Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bei Unterhaltszahlungen für scheineheliches Kind

Autor: RiOLG Dr. Alexander Schwonberg, Celle
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 06/2013
Weder ein von der Ehefrau begangener Ehebruch noch das bloße Verschweigen der hieraus folgenden möglichen Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann führt zu einer Schadensersatzpflicht der (geschiedenen) Ehefrau hinsichtlich des von ihm geleisteten Unterhalts für das scheineheliche Kind. Ohne Erteilung der Auskunft über den als biologischen Vater in Betracht kommenden Mann, zu der die Mutter des Kindes verpflichtet ist, kann ein Schadensersatzanspruch nicht geltend gemacht werden, weil der Schaden ohne die Auskunft nicht beziffert werden kann.

BGH, Beschl. v. 20.2.2013 - XII ZB 412/11

Vorinstanz: OLG Braunschweig, Entsch. v. 29.6.2011 - 2 UF 30/11

BGB §§ 242, 280, 823, 826, 1607 Abs. 3

Das Problem:

Die Witwe des verstorbenen früheren Ehemanns der Antragsgegnerin (Erblasser) verfolgt dessen Schadensersatzanprüche gegen die Antragsgegnerin weiter. Aus der 1961 geschlossenen und Mitte 1968 (wegen beiderseitiger schwerer Verfehlungen) geschiedenen Ehe des Erblassers und der Antragsgegnerin ist der 1966 geborene Sohn J. hervorgegangen. Im Scheidungstermin hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass sie eine ehewidrige Beziehung zu einem anderen Mann unterhalten hatte. Auf Antrag des Erblassers hatte das AG im Jahr 2010 festgestellt, dass der Sohn J. nicht das Kind des Erblassers ist. Dieser machte mit seiner Klage den auf das Jahr 1980 entfallenden und mit 1.533,84 € bezifferten Unterhalt als Teilbetrag des von 1967 bis 1996 beanspruchten Gesamtbetrags von 38.960 € geltend, nachdem er die Antragsgegnerin wiederholt erfolglos zur Auskunft über die Namen der als Vater in Betracht kommenden Männer aufgefordert hatte. Das AG hat den Antrag abgewiesen und das OLG die hiergegen gerichtet Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Dem Ehemann stehe gegen seine (geschiedene) Ehefrau wegen der erbrachten Unterhaltsleistungen für ein Kind, das aus einem Ehebruch hervorgegangen sei, kein Schadensersatzanspruch zu. Die Ehe stehe nach der (ständigen) Rechtsprechung des BGH (BGH v. 19.12.1989 – IVb ZR 56/88, FamRZ 1990, 367 m.w.N.) außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren Verletzung allgemeine Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden auslösen können, denn eine die eheliche Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) beeinträchtigende Ehestörung stelle einen innerehelichen Vorgang dar, der dem Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände aufgrund der vorrangigen familienrechtlichen Vorschriften entzogen sei. Bei Hinzutreten eines weiteren, den Ehegatten sittenwidrig schädigenden Verhaltens, das über den Ehebruch hinausgehe, komme ausnahmsweise ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB in Betracht. Allein das Verschweigen der intimen Beziehung zu einem anderen Mann während der Empfängniszeit sei hierfür nicht ausreichend. Ein Fall des § 826 BGB könne vorliegen, wenn die Ehefrau Zweifel ihres Ehemanns durch unzutreffende Angaben oder ausdrückliches Leugnen zerstreue oder ihn an der Einleitung eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens hindere.

Die Entscheidungen des BGH zur Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gem. § 1579 Nr. 7 BGB (BGH v. 15.2.2012 – XII ZR 137/09, FamRZ 2012, 779 = FamRB 2012, 137), zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 27 VersAusglG (BGH v. 21.3.2012 – XII ZB 147/10, FamRZ 2012, 845 = FamRB 2012, 171) sowie zur Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung gem. § 123 BGB (BGH v. 27.6.2012 – XII ZR 47/09, FamRZ 2012, 1363 = FamRB 2012, 298), wenn die Ehefrau ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, das möglicherweise bei einem Ehebruch gezeugte Kind stamme von ihm ab, beträfen hiervon abweichende Fallgestaltungen und beruhten auf familienrechtlichen Sondervorschriften, so dass sie die vorgenannten Grundsätze nicht berührten.

Schließlich sei auch unter dem Gesichtspunkt der Regressvereitelung kein Schadenersatzanspruch gegeben (§ 280 BGB). Die Mutter des Kindes sei dem Scheinvater nach Treu und Glauben aus § 242 BGB zur Auskunft über die Personen verpflichtet, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt haben. Die vom BGH (BGH v. 9.11.2011 – XII ZR 136/09, FamRZ 2012, 200 = FamRB 2012, 44) für den Fall des Vaterschaftsanerkenntnisses bejahte Sonderverbindung bestehe bei einem ehelichen Kind erst recht, auch wenn die Vaterschaft erfolgreich angefochten worden sei, zumal die Eheleute über § 1353 BGB in vielfältiger Weise sowie über den Kindesunterhalt verbunden seien. Durch die Auskunftspflicht werde nach einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung auch nicht ein unantastbarer Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Mutter verletzt. Ein Anspruch scheitere jedoch daran, dass sowohl die Schadensentstehung als auch die Kausalität von Pflichtverletzung und Schaden nicht dargelegt worden seien. Der Schaden bestehe darin, dass der Erblasser bzw. dessen Witwe den Regressanspruch gegen den tatsächlichen Vater nicht geltend machen könne. Der gem. § 1607 Abs. 3 BGB auf den Scheinvater übergegangene Unterhaltsanspruch des Kindes sei der Höhe nach durch die Leistungsfähigkeit des biologischen Vaters begrenzt (KG v.15.3.1999 – 18 WF 740/99, FamRZ 2000, 441) und bestimme dadurch dessen Werthaltigkeit. Zur schlüssigen Begründung des Schadensersatzanspruchs sei die Darlegung erforderlich, in welcher Höhe der tatsächliche Vater in Regress genommen werden könne.


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