EuGH, Urt. 3.6.2021 - C-624/19

Anspruch auf Entgeltgleichheit kraft Primärrecht

Autor: RAin FAinArbR Eva Einfeldt, DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2021
Der in Art. 157 AEUV verankerte Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen entfaltet auch hinsichtlich „gleichwertiger Arbeit“ unmittelbare Wirkung zwischen Privaten.

AEUV Art. 157, 267

Das Problem

Mitarbeiterinnen in den Ladengeschäften eines großen Lebensmitteleinzelhändlers berufen sich auf das Gebot der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen im Vergleich zu Beschäftigten in den Vertriebszentren des Unternehmens. Insbesondere stützen sie sich dabei auf Art. 157 AEUV, der ein Gebot der Entgeltgleichheit nicht nur bei gleicher, sondern auch bei „gleichwertiger Arbeit“ enthält, während sich der britische Equality Act auf gleiche Arbeitsbedingungen beschränkt.

Die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des AEUV zwischen Privaten (also zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber) hat das zuständige britische Gericht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Beklagte bezweifelt die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 157 AEUV mit der Begründung, dass bei bloßer gleichwertiger Arbeit unklar sei, was hierunter zu verstehen sei; damit sei eine unmittelbare Anwendung mangels Bestimmtheit nicht möglich. Sie macht zudem geltend, dass keine „einheitliche Quelle“ vorliege, auf die sich die Arbeitsbedingungen in den Ladengeschäften und in den Vertriebszentren ihres Vertriebsnetzes zurückführen lassen.

Die Entscheidung des Gerichts

Der EuGH betont die Notwendigkeit einer einheitlichen und effektiven Auslegung des Art. 157 AEUV, weswegen die Vorschrift auch hinsichtlich „gleichwertiger Arbeit“ unmittelbar zwischen Privaten anzuwenden ist. Für den Gerichtshof ist im konkreten Fall eines einheitlichen Arbeitgebers auch „dieselbe Quelle“ gegeben, so dass ein Vergleich der Entgelte möglich sei. Die Voraussetzung könne nur dann verneint werden, wenn eine Einheit fehle, die für die Ungleichbehandlung verantwortlich sei und die die Gleichbehandlung wiederherstellen könne. In der Folge können im vorliegenden Fall Arbeit und Entgelt der Arbeitnehmergruppen verglichen werden, selbst wenn die Arbeitnehmer in verschiedenen Betrieben tätig seien.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Arbeits-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Arbeitsrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme