Neues EU - Erbrecht für Todesfälle ab dem 17.08.2015

09.07.2015, Autor: Frau Andrea Simmrock / Lesedauer ca. 2 Min. (575 mal gelesen)
Die neue EU - Erbrechtsverordnung knüpft nicht mehr an die Staatsangehörigkeit, sondern an den sog. gewöhnlichen Aufenthaltsort an.

Die neue EU-Erbrechtsverordnung gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Dänemark. Sie gilt für alle Todesfälle ab dem 17.08.2015 und knüpft für die Frage, nach welchem nationalen Erbrecht sich die Erbfolge des Verstorbenen (sog. Erblasser) regelt, nicht an dessen Staatsangehörigkeit an, sondern an dessen sog. „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ zum Zeitpunkt seines Todes an. Die Staatsangehörigkeit des Erblassers ist nicht (mehr) maßgebend. Der Erblasser hat allerdings die Möglichkeit, in einer Verfügung von Todes wegen sein Heimatrecht (aber nur dieses) zu wählen. Der zentrale Begriff des sog. „gewöhnlichen Aufenthaltsortes“ ist in der Verordnung selbst nicht definiert und wird erst im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechnung konkretisiert werden. In den Erwägungsgründen zur Verordnung ist jedoch dargestellt, dass damit eine besonders enge und feste Beziehung zu einer bestimmten Rechtsordnung zum Ausdruck kommen soll, wozu eine Gesamtbeurteilung aller Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vorzunehmen ist. Zweifelhafte Fälle werden insbesondere Berufspendler (z.B. der Bankangestellte, der unter der Woche in London arbeitet, am Wochenende aber zu seiner Ehefrau nach Frankfurt fliegt), der sog. „Mallorca-Rentner“, der ausschließlich aus privaten Gründen jeweils über mehrere Monate in zwei verschiedenen Ländern lebt und an beiden Wohnorten soziale Beziehungen aufgebaut hat, oder Personen, die als Pflegefall zur Familie in einem anderen Land geholt werden, ohne dass sie dies noch selbst entscheiden konnten. Welche praktische Bedeutung die Klausel haben wird, die besagt, dass – wenn sich ausnahmsweise aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Erblasser eine offensichtlichere engere Beziehung zu einem anderen Staat hatte, dessen Recht anzuwenden ist – wird sich erst noch zeigen. Auch muss dies dann bei einem Deutschen nicht Deutschland sein. Im Einzelnen sind noch viele Fragen offen. Möchte man das Recht seiner Staatsangehörigkeit beibehalten, ist das erlaubt. Dies geschieht jedoch nicht automatisch, sondern man muss dies vor seinem Tod in einer geeigneten testamentarischen Verfügung regeln, indem man dort eine geeignete „Rechtswahl“ trifft. Tipp:Wenn Auslandsbezüge da sind (Staatsangehörigkeit, Ort der Eheschließung, Auslandsvermögen, Arbeit, Wohnort im Ausland), sollten Sie die erbrechtliche Situation von einem im internationalen Erbrecht kundigen Rechtsanwalt klären und gegebenenfalls gestalten lassen, damit der Ehegatte / die Ehegattin und sonstige Erben keine böse Überraschung erleben. Klären Sie auch dabei die erbschafts-, ertrags- und schenkungsteuerliche Seite. Das Steuerrecht ist nach dem Wortlaut der Verordnung nicht Gegenstand der Verordnung, hier geltend also die nach den jeweiligen nationalen Steuergesetzen / Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Anknüpfungspunkte. Auch hier wird es aber Rechtsprechung zur genauen Abgrenzung der Rechtsgebiete, die von der Verordnung umfasst sind, geben. Wichtig für Sie ist das grundsätzliche Verständnis, dass Begriffe der EU-Verordnung nicht nur nach unserem Rechtsverständnis ausgelegt werden, sondern nach dem, was die Verordnung vorsieht. Deren Auslegung wird auf der Grundlage aller Erbrechtsordnungen der beteiligten Länder im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung einheitlich bestimmt werden.