OLG Dresden, Beschl. 12.7.2017 - 4 W 558/17

Zu den Voraussetzungen des rechtlichen Interesses an einer Gegendarstellung im Falle eines aus dem Gesamtzusammenhang einer Presseberichterstattung abgeleiteten Eindrucks

Autor: Christian-Oliver Moser, Fachanwalt für Gewerblichen RechtsschutzDr. Donata StörmerIRLE MOSER Rechtsanwälte PartG, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2018
Eine Gegendarstellung, die sich gegen den aus dem Gesamtzusammenhang einer Presseberichterstattung abgeleiteten Eindruck wendet, ohne deutlich zu machen, durch welche konkret aufgeführten Einzeläußerungen dieser Eindruck hervorgerufen wird, fehlt das berechtigte Interesse i.S.d. § 56 Abs. 2 Nr. 1 RStV.Drängt sich dem Leser ein solcher Eindruck aus dem Zusammenspiel der Einzeläußerungen nicht zwingend auf, sondern stellt dieser lediglich eine nicht fernliegende Deutungsmöglichkeit dar, kommt der Abdruck einer Gegendarstellung nicht in Betracht. Ein rechtliches Interesse an einer Gegendarstellung fehlt auch dann, wenn der beanstandete Presseartikel die Stellungnahme des Betroffenen zutreffend wiedergibt.

OLG Dresden, Beschl. v. 12.7.2017 - 4 W 558/17

Vorinstanz: LG Leipzig, Beschl. v. 30.5.2017 - 08 O 1043/17

RStV § 56 Abs. 2 Nr. 1

Das Problem

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Verkehrsgesellschaft eines Landkreises begehrt im Wege einer einstweiligen Verfügung von der Antragsgegnerin den Abdruck einer Gegendarstellung zu einem Artikel, den die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite eingestellt hatte. Der Artikel enthält u.a. folgende Äußerungen des Rechtsanwalts K.: „Hier könnte ein massiver Interessenkonflikt vorliegen.” und „aus Sicht St. übervorteilt er die Mitgesellschafter”. Der Insolvenzverwalter macht geltend, dass durch diese Äußerungen im Gesamtbild des Artikels der Eindruck erweckt werde, er treffe Entscheidungen zu Lasten der von ihm verwalteten Verkehrsgesellschaft und bevorzuge die Firma W., weil diese den Mannschaftsbus des FC Y. sponsere, dessen Präsident er sei. Das LG weist den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Dresden weist die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen den zurückweisenden Beschluss zurück.

Das Gericht begründet die Zurückweisung damit, dass sich die von dem Insolvenzverwalter begehrte Gegendarstellung nicht gegen gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptungen richte, sondern gegen reine Meinungsäußerungen. Daran ändere auch das Vorbringen des Insolvenzverwalters nichts, durch diese Äußerungen werde im Gesamtbild des Artikels der Eindruck erweckt, dass er Entscheidungen zu Lasten der von ihm verwalteten Verkehrsgesellschaft treffe und die Firma W. bevorzuge.

So fehle es an einem berechtigten Interesse gem. § 56 Abs. 2 Nr. 1 RStV, da die verlangte Gegendarstellung irreführend sei. Wolle der Anspruchsberechtigte einem mit der Erstmitteilung erweckten Eindruck entgegentreten, müsse dies in einer entsprechenden Formulierung der begehrten Gegendarstellung zum Ausdruck kommen. Zudem sei der beanstandete Kern der Erstmitteilung wiederzugeben und anzugeben, von welcher konkreten Behauptung dieser Eindruck ausgehe. Die von dem Insolvenzverwalter verlangte Gegendarstellung erfülle diese Voraussetzungen nicht. Vielmehr sei darin der gesamte Ausgangsartikel nahezu vollständig wiedergegeben.

Zudem seien Aussagen nicht gegendarstellungsfähig, bei denen lediglich eine „nicht fernliegende Deutung” einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergäbe. Eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung liege nur dann vor, wenn sich der Eindruck mit gegendarstellungsfähigem Inhalt zwingend aufdränge. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Schließlich fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Gegendarstellung auch deshalb, weil der Standpunkt des Insolvenzverwalters sich bereits in der ursprünglichen Fassung der Ausgangsmitteilung wiederfinde, wo dieser mit den Worten „Da gibt es nichts” zu einem Zusammenhang zwischen seinen Entscheidungen als Insolvenzverwalter und seinem Präsidentenamt beim FC Y. befragt wird. Diese Aussage entspreche in ihrer Reichweite der mit der Gegendarstellung begehrten Entgegnung.


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