Videoüberwachung eines Bürogebäudes

Autor: RA Matthias Lachenmann, Paderborn
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 12/2014
Der Eingangsbereich und die Treppenaufgänge zu Geschäftsräumen eines Bürogebäudes sind öffentlich zugängliche Räume i.S.v. § 6b Abs. 1 BDSG. Die Videoüberwachung dieses Bereichs durch festinstallierte Mini-Dome-Kameras ohne Zoomfunktion und die kurzfristige Speicherung der Aufnahmen im sog. Blackbox-Verfahren kann zur Wahrnehmung berechtigter Interessen (hier: zur Verhinderung von Straftaten) nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG erforderlich sein.

OVG Niedersachsen, Urt. v. 29.9.2014 - 11 LC 114/13 (rkr.)

Vorinstanz: VG Oldenburg, Urt. v. 12.3.2013 - 1 A 3850/12

BDSG §§ 1, 4a Abs. 1, 6b, 38; DSG ND § 22

Das Problem

In einem Bürogebäude, in dem Räume u.a. an Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie verschiedene Unternehmen vermietet sind, war eine Videoüberwachung von Eingangsbereich und Treppenaufgängen installiert. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD Nds.) hielt dies für rechtswidrig.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Niedersächsische OVG erklärte die konkrete Videoüberwachung für rechtmäßig.

Einrichtung der Videoüberwachung: Die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung sei anhand § 6b BDSG zu beurteilen. Das Kamerasystem erhebe personenbezogene Daten mittels einer Datenverarbeitungsanlage. Ein Beobachten liege jedenfalls vor, wenn eine Aufzeichnung erfolge. Auch bei einer beschränkten Zugangsmöglichkeit wie bei einem Bürogebäude handle es sich um einen öffentlichen Raum, da neben Beschäftigten auch Gäste und Lieferanten (auch außerhalb regulärer Geschäftszeiten) Zugang hätten. Der Betreiber des Kamerasystems könne sich auf das Hausrecht (§ 6b Abs. 1 Nr. 1 BDSG) berufen. Ergänzend liege auch die Wahrnehmung berechtigter Interessen vor (Nr. 3), indem aufgrund eines vorherigen Einbruchs eine konkrete Gefährdungslage bestehe.

Ausgestaltung der Videoüberwachung: Auch die konkret zum Schutz der Betroffenen getroffenen Maßnahmen seien zulässig. Der Kamerabetrieb sei auch während der Bürozeiten notwendig, da auch zu diesen Zeiten Diebstähle erfolgen könnten. Eine bloße Überwachung des Türeingangsbereichs sei nicht ausreichend, da Diebe ein Haus nicht nur durch die Haustüre betreten würden. Da die Kameras keine Zoom- und Schwenkfunktion aufwiesen, sondern fest installiert seien, liege ein geringerer Eingriff vor als bei einer Überwachung durch eine Person. Die Überwachungsmaßnahme werde offengelegt. Hinzu komme, dass die Videoaufnahmen nicht auf einen Monitor übertragen und von einer Überwachungsperson geprüft, sondern im Blackbox-Verfahren auf einen Server geleitet und in der Regel nach einer bestimmten Zeit ohne jede Auswertung durch Überschreiben der digital gespeicherten Daten wieder gelöscht würden. Lediglich im Bedarfsfall erfolge eine Sichtung. Die unverzügliche Löschung der Daten sei gewährleistet. Auch wenn die Gesetzesbegründung von regelmäßig ein bis zwei Arbeitstagen ausgehe (BT-Drucks. 14/5793, 63), sei angesichts der häufigen berufsbedingten Abwesenheit der Mitarbeiter, die in den einzelnen Kanzleien und Praxen beschäftigt seien, und unter Berücksichtigung von mitunter längeren arbeitsfreien Zeiträumen eine zeitliche Spanne der Speicherung von zehn Wochentagen nicht unverhältnismäßig.


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