfähig war. Im vorliegenden Fall hätte dies aufgrund vielfältiger Indizien – wie z.B. der hohen Blutalkoholkonzentration des VN - geprüft werden müssen. Das Berufungsgericht hatte allerdings keine Feststellungen dazu getroffen.
Doch hier ist zu beachten, dass auch bei erwiesener Unzurechnungsfähigkeit des VN im Unfallzeitpunkt der Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls an einen früheren Zeitpunkt anknüpfen kann, z.B. wenn der VN in einem noch schuldfähigen Zeitpunkt erkannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass er einen Versicherungsfall herbeiführen wird.
Sollte sich nun doch die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den VN ergeben, so ist der Versicherer gemäß § 81 Abs. 2 VVG nur berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen – im Gegensatz zum „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ nach § 61 VVG a.F., wonach der Versicherer vollständig von seiner Leistungspflicht befreit wurde. Allerdings hat der BGH hier entscheiden, dass der Versicherer bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise die Leistung vollständig verweigern darf („Kürzung auf Null“), z.B. bei absoluter Fahruntüchtigkeit.

Vgl. BGH vom 22.06.2011, IV ZR 225/10

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.