Zum gewerblichen Ausmaß beim Angebot eines Oscar-prämierten Filmwerks in sog. Tauschbörsen

Autor: RA Dr. Yvonne Kleinke, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, MoserBezzenberger Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 09/2011
Ein „gewerbliches Ausmaß” einer Rechtsverletzung durch das Einstellen eines urheberrechtlich geschützten Werkes in ein peer-to-peer Netzwerk ist nach Ablauf von sechs Monaten gerechnet ab dem Erscheinungsdatum des Werkes auch bei Filmwerken nur in Ausnahmefällen zu bejahen. Die Verleihung mehrerer Oscars für einen Film kann einen Umstand darstellen, der auch nach Ablauf von sechs Monaten ab Erstveröffentlichung die Gestattung der Bekanntgabe der in rede stehenden Daten rechtfertigen und eine neue 6-Monatsfrist ab der Oscarverleihung in Lauf setzen.

OLG Köln, Beschl. v. 5.5.2011 - 6 W 91/11 „The Hurt Locker”

Vorinstanz: LG Köln, Beschl. v. 18.3.2011 - 218 O 32/11

UrhG § 101 Abs. 2

Das Problem:

Die Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Kinofilm „Tödliches Kommando – The Hurt Locker” behauptete, der Film sei zu bestimmten Zeiten in peer-to-peer Netzwerken („Tauschbörsen”) Dritten zugänglich gemacht worden. Sie begehrte daher, ihr unter Verwendung von Verkehrsdaten i.S.d. § 3 Nr. 30 TKG über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen bestimmte IP-Adressen zu bestimmten Zeiten zugewiesen waren, Auskunft zu erteilen. Der Kinofilm war erstmalig am 3.12.2009 in Deutschland auf DVD erschienen. Die verfolgten Verletzungshandlungen sollten im März 2011 erfolgt sein.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Köln hat die Entscheidung des LG Köln bestätigt, das den Antrag der Nutzungsrechtsinhaberin auf Auskunftserteilung mit der Begründung zurückgewiesen hatte, es fehle an einem gewerblichen Ausmaß der Rechtsverletzung.

Gewerbliches Ausmaß: Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liege ein gewerbliches Ausmaß einer Rechtsverletzung durch das Einstellen urheberrechtlich geschützter Werke in ein peer-to-peer Netzwerk nach Ablauf von sechs Monaten gerechnet ab dem Erscheinungsdatum des Werkes nur noch in Ausnahmefällen vor.

Längere Fristen für Oscar-prämierte Werke: Einzuräumen sei allerdings, dass die Verleihung von (mehreren) Oscars für den betroffenen Film, die Gestattung der Bekanntgabe der begehrten Daten auch nach Ablauf von sechs Monaten ab Erstveröffentlichung rechtfertigen könne. Angesichts der Bedeutung von Oscarprämierungen für Filme sei in diesem Fall vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Oscar-Verleihung (vorliegend im März 2010) eine neue Frist von sechs Monaten als in Lauf gesetzt anzusehen.

Im zur Entscheidung stehenden Fall sei dies jedoch unerheblich, da die behaupteten Verletzungshandlungen – gerechnet von der Oscarverleihung an – erst 12 Monate später erfolgt seien. Von einer aktuellen Verwertungsphase des Films könne trotz der Oscars zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ausgegangen werden.


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