Verzicht auf Wohnrecht ist schenkungsteuerpflichtig

16.01.2018, Autor: Herr Anton Bernhard Hilbert / Lesedauer ca. 2 Min. (869 mal gelesen)
Wer unbedacht auf ein Nutzungsrecht verzichtet und die Löschung des Rechts im Grundbuch bewilligt, löst grundsätzlich Schenkungsteuer aus.

Derjenige, der kostenlos ein Haus bewohnen darf, spart bares Geld. Dem Eigentümer des Hauses entgehen dadurch Einnahmen, nämlich Miete. Der unentgeltliche Verzicht auf das Wohnrecht kommt einer Schenkung gleich und wird auch als solche besteuert, so der Bundesfinanzhof in folgendem Fall:

Der Eigentümer einer Immobilie hatte seiner Lebensgefährtin durch notariell beurkundete Vereinbarung das lebenslange unentgeltliche Wohnrecht an einer 80 m² großen Wohnung innerhalb eines Mehrparteienhauses zugewendet. Nach dessen Tod wurde sein Sohn als Erbe Eigentümer des Objekts. Die Lebensgefährtin nutzte nach dem Tod die Immobilie zunächst mehrere Jahre lang. Dann aber zog sie in eine andere Stadt und verzichtete auf das ihr zustehende Wohnrecht ohne jede Gegenleistung. Daraufhin forderte das Finanzamt vom Sohn die Zahlung von Schenkungsteuer wegen freigebiger Zuwendung unter Lebenden.

Die Rechtsmittel des Sohnes blieben erfolglos. Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht (Az. II B 32/10). Der Sohn muss die Steuer zahlen.


Wohnrecht ist ein Vermögenswert

Das Wohnrecht stelle einen Vermögenswert dar, der üblicherweise nur durch eine Geldzahlung oder eine andere Leistung übertragen werde. Verzichte ein Wohnungsberechtigte auf die ansonsten übliche Gegenleistung, sei dies zwangsläufig eine Schenkung – unabhängig davon, welche Motive dem Verzicht zugrunde liegen, so das Finanzgericht Niedersachsen in 1. Instanz. Diese Auffassung bestätigt der Bundesfinanzhof: Die Frage, ob ein unentgeltliche Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht der Schenkungsteuer unterliege, sei nicht klärungsbedürftig, stellten die Richter in ihrer Urteilsbegründung klar. Der Gerichtshof stützt sich außerdem auch seine eigene frühere Rechtsprechung, nach der der „vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht als Rechtsverzicht“ die Steuerpflicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) auslöse.

 
Verzicht des Berechtigten bereichert den Eigentümer

Das Wohnungsrecht sei dem Nießbrauch ähnlich. Deshalb könne für den unentgeltlichen Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht nichts anderes gelten, so das Gericht. Ein dingliches Wohnungsrecht, um das es in diesem Fall ging, binde den Grundstückseigentümer und seinen Rechtsnachfolger. Somit bereichere ihn umgekehrt den Verzicht darauf. Denn der Eigentümer werde „von einer Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse befreit“, zudem bewirke der Verzicht eine Steigerung des Grundstückswertes.

Wer eine Immobilie erbt, auf die ein womöglich lebenslanges Wohnrecht eingeräumt wurde, der wird zunächst weniger stark mit Erbschaft- und Schenkungsteuer belastet, da das Wohnrecht den Wert der Immobilie mindert.

„Umgekehrt aber löst die spätere Löschung des eingetragenen Rechts eine erneute Schenkung und damit wieder eine Schenkungsteuerpflicht aus“, sagt Fachanwalt für Erbrecht Anton Bernhard Hilbert, Waldshut-Tiengen. „Sofern die Freibeträge bereits ausgenutzt wurden, tritt die Zahlungspflicht ein. Dabei ist im vorliegenden Fall die ungünstige Steuerklasse und der hohe Steuersatz zu berücksichtigen, weil die Lebensgefährtin und der Sohn des früheren Eigentümers nicht miteinander verwandt sind“.