Kontextbezogene Fotos Prominenter beim Besuch einer Vernissage

Autor: RA Dr. Yvonne Kleinke, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, www.MoserBezzenberger.de, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2012
Die Veröffentlichung kontextbezogener Fotos einer Prominenten in einem Bericht über das Londoner Nachtleben der sog. „Young Society”, in dem u.a. über ihren Besuch einer Vernissage anlässlich einer Ausstellungseröffnung berichtet wird, ist aufgrund der Bezugnahme auf die journalistische Tätigkeit der Betroffenen als unterhaltender Beitrag über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen, der Anlass zu sozialkritischen Überlegungen sein kann, zulässig.

BGH, Urt. v. 18.10.2011 - VI ZR 5/10

Vorinstanz: KG, Urt. v. 26.11.2009 - 10 U 189/08
Vorinstanz: LG Berlin, Urt. v. 11.9.2008 - 27 O 516/08

BGB § 823; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1

Das Problem:

In der Zeitschrift „BUNTE” erschien im Jahr 2008 unter der Überschrift „Die lange Nacht der GOLDKINDER” ein Artikel, der u.a. mit einem Foto bebildert ist, das eine Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover zeigt und in das der Text „IM GEDRÄNGE der Vernissage: Galerist und Millionenerbe Alex D. und eine Besucherin diskutieren mit der jungen Kunstkolumnistin Charlotte Casiraghi die Werke eines Warhol-Schülers in der Scream-Gallery, die Rolling Stone Ron Wood gehört”. Im Übrigen befasst sich der Artikel mit dem Londoner-Nachtleben der in der Berichterstattung sog. „Jungsociety” und u.a. mit dem Besuch der Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover bei einer Vernissage. Die Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover forderte den Verlag der Zeitschrift BUNTE daraufhin zur Unterlassung der Veröffentlichung des Fotos mit der genannten Bildinnenschrift auf. Das LG sowie das Berufungsgericht gaben der Klage statt und untersagten dem Verlag die Bildveröffentlichung.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der BGH sah den geltend gemachten Unterlassungsanspruch jedoch nicht als gegeben an und wies die Klage ab.

Einwilligung in Bildveröffentlichung gem. § 22 Satz 1 KUG: Dabei bestätigte das Gericht zunächst die Auffassung der Vorinstanzen, dass eine Einwilligung der Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover nicht vorgelegen habe und auch allein aus ihrer Teilnahme an der Ausstellungseröffnung mit vermeintlich bekanntermaßen anwesenden Fotografen nicht auf eine konkludente Einwilligung geschlossen werden könne.

Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte gem. § 23 Abs. 1 KUG: Die beanstandete Bildveröffentlichung sei jedoch nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zulässig. Danach dürften Bildnisse einer Person grundsätzlich mit deren Einwilligung verbreitet werden. Hiervon bestehe allerdings gem. § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele und durch die Verbreitung keine berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Der Begriff des Zeitgeschehens sei dabei zugunsten der Pressefreiheit in einem weiteren Sinne zu verstehen und umfasse auch unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen sowie die Abbildung von Personen. Für die Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten einerseits und den Rechten der Presse andererseits sei von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörterten, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllten und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitrügen, oder ob lediglich die Neugier der Leser an privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt werde. Nach diesen Grundsätzen lag nach Ansicht des BGH ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vor. Es handele sich um einen unterhaltenden Beitrag über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen, der Anlass zu sozialkritischen Überlegungen sein könne. Ein Eingriff in den privaten Bereich oder ein Beitrag, der sich auf das Privatleben der abgebildeten Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover beschränke, liege nicht vor. Vielmehr habe sich diese durch ihre Teilnahme an der Veranstaltung in den Bereich des gesellschaftlichen Lebens begeben. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass sie selbst zuvor in einem Magazin über eine Kunstausstellung in Spanien berichtet habe. Dies werde in dem Artikel deutlich, in dem dieser auch über ihre Veröffentlichung berichte und sie zudem in der Bildinnenschrift als „junge Kunstkolumnistin” bezeichnet werde. Dadurch werde ein Zusammenhang zwischen ihrer journalistischen Tätigkeit und ihrer Teilnahme an der Vernissage hergestellt.


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