Privates Baurecht: Mangelhaftigkeit der Gesamtleistung bei lediglich p

06.01.2015, Autor: Frau Melanie Bentz / Lesedauer ca. 2 Min. (1038 mal gelesen)
punktuelle Schäden, Mangelhaftigkeit der Gesamtleistung, stichprobenartige Untersuchung

Das Oberlandesgericht München (im Folgenden: OLG) hatte bereits im September 2012 (Urteil vom 03.09.2012, Az.: 28 U 3473/10) einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem es um die Frage ging, inwiefern punktuelle Schäden und stichprobenartige Untersuchungen den Rückschluss auf die Mangelhaftigkeit der Gesamtleistung zulassen.

Ein Auftragnehmer hatte in einer Lagerhalle ca. 700 m2 Fliesen verlegt. Nach der Abnahme lösen sich ca. 20 – 30 Fliesen mit einer Gesamtfläche von ca. 3 m2. Ein Privatgutachter stellt fest, dass der Verlegemörtel an den Schadstellen bröselig ist. Im Rahmen der gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht und anschließend dem OLG wird ein anderer Sachverständiger mit der Begutachtung der Leistungen des Auftragnehmers beauftragt.

Dieser nimmt an insgesamt 8 Stellen Bodenöffnungen vor und tätigt 10 Probeentnahmen für ein Prüflabor.

An allen geöffneten Stellen ist der Verlegemörtel bröselig, die Mindestanforderungen an die Druckfestigkeit sind nicht eingehalten und teilweise fehlt die notwendige Kontaktschicht zwischen Verlegemörtel und Bodenbelag. Keine der überprüften Stellen war mangelfrei. Aus technischer Sicht hält der gerichtlich bestellte Sachverständige die Gesamtsanierung für erforderlich. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen bewertet das OLG die gesamte Werkleistung des Auftragnehmers als mangelhaft und spricht dem Auftraggeber ca. 50.000,00 € zur Sanierung der Gesamtfläche zu.

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil hat der Bundesgerichthof am 20.02.2014 (Az.: VII ZR 291/12) zurückgewiesen.

Beide Entscheidungen sind, insbesondere vor dem Hintergrund der Begründung des OLG, zutreffend und folgerichtig:

Zum ersten ist es unschädlich, dass die Gesamtleistung des Auftragnehmers nur stichprobenartig untersucht wurde. Alle Stichproben wiesen Mängel auf. Dieses Ergebnis der Beweisaufnahme ist repräsentativ, weil der Auftragnehmer keinerlei Anhaltspunkte dafür vortragen konnte, dass er abschnittsweise, d.h. im Bereich der geöffneten Stellen eine andere Art der Verlegung durchgeführt habe, die den Mangel nach sich zog. Der Auftragnehmer konnte die schadhaften nicht von angeblich mangelfreien Stellen abgrenzen.

Zum zweiten erwächst die Verpflichtung zur Mangelbeseitigung aus dem Vorliegen eines Mangels. Der Eintritt eines auf diesen Mangel zurückzuführenden Schadens ist keine Anspruchsvoraussetzung. Deshalb war es irrelevant, dass sich nur eine geringfügige Anzahl an Fliesen bereits gelöst hatte (Schaden), denn der Auftragnehmer ist zur Nachbesserung der mangelhaften Bauleistung (bröseliger Verlegemörtel mit verminderter Druckfestigkeit) verpflichtet. Außerdem war es dem Auftraggeber nicht zuzumuten, das Risiko weiterer Schäden infolge einer abschnittsweise durchgeführten Sanierung zu tragen.

Das Gewährleistungsrecht des Werkvertrages differenziert zwischen Mangel und Schaden. Die Verpflichtung zur Nachbesserung setzt das Vorliegen eines Mangels, d.h. einer negativen Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit, voraus. Ein Schaden muss (noch) nicht entstanden sein, um Gewährleistungsrechte zu begründen.

In der Praxis wird diese Differenzierung oftmals nicht beachtet; wahrscheinlich, weil häufig der Eintritt eines Schadens den Auftraggeber als Laien erst auf einen Baumangel aufmerksam macht.

Wird jedoch der Mangel erkannt, bevor es zu einem (weitergehenden) Schaden kommt, so ist der Auftragnehmer zur Nachbesserung verpflichtet und kann sich nicht darauf berufen, dass (noch) keine Folgeschäden eingetreten sind. Diese Regelung kommt letztendlich auch dem Auftragnehmer zugute. Denn die Gewährleistung des Auftragnehmers umfasst nicht lediglich die Beseitigung des Mangels als solchem, sondern auch die Beseitigung der bereits eingetretenen Folgeschäden bzw. die diesbezügliche Kostenerstattung.



Melanie Bentz, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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