BGH, Urt. 29.11.2023 - VIII ZR 75/23

Vormiete: Auskunft bedarf keiner vorherigen Zulässigkeitsprüfung

Autor: RA FAMuWR Philipp M. Bettenhausen, Kanzlei sjs Schneehain John Suchfort PartmbB, Göttingen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2024
Der Vermieter muss im Rahmen seiner vorvertraglichen Auskunftspflicht nach § 556g Abs. 1a S. 1 Nr. 1 BGB nicht die Zulässigkeit der Vormiete prüfen, um sich auf den Ausnahmetatbestand berufen zu können.

BGB § 556d Abs. 1, § 556e Abs. 1, § 556g Abs. 1, Abs. 1a

Das Problem

Der Vermieter wurde seitens einer GmbH, die über eine Registrierung gem. § 10 RDG für den Bereich der Inkassodienstleistungen verfügt, aus abgetretenem Recht gerichtlich auf Rückzahlung vermeintlich zu viel gezahlter Miete unter Behauptung eines Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe (§ 556d BGB) in Anspruch genommen. Zwischen Vermieter und Mieter besteht ein Mietverhältnis über eine ca. 50m² große Wohnung, die für 822,73 € netto kalt (16,66 €/m²) vermietet wurde. Die ortsübliche Vergleichsmiete lag bei 7,33 €/m². Die Vormiete, über die der Vermieter seine Mieterin vor Abschluss des Mietvertrages informierte, betrug ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses 812,47 € und zum Zeitpunkt der Beendigung ca. 822,73 €. Zuvor hatte der Vermieter die Wohnung seit 1.3.2015 zu einer Nettokaltmiete von 700,95 € vermietet (Vor-Vormiete).

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Mieterin geschuldete Nettokaltmiete habe sich auf 700,95 € belaufen. Der Vermieter könne sich gem. § 556e Abs. 1 S. 1 BGB darauf berufen, dass er mit dem Vor-Vormieter vor Inkrafttreten der Regelungen der §§ 556d ff. BGB eine wirksame Miete in dieser Höhe vereinbart habe. Ihm sei es nicht gem. § 556g Abs. 1a S. 2 BGB verwehrt, sich auf die Vormiete gem. § 556e Abs. 1 S. 1 BGB zu berufen, weil er im Rahmen der Auskunftserteilung die zuletzt gezahlte, nicht jedoch preisrechtlich zulässige Miete angegeben habe. Die Sanktion des § 556g Abs. 1a S. 1 BGB greife nicht, da tatsächlich eine (wenn auch unrichtige) Auskunft erteilt worden sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat stimmte dem Berufungsgericht im Ergebnis zu. Die zulässige und gem. § 556g Abs. 1 S. 2 BGB wirksam vereinbarte Miete sei an der Vormiete zu bemessen, die ihrerseits nach § 556g Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 556e Abs. 1 S. 1 BGB wirksam zwischen den Parteien des Vormietvertrages vereinbart worden war. Die Anwendung von § 556e Abs. 1 S. 1 BGB scheide nicht aus, weil im Vormietverhältnis, das ebenfalls den Regeln der §§ 556d ff. BGB unterliege, eine unzulässig überhöhte Miete vereinbart worden sei. Vielmehr sei als geschuldete Vormiete die gem. § 556g Abs. 1 S. 1, 2 BGB auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen. Der Vermieter sei nicht daran gehindert, sich auf die nach § 556e Abs. 1 BGB zulässige Vormiete zu berufen. Dies sei ihm nur dann verwehrt, wenn er den Mieter vor Abgabe dessen Vertragserklärung nicht unaufgefordert über die Höhe der Vormiete informiere. Diese erforderliche Auskunft sei jedoch form- und fristgerecht erfolgt. Der einschlägigen Regelung des § 556g Abs. 1a S. 1 Nr. 1 BGB a.F. sei eine Verpflichtung des Vermieters, nicht nur die ihm bekannte vertraglich vereinbarte Vormiete anzugeben, sondern diese auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen, nicht zu entnehmen. Dem Wortlaut könne nicht entnommen werden, ob mit „Vormiete“ die vertraglich vereinbarte oder die nach den Vorschriften der § 556d ff. BGB geschuldete Vormiete gemeint sei. Gesetzgeberisches Ziel sei nicht gewesen, dem Mieter bereits vor Vertragsabschluss alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die er für eine eigenständige Prüfung der höchstzulässigen Miete benötige. Vielmehr müsse er hierfür Gebrauch seines allgemeinen Auskunftsanspruchs nach § 556g Abs. 3 BGB machen. Der Mieter müsse diese Auskünfte auch nicht vor Abschluss des Mietvertrages erhalten, da er schließlich durch die Möglichkeit der Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB hinreichend davor geschützt sei, eine überhöhte Miete zahlen zu müssen.


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