Zitat auf Website veröffentlicht und Abmahnung über 750 € erhalten

07.09.2011, Autor: Herr Tim Geißler / Lesedauer ca. 2 Min. (2227 mal gelesen)
Auch wenn in der anwaltlichen Praxis ein großer Teil der Mandanten mit Abmahnungen verschiedener Rechtsanwälte bezüglich musikalischer Werke um Rechtsrat sucht, bedeutet dies nicht, dass Abmahnungen lediglich auf diesen Werktyp beschränkt sind.

Ein Dauerbrenner auf diesem Feld sind auch stets Abmahnungen wegen vermeintlich urheberrechtswidrig veröffentlichter Zitate berühmter Persönlichkeiten im Internet (z. B. auf der Homepage oder auf Facebook & Co).

KSP Rechtsanwälte fordern Lizenzgebühren für Heinz Erhardt Gedichte
In einem aktuellen Fall liegt uns eine Schadensersatz- bzw. Lizenzforderung der KSP Rechtsanwälte aus Hamburg vor, die einen vermeintlichen Anspruch in Höhe von rund 750 € wegen einer vermeintlich urheberrechtswidrigen Veröffentlichung des Heinz Erhardt Gedichtes „Das Gewitter“ zum Gegenstand hat. Die KSP Rechtsanwälte mahnen, in Vertretung der Lappan Verlag GmbH, im beschriebenen Falle die Verwendung des besagten Gedichtes auf der Unterseite einer Homepage ab.
Von einer anstandslosen Zahlung des geforderten Betrages wird in solchen Fällen dringend abgeraten. Verschiedene Umstände können dazu beitragen, dass der vermeintliche Verwender des Zitats die Forderungen gänzlich beseitigen oder zumindest deutlich abmildern kann.

Die Verteidigung gegen Abmahnungen von Anwaltskanzleien
Oftmals sind in den genannten Fällen die Forderungen der Abmahn-Kanzleien überzogen. Auch sind beispielsweise in dem konkreten Fall die geforderten Rechtsanwaltsgebühren überhöht, da dort nicht die Gebühren für ein einfaches anwaltliches Mahnschreiben, sondern höhere Geschäftsgebühren abgerechnet werden. Ein beauftragter Rechtsanwalt wird im Einzelfall zunächst prüfen, ob der vermeintliche Rechteinhaber tatsächlich auch die Rechte am abgemahnten Werk hat. Bestehen keine Rechte, so ist der Fall schnell beendet.
Im Falle bestehender Rechte jedoch kann sich der Verwender eines Zitates beispielsweise darauf berufen, sich bei der Zitierung in einer solchen Form mit dem Werkstück auseinandergesetzt zu haben, dass dieses im Gesamtkontext als neues Werk anzuerkennen ist. Dies hat zur Folge, dass das Verhalten des Zitat-Verwenders nicht urheberrechtswidrig sein kann und deshalb keine entsprechenden Ansprüche gegen ihn bestehen.
Das Urheberrecht lässt über diesen prominenten Fall hinaus eine Vielzahl weiterer Umstände zu, die eine wirksame Verteidigung gegen Urheberrechts-Abmahnungen erlauben. Hier gilt: Am besten nichts auf „eigene Faust“ unternehmen. Die frühe Beauftragung eines Rechtsanwalts lohnt sich, da dieser den Katalog urheberrechtlicher Verteidigungsmöglichkeiten kennt und diese auch nutzen kann, um den Forderungen wirksam außergerichtlich und gerichtlich entgegenzutreten.

Überhöhte Forderungsbeträge können deutlich gemindert werden
Die anwaltliche Prüfung eines jeden Einzelfalles beinhaltet zudem, ob die Höhe der geforderten Beträge auch rechtlich angemessen ist. Die maschinell erstellten Schreiben von Abmahn-Kanzleien beinhalten zumeist pauschale Forderungen, die der konkreten Verwendung des Werkes durch den Abgemahnten häufig nicht gerecht werden. Die zu zahlende Lizenzgebühr des konkreten Werkes, die von Umständen wie dem Umfang des Werkes oder der Art sowie der Dauer der Verwendung abhängt, ist jedoch das zentrale Maß für die Höhe der tatsächlich bestehenden Forderungen. Da in den pauschalen Forderungen der Abmahn-Kanzleien diese Umstände jedoch nur äußerst selten berücksichtigt werden, besteht an dieser Stelle großes Sparpotenzial.

Tim Geißler
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht