Unbeachtliche Preismanipulation bei eBay-Auktion

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Aegidius Vogt, RAYERMANN Legal, München – www.rayermann.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 11/2015
Auch unwirksame Gebote (hier: auf das eigene Angebot) lassen vorangegangene Höchstgebote erlöschen und können zu einem wirksamen Kaufvertrag führen.

OLG Stuttgart, Urt. v. 14.4.2015 - 12 U 153/14

Vorinstanz: LG Tübingen, Urt. v. 26.9.2014 - 7 O 490/13

BGB §§ 116, 117, 156, 162, 249, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 433

Das Problem

Der Anbieter eines Autos auf eBay trieb die Gebote durch Mitbieten auf das eigene Angebot über ein anderes Benutzerkonto künstlich auf eine Höhe von 17.000 € bei Auktionsende. Ein Bieter hielt aufgrund der Manipulationen sein Gebot von 1,50 € für maßgeblich und verlangte vom Anbieter erst die Übereignung zu diesem Preis, dann aufgrund der zwischenzeitlichen Veräußerung des Pkw entsprechenden Schadensersatz.

Die Entscheidung des Gerichts

Anders als die Vorinstanz verneinte das OLG Stuttgart in Ermangelung eines Schadens einen Anspruch des Bieters und wies die Klage ab.

Vertragsschluss: Bei Auktionen auf eBay komme der Vertrag nach gefestigter Rechtsprechung gem. §§ 145 ff. BGB zustande (BGH, Urt. v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 53 = ITRB 2005, 26). Das Einstellen der Ware auf eBay sei als verbindliches Angebot an den bei Abschluss der Auktion Höchstbietenden auszulegen (BGH, Urt. v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, CR 2011, 608 = ITRB 2011, 199). Mit der Freischaltung des Angebots erkläre der Anbieter die vorweggenommene Annahme des höchsten wirksamen Gebotes zum Ende der Angebotsdauer (BGH, Urt. v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, CR 2002, 213 = ITRB 2002, 53). Dieses grundlegende Verständnis ergebe sich auch aus den AGB von eBay. Bei jedem aktuellen Höchstgebot handle es sich um eine eigenständige Willenserklärung, die das elektronische Bietsystem von eBay als „virtueller Erklärungsbote” übermittle. Allerdings stelle die Abgabe eines Maximalgebots zunächst noch kein annahmefähiges Kaufangebot dar, sondern eine der Höhe nach auf das Maximalgebot begrenzte Weisung an das Bietsystem. Das Angebot gehe aber in dem Moment i.S.v. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, in dem das Bietsystem es öffentlich als aktuelles Höchstgebot anzeige.

Unbeachtlichkeit von Manipulationen: Der Bieter habe sein Maximalgebot abgegeben, aber nicht damit rechnen können, dass Gebote des Anbieters in der Absicht der Preismanipulation abgegeben worden seien. Der manipulierende Anbieter müsse die Willenserklärungen des Bieters nicht anders als ein redlicher Anbieter verstehen. Insb. seien die Gebote des Anbieters nicht gem. §§ 116, 117 BGB nichtig. Es handle sich nämlich schon nicht um eine Willenserklärung, weil der Anbieter nicht mit sich selbst kontrahieren könne.

AGB: Den Scheingeboten des Anbieters komme indes in anderer Hinsicht Bedeutung zu. Die auch zwischen den Parteien bzgl. der wechselseitigen Erwartungen sowie des gemeinsamen Verständnisses über die Funktionsweise von eBay zu berücksichtigenden AGB hätten nicht die Nichtigkeit von Geboten auf eigene Angebote, sondern die Anwendung eines Sanktionskatalogs (u.a. Verwarnung, Sperrung) zu Folge. Die AGB orientierten sich i.Ü. an § 156 Satz 2 BGB, wonach ein Gebot erlösche, wenn ein Übergebot abgegeben werde. Die zu § 156 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze könnten daher auch hier angewendet werden. Dies gelte, obwohl der Kaufvertrag nicht nach § 156 Satz 1 BGB, sondern gem. §§ 145 ff. BGB geschlossen werde.

Rechtsgrundsätze bei Versteigerungen: Auf die Rechtswirksamkeit eines Übergebots komme es zunächst nicht an, weil der tatsächliche Hergang entscheide und ein Interesse an alsbaldiger Rechtsklarheit bestehe. Es genüge die bloße Tatsache seiner Abgabe, um die Bindung an das vorherige Gebot aufzuheben. Der Verlauf einer eBay-Auktion wäre nicht mehr beherrschbar, wenn Gebote erst nach einer gewissen Zeit als (un-)wirksam feststünden. Der Kaufpreis wäre nur vorläufig, weil stets festgestellt werden müsste, ob alle Zwischengebote wirksam gewesen wären. Daran habe keiner der Beteiligten ein Interesse. Maßgeblich sei daher das letzte (Schein-)Gebot i.H.v. 17.000 € des Anbieters selbst.

Kein Schaden: Aufgrund treuwidriger Bedingungsvereitelung sei der Bieter nach § 162 Abs. 1 BGB dennoch so zu stellen, als sei ein Vertrag mit dem Anbieter zu einem Preis von 17.000 € zustande gekommen. Allerdings stehe dem Bieter unter keinem Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zu. Denn der vereinbarte Kaufpreis von 17.000 € habe über dem Marktwert des Kfz von 16.500 € gelegen, so dass dem Bieter kein Schaden entstanden sei.


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