OLG Brandenburg, Beschl. 4.4.2017 - 10 WF 19/16

Ausbildungsunterhalt trotz mehrerer abgebrochener Ausbildungen

Autor: DirAG Andreas Frank, Cuxhaven
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 12/2017
Erbringt ein Volljähriger nach mehreren gescheiterten Ausbildungsversuchen nunmehr in einer weiteren Ausbildung gute Leistungen, kann ihm für diese weitere Ausbildung ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt jedenfalls dann zustehen, wenn er die abgebrochenen Ausbildungen zum Teil während seiner Minderjährigkeit begonnen und wegen schwieriger häuslicher Verhältnisse Nachteile in seiner Entwicklung erlitten hat.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.4.2017 - 10 WF 19/16

Vorinstanz: AG Strausberg, Beschl. v. 25.11.2015 - 2.2 F 399/15

BGB § 1610

Das Problem

Der 1997 geborene Antragsteller (Ast.) nimmt den Antragsgegner (Ag.), seinen Vater, auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch und beantragt dafür Verfahrenskostenhilfe (VKH). 2013 hatte er bereits eine kaufmännische Ausbildung begonnen, diese aber abgebrochen, weil er den Auszug von Zuhause als zu früh empfunden hatte. Er besuchte dann die Fachoberschule, die er wegen eines Umzugs mit seiner Mutter im April 2015 – gerade volljährig geworden – abbrach. Im August 2015 begann er eine Ausbildung zum Hotelfachmann, brach diese aber im Januar 2016 wiederum ab. Von März bis Juni 2016 absolvierte er ein Praktikum zur Vorbereitung auf seine jetzige Ausbildung, den Besuch eines Fachkollegs für Sozialpädagogik. Diese begann er im September 2016 mit dem Ziel, anschließend die Fachschule für Sozialpädagogik zu besuchen. Die jetzt vorliegenden Zeugnisse bescheinigen ihm gute bis sehr gute Ergebnisse.

Zu belastenden Faktoren im Aufwachsen des Ast. gehörte die Scheidung seiner Mutter von dem Mann, den er für seinen Vater gehalten hatte. Hinzu kamen Krebserkrankungen sowohl seiner Mutter als auch seiner Großmutter. Zudem belastete ihn das von ihm empfundene Desinteresse des Ag. an seiner Person.

Das FamG versagt dem Ast. die VKH mangels Erfolgsaussicht. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Ast., der das FamG teilweise abhilft.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG hebt die Entscheidung des FamG auf und verweist die Sache zurück. Die Rechtsverfolgung des Ast. habe Aussicht auf Erfolg.

Wenn ein Kind dem Gericht überzeugend vermitteln könne, nach etlichen Fehlschlägen endlich eine angemessene Ausbildung abschließen zu wollen, könne ihm der Unterhalt kaum versagt werden. Eine Fehleinschätzung der Begabung gehe oft mit einem leichteren vorübergehenden Versagen einher. Sei dieses überwunden und erbringe das Kind nunmehr brauchbare Leistungen, müssten die Eltern auch eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung hinnehmen. Das sei hier der Fall, denn 2013 sei der Ast. noch minderjährig gewesen und habe die Fehleinschätzung seiner Begabung deshalb nicht zu vertreten. Die zweite Ausbildung habe er wegen des Umzugs mit seiner Mutter abgebrochen. Zwar sei auch die im Jahr 2016 begonnene Ausbildung fehlgeschlagen. Diese sei aber die erste gewesen, die der Ast. als Erwachsener begonnen habe. Zudem habe er seinen Bedarf in dieser Zeit selbst gedeckt. Auch schwierige häusliche Verhältnisse seien hier zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Das Gericht ist überzeugt, dass der Ast. nach diesen Fehlschlägen endlich eine angemessene Ausbildung begonnen hat und auch mit Erfolg abschließen kann. Er habe bei seinem vorbereitenden Praktikum eine gute Beurteilung erhalten und vor Aufnahme des Berufskollegs geprüft, ob diese Fachrichtung seiner Begabung und Neigung entspricht.


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