Per Klage zum Studienplatz: Wie geht das?

04.01.2018, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Der Traumstudienplatz scheitert oft an den Zugangsvoraussetzungen für das gewünschte Fach, insbesondere am Numerus Clausus. Oft führt der Weg zur Uni daher über eine Studienplatzklage.

Die Probleme dabei, zum Studium der Medizin zugelassen zu werden, gingen Ende 2017 anlässlich eines aktuellen Gerichtsurteils durch die Medien. Aber auch in anderen Studienfächern sind die Zugangsvoraussetzungen hart. Eine hohe Anzahl von Bewerbern kämpft um die begrenzte Zahl der begehrten Studienplätze. Meist ist nicht fehlende Begabung das Problem, sondern der massive Andrang auf bestimmte Fächer. Ein Beispiel: Im Wintersemester 2014 / 2015 gab es für Medizin 43.002 Bewerber auf 8.999 Studienplätze. Wann macht es Sinn, den Rechtsweg einzuschlagen?

Was ist der Numerus Clausus?


Der Numerus Clausus, abgekürzt NC, ist eine Zulassungsbeschränkung für den Zugang zu deutschen Hochschulen. Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet es etwa „beschränkte Anzahl“. Er hat nichts mit einer Eignungsprüfung zu tun. Vielmehr wird, wenn die Anzahl der Bewerber auf einen Studienplatz die Zahl der verfügbaren Plätze übersteigt, einfach eine Abiturnote festgelegt, mit der der Zugang zum Studium noch möglich ist. Reicht die Abiturnote nicht aus, kann der Bewerber auch über eine längere Wartezeit an den Studienplatz kommen. Einen Numerus Clausus gibt es für eine Reihe von Studienfächern wie etwa Medizin und insgesamt für etwa die Hälfte der Studiengänge, mit steigender Tendenz. Rechtsgrundlage für die Auswahl von Studienbewerbern sind der „Staatsvertrag über die Errichtung
einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008“ und die Hochschulgesetze der einzelnen Bundesländer. Für viele Studiengänge erfolgt die Vergabe bundesweit zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH), www.hochschulstart.de, ehemals ZVS. In anderen Fällen sind die Hochschulen selbst verantwortlich. Auch sie können einen NC für einen Studiengang festsetzen. Der NC kann sich damit von Uni zu Uni beim gleichen Fach unterscheiden.

Auf welcher Grundlage kann man klagen?


Es gibt kein Gesetz, das eine bestimmte Abiturnote für ein bestimmtes Studienfach vorschreibt. Die Zugangsbeschränkungen basieren nur auf den begrenzten Kapazitäten der Hochschulen. Art. 12 des Grundgesetzes garantiert die freie Berufswahl. Klagen auf einen Studienplatz beruhen in der Regel auf dem Argument, dass die Hochschule in Wahrheit Kapazitäten frei hat, dass also die Anzahl der freien Plätze nicht korrekt ermittelt wurde. Denn das Verfahren, mit dem die Anzahl der freien Plätze berechnet wird, ist sehr kompliziert und damit anfällig für Fehler. Man spricht hier von einer außerkapazitären Klage. Weist der Bewerber vor Gericht nach, dass noch Plätze frei sind, hat er grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung zum Studium. Allerdings: Gewinnen nun zum Beispiel 30 Kläger eine Klage auf Zulassung zu diesem Studiengang, entscheidet oft ein Losverfahren darüber, wer das Studium wirklich antreten kann.
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen es gar nicht um eine angebliche Überschreitung der Kapazitäten der Hochschule geht. Sondern der Bewerber befindet sich durchaus innerhalb der Aufnahmekapazität, wird aber aus anderen Gründen abgelehnt (ein Härtefall wird nicht berücksichtigt, eine Wartezeit falsch angerechnet). In diesen Fällen spricht man von einer innerkapazitären Klage, bei der der Rechtsanwalt die jeweiligen Argumente der Hochschule angreift.

Kann dem Bewerber ein eingeklagter Studienplatz wieder weggenommen werden?


Eine Studienplatzklage kann mit einem Vergleich oder einer gerichtlichen Entscheidung enden. Wird dem Bewerber ein Studienplatz aufgrund eines Zulassungsvergleichs zugesprochen, ist dies endgültig. Ein gerichtliches Urteil kann mit Rechtsmitteln in der nächsten Instanz angefochten und damit von einem höheren Gericht überprüft werden. Es kommt jedoch selten vor, dass eine Hochschule nach einem Urteil, welches dem Bewerber einen Studienplatz zugesteht, in die nächste Instanz geht.

Wie lange dauert das Verfahren?


Ein normales verwaltungsgerichtliches Verfahren dauert etwa zwei Jahre. Aber: Anwälte rechnen für ein Eilverfahren am Verwaltungsgericht meist mit einer Verfahrensdauer von drei bis sieben Monaten. Meist fallen die ersten Entscheidungen für das Sommersemester Mitte Mai, für das Wintersemester Mitte November. Zeit gespart werden kann oft mit einem Zulassungsvergleich. Dieser hat jedoch eher bei den Fächern Chancen, bei denen die Zulassung nicht von einem strengen bundesweiten NC abhängt.

Was kostet eine Studienplatzklage?


Wer seinen Studienplatz einklagen möchte, hat mit drei Arten von Kosten zu rechnen: Da sind zunächst die Gerichtskosten, dann die eigenen Anwaltskosten und schließlich – wenn man den Prozess verliert – auch noch die Anwaltskosten der Hochschule. Dabei lässt sich allerdings nicht jede Hochschule von einem Rechtsanwalt vertreten. Bekannt ist dies inzwischen von Berlin, Dresden, Rostock, Hamburg, Mainz, Ulm und Tübingen, die Anzahl steigt jährlich. Pauschale Summen sind schwer anzugeben, da die Kosten vom Verfahrensablauf und vom Bundesland abhängen. Als Faustregel werden oft 363 Euro Gerichtskosten für jede Klage oder einstweilige Anordnung und rund 500 Euro pro Anwalt angegeben.

Wie sind Fristen und Ablauf bei einer außerkapazitären Klage?


Bevor ein gerichtliches Vorgehen möglich ist, muss zuerst ein Antrag auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität (auch: AKA) gestellt werden. Dieser ist direkt an die Hochschule zu richten. Für den AKA gibt es spezielle Fristen, die die Hochschulen festlegen. Diese Fristen sind weder logisch noch einheitlich. Zum Teil enden sie bereits, bevor der Bewerber die Ablehnung auf seine normale Bewerbung um einen Studienplatz bekommt. Kurzfristige Änderungen in den einzelnen Bundesländern sind an der Tagesordnung. Beispiele: AKA-Frist in Baden-Württemberg 2017: 15.7. (WS), 15.1. (SS). Hessen Uni: 1.9. (WS), 1.3. (SS). Hessen FH: 20.9. (WS), 1.3. (SS). Wird dieser Antrag negativ beschieden oder gar nicht, kann gerichtlich vorgegangen werden, etwa mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht.

Wie funktioniert die Auswahl im Fach Medizin?


Im Fach Medizin ist das Auswahlverfahren besonders hart. Eine bestimmte Zahl von Plätzen ist für Auslandsstudenten und Härtefälle reserviert. Sind diese vergeben, gehen 20 Prozent der bundesweit verfügbaren Plätze an die Bewerber mit den besten Abinoten. Dabei reicht ein Abiturdurchschnitt von 1,2 nicht mehr für die Zulassung zum Studium aus. Noch einmal 20 Prozent der Plätze werden nach Wartezeit vergeben. Die durchschnittliche Wartezeit lag im Wintersemester 2017/2018 bei 14 Semestern. Es bleiben noch 60 Prozent der Plätze, die von den Hochschulen selbst vergeben werden – manchmal ausschließlich nach der Durchschnittsnote, oft aber auch nach dem Ergebnis des Eignungstests für Mediziner. Zum Teil werden auch Berufserfahrungen (etwa als Krankenschwester) miteinbezogen und Auswahlgespräche geführt.

Was hat das Bundesverfassungsgericht 2017 entschieden?


Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei Verfahren das Auswahlverfahren für Medizinstudenten für teilweise verfassungswidrig erklärt. Zwar sei die Vergabe von Studienplätzen nach Abiturnoten, Wartezeit und den Kriterien der Unis grundsätzlich verfassungskonform. Es müssten aber verschiedene Missstände beseitigt werden. So sei die Anzahl der Wartesemester auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. Das Gericht legte sich zur Obergrenze nicht fest, schlug aber vier Jahre vor. Kritisiert wurde auch die Beschränkung auf sechs Studienorte im Antrag: Dadurch bestünde die Gefahr, dass ein Bewerber, der an einer nicht genannten Uni eine Chance hätte, nicht genommen würde, weil an den von ihm genannten Unis gerade besonders hoher Andrang herrsche. Das Gericht mahnte auch eine nicht nur an die Abinote gebundene Auswahl an – auch persönliche Qualifikationen könnten stärker einfließen. Insgesamt verletze das aktuelle Verfahren den im Grundgesetz verankerten Grundsatz, nach dem alle Studienplatzbewerber einen Anspruch auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot hätten (BVerfG, 19.12.2017, Az. 1 BvL 3/14 und 4/14). Bis zum 31.12.2019 müssen Bund und Länder nun Reformen durchführen.

Praxistipp


Wer eine Klage auf den Traum-Studienplatz in Erwägung zieht, sollte rechtzeitig handeln und sich über die Fristen für AK-Anträge an seiner Hochschule informieren. Es gibt Rechtsanwälte, die sich besonders auf den Bereich der Studienplatzklage spezialisiert haben. Wegen der sehr komplexen Materie und die bundesweit nicht einheitlichen Regelungen sollte unbedingt ein auf das Hochschulrecht spezialisierter Anwalt hinzugezogen werden.

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