Grundsätzliches zur Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts

21.12.2015, Autor: Herr Jörg Streichert / Lesedauer ca. 7 Min. (556 mal gelesen)
Meist kommt es aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern zu einer Beendigung der gemeinsamen Zusammenarbeit. Da eine Gesellschaft ähnlich wie eine „Ehe“ angelegt ist, ist die Kenntnis, wie eine Auflösung zu erfolgen hat und welche Rechte und Pflichten die einzelnen Gesellschafter in dieser Situation haben von entscheidender Bedeutung.

Auch hier ist es ratsam, sich bereits bei Eingehung der „Gesellschaft“ Gedanken über deren Beendigung zu machen und diese in einem Gesellschaftsvertrag - den Statuten - niederzuschreiben. Solange die Gesellschafter sich verstehen und voller Optimismus in die gemeinsame Zukunft blicken, stellt dies selten ein Problem dar. Andernfalls gilt das Gesetz und die hierin enthaltenen allgemein gültigen Grundsätze finden Anwendung. Nach diesen Regeln findet dann die Auseinandersetzung statt. Dass diese Regeln nicht immer zu sachgerechten Lösungen führen, dürfte sich von selbst verstehen.

Grundsätzliches zur Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, BGB-Gesellschaft)
von Rechtsanwalt Jörg Streichert, Kaufbeuren

Meist kommt es aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern zu einer Beendigung der gemeinsamen Zusammenarbeit. Da eine Gesellschaft ähnlich wie eine „Ehe“ angelegt ist, ist die Kenntnis, wie eine Auflösung zu erfolgen hat und welche Rechte und Pflichten die einzelnen Gesellschafter in dieser Situation haben von entscheidender Bedeutung.

Auch hier ist es ratsam, sich bereits bei Eingehung der „Gesellschaft“ Gedanken über deren Beendigung zu machen und diese in einem Gesellschaftsvertrag - den Statuten - niederzuschreiben. Solange die Gesellschafter sich verstehen und voller Optimismus in die gemeinsame Zukunft blicken, stellt dies selten ein Problem dar. Andernfalls gilt das Gesetz und die hierin enthaltenen allgemein gültigen Grundsätze finden Anwendung. Nach diesen Regeln findet dann die Auseinandersetzung statt. Dass diese Regeln nicht immer zu sachgerechten Lösungen führen, dürfte sich von selbst verstehen.


I. Allgemeines

Das Gesetz sieht bei Eintritt bestimmter Bedingungen wie z.B. Kündigung eines Gesellschafters, Tod eines Gesellschafters, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder eines Gesellschafters, die Auflösung der Gesellschaft vor.

Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch für diese Fälle etwas anderes vereinbart werden. Dann wird die Gesellschaft aufgelöst, wenn die Gesellschafter dies beschließen.

Der rechtliche Bestand einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, BGB-Gesellschaft) endet aber regelmäßig nicht mit ihrer Auflösung, sondern erst mit dem Abschluss der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens. Die Beendigung einer GbR lässt sich in drei Phasen unterteilen:

• Auflösung
• Auseinandersetzung
• Vollbeendigung

Auch für das Abwicklungsverfahren ist zunächst der Gesellschaftsvertrag maßgeblich. Fehlen entsprechende Vereinbarungen, richtet sich das Auseinandersetzungsverfahren nach den §§ 723 - 740 BGB.


II. Auflösungsgründe

1. Kündigung

Der häufigste Auflösungsgrund ist – meist nach vorangegangenen Streitigkeiten - die Kündigung durch einen Gesellschafter. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag nichts anderes, ist die Kündigung formlos möglich. Zu Beweiszwecken ist eine schriftliche Kündigung empfehlenswert. Die Kündigung ist an alle Mitgesellschafter zu richten und muss auch allen Mitgesellschaftern zugehen. Nach der Regelung des BGB wird die Gesellschaft bei Kündigung eines Gesellschafters sofort aufgelöst.

Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit, also unbefristet, eingegangen, sieht das Gesetz vor, dass jeder Gesellschafter die Gesellschaft jederzeit kündigen kann. Ein besonderer Kündigungsgrund ist nicht erforderlich. Die Kündigung darf allerdings ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht zur Unzeit erfolgen, also zu einem Zeitpunkt, in dem sie die Interessen der Mitgesellschafter verletzen würde.

Ist die Gesellschaft dagegen für eine bestimmte Zeit eingegangen, kann ein Gesellschafter vor dem Ablauf dieser Zeit nur kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher besteht, wenn das Interesse des Kündigenden an der Auflösung der Gesellschaft das der übrigen Gesellschafter an deren Fortbestand überwiegt. Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter zerrüttet ist, die Gesellschafter sich sozusagen „auseinandergelebt“ haben.

Auch der drohende wirtschaftliche Zusammenbruch des Kündigenden bei Fortsetzung der Gesellschaft, eine dauerhafte Erkrankung oder das hohe Alter können einen wichtigen Grund darstellen.

Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass die Gesellschaft nach der Kündigung mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, ist dies nur möglich, wenn mindestens zwei Gesellschafter übrig bleiben. Hat die GbR nur zwei Gesellschafter, ist sie mit der wirksamen Kündigung eines Gesellschafters zwingend aufgelöst.

Wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wächst sein Anteil den übrigen Gesellschaftern zu.

Der Kündigende erhält dafür aber einen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft und er kann die Rückgabe der Gegenstände verlangen, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat.

Weiter hat der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch gegen die verbleibenden Gesellschafter, dass die Schulden der Gesellschaft, für die er gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft persönlich haftet, von der Gesellschaft beglichen werden. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet den Gläubigern der Gesellschaft noch fünf Jahre ab dem Ausscheiden und der Kenntnis des jeweiligen Gläubigers vom Ausscheiden. Der kündigende Gesellschafter sollte daher alle Gläubiger möglichst bald über sein Ausscheiden informieren. Wird der ausgeschiedene Gesellschafter von den Gläubigern der Gesellschaft in Anspruch genommen, kann er von der Gesellschaft Ersatz verlangen.

Für die Höhe des Abfindungsanspruchs ist der tatsächliche Wert des Gesellschaftsvermögens maßgeblich.

Für die Ermittlung des Abfindungsanspruchs gibt es verschiedene Berechnungsmethoden, wobei das Gesetz keine bestimmte Art der Wertermittlung vorschreibt. Der Anspruch entsteht mit dem Ausscheiden. Der ausscheidende Gesellschafter nimmt am Gewinn und Verlust der schwebenden Geschäfte teil. Hat die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens einen negativen Saldo, so hat der Ausscheidende keinen Abfindungsanspruch, sondern ist vielmehr zum anteiligen Ausgleich des Fehlbetrages verpflichtet.

Im Gesellschaftsvertrag kann die Abfindung anders geregelt werden. Auch nach der Kündigung könne die Gesellschafter noch einstimmig eine ihren Interessen entsprechende Regelung der Abfindung vereinbaren.

2. Gesellschafterbeschluss

Die Gesellschafter können die Gesellschaft auch durch einen einstimmig gefassten Gesellschafterbeschluss auflösen.

3. Sonstige

Als sonstige Gründe kommen der Ablauf der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Zeit oder die Erreichung des vereinbarten Gesellschaftszwecks in Betracht.
Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die GbR allein zur Verwirklichung eines bestimmten Projekts gegründet wurde. In diesen Fällen wird die GbR automatisch mit Zeitablauf bzw. Zweckerreichung aufgelöst.

Auch der Tod eines Gesellschafters führt ohne anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag zur Auflösung der Gesellschaft. Im Gesellschaftsvertrag kann aber bestimmt werden, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft fortbestehen soll.

Weitere Auflösungsgründe sind die Insolvenz der Gesellschaft oder die Kündigung durch einen Gläubiger, der den Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters der GbR gepfändet hat.


III. Ablauf der Auseinandersetzung

Die Gesellschafter sind gegenseitig verpflichtet, an der Abwicklung mitzuwirken. Die Geschäftsführung steht nach der gesetzlichen Regelung im Stadium der Abwicklung allen Gesellschaftern zu und zwar auch dann, wenn die Geschäftsführung vor der Auflösung nur einzelnen Gesellschaftern übertragen war.

Während der Abwicklung ist die Durchsetzung einzelner Ansprüche der Gesellschafter gegen die Gesellschaft gesperrt, um die Abwicklung nicht zu verkomplizieren.

Zunächst sind die schwebenden Geschäfte zu beenden. Dabei können auch neue Geschäfte eingegangen werden, wenn dies zur Beendigung der Geschäftstätigkeit erforderlich ist.

Das eigentliche Auseinandersetzungsverfahren beginnt dann mit der Rückgabe der Gegenstände, die der Gesellschaft von den Gesellschaftern zur Benutzung überlassen wurden.

Dann sind die Gesellschaftsschulden zu begleichen und die Einlagen der Gesellschafter - also die von ihnen an die Gesellschaft vereinbarungsgemäß geleisteten Beiträge - diesen zurückzuerstatten.

Beides ist notfalls durch Veräußerung des noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens zu bewirken. Sofern ein Überschuss verbleibt, ist dieser zu verteilen, anderenfalls besteht eine Nachschusspflicht der Gesellschafter.

Auch hier können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag oder durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss Abweichendes vereinbaren.

Die Gläubiger sind ausreichend geschützt, da ihnen jeder Gesellschafter für die Schulden der GbR auch weiter persönlich haftet.

1. Rückgabe überlassener Gegenstände

Nach den Regelungen des BGB sind den Gesellschaften zunächst die Gegenstände zurückgegeben, die der Gesellschaft zur Benutzung überlassen wurden. Damit sind solche Gegenstände gemeint, die nach der Vereinbarung der Gesellschafter nicht in das Vermögen der Gesellschaft überführt, also nicht an diese übereignet werden sollten.

War eine Übereignung oder eine Überlassung dem Wert nach vereinbart, kann der Gesellschafter statt der Rückgabe Wertersatz in Geld verlangen. Die Rückgabe kann grundsätzlich sofort verlangt werden, es sein denn, der zur Benutzung überlassene Gegenstand wird von der Gesellschaft zur Abwicklung benötigt.
Für den Arbeitsaufwand, den ein Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber erbracht hat, kann der Gesellschafter von der Gesellschaft keinen Ersatz verlangen, sofern eine Vergütung der Dienste nicht vereinbart wurde.

2. Erfüllung der Verbindlichkeiten

Anschließend sind die Schulden der Gesellschaft gegenüber Dritten zu berichtigen.

Jeder Gesellschafter hat gegen seine Mitgesellschafter einen Anspruch darauf, dass er an der Tilgung der Schulden der Gesellschaft mitwirkt.

Reichen die liquiden Mittel der Gesellschaft zur Schuldentilgung nicht aus, ist das Gesellschaftsvermögen in Geld umzusetzen.

Wird nicht genügend Geld für die Schuldentilgung erzielt, müssen die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufkommen, in dem sie nach ihrer Vereinbarung den Verlust zu tragen haben.

Wenn die Gesellschafter keine abweichende Vereinbarung getroffen haben, hat jeder Gesellschafter denselben Anteil am Verlust zu tragen. Die Quote der Verlusttragung bestimmt sich also grundsätzlich nach Köpfen.

Der Nachschuss kann in der Regel erst verlangt werden, wenn eine Schlussabrechnung erstellt ist.

3. Einlagenrückgewähr

Nach der Tilgung der Schulden sind die von den Gesellschaftern geleisteten Einlagen zurückzuerstatten. Die Rückerstattung erfolgt nach der Regelung des BGB in Geld. Für Sacheinlagen ist Wertersatz zu leisten.

Die Rückgewähr der geleisteten Sache kann der Gesellschafter deshalb nicht verlangen und ist umgekehrt nicht dazu verpflichtet. Für die Bestimmung des Wertes ist der Zeitpunkt der Einbringung maßgeblich. Ist der Wert der Sacheinlage schon bei Beginn der Gesellschaft mit deren Einbringung festgesetzt worden, ist die Bewertung bei der Auseinandersetzung einfacher.

Reicht die Liquidität der Gesellschaft für den Wertersatz nicht aus, muss zunächst das Gesellschaftsvermögen veräußert werden. Liegt danach immer noch ein Defizit vor, ist der Betrag von den Gesellschaftern entsprechend ihrer Verlusttragungspflicht nachzuschießen.

4. Verteilung des Überschusses

Ist nach der Berichtigung der Schulden der Gesellschaft und der Rückerstattung der Einlagen noch Vermögen der Gesellschaft vorhanden, ist dieser Überschuss an die Gesellschafter zu verteilen.

Die Verteilung des Überschusses erfolgt nach dem Verhältnis der Anteile der Gesellschafter am Gewinn, mangels abweichender Vereinbarung der Gesellschafter nach Köpfen. Den Gesellschaftern steht es frei, eine andere Verteilung zu bestimmen.

Soweit die noch vorhandenen Gegenstände teilbar sind, werden diese anteilig an die Gesellschafter verteilt. Eine solche Teilbarkeit ist außer bei Geld z.B. bei einem noch vorhandenen Vorrat gleichartiger Sachen gegeben.

Bei Unteilbarkeit sind die Gegenstände in Geld umzusetzen. Nach der Regelung des BGB erfolgt die Veräußerung im Wege des Pfandverkaufs, also einer öffentliche Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher. Dies ist jedoch sehr aufwendig, ein angemessener Versteigerungserlös wird häufig nicht erzielt. Eine Vereinbarung, etwa die Gegenstände zu verkaufen, kann wirtschaftlich sinnvoller sein. Lässt auch ein Verkauf keinen angemessenen Erlös erwarten, kommt die Übernahme des Gegenstands durch einen Gesellschafter gegen anteiligen Wertausgleich in Frage.


IV. Beendigung

Die Gesellschaft ist beendet, wenn das Abwicklungsverfahren abgeschlossen ist, selbst wenn die GbR dann noch Schulden hat. Für diese haften die Gesellschafter weiterhin persönlich. Hat die GbR ein Gewerbe betrieben, ist die Beendigung der Gewerbetätigkeit bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Beendigung der Gesellschaft tritt aber unabhängig von dieser Anzeige ein.


Meine Kanzlei berät und vertritt Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen und begleitet Sie –sofern erforderlich - im möglichen Auseinandersetzungsverfahren.


V.i.S.d.P.:
Rechtsanwalt Jörg Streichert
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