Wohnraumkündigungen und der BGH

29.03.2018, Autor: Herr Anton Bernhard Hilbert / Lesedauer ca. 4 Min. (135 mal gelesen)
Erstaunlich oft hatte der Bundesgerichtshof in den vergangenen Jahren mit der Kündigung von Mietverhältnissen zu tun.

Es handelt sich auch um eine schwierige Materie, vor allem für Vermieter. Hier eine kurze Übersicht über beispielhafte Entscheidungen der letzten Jahre von Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert, Waldshut-Tiengen:

 

Kündigungssperrfrist bei Erwerb durch BGB-Gesellschaft (21 3. 2018 – VIII ZR 104/17)

Wird vermieteter Wohnraum an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Personenmehrheit veräußert, kann der Erwerber Eigenbedarf frühestens nach drei Jahren geltend machen. Obwohl die entsprechende Vorschrift des § 577 Buchst. a Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 BGB im Kap. 6 „Besonderheiten bei der Bildung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen“ des Bürgerlichen Gesetzbuches steht, setzt die dreijährige Kündigungssperrfrist nicht voraus, dass die Umwandlung in Wohnungseigentum erfolgt oder jedenfalls beabsichtigt ist. Auch wenn nach dem Wortlaut der Vorschrift „mehrere Erwerber“ eigentlich die dreijährige Sperrfrist ausgelöst werden sollte, gilt dies dennoch nicht, wenn es sich bei den mehreren Erwerbern um Eheleute handelt, die den vermieteten Wohnraum erwerben.

 

Keine Kündigung wegen „keiner Kohle“ (Urteil vom 31.01.2018 – VIII ZR 105/17)

Stirbt der Mieter, tritt sein Ehegatte in das Mietverhältnis ein. Allerdings kann der Vermieter kündigen, wenn in der Person des eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt. Dass der eintretende Mieter kein Geld hat, stellt keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar. Vielmehr muss der Vermieter dann warten, ob und in welcher Höhe Zahlungsverzug eintritt, ehe er kündigen kann.

 

Keine Heilung der Kündigung durch unvollständige Nachzahlung (Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 193/16 und Urteil vom 4. 20.08.2016 – VIII ZR 261/15)

Der Wohnraummieter kann die fristlose Kündigung ungeschehen machen, indem er den aufgelaufenen Mietrückstand vollständig bezahlt. Es muss sich aber tatsächlich um eine vollständige Zahlung handeln. Sonst kommt der Mieter nicht in den Genuss der gesetzlichen Ausnahmevorschrift. Die Grenze wird allerdings, wie immer, durch Treu und Glauben gezogen, Beschluss vom 17.02.2015 – VIII ZR 236 / 14.

 

Keine Heilung der ordentlichen Kündigung durch Nachzahlung (Beschluss vom 20.07.2016 – VIII ZR 238/15 und Beschluss vom 23.02.2016 – VIII ZR 321/14)

Mit der Nachzahlung des vollständigen Rückstands beseitigt der Mieter die fristlose Kündigung. Das gilt allerdings nicht für die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückstands, wie sich aus dem Gesetz ergibt. Wer seinen Zahlung säumigen Mieter auf alle Fälle loswerden will, der kündigt deshalb auch ordentlich und nicht nur fristlos. Allerdings plant der Gesetzgeber eine Änderung.

 

Schwierige Verwertungskündigung (Urteil vom 27. 9. 2017 – VIII ZR 243/16)

Würde der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden, darf er das Mietverhältnis kündigen (Verwertungskündigung).  Allerdings werden, nach einer vorübergehenden Lockerung, an diese Kündigungsform wieder sehr strenge Maßstäbe angelegt, so dass sie nur im Ausnahmefall zum Erfolg führt.

 

Keine Nutzungsentschädigung bei verweigerter Rücknahme (Urteil vom 12.07.2017 – VIII ZR 214/16)

Gibt der Mieter nach Ende des Mietverhältnisses die Wohnung nicht zurück, muss er eine Entschädigung zahlen, mindestens in Höhe der vereinbarten Miete bis zur tatsächlichen Rückgabe der Wohnung. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Vermieter zur Rücknahme der Wohnung auch bereit ist. Verweigert er die Rücknahme, steht ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nicht zu.

 

Neumiete als Maßstab der Nutzungsentschädigung (Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 17/16)

Gibt der Mieter nach dem Ende des Mietvertrages ist die Wohnung nicht zurück, steht dem Vermieter eine Nutzungsentschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach der bisher vereinbarten Miete oder, falls höher, nach der ortsüblichen Miete. Jedoch ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. Kann der Vermieter nachweisen, dass er zu einer höheren als der ortsüblichen Miete hätte vermieten können, schuldet der säumige Mieter diese höhere Miete und nicht nur die ortsübliche Miete.

 

Überzeugende Begründung für Wegfall des Eigenbedarfs nötig (Urteil vom 29.03.2017 – VIII ZR 44/16)

Zieht der Vermieter nach der Eigenbedarfskündigung nicht in die freigewordene Wohnung ein, weil der Eigenbedarfsgrund nachträglich entfallen ist, muss er dem Gericht eine überzeugende Begründung für den späteren Wegfall präsentieren. Andernfalls wird ihm unterstellt, dass der Eigenbedarf von vornherein nur vorgetäuscht war. Das kann zu sehr empfindlichen Schadensersatzansprüchen des Mieters führen.

 

Eigenbedarfskündigung trotz Vorhersehbarkeit (Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 154/14 und Urteil vom 20.03.2013 – VIII ZR 233/12)

Vermietet der Vermieter in Kenntnis bevorstehenden Eigenbedarfs, muss er den Mieter aufklären. Bei Verletzung der Aufklärungspflicht kann der Vermieter für die Dauer von 5 Jahren nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Das gilt aber nur für konkret bevorstehenden Eigenbedarf. Über die bloß abstrakte Möglichkeit, dass Eigenbedarf auftritt, muss der Vermieter den Mieter nicht informieren. Diese Möglichkeit gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, mit dem jeder im Leben stehende Mieter rechnen muss.

 

Fristlose Kündigung wegen Altschulden (Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 296/15)

Der Vermieter muss nicht sofort nach Eintritt eines kündigungsbegründenden Zahlungsrückstandes fristlos kündigen. Er kann sich Zeit lassen und dem Mieter Gelegenheit zur Bewährung geben. Nutzt der Mieter diese Möglichkeit nicht, kann der Vermieter eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs auch auf ältere Mietrückstände stützen. Auch hier gilt: Zu langes Warten kann doch schaden.

 

Dauerhaft unpünktlichen Mietzahlung des Kündigungsgrund (Urteil vom 01.06.2011 – VIII ZR 91/90)

Zahlt der Mieter die Miete dauerhaft und wiederholt zu spät, obwohl ihn der Vermieter zuvor zur pünktlichen Mietzahlung aufgefordert hat, kann der Vermieter wegen Unzumutbarkeit des Mietvertrages ist fristlos kündigen.