LG Berlin, Urt. 17.6.2021 - 67 S 17/21

Mangel: Besorgnis eines gesundheitsgefährdenden Legionellenbefalls

Autor: RA FAMuWR Kai-Uwe Agatsy, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 10/2021
Ein Legionellenbefall an der Trinkwasserversorgungsanlage ist ein erheblicher Mangel. Ausreichend ist bereits die sich aus dem Überschreiten des Maßnahmewertes ergebende Besorgnis legionellenbedingter Gesundheitsgefahren. Die Gefahrbesorgnis entfällt nicht, wenn der Mieter wegen der zu besorgenden Gesundheitsgefahren nachvollziehbar entwarnt wurde.

BGB §§ 536 Abs. 1, 536c, 535 Abs. 1 S. 2, 812 Abs. 1 S. 1 Var.1; TrinkwV §§ 2, 16 Abs. 7 Anl. 3 Teil II

Das Problem

Die Mieterin begehrte die Mietminderung für den Zeitraum von 2014 bis 2017 aufgrund einer erhöhten gesundheitsschädlichen Legionellenkonzentration. In dem Wohnhaus wurden im Zeitraum von 2014 bis 2017 ein der Mieterin wiederholt mitgeteilter Legionellenbefall von bis zu maximal 3.700 kbE (koloniebildenden Einheiten/100 ml) festgestellt. Die Mieterin berief sich wiederholt auf die Gesundheitsgefährdung. Im Rahmen einer Gefährdungsanalyse wurden die Gefahrenquellen in den Wohnungen mit den Risikoklassen 4 (signifikant) bis 6 (hoch), an den außerhalb der Wohnung belegenen Leitungen mit bis zu der Risikoklasse 7 (sehr hoch) klassifiziert und konkrete Maßnahmen zur Behebung dieser „Gefahrenquellen“ empfohlen. Trotz der konkreten Hinweise ab Kenntnis des Legionellenbefalls blieb mangels einer nachvollziehbaren „Warnung“ der Mieterin bis zum Schluss unklar, ob die Gesundheitsgefahr entfallen sei. Das AG wies die Minderungsfeststellungsklage mangels konkreter Gesundheitsgefährdung ab.

Die Entscheidung des Gerichts

Auf die Feststellungsklage stellte das LG fest, dass die Mieten ab der Mangelanzeige um 10 % gemindert waren. Für die Annahme der fortbestehenden Mietminderung sei ausschließlich relevant, dass die Mieterin nicht feststellen konnte, ob die „Legionellengefahr“ beseitigt worden sei. Der ungestörte Gebrauch der Mietsache sei mithin solange beeinträchtigt gewesen, bis die Gesundheitsgefahr sicher behoben war, ohne dass es aufgrund der bereits minderungsrelevanten Gesundheitsgefahr eines tatsächlichen Schadenseintritts oder Feststellung einer unmittelbar bevorstehenden Schädigung bedurfte (BGH v. 15.3.2006 – VIII ZR 74/05, MDR 2006, 1218; LG Berlin v. 21.12.2015 – 67 S 65/14, 2016, WuM 168). Für eine begründete Gefahr aufgrund der Legionellenbelastung sprachen die gem. § 16 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 TrinkwV bereits im Jahr 2016 durchgeführten Gefährdungsanalysen. Davon ausgehend und aufgrund der wiederholt festgestellten und nicht als gering einzustufenden Legionellenkonzentration, sowie unabhängig von der Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Erkrankung der Mieterin sei von einer hinreichend begründeten und den Mietgebrauch beeinträchtigenden Gesundheitsgefährdung auszugehen gewesen, dem die Vermieterin durch unverzügliches Tätigwerden zu begegnen hatte.


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