OLG Hamm, Beschl. 7.2.2017 - 7 U 85/16

Observation nach Scheidung

Autor: RA Dr. Ilja Czernik, SKW Schwarz Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2017
Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet nur dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen: Nur wenn die Verletzung der Würde und Ehre des Menschen ohne jede Sanktion bliebe und der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde, ist die Zubilligung einer Geldentschädigung bei schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Einzelfall gerechtfertigt.

OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2017 - 7 U 85/16

Vorinstanz: LG Dortmund - 25 O 183/16

GG Art. 1, 2; BGB § 823 Abs. 1

Das Problem

Die Klägerin ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Dieser ließ seine ehemalige Frau ab dem Jahr 2012 immer wieder über längere Zeiträume beobachten, was der Ehefrau aus dem familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren bekannt war. Dem Beklagten ging es darum, festzustellen, ob seine Ex-Ehefrau mit ihrem Lebensgefährten in „verfestigter Lebensgemeinschaft” i.S.d. § 1579 BGB lebt. Hierzu wurde u.a. ein „Bewegungsprotokoll” angefertigt, welches bspw. im Zeitraum 10.1.2015–27.1.2016 im Wesentlichen auflistete, wann das Fahrzeug der Klägerin in der Einfahrt zum Haus ihres Lebensgefährten gesehen wurde und was die Klägerin – sofern von außen erkennbar – im Haus gerade unternahm. Die Klägerin nahm ihren ehemaligen Mann wegen dieser Beobachtungen auf Geldentschädigung i.H.v. mindestens 10.000 € in Anspruch, nicht jedoch auf Unterlassung. Einen Unterlassungsanspruch hatte sie zwar im Unterhaltsverfahren geltend gemacht, aber danach nicht weiter verfolgt. Die Klägerin blieb mit ihrer Klage in erster Instanz vor dem LG Dortmund erfolglos.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamm wies die dagegen gerichtete Berufung per Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit zurück.

Ein Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG sei nicht erkennbar, denn die hohen Hürden, die eine Geldentschädigung verlange, seien nicht überwunden worden. Bei der durch den Ex-Ehemann veranlassten Observation handele es sich nämlich um keine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Diese sei aber Voraussetzung für die Geldentschädigung.

Der ehemalige Ehemann der Klägerin habe mit der Observation ein grundsätzlich berechtigtes Interesse verfolgt, was bereits für sich gesehen einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenstehe. So sei es ihm nur darum gegangen, die Voraussetzungen der verfestigten Lebenspartnerschaft nach § 1579 Nr. 2 BGB zu beweisen. Damit sei er nur seinem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Durchsetzung seines subjektiven Rechts nachgekommen, der eben auch die Ermittlung von Beweisen umfasse. Der Ex-Ehemann der Klägerin als Partei in einem Unterhaltsverfahren müsse sich nämlich nicht darauf beschränken, den Bekundungen des Unterhaltsberechtigten bzw. des (angeblichen) Lebenspartners wegen des (Nicht-)Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu vertrauen. Er sei vielmehr berechtigt gewesen, Indiztatsachen zu ermitteln, die notfalls durch neutrale Zeugen hätten bewiesen werden können.

Gegen eine schwerwiegende Verletzung spreche darüber hinaus, dass die Klägerin ihren ehemaligen Mann nicht zuvor im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Observation in Anspruch genommen hätte. Dies belege, dass sie selbst eine etwaige Beeinträchtigung ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht als gewichtig empfand, sonst wäre sie dagegen vorgegangen.


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