Umgehängt ist der Braut geschenkt

Autor: RiAG a.D. Ralph Neumann, Brühl
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 09/2016
1. Brautschmuck, der bei einer in der Türkei stattfindenden Hochzeit zwischen türkischstämmigen Eheleuten der Ehefrau umgehängt wird, gilt vorbehaltlich eines Gegenbeweises als ihr geschenkt.2. Verkauft der Ehemann ohne Zustimmung der Ehefrau den ihr so geschenkten Schmuck ohne deren Zustimmung, ist er zum Schadenersatz verpflichtet.

OG Hamm, Beschl. v. 25.4.2016 - 4 UF 60/16

Vorinstanz: AG Bochum, Beschl. v. 4.2.2016 - 87 F 33/13

EGBGB Art. 40 Abs. 2 S. 1, 43 Abs. 1; BGB §§ 516, 823 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1 S. 1

Das Problem

Die türkischstämmigen Eheleute hatten in Deutschland standesamtlich geheiratet. Die Hochzeitsfeier fand dann später in traditionellem Rahmen in der türkischen Heimat statt. Dabei wurde der Braut von den Verwandten reichlich Goldschmuck umgehängt: eine Kette, 16 Armreifen, eine Armkette und eine weitere Halskette. Diesen Schmuck trug die Ehefrau einige Wochen lang, danach wurde er dem Bruder des Ehemannes zur Verwahrung in einem Schließfach übergeben. Nach der Trennung der Eheleute ließ sich der Ehemann den Schmuck aushändigen und durch seinen Vater in der Türkei für umgerechnet mehr als 14.000 € verkaufen. Die Ehefrau forderte ihrerseits vom Ehemann die Herausgabe des Brautschmucks, dessen Wert sie auf mehr als 29.000 € beziffert. Nachdem er den Verkauf eingeräumt hat, verlangt sie Wertersatz in der genannten Höhe. Diesen spricht das FamG nach Einholung eines Wertgutachtens i.H.v. mehr als 27.000 € zu. Dagegen wehrt sich der Ehemann, denn der Schmuck sei ihm geschenkt worden und die Ehefrau habe diesen nur anlässlich der Hochzeitsfeier tragen sollen.

Die Entscheidung des Gerichts

Zu Recht habe das FamG die Ehefrau als Alleineigentümerin des Brautschmucks angesehen. Der Eigentumserwerb bei der Hochzeitsfeier in der Türkei bestimme sich nach türkischem Recht (Art. 43 Abs. 1 EGBGB). Gemäß türkischem Recht werde Goldschmuck, der einer Frau während der Hochzeit umgehängt wird, als ihr geschenkt angesehen, unabhängig davon, wer den Schmuck gekauft hat. Der Senat bezieht sich dazu auf eine Entscheidung des türkischen Kassationshofs und verweist auf eine entsprechende Entscheidung des LG Limburg v. 12.3.2012 – 2 O 384/10, FamRZ 2012, 1598 = FamRBint 2012, 81. Soweit der Antragsgegner den der Antragstellerin geschenkten Schmuck ohne ihre Zustimmung habe verkaufen lassen, sei der von ihr geltend gemachte deliktische Schadensersatzanspruch nach deutschem Recht zu bewerten, Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB, und gem. § 823 Abs. 1 BGB auch gegeben. Hinsichtlich der Ermittlung des Werts des veräußerten Schmucks komme ihr dabei das geringere Beweismaß nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugute.


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