BAG, Urt. 7.9.2021 - 9 AZR 595/20

Folgen der Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist bei einem Antrag auf Brückenteilzeit

Autor: RA FAArbR Dr. Patrick Esser, Seitz Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 01/2022
Ein unter Verletzung der dreimonatigen Mindestankündigungsfrist gestellter Antrag auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit nach § 9a TzBfG kann nicht ohne weiteres als ein zum frühestmöglichen Zeitpunkt wirkendes Angebot verstanden werden. Eine solche Auslegung ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber aufgrund greifbarer Anhaltspunkte erkennen kann, ob der Arbeitnehmer die „Brückenteilzeit“ verkürzen oder verschieben möchte.

TzBfG § 9a Abs. 3, § 8 Abs. 2

Das Problem

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung der Arbeitgeberin zu einer zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit. Die klagende Arbeitnehmerin beantragte unter Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit. Die beklagte Arbeitgeberin lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Reduzierung stünden dienstliche Belange entgegen.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Entscheidung des Gerichts

Das BAG hebt die Entscheidung auf und weist die Klage ab. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf sog. „Brückenteilzeit“ gem. § 9a TzBfG sind danach nicht erfüllt, da die Klägerin die dreimonatige Mindestankündigungsfrist nicht gewahrt hat.

Nach § 9a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer die zeitlich begrenzte Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Die Reaktion eines Arbeitgebers auf das Verringerungsverlangen lässt sich jedoch als Verzicht auf die Einhaltung der Mindestankündigungsfrist auslegen, wenn ihr zu entnehmen ist, der Arbeitgeber lege auf die Einhaltung der Frist keinen Wert und werde auch bei der weiteren Behandlung des Antrags auf die Fristverletzung nicht zurückkommen.

Allein die Ablehnung des Antrags unter Berufung auf betriebliche Gründe, die der Arbeitszeitverringerung entgegenstehen, rechtfertigt indes nicht die Annahme, der Arbeitgeber habe auf die Einhaltung der Mindestankündigungsfrist verzichten oder keine weiteren entgegenstehenden Gründe vortragen wollen.

Ein unter Verletzung der Mindestankündigungsfrist gestellter Antrag auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit kann auch nicht als ein zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegebenes Angebot auf Änderung der Arbeitszeit ausgelegt werden. Die für einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung von unbestimmter Dauer geltenden Auslegungsgrundsätze lassen sich aufgrund der strukturellen Unterschiede nicht ohne weiteres auf einen Antrag auf „Brückenteilzeit“ übertragen.


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