Aus dem Tierreich. Seine Schafe-sein Problem.

21.07.2015, Autor: Herr Hans-Berndt Ziegler / Lesedauer ca. 2 Min. (349 mal gelesen)
Anspruch auf Handeln bevor der Schaden eintritt.

Wir vertreten einen Landwirt, der sich darüber echauffierte, dass Schafe von einem Hobbyschafhalter immer wieder aus der Einpferchung ausbrachen und die von unserem Mandanten bewirtschafteten Flächen niedertrampelten. Der Schafhalter teilte unserem Mandanten mit, er könne im Schadensfall den Schaden zunächst umfangreich beziffern und dann mit seiner Haftpflichtversicherung korrespondieren. Ein einziges Mal speiste der Schafhalter unseren Mandanten nach zähem Ringen und wüsten Beschimpfungen mit einer Zahlung von 100,00 € ab. Nachdem die Ausbrüche der Schafe wiederholt auftraten wandte sich der geplagte Landwirt hilfesuchend an unsere Kanzlei. 

 Zunächst forderten wir den Schafhalter außergerichtlich auf, eine Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen, dass er künftig dafür Sorge tragen werde, dass es zu derlei Vorfällen nicht mehr komme. Der Schafhalter ließ uns durch seine Bevollmächtigte mitteilen, dass wir keinen Anspruch ihm gegenüber hätten, da wir ein Fehlverhalten der Schafe rügten und er nichts dafür könne, wenn die Tiere nun einmal eigenwillig seien. Es stünde unserer Mandantschaft aber frei sich bei Eintritt eines Schadens gerne an seine Versicherung zu wenden. 

 Dies war allerdings nicht Bauern- bzw. Schafhalterschlau. Unserem Mandanten ging es gerade darum, künftige weitere Störungen zu vermeiden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung erlaubt auch in bestimmten Fällen, dass man einen Gefahrenabwehranspruch bereits vor Verwirklichung des Schadens geltend machen kann. Eine deliktsrechtliche Verhaltenspflicht zur Schadensverhütung ist im Grundsatz eine unselbständige Pflicht die eine Rechtsfolge (Schadensersatz) nur bei schuldhafter Verletzung und bei Schadenseintritt auslöst (§ 823 BGB). Sie kann – in Grenzen – qualitativ umschlagen in eine selbständig einklagbare Gefahrenabwendungspflicht. Der tragende Grund liegt darin, dass sich die repressive Sanktion einer Schadensersatzleistung als unzulänglich erweist. Es wird damit im deliktsrechtlichen Bereich die gleiche Wertung vollzogen, wie sie aus dem Vertragsrecht bei der Aufwertung unselbstständiger Nebenpflichten zu selbständigen und damit einklagbaren Nebenpflichten bekannt ist. Wer auf den vorbeugenden Gefahrenabwehranspruch wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht die bisherigen Argumentationsmuster anwende will, kann ihn als Anspruch auf Unterlassung einer Unterlassung, also auf ein positives Tun (ähnlich BGH im Kaffeeröstereifall, WM 1982, 193), begreifen und gelangt dann bei seinem prozessualen Gegenstück zur Unterlassungsklage des § 1004 Abs. 1, Satz 2 BGB, die dann im Regelfall eben auf ein positives Tun zielt, nämlich auf das "Ergreifen von Maßnahmen", die etwas "verhindern". Der Klageantrag lautete daher:

 den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000,00 € -ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Jahren- das Hinübergelangenlassen der sich in seinem Besitz und seiner Obhut befindlichen Schafe auf die vom Kläger bewirtschafteten Grundstücksflächen Flur …Flurstücke: … der Gemarkung …  zu unterlassen. 

 Das Amtsgericht Kirchhain Az.-7 C 62/15 (1)- verurteilte den Beklagten antragsgemäß, drohte dem Beklagten jedoch nur eine ersatzweise Ordnungshaft von sechs Monaten an. Der Beklagte hat auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob der Beklagte Berufung einlegt.

Jonas Frobel, Rechtsanwalt