Verwertbarkeit von "Dashcam"-Aufnahmen vor Gericht

17.07.2018, Autor: Herr Frank Brüne / Lesedauer ca. 3 Min. (107 mal gelesen)
Nach längerer Verfahrensdauer, hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu den Aufnahmen von „Dashcams“ in seinem Urteil vom 15.05.2018 (Az. VI ZR 233/17) Stellung bezogen und eine grundsätzliche Verwertung der Aufnahmen nicht ausgeschlossen.

Was es nun alles zu beachten gibt und wie Sie sich absichern können, um eine Aufnahme verwerten zu können, erklären wir Ihnen hier.

Grundsätzliches zur Problematik

Eine „Dashcam“ ist eine kleine Kamera, die entweder an der Vorderscheibe, ans Armaturenbrett oder an die Heckscheibe eines Fahrzeuges montiert wird und das Verkehrsgeschehen überwachen soll. Das juristische Problem wurzelt hier in der Aufnahme des Verkehrsgeschehens. Denn das Filmen mit einer Dashcam kann im Einzelfall eine unzulässige Erhebung und Speicherung von Daten gemäß § 4 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) darstellen.

Der BGH sagt dazu nun: „Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden.“

Anders formuliert: Nur weil jemand im öffentlichen Straßenverkehr mit einer Dashcam aufgenommen wurde, heißt das nicht, dass diese Aufnahme vor Gericht nicht verwertet werden darf. Es gibt Regelungen in verschiedenen Gesetzen, die eine Verwertung von Beweisen generell verbieten, wenn sie – wie hier mit der Dashcam – rechtswidrig aufgenommen worden sind. Eine solche Regelung findet sich allerdings nicht im BDSG, sodass im Einzelfall anhand einer Interessenabwägung entschieden werden muss, ob die Aufnahme verwertbar ist oder nicht.

BGH: Abwägung ist entscheidend

Bei der verlangten Abwägung darf das Interesse des Aufgenommenen aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, abgeleitet aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG, nicht außer Verhältnis zum Interesse des Aufnehmenden - das auf die Durchsetzung seiner Ansprüche gerichtet ist - stehen, wenn eine Verwertung vor Gericht zulässig sein soll.

Sachverhalt zur Entscheidung

Die vom BGH aufgestellte Interessen- und Güterabwägung erscheint auf den ersten Blick etwas abstrakt, doch lässt sich die dahinterstehende Problematik gut an der Originalentscheidung erklären. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Sowohl der Kläger als auch der Beklagte fuhren auf zwei parallel verlaufenden Linksabbiegerspuren über eine Kreuzung und kollidierten beim Überqueren der Kreuzung in der Mitte der beiden Spuren. Der Streit drehte sich darum, wer von beiden die Kollision verursacht hatte. Der Kläger konnte den gesamten Unfallhergang mit einer Aufnahme seiner „Dashcam“ aufzeigen. Die Aufzeichnung ist allerdings in den Vorinstanzen als nicht verwertbar eingestuft worden.
Hierzu sagte der BGH: Eine Verwertung der Aufnahme sei nicht von vornherein unzulässig. Selbst wenn der Aufnehmende permanent und ohne Anlass eine Überwachung des gesamten Straßenverkehrs vornehme, kann die Verwertung trotzdem zulässig sein. Aber nur unter der Prämisse, dass diese Aufnahmen zwischendurch wieder gelöscht werden.
Eine Kurzaufnahme des Unfallhergangs stelle im Einzelfall keine Verletzung der Rechte des Aufgenommenen dar, sodass das Gericht die Aufnahme als Beweis verwerten könne. Ausschlaggebend für die Zulässigkeit der Kurzaufnahme war folgendes Argument: Wenn sich die Parteien im öffentlichen Straßenverkehr bewegen, kann es keinen Unterschied machen, ob sie kurz durch eine Kamera oder durch eine andere Person gesehen werden, sodass das Persönlichkeitsrecht des Aufgenommenen nicht allzu schwer verletzt würde. Der BGH hob das Urteil des LG Magdeburg auf und verwies es unter Berücksichtigung der Verwertung der Aufnahmen zur Neuentscheidung zurück.
Was bedeutet das im Ergebnis für mich? Der Einbau einer „Dashcam“ ist an sich zulässig. Eine Verwertung der Aufzeichnungen ist vor Gericht bei Kurzaufnahmen oder einem automatischen Löschungsprozess der „Dashcam“ häufig zulässig. Auf der sicheren Seite steht man also, wenn die „Dashcam“ sich in kritischen Situationen selbst einschaltet oder permanente Aufnahmen in einem Intervall löscht.

Anwaltliche Hilfe für den Ernstfall

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