Wie bemisst sich Kindesunterhalt eines minderjährigen Kindes?

08.12.2016, Autor: Frau Helicia H. Herman / Lesedauer ca. 3 Min. (266 mal gelesen)
Fragen zur Düsseldorfer Tabelle, u.a. im Hinblick auf erweiterte Umgangsmodelle

Minderjährige Kinder leiten ihre Lebensstellung vom Einkommen ihrer Eltern ab. Hat das Kind seinen Lebensmittelpunkt vorwiegend bei einem Elternteil, leistet dieser die Unterhaltspflicht durch Betreuung. In diesem Fall ist der andere Elternteil alleine barunterhaltspflichtig.

Die Höhe geschuldeten Kindesunterhalts richtet sich nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. In der Praxis wird der Bedarf eines Kindes einkommensabhängig nach Tabellen und Leitlinien bemessen. Bekannt ist hierbei vor allem die sog. Düsseldorfer Tabelle (DT). Derzeit gültig ist die Tabelle mit Stand zum 1. Januar 2016. Die DT wird in regelmäßigen Abständen vom Oberlandesgericht Düsseldorf den Lebensverhältnissen angepasst, derzeit ist allerdings keine Anpassung in naher Zukunft angekündigt.

 

Sämtliche Oberlandesgerichte wenden diese Tabelle zur Regelung von Kindesunterhaltsansprüchen an. Die Oberlandesgerichte modifizieren jedoch diese Tabellen und Leitlinien zur Bemessung des Unterhalts in zahlreichen Einzelpunkten, sodass zur konkreten Bemessung eines Kindesunterhaltsanspruchs stets auch diese Rechtsprechung zu berücksichtigen ist.

 

Die DT bemisst den Unterhalt des Kindes nach Altersstufe und dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Es werden Unterhaltssätze ausgewiesen für Einkommensstufen in der ersten Stufe für ein Einkommen von bis zu 1500 € bis im Höchstsatz von bis zu 5100 €.

 

Die Tabellensätze werden von den Gerichten angewendet um eine gleichmäßige Behandlung gleichartiger Lebenssachverhalte sicherzustellen. Sie enthalten Pauschalbeträge, deren Höhe in aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung festgelegt wurde. Es soll möglichst eine Vielzahl von Fällen hierdurch erfasst werden, jedoch ist in jedem Einzelfall der Regelsatz auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

Dementsprechend können Gerichte auch Höher- oder Herababstufungen vornehmen und es wird auf die Einhaltung eines sogenannten Bedarfskontrollbetrags geachtet.

Es muss dem Unterhaltsschuldner stets ein sogenannter Selbstbehalt verbleiben. Zuletzt wurde die Höhe des Selbstbehalts zum 1. Januar 2015 angehoben. Es ist zu unterscheiden zwischen einem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen oder nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen: für die nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gilt ein Selbstbehalt von 880 € für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von 1.080 €.

Die Pauschalen decken den gesamten Lebensbedarf ab, Einzelumstände sollen dementsprechend nicht jeweils konkret berücksichtigt werden. Mehrausgaben zum Beispiel für einen Kindergeburtstag werden daher unter normalen Umständen den Pauschalbetrag nicht erhöhen - anders liegt es aber bei regelmäßigem Mehr- oder Sonderbedarf, der zusätzlich zum Elementarunterhalt zu zahlen ist.

Sodann kann eine Anpassung des Regelbetrags allerdings auch erfolgen in Fällen von umfangreichen Umgangskontakten. In diesem Fall geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs teilweise durch Naturalleistungen erfolgt. Hierbei muss es sich jedoch um Aufwendungen handeln, die nicht durch den Umgang verursachte Mehraufwendungen darstellen und daneben den betreuenden Elternteil entlasten. Der BGH hat hierzu entschieden, dass die Einstufung in eine niedrigere Gehaltsgruppe in Betracht kommt oder gegebenenfalls das absehen einer gebotenen Hochstufung in eine höhere Einkommensgruppe. Die Grenze ist allerdings die Höhe des Mindestunterhalts. Insbesondere darf es nicht dazu führen, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil seine Erwerbstätigkeit reduziert, um erweiterten Umgang haben zu können, hierdurch gegen seine Erwerbsobliegenheit verstößt, vor allem falls er dadurch den Mindestunterhaltsbetrag nicht mehr bedienen kann.

Übliche Umgangskontakte, selbst wenn diese während der Ferienzeit über einige Wochen andauern, rechtfertigen jedoch nicht die Kürzung des Regelbetrags.

 

Um den barunterhaltspflichtigen Elternteil in die richtige Einkommensgruppe einzuordnen, sind seine sämtlichen Einkünfte, egal aus welcher Einkommensquelle, anzusetzen. Hierzu zählen zum Beispiel auch Einkünfte aus Nebentätigkeiten, Steuererstattungen, Kapitaleinnahmen oder Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung.

Der Unterhaltsschuldner muss daneben jeden Vorteil einsetzen, der sich aus der Wahl einer günstigen Steuerklasse für ihn ergeben kann. Im Unterschied zum Ehegattenunterhalt, ist auch der sog. Splittingvorteil beim Kindesunterhalt zu berücksichtigen.

Sodann sind unterhaltsrechtliche Abzüge vorzunehmen, insbesondere ist hierbei zu denken an Kranken-und Vorsorgeaufwendungen oder Finanzierungslasten einer Immobilie, oder sonstige Versicherungsbeiträge. Nicht jede Ausgabe des barunterhaltspflichtigen Elternteils, ist unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.

Nur selten wird das minderjährige Kind eigene Einkünfte haben, sollte dies jedoch der Fall sein, sind diese bedarfsmindernd anzurechnen.

Hierzu zählt zum Beispiel auch das Kindergeld. Der Gesetzgeber hat für Mitte Dezember 2016 eine Erhöhung des Kindergeldes angekündigt, was sich dann dementsprechend auf die sogenannte Zahlbetragstabelle der DT auswirkt, diese Tabelle weist den Unterhalt nach Abzug des hälftigen Kindergeldes aus. 

 


München, den 08.12.2016

RAin Helicia Herman


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