Urteil des BGH zur Vergütungsvereinbarung

21.06.2010, Autor: Herr Ulrich Sefrin / Lesedauer ca. 3 Min. (4463 mal gelesen)
Der BGH hat sich erneut (NJW 2010, 1364) mit Fragen der Vergütungsvereinbarung befasst und dabei seine vielfach kritisierte Rechtsprechung aus dem Jahr 2009 modi-fiziert. In der Entscheidung vom 04.02.2010 hat er sich unter anderem mit der Frage der Unwirksamkeit wegen Überschreitung des fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren, aber auch mit der Frage der Darlegung der erbrachten Leistungen, aus-einandergesetzt.

Der BGH hat sich erneut (NJW 2010, 1364) mit Fragen der Vergütungsvereinbarung befasst und dabei seine vielfach kritisierte Rechtsprechung aus dem Jahr 2009 modi-fiziert. In der Entscheidung vom 04.02.2010 hat er sich unter anderem mit der Frage der Unwirksamkeit wegen Überschreitung des fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren, aber auch mit der Frage der Darlegung der erbrachten Leistungen, aus-einandergesetzt.

Noch im Jahr 2009 hat der BGH (BGHZ 162, 98) ausgeführt, dass bei Überschreiten des fünffachen der gesetzlichen Gebühren eine Vermutung dafür spreche, dass eine solche Vereinbarung unwirksam sei und das Mäßigungsverbot verletzt sei. Dies sei nur in ganz ungewöhnlichen, geradezu extremen Ausnahmefällen anders zu be-urteilen. Der BGH knüpft zunächst hieran an, insbesondere daran, dass er bereits darauf hingewiesen habe, dass“... Klärungsbedarf hinsichtlich der Voraussetzungen besteht, unter denen der Anwalt die tatsächliche Vermutung und Angemessenheit der vereinbarten Vergütung erschüttern kann und dass möglicherweise die sehr hohen Anforderungen der Leitentscheidung BGHZ 162,98 zu modifizieren sind...“


Zwar hält er nach wie vor an der Vermutung der Unwirksamkeit in derartigen Fällen fest, er hat aber Kriterien zur Entkräftung dieser Vermutung aufgestellt. Danach sind Schwierigkeit und Umfang der Sache, Bedeutung für den Auftraggeber, das Ziel, welches der Auftraggeber mit seinem Auftrag anstrebt, die Frage in welchem Umfang dieses Ziel durch die anwaltliche Tätigkeit erreicht worden ist und die Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berück-sichtigen. Im konkreten Fall kamen als zu berücksichtigende Kriterien insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Dauer der Ermittlungen sowie der Umstand, dass es sich um ein größeres Wirtschaftsstrafverfahren handelte, in Betracht. Da das Berufungsgericht eine Prüfung nur am Maßstab der Recht-sprechung aus 2009 vorgenommen hatte, war der Rechtsstreit zur weiteren Auf-klärung an dieses zurückzuweisen.

Auch das AG München hat in der in am 17.06.10 veröffentlichten Entscheidung offensichtlich diesen Prüfungsmaßstab zu Grunde gelegt und die geänderte BGH-Rechtsprechung nicht berücksichtigt.


Der BGH hat sich aber auch mit der Darlegungslast des Anwalts auseinandergesetzt. Er fordert eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, die über pauschale Angaben hinaus geht und die die während des abgerechneten Zeitinter-valls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise darlegt. Nicht aus-reichend sind allgemein gehaltene Hinweise über Aktenbearbeitung, Telefon-gespräche und Recherche, die insbesondere bei wiederholter Verwendung inhalts-leer sind und eine Kontrolle nicht ermöglichen. Der Anwalt muss vielmehr darlegen, welche Akten und Schriftstücke er einer Durchsicht unterzogen hat, zu welcher Rechts- oder Tatfrage er welche Recherchen angestellt hat und zu welchem Thema und mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche Unterredung geführt wurde. Zur schlüssigen Darlegung im Prozess ist eine konkrete schriftsätzliche Dar-stellung erforderlich, Die Bezugnahme auf Anlagen, die seine Tätigkeit ohne Möglichkeit einer konkreten Nachprüfung lediglich in allgemeiner Form ausweist, ist nicht ausreichend.

Dies ist auch deshalb erforderlich, weil im nächsten Schritt eine Kontrolle als Vor-sorge gegen eine unvertretbare Aufblähung der Arbeitszeit durch den Rechtsanwalt zulasten des Mandanten stattfindet.

Der nachgewiesene Zeitaufwand kann daher nur dann in vollem Umfang berück-sichtigt werden, wenn er in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Um-fang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit steht. Wird der Rechtsanwalt auf Wunsch des Mandanten, dem an einer Vertretung durch diesen Anwalt gelegen ist in einem ihm wenig geläufigen Rechtsgebiet tätig, wird der Mandant eine längere Bearbeitungszeit hinzunehmen haben. Schaltet der Mandant hingegen einen Spezialisten ein, muss er grundsätzlich davon ausgehen, dass die Sache innerhalb eines üblichen Zeitraums, ohne sich in der Erörterung rechtlicher Selbstverständlich-keiten oder für den Streitfall von vornherein unerheblicher Rechtsfragen zu verlieren, erledigt wird.


Auch bei der Höhe der vereinbarten Stundensätze räumt der BGH der Vertragsfrei-heit absoluten Vorrang ein und begrenzt die Möglichkeiten des Gerichts einzugreifen auf Ausnahmefälle. Es muss ein krasses, evidentes, vom Willen des Mandanten offenkundig nicht mehr abgedecktes Missverhältnis der anwaltlichen Leistung ihrer Vergütung gegeben sein. Auch damit rückt er deutlich von seiner früheren Recht-sprechung ab.

Ulrich Sefrin
Rechtsanwalt und Mediator