BAG, Urt. 27.7.2017 - 2 AZR 681/16

Beweisverwertungsverbot bei Einsatz eines Keyloggers im Arbeitsverhältnis

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Hauke Hansen/RAin, FAin ArbR Amelie Bernardi, FPS Partnerschaftsges. mbB, Frankfurt/M.
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 12/2017
Der Einsatz eines Keyloggers stellt eine Verletzung des grundrechtlich geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dar. Ist der Einsatz des Keyloggers weder durch die Einwilligung des Betroffenen noch durch die Vorschriften des BDSG oder sonstige, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte gerechtfertigt, löst dies ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der dadurch gewonnen Informationen aus.

BAG, Urt. v. 27.7.2017 - 2 AZR 681/16

Vorinstanz: LAG Hamm, Urt. v. 17.6.2016 - 16 Sa 1711/15
Vorinstanz: ArbG Herne, Urt. v. 14.10.2015 - 6 Ca 1789/15

GG Art. 2, 1; BDSG §§ 4a, 28, 32; ZPO §§ 138, 286, 331

Das Problem

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hintergrund war der Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Hard- und Software während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang zu privaten Zwecken genutzt. Als Beweis führte der Arbeitsgeber Informationen an, die er durch den Einsatz eines Keyloggers gewonnen hatte. Der Keylogger protokollierte alle Tastatureingaben des Arbeitnehmers und fertigte in regelmäßigen Zeitabständen Screenshots an. Die Verwendung hatte der Arbeitgeber angekündigt und dem Arbeitnehmer eine einwöchige Frist zum Widerspruch eingeräumt. Der Arbeitnehmer hatte hierauf nicht reagiert; die Software wurde bereits vor Ablauf der Wochenfrist eingesetzt. Der Arbeitnehmer wehrt sich im Weg der Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das BAG hat die Revision des Arbeitgebers als unbegründet zurückgewiesen. Der Einsatz des Keyloggers sei rechtswidrig und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam.

Grundrechtsrelevanz: Der Einsatz des Keyloggers verletze das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Dieses schütze – in seiner besonderen Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung – die Entscheidungsgewalt des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten.

Beweisverwertungsverbot: Die durch den Einsatz des Keyloggers gewonnen Informationen dürften im (Kündigungsschutz-)Prozess nicht verwertet werden, da die Grundrechtsverletzung des Arbeitnehmers dadurch perpetuiert und vertieft worden wäre. Dabei sei zu beachten, dass der Arbeitnehmer in den Einsatz des Keyloggers nicht eingewilligt habe. Darüber hinaus könne sich der Arbeitgeber nicht auf §§ 32 Abs. 1, 28 Abs. 1 BDSG berufen. Infolge des Beweisverwertungsverbots sei es dem Arbeitgeber nicht gelungen, den der fristlosen Kündigung zugrunde liegenden Vorwurf der übermäßigen privaten Soft- und Hardwarenutzung während der Arbeitszeit zu beweisen.


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