Bdb. OLG, Beschl. 19.5.2021 - 13 UF 16/21

Vorzeitiges Zugewinnausgleichsverfahren: Zulässigkeit, Verfahrenswert und Kostenentscheidung

Autor: RAin Dorothea Mast, FAinFamR, Dr. Kogel & Mast Familienanwälte, Aachen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 09/2021
1. Ein Verfahren auf vorzeitige Beendigung des gesetzlichen Güterstands ist neben einem Scheidungsverbundverfahren mit der Folgesache Güterrecht zulässig.2. Sofern keine besonderen Umstände vorgetragen werden, ist bei einem Verfahren auf vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft von einem Verfahrensregelwert i.H.v 5.000 € auszugehen (§ 42 Abs. 3 FamGKG).3. Kann die dreijährige Trennung i.S.v. § 1385 Nr. 1, § 1386 BGB erst in zweiter Instanz bewiesen werden, beharrt der Antragsgegner aber dennoch weiterhin auf seinem Abweisungsantrag, sind ihm die Kosten zweiter Instanz aufzuerlegen.

BGB § 1385, § 1386; FamGKG § 42; FamFG § 113; ZPO § 91, § 97

Das Problem

Zwischen den Eheleuten schwebt ein Scheidungsverfahren mit der Folgesache Güterrecht. Der Zeitpunkt der Trennung ist strittig. Während der Antragsteller diesen auf Mai 2017 datiert, vertritt die Antragsgegnerin die Ansicht, dass erst seit Januar 2018 ein Getrenntleben vorliege. Im Mai 2020 reicht der Antragsteller einen Antrag auf vorzeitige Beendigung des Güterstands gem. § 1385 Nr. 1, § 1386 BGB ein. Nach einer Beweisaufnahme wird im Dezember 2020 dieser Antrag erstinstanzlich zurückgewiesen, weil die Dreijahresfrist noch nicht gewahrt sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers über die der Senat im Mai 2021 zu entscheiden hat. Die Antragsgegnerin bleibt auch in 2. Instanz bei ihrem Abweisungsantrag, obwohl nunmehr unstreitig eine dreijährige Trennung vorliegt.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat gibt der Beschwerde statt. Trotz der Anhängigkeit der Folgesache Güterrecht sei ein Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft zulässig. Der Anspruch auf vorzeitigen Zugewinn richte sich auf einen anderen Streitgegenstand als der Antrag auf Zugewinnausgleich bei der Scheidung (vgl. BGH v. 26.6.2019 – XII ZB 299/18, FamRZ 2019, 1535 m. Anm. Looschelders = NJW 2019, 2935 = FamRB 2019, 380). Vor allem fehle dem Antrag auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Im Scheidungsverfahren entstehe erst mit Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses die Zugewinnausgleichsforderung. Ab dann sei sie verzinslich (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB). Durch den vorzeitigen Zugewinn entstehe die Forderung aber bereits mit Rechtskraft des entsprechenden Gestaltungsbeschlusses. Der Antragsteller sei allerdings dafür beweispflichtig, dass die dreijährige Trennungszeit i.S.v. § 1385 Nr. 1 BGB vorliege. Zwar sei ihm erstinstanzlich dieser Nachweis nicht gelungen. Sofern allerdings in zweiter Instanz die Frist unstreitig erreicht sei, müsse nunmehr aufgrund der veränderten Rechtslage dem Antrag stattgegeben werden.

Da der Antragsteller zu früh den Antrag gestellt hatte, wurden ihm die Kosten erster Instanz auferlegt. Umgekehrt wurden der Antragsgegnerin die Kosten zweiter Instanz auferlegt, weil sie nach wie vor auf ihrem Abweisungsantrag bestanden hatte; damit war sie in zweiter Instanz unterlegen.

Mangels näherer Anhaltspunkte müsse hier der Regelwert des § 42 Abs. 3 FamGKG für ein solches Verfahren zugrunde gelegt werden.


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