Corona-Urteile | BGH: Anspruch auf Rückerstattung bei corona-bedingtem Beherbergungsverbot

07.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 157 Min. (26122 mal gelesen)
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Die Corona-Maßnahmen mit all ihren Folgewirkungen sind nach wie vor ein wichtiges Thema in der Rechtsprechung. Lesen Sie hier die wichtigsten Gerichtsentscheidungen im Zivil-, Verwaltungs- und Strafrecht in Kurzform.

Corona-Krise: Wie entscheiden die Gerichte?

+++ 07. Februar 2024 +++ BGH: Anspruch auf Rückerstattung bei corona-bedingtem Beherbergungsverbot
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil entschieden, dass ein Hotel die bereits gezahlten Zimmerkosten zurückerstatten muss, wenn die buchenden Gäste wegen eines corona-bedingten Beherbergungsverbots nicht anreisen konnten. Die Klägerin hatte im Jahr 2019 vor Ausbruch der Corona-Pandemie drei Doppelzimmer gebucht. Nachdem das Land Niedersachsen wegen Corona ein Beherbergungsverbot erlassen hatte, bat sie die Beklagte um Erstattung der bereits bezahlten Rechnung. Die Beklagte bot ihr aber nur eine Verschiebung des Hotelaufenthalts bis Ende 2020 an. Zu Unrecht wie die Richter am BGH entschieden: Das Hotel habe die geschuldete Leistung nicht erbringen können. Die Klägerin durfte deshalb vom Vertrag zurücktreten. Ein weiteres Abwarten sei der Klägerin wegen des wechselhaften Pandemiegeschehens nicht zuzumuten gewesen. (Urteil vom 06.03.2024, Az. VIII ZR 363/21)

+++ 11. Dezember 2023 +++ VG Göttingen: Absperren von Gebäude als Corona-Maßnahme war rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einem Urteil entschieden, dass die Absperrung eines Gebäudes mit einem Zaun als Corona-Maßnahme rechtswidrig gewesen ist. Die Beklagte, die Stadt Göttingen, hatte im Juni 2020 angeordnet, dass sich die Bewohner eines Gebäudekomplexes in häusliche Absonderung begeben mussten. Außenstehende durften die Gebäude nicht betreten. Zuvor hatte eine Reihentestung der Bewohner zum Ergebnis, dass 100 von 668 getesteten Personen Corona positiv getestet worden waren. Der Gebäudekomplex wurde zwecks Sicherstellung der Anordnung durch einen von der Polizei aufgestellten Bauzaun gegen das Verlassen und das Betreten gesichert.
Die Richter erkannten diese Maßnahme als rechtswidrig, da sie die - im Übrigen zweimal negativ getesteten Kläger - unzulässig in ihren Freiheitsrechten eingeschränkt hätte. Die im Infektionsschutzgesetz als anzuordnende Maßnahme mögliche Absonderungsverfügung beruhe auf Freiwilligkeit eines positiv auf Corona getesteten Betroffenen. Eine zwangsweise Absonderung sehe das Gesetz nur in ein Krankenhaus, in bestimmten Fällen auch in eine andere Einrichtung vor. Die Kläger hätten deshalb nicht zwangsweise am Verlassen des Gebäudes gehindert werden dürfen. Überdies hätte eine solche freiheitsentziehende Maßnahme eines richterlichen Beschlusses bedurft. Einen solchen hätte die Beklagte aber nicht erwirkt gehabt (Urteil vom 30.11.2023, Aktenzeichen 4 A 212/20).

+++ 29. November 2023 +++ BVerwG: Dientsgradherabsetzung von Soldaten wegen Befehlsverweigerung zur Corona-Impfung ist rechtens
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass Soldaten, die vorsätzlich den Befehl zur Corona-Impfung verweigern, eine Wehrstraftat begehen und damit die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gefährden. Der Kläger, so die Richter, habe wissentlich und willentlich die Befehle des Kompaniechefs missachtet, woraus eine Verletzung seiner "Pflicht zur Duldung ärztlicher Maßnahmen" folge. Soldaten müssten auch gegen ihren Willen ärztliche Maßnahmen dulden, wenn sie der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen, was im Interesse der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr liege. Die Befehlsverweigerung des Klägers stelle eine Auflehnung gegen das hierarchische Gefüge der Bundeswehr und eine Verweigerung der Anerkennung der Autorität des Vorgesetzten dar. Diese Gehorsamsverweigerung rechtfertige eine Dienstgradherabsetzung um fünf Dienstgrade (Urteil vom 20.11.2023, Aktenzeichen 2 WD 5.23).

+++ 24. Oktober 2023 +++ BGH: Reiseveranstalter hat Anspruch auf Schadensersatz, wenn Urlauber trotz Reisewarnung eine Reise buchen
Der Bundesgerichtshof hat ein Ehepaar zum Schadensersatz an einen Reiseveranstalter verurteilt. Das Ehepaar hatte trotz Reisewarnung des Auswärtigen Amtes eine Pauschalreise gebucht und diese anschließend widerrufen.
Zur Einordnung: Pauschalreisenden können den Reisevertrag jederzeit widerrufen, müssen dann allerdings eine angemessene Entschädigung an den Reiseveranstalter zahlen. Diese Entschädigung gibt es nur dann nicht, "wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen" (§ 651h Abs. 3 BGB).
Im zu entscheidenden Fall urteilten die Richter am BGH, dass eine solche Ausnahme im Falle des Ehepaares nicht vorgelegen habe. Lägen schon beim Vertragsschluss heikle Umstände vor, die "so gravierend sind, dass nicht jeder Reisende die damit verbundenen Risiken auf sich nehmen möchte", greife die Ausnahme nicht. Urlaubern, die in einer solchen Situation eine Reise buchten, sei es in der Regel zumutbar, die Reise anzutreten, wenn die im Zeitpunkt der Buchung bestehenden oder absehbaren Risiken zum Zeitpunkt des Reisebeginns fortbestehen (Urteil vom 19.09.2023, Aktenzeichen X ZR 103/22).

+++ 28. September 2023 +++ AG Bad Kissingen: Bundeswehrsoldat vom Vorwurf der Gehorsamsverweigerung freigesprochen
Das Amtsgericht Bad Kissingen (Strafgericht) hat einen Bundeswehrsoldaten, welcher der wiederholten Aufforderung zur Coronaimpfung nicht nachkam, vom strafrechtlichen Vorwurf der Gehorsamsverweigerung freigesprochen. Die Richterin begründete ihr Urteil unter anderem mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Anordnung zur Impfung angesichts sinkender Infektionsraten und den inzwischen bekannt gewordenen Nebenwirkungen. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung beantragt. Gegen das Urteil hat sie Berufung eingelegt (Urteil vom 12.09.2023, Aktenzeichen 2 Ds 24 Js 10196/22).

+++ 27. September 2023 +++ LAG Hamm: Lohnfortzahlung ja, wenn Quarantäne Folge von Arbeitsunfähigkeit ist
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat einer Klage auf Entgeltfortzahlung überwiegend stattgegeben, mit der der Kläger seinen Lohn für die behördlich angeordnete Dauer der Quarantäne gefordert hat. Das Gericht bejahte den Anspruch mit der Begründung, dass der Kläger durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert gewesen sei, ohne dass ihn ein Verschulden im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG getroffen habe - und zwar trotz fehlender Impfung. Es habe nicht festgestellt werden können, dass das Unterlassen der empfohlenen Impfung für die Corona-Infektion und die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ursächlich war. Zum Zeitpunkt der Corona-Infektion des Klägers sei mit Impfdurchbrüchen und symptomatischen Corona-Infektionen auch bei vollständig geimpften Personen zu rechnen gewesen. Das Gericht befasste sich zudem mit der Frage, ob die für die Entgeltfortzahlung erforderliche Alleinursächlichkeit der Arbeitsunfähigkeit auch bei zusätzlicher Anordnung der Quarantäne vorgelegen habe. Die Frage wurde mit der Begründung bejaht, dass die Quarantäneanordnung (nur die) Folge der Corona-Erkrankung und der damit einhergehenden Arbeitsunfähigkeit gewesen sei. Somit bestand der Lohnanspruch für die Dauer der Quarantäne. Die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 24.8.2023, Aktenzeichen 15 Sa 1033/22).

+++ 27. September 2023 +++ Thüringer LAG: Kein Lohnanspruch bei Quarantäne aufgrund symptomloser Corona-Infektion
Das Thüringer Landesarbeitsgericht hat die Klage einer Pflegerin abgewiesen, die gegen ihren Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung für die Zeit der Quarantäne wegen einer symptomlosen Corona-Infektion geklagt hatte. Das Gesundheitsamtes hatte der Klägerin wegen eines positiven Corona-Test eine 13tägige Quarantäne auferlegt. Die Klägerin war nicht geimpft. Ihr Arbeitgeber zahlte daraufhin unter Abzug von 10 Arbeitstagen 1.065 € brutto weniger für den betreffenden Monat. Das Gericht begründete die Abweisung der Klage zum einen damit, dass die symptomlose Corona-Infektion keine Krankheit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes sei. Zum anderen ergäbe sich auch kein Anspruch aus § 616 Satz 1 BGB. Zwar hätte durch die Quarantäneanordnung ein personenbedingtes Leistungshindernis vorgelegen. Der diesem Leistungshindernis zugrundeliegende Zeitraum müsse aber nach § 616 Satz 1 BGB einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum ausmachen. Die gegenüber der Klägerin angeordnete Quarantäne über einen Zeitraum von 13 Tagen, stelle aber eine verhältnismäßig erhebliche Zeit der Verhinderung dar. Die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 8.8.2023, Aktenzeichen 1 Sa 41/23)

+++ 13. September 2023 +++ 1.500 Euro Geldstrafe für Bezeichnung von Corona-Deutschland als "Drecksstaat"
Ein bayerischer IT-Student wurde per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro wegen Verunglimpfung des deutschen Staates verurteilt. Grund: Er bezeichnete Deutschland als „Drecksstaat“, weil er in Coronazeiten nicht mit seiner Großmutter, die im Pflegeheim wohnte, Geburtstag feiern konnte. Damit hatte er sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und des zuständigen Strafgerichts gemäß § 90a Strafgesetzbuch der Verunglimpfung der Bundesrepublik Deutschland strafbar gemacht.

+++ 01. September 2023 +++ LG Mainz: Kein Schadensersatz für Impfschaden durch AstraZeneca-Impfstoff
Das Landgericht Mainz hat eine Klage wegen von der Klägerin behaupteter Impfschäden gegen die AstraZeneca AB abgewiesen. Die Klägerin hatte behauptet, durch die Corona-Schutzimpfung mit dem Impfstoff der Beklagten einen kompletten Hörverlust rechtsseitig erlitten zu haben. Sie forderte deshalb Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 150.000 Euro. Der Impfschaden ist von der Berufsgenossenschaft der Klägerin anerkannt.
Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass ein pharmazeutisches Unternehmen für seine Arzneimittel nur dann hafte, wenn diese bei einer abstrakt generellen Abwägung ein negatives Nutzen/Risikoverhältnis aufweisen würden. Der Impfstoff der Beklagten habe aber am 31.10.2022 eine vorbehaltlose EU-weite Standardzulassung erhalten, so dass diese Voraussetzung bezüglich des Impfstoffs nicht vorläge. Darüber hinaus waren die Mainzer Richter auch nicht davon überzeugt, dass sich die Klägerin nicht hätte impfen lassen, wenn sie von dem mögliche Auftreten thromboembolischer Ereignissen nach der Impfung und/oder eines plötzlichen Hörverlusts in seltenen Fällen gewusst hätte (Urteil vom 21.08.2023, Aktenzeichen 1 O 192/22).

+++ 04. August 2023 +++ BGH: Staat haftet nicht für Einnahmeausfälle aufgrund von Coronamaßnahmen
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil (3.8.2023, Aktenzeichen III ZR 54/22) entschieden, dass das Land Baden-Württemberg nicht für Einnahmeausfälle eines Musiker haftet, welche aufgrund des Veranstaltungsverbots im ersten Lockdown 2020 entstanden sind. Die durch Baden-Württemberg beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seinen rechtmäßig gewesen, so dass es schon an einer rechtlichen Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung des Künstlers fehle. Ein enteignungsgleicher Eingriffs des Landes sei durch das Auftrittsverbot nicht gegeben, so der BGH.

+++ 21. Juni 2023 +++ BVerwG: Versammlungsverbot durch Sächsische Corona-Schutz-Verordnung war rechtswidrig
Das Bundeverwaltungsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass das durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 17. April 2020 angeordnete Versammlungsverbot unverhältnismäßig und damit rechtswidrig war. Nach der Urteilsbegründung durfte der Verordnungsgeber zwar davon ausgehen, dass Schutzauflagen - z. B. Abstandsgebote - das Ziel, physische Kontakte zu vermeiden, um die Ausbreitung von COVID-19 zu verlangsamen, nicht ebenso wirksam erreicht hätten, wie ein generelles Versammlungsverbot. Jedoch stünden der angestrebte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung außer Verhältnis zur Schwere des dadurch verursachten Grundrechtseingriffs. Die Untersagung aller Versammlungen durch § 3 Abs. 1 SächsCoronaSchVO sei ein schwerer Eingriff in die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), die für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung konstituierend ist (Urteil vom 21. Juni 2023, Aktenzeichen 3 CN 1.22).

+++ 16. Juni 2023 +++ LAG Berlin: Kündigung eines Lehrers wegen Vergleich Impfpolitik mit Nazimethoden unwirksam
Das Landesarbeitsgericht Berlin hat in einem Urteil entschieden, dass die Kündigung eines Berliner Lehrers, der die Impfpolitik der Corona-Zeit in einem Video mit Nazimethoden verglichen hat, unwirksam ist. Der Kläger hatte im Juli 2021 ein Video mit dem Tor eines Konzentrationslagers und der Inschrift "Impfung macht frei" veröffentlicht.
Das Arbeitsgericht Berlin wies die Kündigungsschutzklage des Lehrers in erster Instanz ab. Begründung: Die Kritik sei nicht mehr durch die Grundrechte der Meinungsfreiheit oder Kunstfreiheit gedeckt, sondern stelle eine unzulässige Verharmlosung des Holocausts dar.
Das Landesarbeitsgericht Berlin befand dagegen, "die Deutung des Lehrers, eine scharfe Kritik an der Corona-Politik zu äußern", sei nicht zwingend auszuschließen, eine Überschreitung des Grundrechtes auf Meinungsäußerung deshalb nicht eindeutig feststellbar (Urteil vom 15.06.2023, Aktenzeichen 10 Sa 1143/22).

+++ 16. Mai 2023 +++ BVerwG: Schließung von Fitnessstudios in Sachsen ohne Ausnahme war rechtswidrig
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass die ausnahmslose Schließung von Fitnessstudios rechtswidrig war. Laut der § 4 Abs. 1 Nr. 6 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vom 30. Oktober 2020 blieb Individualsport allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand in Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs zulässig, nicht dagegen aber in Fitnessstudios, deren Betrieb gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 komplett verboten war. Dies sei unvereinbar mit dem Gleichheitssatz und deshalb rechtswidrig, so die Richter des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2023, Aktenzeichen 3 CN 6.22).

+++ 16. Mai 2023 +++ BVerwG: Schließung von Gastronomiebetrieben auf Grundlage der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel möglich
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass die Schließung von Gastronomiebetrieben, die Ende Oktober 2020 zur Bekämpfung der "zweiten Welle" der Corona-Pandemie in einer saarländischen Rechtsverordnung angeordnet wurde, auf die Generalklausel in § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt werden konnte.
Der Antragsteller vertrat die Ansicht, die Schließung von Gastronomiebetrieben hätte in der zweiten Corona-Welle nicht mehr auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gestützt werden können, sondern einer konkreten Rechtsgrundlage bedurft, die diesen Fall ausdrücklich regelt.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (Saarländisches Oberverwaltungsgericht), die dem Kläger noch recht gab, urteilten die Richter am Bundesverwaltungsgericht, dass die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des IfSG bei Erlass der Verordnung und auch während ihrer Geltungsdauer eine verfassungsgemäße Grundlage für die Schließung von Gastronomiebetrieben im Wege der Rechtsverordnung gewesen sei. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine landesweite Schließung von Gastronomiebetrieben angeordnet werden kann, sei eine wesentliche Frage, die der parlamentarische Gesetzgeber selbst regeln müsse. Das habe er durch die Generalklausel in einer Weise getan, die auch im genannten Zeitraum noch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots und des Demokratie- und Rechtsstaatsgebots entsprach (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2023, Aktenzeichen 3 CN 5.22).

+++ 28. April 2023 +++ BGH: Fotografin muss trotz Corona bedingtem Ausfall der Hochzeit bezahlt werden
Der Bundesgerichtshof hat der Klage einer Fotografin stattgegeben und ein Hochzeitspaar trotz Corona bedingter Verschiebung der Hochzeitsfeier um ein Jahr zur Zahlung des vereinbarten Honorars in Höhe von 2.500 Euro verurteilt. Wegen der Corona-Auflagen verschob das Paar die für August 2020 geplante Hochzeit um ein Jahr. Zum neuen Termin buchte es allerdings einen anderen, nämlich ihren für den ursprünglichen Termin nicht verfügbaren Lieblingsfotografen. Das von der Fotografin verklagte Paar vertrat die Ansicht, dass es vom vereinbarten Vertrag mit der Folge der Leistungsbefreiung habe zurücktreten können, weil die vertragliche Leistung am konkret vereinbarten Termin wegen der Corona-Auflagen unmöglich wurde. Dieser Ansicht folgten die Richter des BGH nicht. Das Paar habe kein Recht zum Rücktritt vom Vertrag gehabt, der sie von der Zahlung des Honorars befreit hätte. Vielmehr hätten es den Vertrag mit der Fotografin nur kündigen können, was aber zur Rechtsfolge habe, dass es die ursprünglich gebuchte Leistung trotzdem bezahlen müsse. Grund: Denn die Fotografin habe sicher auch ein Interesse daran gehabt, beim neuen Termin zu fotografieren (Aktenzeichen VII ZR 144/22).

+++ 18. April 2023 +++ AG München: Erzwungener Corona-Test auf Hochzeitsfeier berechtigt zur Mietminderung
Das Amtsgericht München hat geurteilt, dass ein vom Veranstalter einer Hochzeitsfeier (die im Juni 2022 stattfand) für die Hochzeitsgäste angeordneter Corona-Test zur Mietminderung berechtigt. Die Klägerin, die Betreiberin der die Hochzeit veranstaltenden Gaststätte, klagte auf voll Zahlung des vereinbarten Preises in Höhe von 20.185 Euro. Diesen hatte die Beklagten, das Hochzeitspaar, um 20 Prozent, also 4.037 Euro, gekürzt. Als Grund für die Kürzung führten sie die von den Klägern verlangte Corona-Testung aller 76 Hochzeitsgäste mit all ihren Folgewirkungen (erheblich verspäteter Hochzeitsempfang, Feier im Außenbereich anstatt im Restaurant, ausgefallenes Abendessen, verärgerte Hochzeitsgäste) an. Die Corona-Testung wurde von den Klägern verlangt, weil der Brautvater schon vor der Feier positiv auf Corona getestet war.
Das Amtsgericht gab der Klage nur teilweise statt und verurteilte das beklagte Hochzeitspaar zur Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 810,50 Euro. Eine gesetzliche Verpflichtung, sich vor Besuch einer Veranstaltung zu testen, habe es zum Zeitpunkt der Feier nicht mehr gegeben. Auch vertraglich habe die Klägerin kein Recht gehabt, die eigene Leistung von einer vorheriger Testung abhängig zu machen, weil dahingehend nichts vereinbart wurde. Auch unter Gesichtspunkten einer Störung der Geschäftsgrundlage konnte eine Testung nicht gefordert werden. Grund: Mit der Virulenz von Corona sei schon bei Vertragsabschluss Anfang 2022 zu rechnen gewesen. Die Erkrankung sei deshalb kein unvorhergesehener Gesichtspunkt mehr, der einen Vertrag in dessen Grundlage stören würde. Angesichts des bekannten Risikos habe es beiden Seiten freigestanden, eine Corona-Testung vertraglich zu regeln. Aus den genannten Gründen sah das Gericht das Verlangen der Klägerin nach einem Corona-Test aller Hochzeitsgäste deshalb als erhebliche Störung der Feier an. Die Mietminderung sei im Übrigen gerechtfertigt gewesen (AG München, Urteil vom 23.01.2023, Aktenzeichen 132 C 12148/22).

+++ 20. März 2023 +++ OVG Münster: Rückforderung von Corona-Soforthilfen durch NRW rechtswidrig
Das Oberverwaltungsgericht Münster (NRW) hat im Fall dreier Selbständiger in einem Urteil die Rückforderung von Corona-Soforthilfen durch das Land Nordrhein-Westfalen NRW rechtswidrig erklärt und die Rückforderungsbescheide aufgehoben.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Frühjahr 2020 bewilligte das Bundesland NRW über das Förderprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ in großer Zahl pauschale Zuwendungen in Höhe von 9000 Euro an in Not geratene Betriebe. Die Prüfung, ob die Eigenmittel der Unternehmen ohne die Zuwendung tatsächlich nicht für die Deckung der Zahlungsverpflichtungen ausgereicht hätten, erfolgte erst später. Nach dieser Überprüfung setzte das Land durch Schlussbescheide die Soforthilfen entsprechend niedriger als ursprünglich bewilligt fest und forderte Teilbeträge zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Soforthilfen nur vorläufig ausgezahlt worden seien.
Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht gab den Klägern in erster Instanz recht. Die Rückforderungsbescheide seien rechtswidrig, weil das Land darin für die Berechnung der Soforthilfen allein an einen Liquiditätsengpass anknüpfte. Dagegen erlaubten die ursprünglichen Bewilligungsbescheide aber auch eine Verwendung der Soforthilfen zur Kompensation von Umsatzausfällen.
Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte die erstinstanzlichen Entscheidung und wies die Berufung des Landes NRW zurück. Es begründete sein Urteil damit, dass die Vorgaben aus den Bewilligungsbescheiden binden gewesen seien und sich das Land NRW bei der Rückforderung nicht an diese Bindung gehalten habe (OVG Münster, Urteil vom 17.03.2023, Aktenzeichen 4 A 1986/22).

+++ 13. März 2023 +++ OVG Münster: Keine Entschädigung für Fleischindustrie, wenn Mitarbeiter in Quarantäne mussten
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in einem Urteil entschieden, dass fleischverarbeitende Unternehmen keinen Anspruch auf Entschädigung haben, wenn ihre Mitarbeiter in Quarantäne geschickt wurden, die Betriebe aber deren Lohn fortgezahlt haben. Das Infektionsschutzgesetz sah eine finanzielle Entschädigung vor, wenn Mitarbeiter zum Schutz der Belegschaft in Quarantäne mussten. Das Land NRW wies seine Landschaftsverbände allerdings ausdrücklich an, die Entschädigungsanträge der fleischverarbeitenden Betriebe abzulehnen. Diese klagten daraufhin und gewannen den Rechtsstreit in der Vorinstanz. Die Richter des OVG Münster begründete ihr ablehnendes Urteil damit, dass die von den Unternehmen gezahlten Verdienstausfallentschädigungen nur in den Fällen zu erstatten seien, in denen die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Arbeitslohn gegen ihren Arbeitgeber haben. Gemäß § 616 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei insoweit maßgeblich, ob ein Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit nicht zur Arbeit erscheinen könne. Das Gericht sah in den beiden verhandelten Fällen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmer ihre Quarantäne selbst verschuldet haben. Die Ausfallzeiten seien zudem geringer als sechs Wochen gewesen (OVG Münster, Urteil von 10.03.2023, Aktenzeichen 18 A 563/22).

+++ 01. März 2023 +++ BGH: Keine Entschädigung aus Betriebsschließungsversicherung, wenn Risiko in AGB nicht genannt
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil festgestellt, dass ein Gastwirt keinen Anspruch auf Entschädigung aus seiner Betriebsschließungsversicherung für den Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 hat. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Versicherer je nach Formulierung der Versicherungsbedingungen nicht für derartige Umsatzausfälle zahlen muss. Zwar waren im verhandelten Fall auch Schließungen aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz Vertragsbestandteil. Jedoch waren "Covid-19", "SARS-CoV" oder "SARS-CoV-2" darin nicht aufgeführt. Das Gericht erkannte für Recht, dass die Aufzählung der meldepflichtigen Krankheiten in den Versicherungsbedingungen abschließend sei, was für den Kläger zum Ausschluss eines Entschädigungsanspruchs führe (BGH, Urteil vom 26.01.2022, Aktenzeichen IV ZR 144/21).

+++ 27. Februar 2023 +++ Brandenburger Verfassungsgericht: Corona-Notlagegesetz für Kommunen verfassungswidrig
Das Verfassungsgericht Brandenburg hat in einem Beschluss entschieden, dass das Corona-Notlagegesetz für Brandenburger Kommunen verfassungswidrig war. Die Richter befanden, dass das Gesetz gegen Artikel 2, Absatz 4 der Landesverfassung, wonach die Gesetzgebung durch Volksentscheid und den Landtag ausgeübt wird, verstoße. Das Notlagegesetz führe über das Außerkraftsetzen wesentlicher Vorschriften der Kommunalverfassung zu einer Gewichtsverschiebung zwischen gesetzgebender und ausführender Gewalt in der Kommune. Dem Innenminister wurde demnach eine zu weitgehende Befugnis zur Ausgestaltung zugestanden.
Zudem erkannten die Richter auch eine Unvereinbarkeit mit Artikel 80, Satz 2 der Landesverfassung, wonach ein Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen müsse (= sogenannter Bestimmtheitsgrundsatz). Nach Ansicht des Gerichts hätte der Landtag in dem Notlagegesetz genauere Vorgaben machen müssen (Aktenzeichen VfGBbg 10/21).

+++ 23. Februar 2023 +++ LG Heilbronn: Bei ordnungsgemäßer Aufklärung kein Schadensersatz für Impfschaden
Das Landgericht Heilbronn hat in einem Urteil entschieden, dass der Mitarbeiterin eines Pflegeheims kein Entschädigungsanspruch gegen eine Impfärztin wegen eines behaupteten Impfschadens nach zwei Covid-19-Impfungen zusteht. Die Klägerin hatte die Beklagte wegen eines von ihr behaupteten neurologischen Dauerschadens, der auf die Impfung zurückzuführen sei, auf Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 50.000 € sowie der Ersatz ihres Haushaltsführungs- und Erwerbsausfallschadens verklagt. Das Gericht kam dagegen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin durch die Beklagte ordnungsgemäß über die Risiken der beiden verabreichten COVID-19-Impfungen aufgeklärt worden sei. Die Klägerin sei vor der Impfung ein Aufklärungsmerkblatt mit den Risiken und Nebenwirkungen der Impfung mit einem mRNA-Impfstoff überreicht worden. Sie habe zudem in den Impfterminen entsprechende Fragen an die Beklagte stellen können. Diese Aufklärung sei in rechtlicher Hinsicht als ausreichend anzusehen (LG Heilbronn, Urteil vom 14.02.2023, Aktenzeichen Wo 1 O 65/22).

+++ 06. Februar 2023 +++ Arbeitsgericht Dresden: Unbezahlte Freistellung einer ungeimpften Pflegekraft war rechtswidrig
Das Arbeitsgericht Dresden hat in einem Urteil entschieden, dass die unbezahlte Freistellung einer Mitarbeiterin eines Seniorenheims wegen fehlender Corona-Impfung rechtswidrig war. Dem Urteil lag der Fall einer Köchin zugrunde, die ihrem Arbeitgeber im Frühjahr 2022 keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis vorgelegt hatte. Ihr Arbeitgeber stellte sie deshalb mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht bis Ende 2022 frei und zahlte ihr auch keinen Lohn mehr. Das Arbeitsgericht Dresden gab der Klägerin recht. Es verurteilte den Arbeitgeber dazu, ihr den Betrag von mehr als 18.000 Euro brutto nachzuzahlen. Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass hinsichtlich dem Beschäftigungsverbot zwischen schon bestehenden Arbeitsverhältnissen und Neueinstellungen zu unterscheiden gewesen sei. Im Fall der Klägerin wäre der Arbeitgeber nur zu einer Mitteilung ans Gesundheitsamt verpflichtet gewesen. Die unbezahlte Freistellung seiner Angestellten war dagegen eine rechtswidrige Maßnahme (ArbG Dresden, Aketnzeichen 4 Ca 688/22).

+++ 12. Januar 2023 +++ EuGH: Corona-Maßnahmen im Urlaub können Reisepreisminderung begründen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Pauschalurlauber unter bestimmten Voraussetzungen ihr Geld zurückverlangen können, wenn diese von Corona-Maßnahmen beeinträchtigt wurde. Dem lag eine Klage von zwei deutschen Spanien-Urlaubern zugrunde, die einen vierzehntägigen Urlaub auf den Kanaren gebucht hatten. Dort angekommen, wurden schon zwei Tage später die Strände wegen der Corona-Pandemie gesperrt. Hinzu kam eine Ausgangssperre, weshalb die Urlauber ihr Hotelzimmer nur zum Essen verlassen durften. Der Zugang zu den Hotelpools und Liegen war untersagt und auch das Animationsprogramm wurde komplett abgesagt. Bereits nach sieben Tagen mussten die Pauschalreisenden wieder abreisen, weshalb sie 70 Prozent des Reisepreises vom Reiseveranstalter zurück verlangten. Der verweigerte dies mit der Begründung, dass er nicht für ein solches "allgemeines Lebensrisiko" einstehen müsse.
Das Landgericht München legte den Fall dem EuGH mit dem Ersuchen um Auslegung der Pauschalreiserichtlinie vor. In dieser ist geregelt, dass der Urlauber für jeden Zeitraum des Pauschalurlaubs, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag, einen Anspruch auf eine angemessene Preisminderung hat. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Reiseveranstalter belegen kann, dass die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist.
Der EuGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass Corona-Maßnahmen eine Vertragswidrigkeit im Sinne der Pauschalreiserichtlinie darstellen können. Unerheblich sei insofern die Ursache der Vertragswidrigkeit und insbesondere auch ihre Zurechenbarkeit zum Reiseveranstalter. Grund: Der Anspruch auf Preisminderung sehe eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters vor. Diese liege nur dann nicht vor, wenn die Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung der Reiseleistungen dem Reisenden zuzurechnen ist. Diese Voraussetzung lag hier aber nicht vor.
Das Landgericht München muss nun im Weiteren klären, ob und inwieweit die angeordneten Corona-Maßnahmen eine Nichterbringung oder eine mangelhafte Erbringung der vertraglichen Leistungen durch den Reiseveranstalter darstellen 
(EuGH, Urteil vom 12.01.2023, Aktenzeichen Rs. C-396/21). 

+++ 09. Januar 2023 +++ LG Bochum: Arzt von Anklage wegen unrichtiger Atteste zur Maskenbefreiung freigesprochen
Das Landgericht Bochum - Strafgericht - hat den in Bochum praktizierenden Hausarzt Dr. Andreas Triebel (77) vom Vorwurf, unrichtige Atteste zur Befreiung von der Corona-Maske ausgestellt zu haben, freigesprochen. Der Oberstaatsanwalt hatte in der Anklage eine Geldstrafe in Höhe von 36.000 Euro (360 Tagessätze zu je 100 Euro) gefordert. Er begründete die Anklage damit, dass der angeklagte Arzt im Jahr 2020 in 21 Fällen ohne hinreichende Untersuchung Atteste zur Maskenbefreiung ausgestellt habe. Der Arzt habe sich damit des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafbar gemacht. Das Gericht folgte der Anklage nicht und verwies in seinem Freispruch auf den ärztlichen Ermessensspielraum und die Therapiefreiheit. Die Befragung aller Patienten als Zeugen habe ergeben, dass der Angeklagte mit ihnen vor dem Ausstellen des Attests in seiner Praxis gesprochen und sich dabei einen persönlichen Eindruck von dem Maskenproblem verschafft habe. Dabei sei teilweise auch ein Stethoskop eingesetzt worden. Das Gericht sichtete zur Beurteilung in einigen Fällen auch ärztliche Unterlagen von früheren Untersuchungen. Nach Würdigung der Gesamtlage habe das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass der angeklagte Arzt von vornherein zur Attestausstellung entschlossen gewesen sei (LG Bochum, Aktenzeichen II - 1 KLs 49 JS 84/20 - 34/21).

+++ 13. Dezember 2022 +++ VG Saarland: Tätigkeitsverbot gegenüber ungeimpften Pfleger rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Trier hat in einem Eilbeschluss entschieden, dass das vom Kreisgesundheitsamt Ende November gegen einen ungeimpften Krankenpfleger ausgesprochene infektionsschutzrechtliche Betretungs- und Tätigkeitsverbot rechtswidrig war. Das Gericht begründete seine Entscheidung zum einen damit, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht ohnehin nur noch bis zum 31. Dezember diesen Jahres gelte. Die Anordnung des Betretungs- und Tätigkeitsverbotes sei deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht mehr angemessen und damit nicht mehr verhältnismäßig gewesen. Des Weiteren habe das Gesundheitsamt den Erlass des Betretungs- und Tätigkeitsverbots monatelang nicht konsequent betrieben. Deshalb sei in einer Abwägung zwischen der Berufsfreiheit des Krankenpflegers und dem Zweck der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, dem Schutz besonders vulnerable Personen, zugunsten des Pflegers zu entscheiden gewesen. Darüber hinaus spreche auch der Aspekt der Versorgungssicherheit gegen das Tätigkeitsverbot. Der herrschende Pflegenotstand und Fachkräftemangel im Gesundheitswesen berge die akute Gefahr eines Versorgungsengpasses, auch wenn nur einzelne Pflegekräfte wegfallen (Verwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 12.12.2022, Aktenzeichen 6 L 1548/22).

+++ 13. Dezember 2022 +++ OLG Zweibrücken: Jugendliche darf sich ohne Einverständnis der Mutter impfen lassen
Das Pfälzischen Oberlandesgericht hat per Beschluss entschieden, dass einer 15-jährigen die Entscheidung darüber, ob sie sich gegen Corona impfen lässt selbst obliegt. Die Impfung sei als Akt der Selbstbestimmung zu werten. Das strikte Verweigern des Einverständnisses zur Impfung durch die Mutter, stelle einen Missbrauch des Sorgerechts dar. Die Richter werteten die strikte Ablehnung als einen dem Kindeswohl zuwiderlaufenden, nachhaltig ausgeübten Sorgerechtsmissbrauch an, der den zuvor vom Familiengericht angeordneten Teilentzug der elterlichen Sorge gebiete. Liege aber eine Kindeswohlgefährdung vor, so habe das Familiengericht diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr notwendig sind, wenn das alleinsorgeberechtigte Elternteil hierzu nicht gewillt oder in der Lage sei (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Juli 2022, Aktenzeichen 2 UF 37/22).

+++ 28. November 2022 +++ VG Hannover: Impfung in Schule kein Dienstunfall
Das Verwaltungsgericht Hannover hat geurteilt, dass eine durch ein mobiles Impfteam an einer Schule durchgeführte Impfung keine dienstliche Veranstaltung und eine sich aus der Impfung ergebende körperliche Schädigung deshalb kein Dienstunfall ist. Geklagt hatte eine 62jährige Lehrerin, die sich bei einem solchen Impftermin freiwillig mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen hatte. In der Folge litt sie an schwersten körperlichen Schäden mit nach wie vor andauernden Folgen. Das Gericht folgte der Argumentation der Klägerin, der Impfvorgang wäre als Dienstunfall anzuerkennen, weil ihr Dienstherr (= Land Niedersachsen) die Impfung angeboten hatte, allerdings nicht. Nach Ansicht des Gerichts sei die Impfung keine dienstliche Veranstaltung gewesen, da der Dienstherr der Klägerin dem mobilen Impfteam lediglich Schulräume für die Impfaktion zur Verfügung gestellt habe. Aus dem bloßen Zurverfügungstellen der Räumlichkeiten folge aber nicht, dass die Schule bzw. das Land Niedersachsen selbst zum Organisator des Impfvorgangs wurde. Sei der Impftermin aber keine dienstliche Veranstaltung gewesen, so liege bei durch die Impfung verursachten Schäden auch kein Dienstunfall vor (Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 24.11.2022, Aktenzeichen 2 A 460/22).

+++ 23. November 2022 +++ BVerwG: Ausgangssperre in Bayern war rechtswidrig
Nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die im ersten Corona-Lockdown vom Freistaat Bayern angeordnete Ausgangssperre im Oktober 2021 für rechtswidrig erklärt hatte, hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass die Ausgangsbeschränkungen rechtswidrig gewesen sind. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Ausgangssperre unverhältnismäßig gewesen sei, da als milderes Mittel zur Erreichung des beabsichtigten Schutzzwecks auch bloße Kontaktbeschränkungen ausgereicht hätten. Diese hätten die von der Anordnung betroffenen Bürger weniger belastet. Bei der Ausgangssperre habe es sich um einen schweren Grundrechtseingriff gehandelt, so die Richter weiter, der nur dann verhältnismäßig gewesen wäre, wenn er einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Infektionen hätte leisten können. Dies sei nicht der Fall gewesen. In Bayern war der Aufenthalt außerhalb von Haus und Wohnung damals nur aus triftigem Grund erlaubt, z.B. um zur Arbeit zu gehen oder um allein Sport zu treiben.

Aus den genannten Gründen befand das Bundesverwaltungsgericht dagegen die damals in Sachsen "nur" angeordneten Kontaktbeschränkungen für recht-, weil verhältnismäßig. Diese bestanden darin, dass Restaurants und Cafés sowie Sportstätten geschlossen wurden. (BVerwG, Aktenzeichen 3 CN 2.21, Aktenzeichen 3 CN 1.21)

+++ 11. November 2022 +++ BGH: Fälschung von Impfpass auch nach alter Rechtslage strafbar
Der Bundesgerichtshof hat die umstrittene Frage entschieden, ob das Fälschen eines Impfausweises auch nach alter Rechtslage bereits strafbar war und dies bejaht. Im konkreten Fall hatte der Täter tatsächlich nicht stattgefundene Corona-Impfungen in Impfpässe eingetragen und mit falschen Stempeln und Unterschriften versehen. Die gefälschten Impfausweise sollten in Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen gebraucht werden. Das Landgericht Hamburg sprach den Täter frei, da es eine Regelungslücke sah. Begründung: Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses – darunter fallen auch Impfausweise – gem. § 279 StGB (Strafgesetzbuch) ist erst seit dem 24. November 2021 strafbar. Auch eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 (alte Fassung) StGB war nicht gegeben, da dieser Straftatbestand in der zur Tatzeit geltenden Fassung eine Verwendung der falschen Bescheinigungen bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte. Die Vorlage bei Apotheken oder in der Gastronomie war dagegen nicht von der Norm umfasst.
Zu der Frage , ob auch eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nach § 267 StGB gegeben sei, gab es unterschiedliche Rechtsauffassungen der Strafgerichte. Einige Strafgerichte sahen in § 277 StGB a.F. eine abschließende Spezialvorschrift mit Sperrwirkung, die anderen nicht.
Der BGH hat nun entschieden, dass es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um einen den Täter privilegierenden Spezialtatbestand handele. Er begründete sein Urteil damit, dass sich weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen ließen. Sei der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen § 277 StGB a.F. - wie im verhandelten Fall - nicht erfüllt, erfülle dieser aber erst recht keine Sperrwirkung gegenüber dem Straftatbestand Urkundenfälschung. Somit hatte sich der Täter auch nach altem Strafrecht strafbar gemacht: Zwar keiner Fälschung von Gesundheitszeugnissen, aber einer Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB (BGH, Urteil vom 10.11.2022, Aktenzeichen 5 StR 283/22).

+++ 04. Oktober 2022 +++ VG Düsseldorf: Impfpflicht in Krankenhausverwaltung rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat per Eilbeschluss entschieden, dass die Stadt Duisburg kein Tätigkeitsverbot gegen eine Angestellte in der Verwaltung einer Klinik wegen fehlender Corona-Schutzimpfungen verhängen durfte. Die Antragstellerin ist als Schreibkraft tätig und hat keinen Kontakt zu Patienten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Antragsgegnerin mit dem von ihr angeordneten Tätigkeitsverbot über die grundsätzlich möglichen Rechtsfolgen des Impfschutzgesetztes hinausgegangen ist. Der Schutzzweck der Infektionsbekämpfung beschränke sich auf die Räumlichkeiten des Betriebs. Die Möglichkeit der Arbeit im Homeoffice sei nicht berücksichtigt worden. Zum anderen lag nach Ansicht des Gerichts eine fehlerhafte Ausübung des der Stadt nach dem Impfschutzgesetz zustehenden Ermessens vor (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2022, Aktenzeichen 24 L 1818/22).

+++ 23. September 2022 +++ Sozialgericht Konstanz: Corona-Infektion kann Arbeitsunfall sein, aber...
Das Gericht hatte über die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall zu entscheiden: Die Sekretärin eines Handwerksbetriebs hatte sich im April 2021 mit dem Corona-Virus angesteckt. Diese Infektion erfolgte mutmaßlich durch einen, in dem Betrieb beschäftigten, Leiharbeitnehmer. Die Richter stellten hierzu grundsätzlich fest, dass auch eine Corona-Infektion als Arbeitsunfall klassifiziert werden könne. Allerdings müsse feststehen, dass die Infektion während der Arbeitszeit erfolgte. Da die Frau in dem betreffenden Zeitraum jedoch auch private Kontakte - beispielsweise beim Lebensmittel-Einkauf - hatte, bei denen sie sich hätte infizieren können, wies das Gericht die Klage ab (Sozialgericht Koblenz, Urteil vom 16.9.2022, Aktenzeichen S 1 U 452/22).

+++ 20. September 2022 +++ OVG NRW: Tätigkeits- und Betretungsverbot für Klinik-Sekretärin verstößt nicht gegen Gleichheitsgebot
Die einrichtungsbezogende Impfpflicht gilt für alle Angestellten eines Krankenhauses, so auch für eine in der Verwaltung angestellte Sekretärin. Diese war die erforderlichen Nachweise schuldig geblieben und wehrte sich gegen das durch das Gesundheitsamt ausgesprochene Tätigkeits- und Betretungsverbot. Laut OVG NRW sei es unerheblich, ob sie als Pflege- oder Verwaltungspersonal in der Klink arbeite, denn sie habe nicht dargetan, dass ein Patientenkontakt gänzlich ausgeschlossen sei. Des Weiteren sei auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gegeben, weil andere Gesundheitsämter in vergleichbaren Fällen kein Tätigkeits- und Betretungsverbot ausgesprochen haben. Relevant seinen hierfür nur Ermessensentscheidungen innerhalb einer Behörde, nicht jedoch, wie andere Behörden ihren Ermessensspielraum ausüben (Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 16.9.2022, Aktenzeichen 13 B 859/22).

+++ 14. September 2022 +++ OLG Hamm: Vertraglich vereinbartes Miet-Sonderkündigungsrecht gilt auch in Pandemie
Ist in einem gewerblichen Mietvertrag ein Sonderkündigungsrecht im Falle des Nicht-Erreichens eines bestimmten Umsatzes für ein bestimmtes Mietjahr vereinbart, so gilt dies auch für Jahre in welchen aufgrund von behördlich angeordneten Betriebsschließungen wegen der Covid-19-Pandemie erheblich weniger Umsatz gemacht wurde. Die Klägerin (Vermieterin) berief sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Dem folgte das angerufene Gericht nicht (OLG Hamm, Urteil vom 15.7.2022, Aktenzeichen 30 U 82/22).

+++ 05. September 2022 +++ OVG Rheinland-Pfalz: Betretungsverbot für Zahnarzthelferin rechtens
Das durch das Gesundheitsamt verhängte Praxisbetretungsverbot einer ungeimpften Zahnarztmitarbeiterin ist auch im Hinblick auf die derzeit vorherrschende Virusvariante Omikron BA.5 nicht offensichtlich rechtswidrig. Dies entschied das OVG Rheinland-Pfalz in einer Eilentscheidung (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2.9.2022, Aktenzeichen 6 B 10723/22.OVG).

+++ 05. September 2022 +++ BGH: Reiserücktritt von Flusskreuzfahrt ohne Stornokosten für 84jährige
Eine 84-jährige Frau kann von einer - vor der Pandemie gebuchten - Flusskreuzfahrt, welche im Juni 2020 beginnen sollte, ohne Zahlung von Stornokosten zurücktreten. Das Berufungsgericht (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 22.7.2021, Aktenzeichen 5 S 217/20) hatte so entschieden, da die Covid-19-Pandemie im Reisezeitraum als ein Umstand, der geeignet war die Durchführung der Pauschalreise erheblich zu beeinträchtigen im Sinne von § 651 h Abs. 3 BGB, zu bewerten sei. Dies nicht nur aufgrund des Alters der Reisenden, sondern insbesondere auch deswegen, weil sie aufgrund der beengten räumlichen Verhältnisse auf dem Kreuzfahrtschiff einem erhöhtem Infektionsrisiko ausgesetzt wäre. Abgesehen davon gab es zum Reisezeitraum noch keine Impfmöglichkeit. Diese Bewertung des Berufungsgerichts sah der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerfrei an (BGH, Urteil vom 30.8.2022, Aktenzeichen X ZR 66/21).


+++ 22. August 2022 +++ VG Düsseldorf: Keine Rückzahlungspflicht von Corona-Soforthilfen für Unternehmen
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem Urteil entschieden, dass Unternehmen die an sie gezahlten Corona-Soforthilfen nicht zurückzahlen müssen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die in den Bewilligungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis des Landes mit den in den Schlussbescheiden getroffenen Festsetzungen nicht übereinstimmten. Die Unternehmer hätten während des Bewilligungsverfahrens auf Grund von Formulierungen in online vom Land bereit gestellten Hinweisen, den Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden davon ausgehen dürfen, dass ihre pandemiebedingten Umsatzausfälle der ausschlaggebende Umstand für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen sein sollten. Das Land NRW stellte dagegen bei Erlass der Schlussbescheide auf das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses der Unternehmen ab. Diese unterschiedliche Handhabung sei von der maßgeblichen Förderpraxis abgewichen und deshalb rechtsfehlerhaft. Hinzu käme nach Ansicht des Gerichts, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide der Kläger hinsichtlich einer etwaigen Rückerstattungsverpflichtung auch missverständlich formuliert gewesen seien. Dem Inhalt der Bescheide sei nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei. Die Berufung zum zuständigen Oberverwaltungsgericht wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen (Verwaltunsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.08.2022, Aktenzeichen 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22).

+++ 16. August 2022 +++ BAG: Trotz negativem Corona-Test kein Zutritt zum Betrieb: Arbeitgeber schuldet Lohn
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass ein Arbeitnehmer, dem trotz Vorlage eines aktuellen negativen PCR-Tests und eines ärztlichen Attests über Symptomfreiheit vom Arbeitgeber der Zutritt zum Betrieb verweigert wird, grundsätzlich Anspruch auf seinen Lohn / sein Gehalt hat. Dem ging folgender Sachverhalt voraus: Der Kläger reiste wegen des Todes seines Bruders in die Türkei, die zu dieser Zeit als Corona-Risikogebiet ausgewiesen war. Nach Rückkehr verweigerte die Beklagte dem Kläger für die Dauer von 14 Tagen den Zutritt zum Betrieb und zahlte keine Arbeitsvergütung. Zu Unrecht, wie die Richter am Bundesarbeitsgericht befanden. Die Beklagte habe sich mit der Annahme der vom Kläger angebotenen Arbeitsleistung in Annahmeverzug befunden. Das von ihr erteilte Betretungsverbot führte nicht zur Leistungsunfähigkeit des Klägers (§ 297 BGB). Vielmehr hatte die Beklagte die Ursache der Nichterbringung der Arbeitsleistung selbst gesetzt. Sie habe auch nicht dargelegt, dass ihr die Annahme der Arbeitsleistung des Klägers aufgrund der konkreten betrieblichen Umstände unzumutbar war. Darüber hinaus war die Weisung, dem Betrieb für die Dauer von 14 Tagen ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts fernzubleiben, unbillig (§ 106 GewO) und deshalb unwirksam. Die Beklagte habe dem Kläger nicht die Möglichkeit eröffnet, durch einen weiteren PCR-Test eine Infektion weitgehend auszuschließen. Mit dieser Maßnahme hätte sie den nach § 618 Abs. 1 BGB erforderlichen und angemessenen Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erreichen und einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf sicherstellen können (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.08.2022 – Aktenzeichen 5 AZR 154/22).

+++ 10. August 2022 +++ ArbG Siegburg: Über Corona-Impfstatus getäuscht - fristlose Kündigung rechtens
Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Kündigungsschutzklage eines Monteurs abgewiesen, mit der sich dieser gegen die fristlose Kündigung seitens seiner Arbeitgeberin gewehrt hat. Dem ging die Vorlage eines gefälschten Impfausweises voraus, nachdem die Arbeitgeberin angeordnet hatte, dass der Betrieb nur noch von Geimpften, Genesenen oder negativ Getesteten betreten werden darf. Das Gericht sah die fristlose Kündigung als gerechtfertigt an. Der wichtige Kündigungsgrund sei darin zu sehen, dass der Kläger über seinen Impfstatus getäuscht und damit erheblich gegen die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten verstoßen und deren Vertrauen in seine Redlichkeit zerstört habe. Darüber hinaus stelle der Versuch des Klägers, die ohne Impfung erforderlichen täglichen Corona-Tests durch Vorlage eines unrichtigen Impfnachweises zu umgehen, eine massive Pflichtverletzung dar (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23.06.2022 - Aktenzeichen 3 Ca 2171/21).

+++ 08. August 2022 +++ BayOLG: Maskenbefreiung auch ohne vorherige körperliche Untersuchung gültig
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat eine Angeklagte vom Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses in Form eines Maskenbefreiungsattests freigesprochen und damit alle Urteile aus den Vorinstanzen aufgehoben. Die Angeklagte hatte im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle ein ärztliches Maskenattest vorgelegt. Eine vorausgehende körperliche Untersuchung durch den ausstellenden Arzt hatte nicht stattgefunden. Die bayerische Staatsanwaltschaft, ebenso die Generalstaatsanwaltschaft, vertrat die Ansicht, eine solche Maskenbefreiung enthalte eine unwahre Aussage über den Gesundheitszustand der Angeklagten und die Angeklagte habe sich deshalb bei der Vorlage im Rahmen der Polizeikontrolle des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses nach § 279 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar gemacht. Dieser Rechtsansicht widersprach das BayOLG. Aus Sicht der Angeklagten komme es für die Richtigkeit eines Maskenbefreiungsattests ausschließlich darauf an, ob die geschilderten Symptome tatsächlich vorliegen. Dies sei vorliegend von einem weiteren Arzt attestiert worden. Entgegen den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft sei ein Maskenattest nicht bereits dann unrichtig, wenn vorher keine körperliche Untersuchung des Patienten stattgefunden habe. Des Weiteren urteilten die Richter, dass das Berufungsgericht einem Beweisantrag der Generalstaatsanwaltschaft zur amtsärztlichen Untersuchung zu Recht nicht nachgegangen sei. Grund: Eine solche Untersuchung sei von vornherein nicht geeignet, den Gesundheitszustand der Angeklagten rückwirkend zum Tatzeitpunkt sicher festzustellen und daraus den Schluss zu ziehen, dass die Angeklagte die von ihr vorgetragenen Beschwerden damals tatsächlich nicht gehabt habe (BayOblG, Urteil vom 18.07.2022, Aktenzeichen 203 StRR 179/22).

+++ 08. August 2022 +++ VG Berlin: Verdacht auf Corona-Infektion - Platzverweis durch Polizei rechtens
Das Verwaltungsgericht Berlin hat geurteilt, dass die Polizei an belebten Orten befugt ist, einer vermutlich mit Corona infizierten Person einen Platzverweis auszusprechen. Dem ging folgender Sachverhalt voraus: Der Kläger wollte am 25. September 2021 an einer Versammlung gegen die Corona-Maßnahmen auf einem belebten Berliner Platz teilnehmen. Die Polizei erhielt jedoch einen anonymen Hinweis, dass sich der Mann vor einigen Tagen bei einer Geburtstagsfeier mit dem Coronavirus angesteckt haben könnte und erteilte dem Kläger aufgrund der möglichen Ansteckungsgefahr einen Platzverweis. Zudem hatte der Kläger auch einen geschwächten Eindruck gemacht. Das Gericht sah den anonymen Hinweis, die vorangegangene polizeiliche Internetrecherche sowie den Umstand, dass der Kläger offensichtlich geschwächt gewesen ist, als ausreichende Grundlage für den Platzverweis an. Die Polizei hätte vor diesem Hintergrund davon ausgehen dürfen, dass der Kläger mit dem Coronavirus infiziert sei und dadurch eine Ansteckungsgefahr für die auf dem ebenfalls auf dem Platz befindlichen Personen bestehe. Aufgrund der Versammlung sei mit einer zusätzlichen Menschenansammlung zu rechnen gewesen, so dass eine Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 Metern gedroht habe und die Beamten somit von einer Übertragungsgefahr ausgehen konnten. Die mögliche Verpflichtung des Klägers zum Tragen einer Maske habe kein milderes Mittel dargestellt, da auf diese Weise keine Reduzierung des Übertragungsrisikos auf null hätte erreicht werden können (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 01.08.2022, Aktenzeichen: VG 1K 475/ 21).

+++ 28. Juli 2022 +++ ArbG Kiel: Lohnfortzahlung auch bei Urlaub in Hochrisikogebiet mit niedriger Inzidenz
Das Arbeitsgericht Kiel hat der Klage einer Arbeitnehmerin auf Entgeltfortzahlung stattgegeben, dessen Arbeitgeberin ihm den Lohn nicht zahlen wollte, nachdem er in ein Hochrisikogebiet gereist war und sich mit Corona infiziert hatte. Das Reiseziel hatte allerdings eine wesentlich geringere Inzidenz als zu diesem Zeitpunkt in Deutschland herrschte. Die beklagte Arbeitgeberin vertrat den Standpunkt, dass die Klägerin mangels Symptomen nicht arbeitsunfähig gewesen sei und die Erkrankung zudem durch ihren Reiseantritt schuldhaft herbeigeführt habe.
Das Gericht folgte dem nicht. Auch in dem Fall, dass er symptomlos Corona-positiv getestet ist und nicht im Homeoffice tätig sein kann, sei ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig. Der Umstand, dass es der Arbeitnehmerin ganz gut ging, ließe den hohen Beweiswert der von ihr vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht entfallen. Auc die angeordnete Quarantäne schließe den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht aus.
Auch ein Verschulden der Klägerin hinsichtlich ihrer Arbeitsunfähigkeit liege nicht vor. Dieses setze nämlich einen groben Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen voraus. Dies entspricht nicht der Wertung des § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG. Jedenfalls dann, wenn die Inzidenzwerte im Urlaubsgebiet nicht deutlich über den Inzidenzwerten des Wohn- und Arbeitsortes bzw. der Bundesrepublik Deutschland liegen, verstoße der Arbeitnehmer nicht in grober Weise gegen sein Eigeninteresse. Die Reise in das Hochrisikogebiet gehe in diesen Fällen nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Berufung wegen der grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen wurde (Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 27.07.2022, Aktenzeichen 5 Ca 229 f/22).

+++ 27. Juli 2022 +++ VG Osnabrück: Zahnärzten ohne Corona-Impfung kann Tätigkeit untersagt werden
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Eilantrag eines Zahnarztes abgewiesen, der sich damit gegen die einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht gewendet hat. Dem ging ein vom Gesundheitsamt gegen den Antragsteller aufgrund fehlenden Impfnachweises ausgesprochenes Tätigkeitsverbot voraus. Der Zahnarzt war der Ansicht, die Impfpflicht gelte für ihn als Chef der Praxis nicht. Zudem argumentierte er, dass es noch keine Impfstoffe gäbe, die nach dem Arzneimittelgesetz zulässig sind.
Das Gericht folgte der Argumentation des Zahnarztes nicht. Die Impfstoffe, die in Deutschland verwendet werden, seien von der Weltgesundheitsorganisation und der Europäischen Arzneimittelagentur anerkannt. Der Antragsteller habe auch keine medizinischen Kontraindikationen gegen die Impfung vorgelegt. Die Rechtmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei bereits durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Die Impf- bzw. Nachweispflicht gelte auch für Arzt- und Zahnarztpraxen. Das Gesetz sehe für Ärzte und Zahnärzte keine Ausnahmen vor. Ohne Impfschutz steige das Infektions- und Übertragungsrisiko deutlich an. Dies gelte insbesondere für Zahnärzte, die Patienten im Mund behandeln. Aus den genannten Gründen sie das Tätigkeitsverbot „voraussichtlich rechtmäßig“ (Beschluss vom 25.07.2022, Aktenzeichen 3 B 104/22).

+++ 08. Juli 2022 +++ BVerwG: Corona-Impfpflicht für Soldaten ist rechtmäßig
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Corona-Impfpflicht für Soldaten rechtmäßig ist. Zwei Luftwaffenoffiziere gingen mit ihren Anträgen gegen die Verpflichtung zur Duldung der Impfung mit mRNA-Impfstoffen vor. Ihrer Ansicht nach stünden die Risiken außer Verhältnis zum Nutzen - die Impfpflicht sei daher rechtswidrig. Das Bundesverteidigungsministerium hatte die Impfpflicht gegen das Coronavirus im November 2021 als Schutzimpfung in die Liste der für alle aktiven Soldaten verbindlichen Basisimpfungen aufgenommen.
Das Gericht wies aber auch darauf hin, dass das Bundesverteidigungsministerium verpflichtet wäre, die der Aufrechterhaltung der Impfpflicht zugrundeliegenden Tatsachen stets auf veränderte Umstände, auf ihre Verhältnismäßigkeit sowie Ermessensgerechtigkeit hin zu bewerten und zu überwachen. Das Nachlassen der Gefährlichkeit des Coronavirus und die Verringerung der Effektivität der aktuell verfügbaren Impfstoffe wären Umstände, die zu einer erneuten Ermessensentscheidung führen könnten (Aktenzeichen BVerwG 1 WB 2.22, BVerwG 1 WB 5.22).

+++ 05. Juli 2022 +++ LAG Berlin-Brandenburg: Anordnung von 2G+ für Klinik-Sommerfest ist rechtens
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Eilverfahren entschieden, dass Mitarbeiter keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Sommerfest haben, wenn sie die vom Arbeitgeber gemachte Anordnung zum Coronaschutz nicht einhalten. Die Klinikleitung hatte für die Teilnahme die sogenannte 2G+-Regel angeordnet - die Mitarbeiter müssen also geimpft oder genesen und zusätzlich getestet sein. Ein Klinikmitarbeiter wandte sich mit einem Eilantrag gegen diese Anordnung. Das Landesarbeitsgericht lehnte den Eilantrag mit der Begründung ab, das Landesantidiskriminierungsgesetz sei auf diesen Sachverhalt nicht anwendbar. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergebe sich kein Anspruch auf Teilnahme. Grund: Die durch die Anordnung vorgenommene Gruppenbildung für den Zutritt zum Betriebsfest sei mit Blick auf die Wertung des § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) sachlich gerechtfertigt. Demnach gebe es für Beschäftigte in Kliniken besonderen Anlass für Schutzmaßnahmen und zwar auch in Form eines Impf- oder Genesenennachweises. Für das Infektionsrisiko sei es unerheblich, ob es sich um Zusammenkünfte aufgrund der Arbeit oder aufgrund einer Betriebsfeier handele (Beschluss vom 01.07.2022, Aktenzeichen 6 Ta 673/22).

+++ 27. Juni 2022 +++ OVG Niedersachsen: Nachweis der Impfpflicht nicht mit Zwangsgeld durchsetzbar
Das Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat die Beschwerde des Landkreises Diepholz gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover zurückgewiesen, mit dem dieses Eilrechtsschutz gegen einen Bescheid gewährt hatte, der der Antragstellerin unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgab, einen Nachweis über die Impfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-19 einzureichen. Für eine solche Verpflichtung einer ungeimpften Person und (erst recht) für die zwangsweise Durchsetzung dieser Verpflichtung mittels eines Zwangsgeldes biete § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG aller Voraussicht allerdings keine Grundlage, denn die einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht begründe gerade keine Verpflichtung der betroffenen Personen, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen. Vielmehr stelle die Regelung die Betroffenen de facto lediglich vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität durch die Impfung einzuwilligen. Vor diesem Hintergrund eröffne § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG dem Gesundheitsamt die (einzige) Möglichkeit, bei Nichtvorlage eines Nachweises ein sofort vollziehbares Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen. Als Rechtsgrundlage für die Erzwingung eines Impfnachweises mittels Zwangsgeldes, scheidet die Vorschrift deshalb aus (Beschluss vom 22.07.2022, Aktenzeichen 14 ME 258/22)

+++ 02. Juni 2022 +++ BAG : Einseitige Anordnung von Corona-Tests durch Arbeitgeber rechtens
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil entschieden, dass ein Arbeitgeber zur Umsetzung der ihn treffenden arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen berechtigt sein kann, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts einseitig Corona-Tests anzuordnen. Die Klägerin, eine Flötistin an der Bayerischen Staatsoper, hatte sich geweigert, von ihrer Arbeitgeberin angeordnete PCR-Tests durchführen zu lassen, weil diese zu ungenau seien und einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit darstellten. Anlasslose Massentests seien unzulässig. Der beklagte Freistaat Bayern hatte daraufhin in der Zeit von Ende August bis Ende Oktober 2020 die Gehaltszahlungen wegen Annahmeverzugs eingestellt. Die Flötistin klagte auf Zahlung ihres Gehalts. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

Ebenso das Bundesarbeitsgericht: Der Arbeitgeber sei nach § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Arbeitsleistungen, die unter seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) konkretisieren den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber hiernach im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen. Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen könne der Arbeitgeber Weisungen nach § 106 Satz 2 GewO (Gewerbeordnung) hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen. Das hierbei zu beachtende billige Ermessen wird im Wesentlichen durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert.

Hiervon ausgehend sei die Anweisung des beklagten Freistaats zur Durchführung von PCR-Tests nach dem betrieblichen Hygienekonzept der Bayerischen Staatsoper rechtmäßig. Die Bayerische Staatsoper habe mit Blick auf die pandemische Verbreitung von SARS-CoV-2 mit diffusem Ansteckungsgeschehen zunächst technische und organisatorische Maßnahmen wie den Umbau des Bühnenraums und Anpassungen bei den aufzuführenden Stücken ergriffen, diese aber als nicht als ausreichend erachtet. Sie habe sodann mit wissenschaftlicher Unterstützung ein Hygienekonzept erarbeitet, das für Personen aus der Gruppe der Orchestermusiker PCR-Tests alle ein bis drei Wochen vorsah. Hierdurch sollte der Spielbetrieb ermöglicht und die Gesundheit der Beschäftigten geschützt werden. Die auf diesem Konzept beruhenden Anweisungen an die Klägerin entsprächen billigem Ermessen im Sinne von § 106 GewO. Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei verhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung mache die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt wird. Da hiernach die arbeitgeberseitige Anweisung zur Umsetzung des betrieblichen Hygienekonzepts rechtmäßig gewesen sei, habe der beklagte Freistaat zu Recht eingewandt (§ 297 BGB), dass Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls mit Blick auf den fehlenden Leistungswillen der Klägerin, die die Durchführung von PCR-Tests verweigert hat, nicht bestünden (Urteil vom 01.06.2022, Aktenzeichen 5 AZR 28/22).

+++ 29. Mai 2022 +++ VG Sigmaringen Pflicht zum Maskentragen im Gericht ausgesetzt
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Pflicht zum Tragen einer Maske am Landgericht Tübingen in einem Eilverfahren wegen voraussichtlicher Rechtswidrigkeit ausgesetzt. Der Präsident des Landgerichts hatte am 4. April in der Hausordnung eine Pflicht angeordnet, wonach alle Personen im Gebäude eine medizinische Maske tragen müssen. Dem erteilte das VG Sigmaringen eine Absage. Nach den zwischenzeitlichen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gebe es keine Rechtsgrundlage für eine solche Maskenpflicht mehr. Sowohl bundesweit, als auch in Baden-Württemberg fiel am 3. April in Innenräumen die Maskenpflicht. Ausnahmen regele das Gesetz allein für Busse, Bahnen, Pflegeheime und Krankenhäuser (§ 28a Abs. 7 S. 1 Nr. 1 IfSG). Diese Regelung sei abschließend, womit Gerichtsgebäude gerade nicht von einer Pflicht zum Maskentragen erfasst seien (Beschluss vom 20.05.2022, Aktenzeichen 8 K 1034/22).

+++ 19. Mai 2022 +++ VG Hannover: Vorlage eines Immunitätsnachweises nicht mit Zwangsgeld erzwingbar
Das Verwaltungsgericht Hannover hat in einem Eilantrag entschieden, dass die Vorlage eines Immunitätsausweises beim Gesundheitsamt nicht mittels eines Zwangsgeldes erzwungen werden kann. Dem ging die Aufforderung des Gesundheitsamtes an die Antragstellerin voraus, einen Immunitätsausweis vorzulegen. Diese Aufforderung war mit der Androhung eines Zwangsgeldes bei Nichtbefolgung der Aufforderung verbunden. Das Gericht argumentierte, dass § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG aller Voraussicht nach keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes beinhalte, was die Androhung eines Zwangsgeldes aber unstrittig sei. Zudem stellte es in seinem Beschluss darauf ab, dass die Impfentscheidung freiwillig sei. Der Gesetzgeber habe deshalb als Konsequenz des fehlenden Impfnachweises allein ein Tätigkeits- und / oder Betretungsverbot angeordnet, nicht aber den Zwang zur Vorlage eines Immunitätsausweises. Dementsprechend könne das Gesundheitsamt die Vorlage eines Immunitätsausweises auch nicht per Zwangsgeld durchsetzen (Beschluss vom 11.05.2022 Aktenzeichen 15 B 1609/22).

+++ 19. Mai 2022 +++ Bundesverfassungsgericht: Impfpflicht für Pflegepersonal verfassungsgemäß
Das Bundesverfassungsgericht hat die einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Pflegekräfte als verfassungsgemäß beschlossen und mit dieser Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde gegen entsprechende Teile des Infektionsschutzgesetzes zurückgewiesen. Das Gericht begründet seinen Beschluss damit, dass der Schutz vulnerabler Gruppen verfassungsrechtlich schwerer wiege als die Beeinträchtigung der Grundrechte für das Pflege- und Gesundheitspersonal. Die Impfung habe einerseits nur sehr seltene Nebenwirkungen, schütze aber andererseits die vulnerablen Gruppen nicht vor einer Infektion. Auf den unstrittigen Sachverhalt, dass sich Geimpfte trotz Corona-Impfung ebenso wie Ungeimpfte infizieren und diese Infektion auch an andere, also insbesondere auch an vulnerable Personen weitergeben können, ist das Gericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen (Beschluss vom 27.04.2022, Aktenzeichen 1 BvR 2649/21).

+++ 25. April 2022 +++ OVG Mecklenburg-Vorpommern: Landesweite Hotspot-Regelungen teilweise rechtswidrig
Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat die Hotspot-Regelungen des Landes in einer Eilentscheidung zum Teil vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Richter erkannten einen Verstoß gegen § 28a Abs. 8 Infektionsschutzgesetz. Infolge sind insbesondere die Regelungen über das Abstandsgebot und die Pflicht zum Tragen einer Maske nicht mehr anwendbar. Das Gericht begründete seinen Beschluss damit, dass die nach dem Gesetz erforderliche Ausbreitung einer Virusvariante mit signifikant höherer Pathogenität nur angenommen werden kann, wenn eine neue Virusvariante auftrete. Die Omikron-Variante BA.2 reiche dafür nicht aus, da diese alte Variante bereits seit Jahresbeginn anzutreffen sei. Weitergehende Schutzmaßnahmen, die auch bei bekannten Varianten grundsätzlich möglich seien, setzten jedoch für jeden betroffenen Landkreis differenzierte Sachverhaltsfeststellungen voraus. Dieser Anforderung würde der Landtagsbeschluss zur Hotspot-Regelung nicht gerecht. Die Corona-Lage im ganzen Bundesland nur pauschal und "flächendeckend" zu betrachten, sei nicht ausreichend (Beschluss vom 22.04.2022, Aktenzeichen 1 KM 221/22 OVG).

+++ 21. April 2022 +++ ArbG Köln: Gefälschter Impfpass kann wichtiger Grund für fristlose Kündigung sein
Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin abgewiesen, die sich damit gegen ihre fristlose Kündigung wegen der Vorlage eines gefälschten Impfpasses gewehrt hatte. Ihr Arbeitgeber bietet Beratungsleistungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung an und informierte im Oktober 2021, ab November dürften Kundentermine vor Ort nur noch von geimpften Mitarbeitern wahrgenommen werden. Die gekündigte Arbeitnehmerin betreute auch Kunden, die zu Pflegeeinrichtungen gehören. Anfang Dezember 2021 legte sie der Personalabteilung einen, wie sich im Nachhinein bei einer Überprüfung ergab, gefälschten Impfausweise und absolvierte weitere Termine bei den Kunden. Ihr Arbeitgeber kündigte der Mitarbeiterin daraufhin fristlos. Das Gericht sah in den fortgesetzten Kundenterminen vor Ort nicht nur ein weisungswidriges Verhalten, sondern auch eine erhebliche Pflichtverletzung der Unternehmsinteressen. Durch die Vorlage des gefälschten Impfausweises sei für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen verwirkt. Diese Konstellation stelle einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Gegen das Urteil kann noch Berufung zum Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden (Urteil vom 23.03.2022, Aktenzeichen 18 Ca 6830/21)

+++ 14. April 2022 +++ VG Hamburg: Eilantrag gegen Hamburger Hotspot gescheitert
Per Eilantrag an das Verwaltungsgericht Hamburg wollten vier Mitglieder des AFD-Landesvorstands die Deklaration Hamburgs als Corona-Hotspot kippen und so die daraus folgenden strengeren Pandemieschutz-Regeln (FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen und im Einzelhandel, etc.) außer Kraft setzen lassen. Dem erteilte das VG eine Absage: Laut Hamburger Senat bestehe die geforderte konkrete Gefahr darin, dass ohne Hotspot-Regel ein hoher Personalausfall in den Krankenhäusern drohe und so die medizinische Versorgung der Bevölkerung stark beeinträchtigt werden könne. Diese Einschätzung sei nicht zu beanstanden, da die Bundesländer im Rahmen des ihnen zugewiesenen Einschätzungsspielraums berechtigt seien, auf Grundlage des Infektionsgeschehens und der Lage vor Ort in den Krankenhäusern eine eigenständige Gefahrenprognose zu treffen, so das Gericht (VG Hamburg 13.04.2022, Aktenzeichen 5 E 1581/22).

+++ 13. April 2022 +++ ArbG Gießen: Ungeimpfte Pflegekräfte dürfen von Arbeit freigestellt werden
Das Arbeitsgericht Gießen hat die Eilanträge zweier nicht geimpfter Pfleger eines Seniorenpflegeheims abgewiesen, mit denen diese auf Weiterbeschäftigung geklagt hatten. Ihr Arbeitgeber, die Betreiberin des Seniorenheims, hatte die beiden Antragsteller zuvor ohne Lohnfortzahlung von der Arbeit freigestellt, weil sie zum Stichtag der für Pflegekräfte geltenden Impfpflicht keinen Impfnachweis vorgelegt hatten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass § 20 a Abs. Abs.3 Satz 4 IfSG unmittelbar ein Beschäftigungsverbot im Falle der Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises zwar nur für ab dem 16. März 2022 neu eingestellte Personen, nicht aber für bislang schon beschäftigte Personen vorsehe. Dem Arbeitgeber stehe es aber unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertungen des § 20 a IfSG im Rahmen billigen Ermessens allerdings frei, im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis der Bewohner eines Seniorenheims Beschäftigte, die weder geimpft noch genesen sind und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nicht nachkommen, von der Arbeitsleistung freizustellen. Das Interesse der Bewohner an deren Gesundheitsschutz, überwiege dem Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit. Die Frage ob die Vergütung für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen ist, war nicht Gegenstand dieses Eilverfahrens (Beschluss vom 12.04.2022, Aktenzeichen 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22).

+++ 12. April 2022 +++ ArbG Düsseldorf: Gefälschter Impfausweis - fristlose Kündigung rechtens
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat in einem Urteil entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitgebers gegen einen Arbeitnehmer, der einen gefälschten Impfausweises vorgelegt hat, wirksam ist. Der Arbeitgeber durfte aus wichtigem Grund fristlos kündigen und zwar ohne vorherige Abmahnung. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer mit der Vorlage des gefälschten Impfausweises ein hohes Maß an krimineller Energie an den Tag gelegt habe, welches das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig störe. Der Kläger habe bewusst die gesetzlich vorgeschriebene Nachweispflicht missachtet. Damit habe er das Ansteckungsrisiko anderer Mitarbeiter erhöht und Arbeits- und Produktionsausfälle durch Quarantäneanordnungen in Kauf genommen. (Urteil vom 18. Februar 2022, Az: 11 Ca 5388/21)

+++ 17. März 2022 +++ BGH: Keine weitergehende Entschädigung für Gastronomen wegen Corona-Lockdown
Die Klage eines Brandenburger Gastronoms auf individuellen Schadensersatz aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wies der Bundesgerichtshof heute ab. Der Kläger verlangte zusätzlich zu den Soforthilfen 27.000 € Schadensersatz, wegen der zwangsweisen Schließung seines Betriebs. Von den Maßnahmen besonders betroffene Wirtschaftszweige stehe der Weg über die Staatshaftung nicht offen, so der BGH. Vielmehr müsse der Gesetzgeber Ausgleichmaßnahmen treffen, was dieser mit den Beschlüssen zu Corona-Soforthilfen auch getan habe. Das Urteil ist rechtskräftig und kann allenfalls noch über eine Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Es hat wegweisende Bedeutung für eine Vielzahl ähnlicher Verfahren, die noch vor den Instanzgerichten anhängig sind (BGH, Urteil vom 17.3.2022, Aktenzeichen III ZR 79/21).

+++ 16. März 2022 +++ VG Saarlouis: Notfallsanitäter scheitern mit Eilantrag gegen Impfplicht ab dem 15.03.
Zwei Notfallsanitäter wandten sich per Eilantrag an das Verwaltungsgericht Saarlouis, um die ab 15.03.2022 für sie geltende Impfplicht in Sachen SARS-Cov II bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft zu setzen. Sie machten geltend, dass die Vorschrift des § 20a Abs. 1 IfSG das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Bestimmtheitsgebot und Gebot der Normenklarheit verletze, sowie gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Diesem Antrag gab das Gericht nicht statt. Zur Begründung führte das VG Saarlouis aus, dass für vulnerable Personen, die sich grundsätzlich leichter infizierten, weil bei ihnen - auch im Fall einer Impfung - ein von vornherein reduzierter und im Laufe der Zeit schneller abnehmender Immunschutz bestehe, ein erhöhtes Risiko verbunden sei, schwer oder gar tödlich zu erkranken. Diesen hohen gesundheitlichen Risiken stehe kein vergleichbar hohes Gesundheitsrisiko der Antragsteller im Fall einer Impfung gegenüber. Schwerwiegende Nebenwirkungen oder gravierende Folgen, die über die durch die Verabreichung des Impfstoffes induzierte Immunantwort hinausgingen, seien nach derzeitigem Kenntnisstand sehr selten (VG Saarlouis, Beschluss vom 14.3.2022 - Aktenzeichen 6 L 172/22).

+++ 16. März 2022 +++ LAG Hamm: Quarantäne darf nicht auf Jahresurlaub angerechnet werden
Während eines genehmigten Urlaubs erhielt der Kläger eine Quarantäne-Verfügung aufgrund eines Kontakts zu einer positiv auf den SARS-Cov II-Erreger getesteten Person und begab sich daraufhin in häusliche Isolation. Der Arbeitgeber belastete das Zeitkonto des Klägers trotz der Quarantäne-Verfügung mit acht Urlaubstagen. Hiergegen richtete sich die Klage des Arbeitnehmers. Mit der Begründung, dass die Anordnung einer Quarantäne einer freien, selbstbestimmten Gestaltung des Urlaubszeitraumes diametral gegenüber stehe, unabhängig davon, wie der einzelne Betroffene diese persönlich empfindet, gab das LAG Hamm der Klage statt. § 9 BUrlG sei jedenfalls analog auf den Fall einer angeordneten Quarantäne anzuwenden und Zeiten der Quarantäne seien nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen. Diese seien dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt nachzugewähren. Aufgrund der entgegenstehenden Auffassungen des LAG Düsseldorf (Urteil vom 15.10.2021 - Aktenzeichen 7 Sa 857/21) und des LAG Köln (Urteil vom 13.12.2021 - Aktenzeichen 2 Sa 488/21), sowie weiterer Instanzgerichte, ließ das Gericht die Revision zu (LAG Hamm, Urteil vom 27.1.2022 - Aktenzeichen 5 Sa 1030/21).

+++ 07. März 2022 +++ Arbeitsgericht Berlin: Kündigung eines nicht geimpften Arbeitnehmers rechtmäßig
Das Arbeitsgericht Berlin hat geurteilt, dass die Kündigung gegen einen ungeimpften Musical-Darsteller wirksam ist. Der Arbeitgeber sprach noch vor Beginn des Arbeitsvertrages die ordentlichen Kündigung aus, nachdem er erfuhr, dass der Arbeitnehmer nicht gegen Corona geimpft war und sich auch nicht impfen lassen wollte. Der Arbeitnehmer hatte seinerseits angeboten, einen tagesaktuellen Corona-Test zu machen. Der Arbeitgeber ging darauf nicht ein, woraufhin der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhob. Er sah in der Kündigung eine verbotene Maßregelung, da es keine Impfpflicht gebe. Dieser Argumentation folgte das Arbeitsgericht nicht: Entscheide sich der Arbeitnehmer aus persönlichen Grünen gegen die Corona-Impfung, sei das nicht Motiv sondern nur Anlass der Kündigung durch den Arbeitgeber. Im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit dürfe der Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz im Betrieb das „2G-Modell“ anordnen. Sei diese Entscheidung des Arbeitgebers mit der Entscheidung des Arbeitnehmers unvereinbart, stelle dies keine unzulässige Maßregelung durch den Arbeitgeber dar. Der Arbeitnehmer argumentierte weiterhin, in der Kündigung liege eine unzulässige Diskriminierung Ungeimpfter. Auch dies sah das Arbeitsgericht anders. Die Entscheidung des Arbeitgebers für das „2G-Modell“ am Arbeitsplatz sei nicht willkürlich. Die tägliche Kontrolle von Corona-Testergebnissen beeinträchtige den Betriebsablauf stärker als die einmalige Kontrolle eines Impfnachweises und bedeute einen höheren Kosten- und Personalaufwand. Zudem sei das Risiko eines Personalausfalls bei Ungeimpften mit Blick auf die strengeren Quarantänevorschriften für Ungeimpfte deutlich höher als bei Geimpften. Zu berücksichtigen sei außerdem auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit der anderen Arbeitnehmer und der Kunden. Ein Arbeitnehmer habe daher keinen Anspruch darauf, dass sich der Arbeitgeber für ein Schutzkonzept entscheide, das ihn möglichst wenig beeinträchtigt. Der Arbeitnehmer habe zwar das Recht, sich frei für oder gegen die Corona-Impfung zu entscheiden. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Entscheidung keinerlei Folgen habe (ArbG Berlin, Urteil vom 03.02.2022, Aktenzeichen 17 Ca 11178/21).

+++ 21. Februar 2022 +++ VG Berlin: Auch nur einmal mit Johnson & Johnson Geimpfte sind vollständig geimpft
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem Eilverfahren entschieden, dass der Ausschluss von nur einmal mit dem von Johnson & Johnson-Impfstoff geimpften Personen vom vollständigen Impfschutzstatus durch das Paul-Ehrlich-Institut rechtswidrig ist. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass über den Immunisierungsstatus (auch infolge von Schutzimpfungen) nach der Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz die Bundesregierung selbst zu entscheiden habe. Die Übertragung dieser Entscheidung auf das Paul-Ehrlich-Institut überschreite die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung. Infolge gelte die Antragstellerin nach der früheren Rechtslage bis auf Weiteres als vollständig geimpft, wenn auch nicht als geboostert. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden (Beschluss vom 18.02.2022, Aktenzeichen VG 14 L 15/22).

+++ 14. Februar 2022 +++ VG Berlin: Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage ist rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Berlin hat dem Eilantrag zweier Antragsteller stattgegeben und die Verkürzung des Genesenenstatus von 180 Tagen auf 90 Tage für rechtswidrig erklärt. Die Richter erklärten wie schon zuvor das VG Osnabrück und das VG Ansbach, dass über die Geltungsdauer des Genesenenstatus die Bundesregierung selbst entscheiden müsse. Diese Entscheidung könne nicht auf das Robert-Koch-Institut (RKI) delegiert werden, da dies die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung überschreite. Deshalb betrage die Geltungsdauer des Genesenenstatus für die Antragsteller bis auf Weiteres sechs Monate. Der Beschluss wirkt nur im Verhältnis zu den Antragstellern. Er ist nicht rechtskräftig. Es kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden (Beschluss vom 16. Februar 2022, Aktenzeichen VG 14 L 24/22).

+++ 14. Februar 2022 +++ VG Ansbach: Verkürzung des Genesenenstatus ist verfassungswidrig
Das Bayerische Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag von zwei Personen stattgegeben und vorläufig festgestellt, dass der Genesenenstatus der Antragsteller wie in den Genesenennachweisen ausgewiesen fortbesteht und damit sechs Monate beträgt und keine Verkürzung auf 90 Tage erfahren hat. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 bei summarischer Prüfung aus formellen Gründen verfassungswidrig sei. Denn der Verweis des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts erweise sich bei summarischer Prüfung als verfassungswidrig, da gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verstoßen werde: Durch den Verweis auf die Internetseite treffe der Gesetzgeber nicht selbst diese wesentliche Regelung über den Genesenenstatus, sondern überlasse dies einer behördlichen Institution. Eine Prüfung, ob die Verkürzung des Genesenenstatus insgesamt verfassungswidrig ist, nehme das Gericht daher nicht mehr vor. Der Beschluss wirkt nur zwischen den Verfahrensbeteiligten. Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden (Beschluss vom 11.02.2022, Aktenzeichen AN 18 S 22.00234).

+++ 14. Februar 2022 +++ OLG Stuttgart: Keine Entschädigung für Lockdown-bedingte Schließung eines Friseurladens
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem Urteil entschieden, dass die Betreiberin eines Friseursalons keinen Anspruch auf Entschädigung für die angeordnete Schließung im ersten Lockdown 2020 hat, denn es fehle an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Die Betreiberin eines Friseurladens musste aufgrund der Coronaverordnung des Landes vom 23. März 2020 bis zum 4. Mai 2020 schließen. Die 9.000 Euro, die sie aus dem Soforthilfeprogramm des Landes Baden-Württemberg erhielt, musste sie zurückzahlen. Ihre Klage auf 8.000 Euro Entschädigung wurde vom Landgericht Heilbronn abgewiesen. Auch die Richter des OLG Stuttgart sahen im Berufungsverfahren keine Anspruchsgrundlage für die Entschädigung. Die ergriffene Betriebsschließungsmaßnahme sei verhältnismäßig.
Insbesondere könne die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nicht auf § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) stützen, denn nach dieser Norm seien nur Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern entschädigungsberechtigt. Die Klägerin selbst sei mit ihrem Friseurladen jedoch nur eine sogenannte Kontaktmultiplikatorin. In Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke, scheide auch eine analoge Anwendung der Norm aus. Die Entschädigungsvorschriften nach §§ 56 ff. IfSG hätten abschließenden Charakter.
Letztlich scheide auch ein Anspruch aus § 55 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg aus, da § 56 IfSG dieser Vorschrift vorgehe. Dies gelte ebenso für den aus enteignendem Eingriff nach Art. 14 Grundgesetz geltend gemachten Anspruch.
Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Urteil vom 09.02.2022, Aktenzeichen 4 U 28721).

+++ 11. Februar 2022 +++ OVG Berlin-Brandenburg: Präventives Verbot unangemeldeter Corona-Demos zulässig
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus aufgehoben, nachdem unangemeldete Demonstrationen nicht vorbeugend verboten werden dürfen (siehe dazu drei Meldungen weiter unten). Die Richter des OVG befanden, die Polizei habe ausreichende Gründe für die Annahme angeführt, dass es bei künftigen unangemeldeten Versammlungen zu massiven Verstößen gegen die Vorgaben der Corona-Eindämmungsverordnung komme. Die bewusst unterlassene Anmeldung der "Cottbuser Spaziergänge" verfolge erkennbar den Zweck, jede Kooperation mit der Versammlungsbehörde systematisch zu verhindern. Angesichts der hohen Infektionsgefahr sei ein präventives Verbot mit der im Grundgesetz verbrieften Versammlungsfreiheit vereinbar. Auf die Frage, welche Infektionsgefahr bei Versammlungen im Freien bestehe und welche daraus möglicherweise drohenden Folgen für das Gesundheitssystem entstünden, wurde in der Entscheidung nicht weiter eingegangen (Beschluss vom 10.02.2022, Az. OVG 1 S 16/22).

+++ 09. Februar 2022 +++ BVerfG lehnt Eilanträge gegen Impfpflicht für Pflegekräfte ab
Das Bundesverfassungsgericht hat Eilanträge, die sich gegen die Nachweispflicht für eine Corona-Impfung im Gesundheitswesen gerichtet haben, abgelehnt. Die Richter argumentierten, der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung, stehe die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber. Das Gesetz verlange den Betroffenen aber nicht unausweichlich ab, sich impfen zu lassen. Für diejenigen, die eine Impfung vermeiden wollen, könne dies zwar vorübergehend mit einem Wechsel der bislang ausgeübten Tätigkeit oder des Arbeitsplatzes oder sogar mit der Aufgabe des Berufs verbunden sein. Andernfalls, also bei Stattgabe der Eilanträge, wären hochaltrige Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem oder mit Behinderungen in der Zeit bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, einer deutlich größeren Gefahr ausgesetzt, sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren und deshalb schwer oder gar tödlich zu erkranken (Beschluss vom 10.02.2022, Aktenzeichen 1 BvR 2649/21).

+++ 09. Februar 2022 +++ OVG NRW erklärt 2G-Plus für Sport im Innenbereich für rechtswidrig
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in einem Eilverfahren die 2G-Plus-Regelung in NRW für die gemeinsame Sportausübung im Innenbereich für rechtswidrig erklärt und deshalb außer Vollzug gesetzt. Im Ergebnis entfällt damit die Testpflicht für Gesunde und Genesene - Ungeimpfte müssen dagegen weiter draußen bleiben. Geklagt hatte der Betreiber eines Fitnessstudios. Die Richter stellten in ihrer Entscheidung einen voraussichtlichen Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip fließende Gebot der Normenklarheit fest, den sie damit begründeten, dass die Corona-Verordnung die gemeinsame Sportausübung im Innenbereich anders als im Freien definiere. Während die gleichzeitige Sportausübung in Innenräumen eine innere Verbindung der Sportler nicht voraussetze, dort aber 2G+ gelte, sei im Außenbereich damit nur die sportliche Betätigung mehrerer Personen mit einer inneren Verbindung der Sportler gemeint, wo jedoch nur die 2G-Regel gelte. Aus Sicht des Gerichts sei es für den Normadressaten (= Bürger und Gewerbetreibende) aber eher fernliegend, dass der Verordnungsgeber in Einzelregelungen derselben Norm dem gleichen Begriff (= gleichzeitige Sportausübung) unterschiedliche Bedeutungen beimesse. Aus diesem Grund könne er nicht rechtssicher feststellen, inwieweit die Sportausübung innen und außen welchen Zugangsbeschränkungen unterliege (Beschluss vom 08.02.2022, Aktenzeichen 13 B 1986/21.NE).

+++ 09. Februar 2022 +++ VG Cottbus: Präventives Verbot unangemeldeter Corona-Demos rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Cottbus hat in einem Eilbeschluss entschieden, dass ein von der Versammlungsbehörde des Landes Brandenburg angeordnetes 14-tägiges präventives Verbot unangemeldeter Versammlungen rechtswidrig ist. Es fehle an einer ausreichenden Begründung dafür, dass von den unangemeldeten Demos eine besonders schwerwiegende Infektionsgefahr oder Gefahren der öffentlichen Sicherheit ausgingen. Der pauschale Verweis auf Verstöße insbesondere gegen die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske und Einhaltung des Mindestabstandsgebots ohne plausible Erklärung und Darlegung konkreter Einzelheiten sei für ein präventives Versammlungsverbot unzureichend. Mit Blick auf den hohen Stellenwert der Versammlungsfreiheit bedürfe es stets einer aktuellen Prognose zu möglichen Infektionsgefahren aufgrund der tatsächlichen Corona-Infektionen. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Das Land Brandenburg hat dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht (Beschluss vom 04.02.2022, Aktenzeichen VG 3 L 29/22).

+++ 04. Februar 2022 +++ VG Osnabrück: Verkürzung des Genesenenstatus ist verfassungswidrig
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Landkreis Osnabrück per Beschluss dazu verpflichtet, dem Antragsteller einen sechs Monate umfassenden Genesenennachweis auszustellen. Das Gericht erklärte die umstrittene Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage durch das Robert Koch-Institut (RKI) für verfassungswidrig. Der Genesenenstatus und damit seine Dauer hätten eine hohe Bedeutung für die Freiheit der Bürger. Die Beschränkung der Dauer durch einen Hinweis auf der Internetseite des RKI, verstoße gegen Verfassungsrecht, denn es fehle an einer Rechtsgrundlage, diese Entscheidung auf das RKI zu übertragen. Darüber hinaus sei der Verweis auf eine sich ständig ändernde Internetseite des RKI intransparent und unbestimmt sei. Im Übrigen sei für die Verkürzung des Genesenenstatus keine wissenschaftlich fundierte Grundlage ersichtlich. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und gilt nur im Verhältnis zum Antragssteller (Beschluss vom 04.02.2022, Aktenzeichen 3 B 4/22).

+++ 01. Februar 2022 +++ VG Frankfurt kippt 2G-Regel für die Betreiberin eines Modehauses
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat hat dem Eilantrag der Betreiberin eines Modehauses stattgegeben, mit dem diese begehrte, ihre Verkaufsstätte ohne Anwendung der sogenannten 2 G Regelung zu betreiben. Die Antragstellerin argumentierte, auch ihr Ladengeschäft falle unter die Ausnahmeregelung des § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung, denn auch die Mode- und Bekleidungsbranche diene der Grundversorgung. Die Aufzählung der Ausnahmen in § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung sei nicht abschließend. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2022 ist auch das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zu der Feststellung gelangt, dass aus der Coronavirus-Schutzverordnung nicht mit hinreichender Gewissheit hervorgehe, welche Ladengeschäfte unter die Zugangsbeschränkung 2 G fallen sollten. Anhand der Aneinanderreihung der Ausnahmeregelungen seien keine übergeordneten Kriterien zu erkennen, die für eine Auslegung der Formulierung „und ähnliche Einrichtung“ in § 21 Satz 2 der Corona Virus-Schutzverordnung heranzuziehen wären. Weder aus dem Wortlaut der Verordnung noch aus deren Begründung werde deutlich, welche Betriebe zur Grundversorgung gehören und welche nicht. Das Gericht kam vor diesem Hintergrund zu dem Schluss, dass die Antragstellerin durch die Coronavirus- Schutzverordnung in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt sei (Beschluss vom 31.01.2022, Aktenzeichen 5 L 182/22.F).

+++ 01. Februar 2022 +++ BVerfG bestätigt kommunales Verbot unangemeldeter Corona-„Spaziergänge“
Das Bundesverfassungsgericht hat das kommunales Verbot unangemeldeter Corona-„Spaziergänge“ in einem Eilbeschluss bestätigt. Der Antragsteller wollte mit seinem Eilantrag gegen die entsprechende Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg vorgehen: Ein vorsorgliches Versammlungsverbot sei nicht mit der Bedeutung und Tragweite der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit vereinbar. Die Antragsgegnerin, die Stadt Freiburg, hatte am 7. Januar vorbeugend eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der sie „alle mit generellen Aufrufen zu „Montagsspaziergängen“ oder „Spaziergängen“ in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen“ untersagte. Die dagegen gerichteten Eilanträge des Antragstellers vor den Verwaltungsgerichten blieben erfolglos. Die Verfassungsrichter argumentierten ihrerseits, die ablehnenden Entscheidungen der Verwaltungsgerichte seien nicht „offensichtlich fehlsam“. Es sei „eine naheliegende Feststellung“, dass hier Auflagen umgangen werden sollten. Die Gerichte hätten auch annehmen dürfen, dass die Initiatoren und Teilnehmer solcher „Spaziergänge“ überwiegend nicht bereit seien, Schutzmasken zu tragen oder Abstände einzuhalten. Der Kläger hatte auch deshalb das Nachsehen, weil eine „grundrechtsschonende Begleitung der Versammlung“ durch die Gestaltung als „Spaziergang“ „gezielt verunmöglicht worden ist“. Dies sei dem Kläger auch „offensichtlich bewusst“ gewesen. Die endgültige Klärung bleibe dem Hauptverfahren vorbehalten (Beschluss vom 31.01.2022, Aktenzeichen 1 BvR 208/22).

+++ 28. Januar 2022 +++ VG Karlsruhe kippt Verbot von "Spaziergängen"
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einem Eilbeschluss das Verbot von unangemeldeten Corona-Demos, sogenannten "Spaziergängen", gekippt. Das Gericht erklärte, die Ausgangslage habe sich dahingehend geändert, dass die unangemeldete Versammlungen Montags planmäßig stattfinden. Der Stadt sei es deshalb möglich, sich angemessen vorzubereiten. Zudem habe sich inzwischen gezeigt, dass bei den unangemeldeten Demos eine nennenswerte Zahl von Teilnehmern die erforderlichen Abstände eingehalten habe. Die meisten Teilnehmern hätten der Ansage der Versammlungsleitung Folge geleistet, Maske getragen und auf den Mindestabstand geachtet. Ein Demonstrationsverbot sei vor diesem Hintergrund nicht das mildeste Mittel. Die Stadt könne z.B. anordnen, dass bei sämtlichen Versammlungen Masken getragen und Abstände eingehalten werden müssten. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig (Beschluss vom 27.01.2022, Aktenzeichen 4 K 185/22).

+++ 26. Januar 2022 +++ VGH Baden-Württemberg setzt 2G-Regel für Einzelhandel außer Vollzug
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat auf den Antrag einer Schreibwarenhändlerin hin die 2G-Regel für den Einzelhandel außer Kraft gesetzt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Einfrieren der "Alarmstufe II" durch die Corona-Verordnung der Landesregierung voraussichtlich rechtswidrig sei. Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten nicht abgekoppelt von der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz angeordnet werden (siehe dazu schon die zuvor eingestellte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg zu Universitäten). Beschluss vom 25.02.2022, Aktenzeichen 1 S 89/22).

+++ 24. Januar 2022 +++ VGH Baden-Württemberg setzt 2G-Regel für Universitäten außer Vollzug
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat auf den Normenkontrollantrag eines Pharmaziestudenten hin entschieden, dass nicht geimpfte Studenten wieder an Präsenzveranstaltungen der Universitäten teilnehmen dürfen. Der Antragsteller hatte sich gegen § 2 Abs. 5 Coronaverordnung Studienbetrieb vom 11. Januar 2022 gerichtet, wonach nicht geimpfte Studenten in der Alarmstufe II von Präsenzveranstaltungen ausgeschlossen sind. Das Gericht argumentierte, die Vorschrift sei voraussichtlich rechtswidrig, soweit sie für die inzidenzunabhängige Alarmstufe II im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO („eingefrorene Alarmstufe II“) Geltung beanspruche. Eine Vorschrift, die ausdrücklich losgelöst von der 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für nicht geimpfte Personen normiere, stehe mit den gesetzlichen Vorgaben aus § 28 a Abs. 3 Satz 3 IfSG nicht in Einklang. Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten nicht losgelöst von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden. Die Beschränkung des Zugangs zu Präsenzveranstaltungen für Studenten sei keine Maßnahme des präventiven Infektionsschutzes nach § 28 a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Der Gesetzgeber sei ausdrücklich davon ausgegangen, dass zu den Maßnahmen des präventiven Infektionsschutzes nach § 28 a Abs. 3 Satz 2 IfSG nur „niederschwellige“ Maßnahmen gehörten. Eine Vorschrift, die nicht geimpfte Studenten durch eine 2G-Regelung vom Zutritt zu universitären Veranstaltungen in weitem Umfang ausschließe, begründe hingegen einen gravierenden Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen auf Berufsausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG (Beschluss vom 20.01.2022, Aktenzeichen 1 S 3846/21).

+++ 19. Januar 2022 +++ BayVGH setzt 2G-Regel für Einzelhandelsgeschäfte außer Kraft
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit einem Eilbeschluss die 2G-Regel für den Einzelhandel in Bayern außer Kraft gesetzt. Die Inhaberin eines Beleuchtungsgeschäfts hatte in ihrem Eilantrag argumentiert, die 2G-Regelung schränke ihre Berufsfreiheit ein und verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch die bayerische Corona-Verordnung erlaubt grundsätzlich nur Genesenen und Geimpften Zugang zum Einzelhandel. Ausnahmen bestehen nur für Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs.
Die Richter bemängelten in ihrer Entscheidung, dass die aktuelle Regelung zu unbestimmt formuliert und damit aller Voraussicht nach rechtswidrig sei. „Insbesondere im Hinblick auf die – ausdrücklich nicht abschließend gemeinte – Aufzählung von Ausnahmen und die uneinheitliche Behandlung von sogenannten „Mischsortimentern“, lasse sich der Verordnung nicht mit hinreichender Gewissheit entnehmen, welche Ladengeschäfte von der Zugangsbeschränkung erfasst würden". Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel (Beschluss vom 19. Januar 2022, Aktenzeichen 20 NE 21.3119).

+++ 18. Januar 2022 +++ Bayerisches Verwaltungsgericht setzt präventive Demonstrationsverbote außer Kraft
Das Bayerische Verwaltungsgericht hat zwei Eilanträgen gegen die Allgemeinverfügungen der Stadt München und des Landkreises Starnberg stattgegeben. Die Antragsteller wandten sich damit gegen aktuelle Allgemeinverfügungen der Landeshauptstadt München und des Landratsamtes Starnberg, die jeweils für bestimmte Tage Versammlungen im Zusammenhang mit Protesten gegen die Corona-Politik untersagen, wenn diese Versammlungen nicht rechtzeitig vorab den Behörden angezeigt werden. Das Gericht stellte fest, dass das Mittel eines präventiven Verbots mit Blick auf die Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig sei. In beiden Verfahren wurden von der Landeshauptstadt und vom Freistaat Bayern Beschwerden eingelegt. Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts gelten deshalb derzeit nur im Verhältnis zu den beiden Antragstellern (Aktenzeichen wird nachgereicht).

+++ 17. Januar 2022 +++ VGH Mannheim und OVG Münster: Einzelhändler müssen Kosten für die Corona-Zutrittskontrollen selbst tragen
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Eilantrag einer Einzelhändlerin abgelehnt, die sich gegen die ihr im aktuellen Infektionsschutzgesetz zur Einhaltung der 2G-Regeln auferlegte Zutrittskontrollpflicht gewandt hat. Die Antragstellerin, die eine Textilkette betreibt, argumentierte, die ihrer Branche auferlegte Prüfung von Impfstatus und Ausweispapieren sei unverhältnismäßig. Neben dem Personalaufwand stelle sich die Frage nach der Sicherheit der Kontrolleure. Sie seien Übergriffen an den Check-Punkten ausgesetzt, so die Antragstellerin, die aus den genannten Gründen stichprobenartigen Kontrollen für ausreichend halte.
Die Richter des VGH Mannheim argumentierten dagegen, dass die Nachweisverpflichtungen und Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Menschen ohne obligatorische Kontrollpflichten würden unwirksam würden. Es sei zu erwarten, dass nicht-immunisierte Kunden bei einem Verzicht auf Kontrollen mehr Infektionen auslösen. Dies sei auch bei einer nur stichprobenartigen Kontrolle zu befürchten. Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (Beschluss vom 14.01.2022, Aktenzeichen 1 S 3805/21).
Bereits zwei Tage zuvor auch das OVG Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster ebenfalls in diesem Sinne entschieden (Beschluss vom 12.01.2022, Aktenzeichen 13 B 1929/21.NE).

+++ 10. Januar 2022 +++ Verwaltungsgericht Dresden: Begrenzung von Demonstrationen auf maximal 10 Personen unzulässig
Das Verwaltungsgericht Dresden hat in einem Eilbeschluss entschieden, dass eine am 10.1.2022 auf dem Postplatz in Görlitz mit mehr als 10 Personen geplante Versammlung unter dem Motto "Wahrung unserer Grundrechte – gegen Polit-Faschismus" unter Auflagen zulässig ist. Der Anmelder der Versammlung hatte beim Landkreis Görlitz die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der Sächsischen Corona-Notverordnung beantragt. Gemäß dieser Verordnung sind Versammlungen nur ortsfest und mit einer Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 10 Personen zulässig. Die vom Antragsteller beantragte Ausnahme, die Versammlung auch mit mehr als zehn Teilnehmern durchführen zu dürfen, wurde vom Landkreis Görlitz abgelehnt.
Das Gericht argumentierte, dass eine ortsfeste Versammlung ungeachtet des dynamischen Infektionsgeschehens und des Auftretens neuer und sehr ansteckender Virusvarianten ausnahmsweise mit 100 Personen durchgeführt werden könne, weil dies seuchenrechtlich noch vertretbar erscheine. Insoweit stellte es vergleichend auf die Regelungen zur zulässigen Personenhöchstzahl in Innenräumen von Verkaufseinrichtungen bis zu 800 m² Fläche ab. Dort sei der Aufenthalt eines Kunden je 10m² Verkaufsfläche zulässig, für Verkaufsflächen über 800 m² sei es ein Kunde je 20m² Verkaufsfläche. Angesichts des Umstands, dass Übertragungen in Innenräumen eher wahrscheinlich sind als unter freiem Himmel und der weiteren Notwendigkeit, die Einhaltung der Hygieneregeln durch den Versammlungsleiter und Behörden sicherzustellen, hat das Gericht bezogen auf den konkreten Kundgebungsort eine Zahl von 100 Versammlungsteilnehmern für zulässig erachtet, die rechnerisch eine Fläche von 1.200 m² in Anspruch nehmen (Beschluss vom 07.01.2022, Aktenzeichen 6 L 9/22).

+++ 10. Januar 2022 +++ OVG Sachsen bestätigt 2G-Regel für Einzelhandel
Das sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat die 2G-Regelung im Einzelhandel bestätigt. Die Klägerin, ein Textileinzelhandelsunternehmen mit mehreren Filialen in Sachsen, wollte die Nachweise nicht kontrollieren. Die Richter argumentierten dagegen, die Pflicht von Einzelhändlern, die Nachweise Geimpfter und Genesener zu kontrollieren, sei verhältnismäßig. Zwar sei die Kontrollpflicht sei ein Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Jedoch sei dieser gerechtfertigt, da man nicht davon ausgehen könne, dass sich ohne Kontrolle alle Kunden an die Regelung hielten. 2G im Einzelhandel verfolge zudem einen legitimen Zweck, da es der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems diene. Zwar könne man davon ausgehen, dass Hygienemaßnahmen das Risiko einer Virusübertragung im Einzelhandel deutlich verringerten. Allerdings könnten sie das Risiko nicht wie eine Kontaktvermeidung ausschließen (Beschluss vom 6.1.2022, Aktenzeichen 3 B 454/21).

+++ 21. Dezember 2021 +++ VGH Bayern setzt 2G-Regel für Spielzeugläden außer Kraft
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hat auf den Eilantrag eines Inhabers eines Spielwarengeschäfts hin beschlossen, dass Spielzeugläden in Bayern der Deckung des täglichen Bedarfs dienen und deshalb nicht der 2G-Regel unterliegen. Die Richter argumentierten, Spielzeugläden hätten für Kinder mindestens dieselbe Bedeutung wie für Erwachsene Bücher, Schnittblumen und Gartengeräte, die von der bayerischen Landesregierung als Geschäfte zur "Deckung des täglichen Bedarfs" von der 2G-Regel ausgenommen wurden. Dies gelte erst recht in der Weihnachtszeit. Weder der bayerischen Corona-Verordnung, noch deren Begründung sei zu entnehmen, wie wichtig und dringlich ein täglicher Bedarf sein müsse, damit das Geschäft nicht der 2G-Vorschrift unterliege (Beschluss vom 17.12.2021, Aktenzeichen 20 NE 21.3012).

+++ 20. Dezember 2021 +++ VGH Mannheim setzt 2G-Regel für Universitäten in Baden-Württemberg außer Kraft
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat in einer Eilentscheidung die 2G-Regel für Universitäten in Baden-Württemberg außer Kraft gesetzt. Somit dürfen nun auch wieder ungeimpfte Studenten an den Präsenzveranstaltungen teilnehmen. Laut der 2G-Regel war nur noch geimpften oder genesenen Studenten der Zutritt zu Präsenzveranstaltungen erlaubt. Ausnahmen galten nur für Prüfungen oder den Besuch von Praxisveranstaltungen und der Bibliothek.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die 2G-Regelung in schwerwiegender Weise das Grundrecht, die Ausbildungsstätte frei wählen zu dürfen, verletze. Die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten seien nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes grundrechtlich geschützt. Zudem werde aus der Vorschrift zum Hochschulbetrieb des Ministeriums nicht klar, welche Vorkehrungen man treffe, um auch nichtimmunisierten Studenten die Teilnahme am Hochschulbetrieb zu ermöglichen. So wären konkrete Ideen wie Hybridunterricht oder die Aufzeichnung der Präsenzveranstaltungen in der Vorschrift nicht ausreichend berücksichtigt. Der Beschluss ist unanfechtbar (Beschluss vom 15.12.2021, Aktenzeichen 1 S 3670/21).

+++ 17. Dezember 2021 +++ OVG Niedersachsen setzt 2G-Plus-Regel auch für den Einzelhandel außer Kraft
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts hat im Zuge eines von einem Filialbetrieb mit Mischsortiment gestellten Normenkontrollantrags beschlossen, die 2-G-Regelung im Einzelhandel außer Kraft zu setzen. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Infektionsschutzmaßnahme sei nicht notwendig und auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar.

Das Gericht argumentierte, die 2-G-Regelung im Einzelhandel sei derzeit in der konkreten Ausgestaltung nach § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 der Corona-VO keine notwendige Schutzmaßnahme. Die Eignung dieser Einschränkung sei zweifelhaft, da der weit überwiegende Teil täglicher Kundenkontakte im von der 2-G-Regelung nicht umfassten Lebensmitteleinzelhandel stattfinde, nicht aber im Einzelhandel. Auch die Erforderlichkeit der 2G-Regel sieht das Gericht nicht. Es habe in anderen Entscheidungen bereits mehrfach beanstandet, dass verlässliche und nachvollziehbare Feststellungen zur tatsächlichen Infektionsrelevanz des Geschehens im Einzelhandel fehlten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Erforschung von Infektionsumfeldern auch durch das Land Niedersachsen intensiviert worden wäre, um die Zielgenauigkeit der Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Eine schlichte Übertragung von Erkenntnissen zum Geschehen in geschlossenen Räumen von Sport- und Freizeiteinrichtungen dränge sich angesichts erheblicher Unterschiede zu dem Geschehen im Einzelhandel nicht auf. Letzteres erscheine jedenfalls regelmäßig durch eine kürzere Verweildauer der Kunden, eine geringere Kundendichte, eine geringere Anzahl unmittelbarer Personenkontakte (Face-to-Face), geringere körperliche Aktivitäten und eine bessere Durchsetzung von Hygienekonzepten gekennzeichnet. Zudem könnten die Kunden, wie in vielen anderen Alltagssituationen, auch im Einzelhandel verpflichtet werden, eine FFP2-Maske zu tragen. Nach neueren Erkenntnissen dürften Atemschutzmasken dieses Schutzniveaus das Infektionsrisiko derart absenken, dass es nahezu vernachlässigt werden könne. Auch das Robert Koch-Institut sehe in seiner ControlCOVID-Strategie zur Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22 selbst für die höchste Warnstufe nicht den Ausschluss ungeimpfter Kunden vom Einzelhandel vor.
Das Gericht befand zudem, dass die 2-G-Regelung im Einzelhandel in der konkreten Ausgestaltung nach § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 Corona-VO auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren sein dürfte. Nachvollziehbare sachliche Gründe dafür, dass beispielsweise zwar Gartenmarktgüter, Güter des Blumenhandels einschließlich der Güter des gärtnerischen Facheinzelhandels und Güter zur Reparatur und Instandhaltung von Elektronikgeräten zu den von der 2-G-Regelung ausgenommenen "Gütern des täglichen Bedarfs oder zur Grundversorgung der Bevölkerung" gezählt würden, aber Baumärkte uneingeschränkt der 2-G-Regelung unterworfen blieben, seien nicht erkennbar.
Die Außervollzugsetzung der sog. 2-G-Regelung im Einzelhandel wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerin in diesem Verfahren. Sie ist vielmehr in ganz Niedersachsen allgemeinverbindlich. Der Beschluss ist unanfechtbar (Beschluss vom 16.12.2021, Aktenzeichen13 MN 477/21).

+++ 14. Dezember 2021 +++ OVG Niedersachsen setzt 2G-Plus-Regel für körpernahe Dienstleistungen außer Kraft
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts hat die 2-G-Plus-Regelung der niedersächsischen Corona-Verordnung insoweit außer Kraft gesetzt, als diese sogenannte körpernahe Dienstleistungen, wie bspw. den Friseurbesuch, betrifft. Die Richter argumentierten, dass der Zugang zu Angeboten, die „körperpflegerische Grundbedarfe befriedigten“, Ungeimpften nicht vollständig verschlossen bleiben dürfe. Das Infektionsrisiko sei dort regelmäßig auf nur wenige gleichzeitig anwesende Personen beschränkt und könne durch „Basisschutzmaßnahmen“ wie FFP2-Maske, Testnachweis und die Erfassung der Kontaktdaten deutlich reduziert werden. (Beschluss vom 10.12.2021, Az. 13 MN 462/21)
Gegen die 2G-plus-Regel in Theatern, Kinos, Spielhallen sowie in Zoos, botanischen Gärten und Freizeitparks hatte das Gericht dagegen nichts einzuwenden. Diese Einschränkungen bleiben für Ungeimpfte bestehen (Beschlüsse vom 10.12.2021, Aktenzeichen 13 MN 463/21 und 13 MN 464/21)

+++ 08. Dezember 2021 +++ LG Köln: Kleinkind erhält kein Schmerzensgeld wegen angeordneter Quarantäne
Das Landgericht Köln hat in einem Urteil entschieden, dass ein Kleinkind, das vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt wurde, keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen psychischer Belastungen hat. Gegenüber der dreijährige Klägerin, die vor Gericht von ihren Eltern vertreten wurde und die einen Kindergarten der Stadt Köln besucht, wurde durch das Gesundheitsamt Köln als Kontaktperson eines infizierten Kindes, eine zwölftägige Quarantäne angeordnet. Eine Freitestung vor Ablauf der Frist war nicht möglich. Die Klägerin trug vor diesem Hintergrund vor, sie habe durch die Isolation psychische Schäden erlitten, wäre immer aggressiver geworden und habe unter Schlafstörungen gelitten. Es bestünde der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie forderte deshalb wegen Amtspflichtverletzung 3.000 € Schmerzensgeld von der Stadt Köln.
Das Gericht hat die Klage mit der Argumentation abgelehnt, die Beklagte habe rechtmäßig gehandelt. Rechtsgrundlage für die Quarantäneanordnung war § 28 Abs. 1 IfSG. Aufgrund des Verdachts, dass die Klägerin sich bei einem Kind in ihrer Gruppe hätte mit Covid-19 angesteckt haben können, sei sie auch zu Recht als Ansteckungsverdächtige eingestuft worden. Die Klägerin sei wegen der beengten Raumsituation bzw. eine schwer zu überblickende Kontaktsituation auch eine sog. "enge Kontaktperson" des infizierten Kindes gewesen. Die Beklagte habe sich zudem bei der Anordnung der Quarantäne auch an die Richtlinien des RKI gehalten. Für ein Freitesten der Klägerin nach zehn Tagen bestand kein Handlungsspielraum, denn bei sog. "engen Kontaktpersonen" sei diese Möglichkeit aufgrund § 5 Abs. 2 Quarantäneanordnung NRW ausgeschlossen. Die Stadt Köln (Gesundheitsamt) habe die Quarantäneanordnung auch ermessensfehlerfrei getroffen. Unter Berücksichtigung der potenziellen Infektionsgefahr sei bei einem begrenzten Zeitraum die Beschränkung, in der gewohnten Umgebung mit seinen Eltern als Vertrauensperson zwei Wochen nicht nach draußen zu dürfen und keine Besucher zu empfangen, schwerwiegend aber noch angemessen (Urteil vom 26.10.2021 - Aktenzeichen 5 O 117/21).

+++ 24. November 2021 +++ LAG Brandenburg: Kein tariflicher Erschwerniszuschlag für das Tragen einer medizinischen Maske
Das Landesarbeitsgericht Brandenburg hat in einem Urteil entschieden, dass Beschäftigte im Reiniungsgewerbe wegen der Pflicht zum Tragens einer medizinischen Maske (OP-Maske) keinen Anspruch auf einen Erschwerniszuschlag gemäß des entsprechenden Rahmentarifvertrags haben. Die Richter argumentierten, der geforderte Erschwerniszuschlag müsse nur in dem Fall vom Arbeitgeber gezahlt werden, dass die Atemschutzmaske Teil der persönlichen Schutzausrüstung des Arbeitnehmers sei. Dies treffe aber auf eine medizinische Maske im Gegenteil zu FFP2- oder FFP3-Masken gerade nicht zu. Die sogenannte OP-Maske habe vor allem den Schutz anderer Personen, nicht dagegen den Eigenschutz des Arbeitnehmers zum Zweck (Urteil vom 17.11.2021, Aktenzeichen 17 Sa 1067/21).

+++ 17. November 2021 +++ VG Hannover: Maskenpflicht im Seniorenheim auch für geimpfte und genesene Beschäftigte
Das Verwaltungsgericht Hannover hat den Eilantrag der Betreiberin eines Alten- und Pflegeheimes abgelehnt, der gegen die Maskenpflicht für geimpfte und genesene Beschäftigte gerichtet war. Der Antragsgegner ordnete im Zuge einer unangemeldeten Kontrolle die Maskenpflicht für alle Beschäftigten an. Die Antragstellerin hielt sich nicht an diese Anordnung, weshalb der Antragsgegner gegen sie ein Zwangsgeld festgesetzt und ihr aufgegeben hat, die Maskenpflicht für alle Beschäftigte im Heim umzusetzen. Die Antragstellerin argumentierte in ihrem Eilantrag, die Anordnung der Maskenpflicht verstoße im Hinblick auf Geimpfte oder Genesene gegen § 17 Abs. 2 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-VO, wonach Geimpfte und Genesene von der Maskenpflicht ausgenommen seien. Die Anordnung der Maskenpflicht greife zudem in unverhältnismäßiger Weise in Art. 2 GG ein. Zudem verstoße die Corona-VO gegen das Gebot der Normenklarheit.
Dem folgte das Verwaltungsgericht nicht. Die niedersächsische Corona-Verordnung sei im Wortlaut eindeutig und ließe auch nach Sinn und Zweck kein anderes Verständnis zu, als eine Maskenpflicht aller Beschäftigten. Auch vollständig Geimpfte könnten sich mit dem Coronavirus infizieren und die Infektion wiederum auf andere übertragen. Auch einen Verstoß der Maskenpflicht gegen Verfassungsrecht konnte das Gericht nicht erkennen. Mit Blick auf den Schutzes der Bewohner des Seniorenpflegeheims nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sei sie vielmehr für alle Beschäftigten geboten (Beschluss vom 15.11.2021 - Aktenzeichen 15 B 5844/21).

+++ 04. November 2021 +++ AG Düsseldorf: Bewährungsstrafe für Todesdrohung durch Maskenverweigerer
Das Amtsgericht Düsseldorf hat einen Mann wegen Bedrohung und Beleidigung zu fünfeinhalb Monaten Haft verurteilt und diese Strafe auf eine vierjährige Bewährungszeit ausgesetzt. Der Täter hatte dem Verkäufer eines Düsseldorfer Erotik-Shops gedroht, ihn totzuschlagen, nachdem dieser ihn auf die Maskenpflicht hinwies und die Polizei rufen wollte. Die Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil sich der Täter bei den Opfern (es wurden noch weitere Straftaten verhandelt) entschuldigt und eine Entzugstherapie begonnen habe.

+++ 25. Oktober 2021 +++ VG Augsburg: Corona-Infektion eines Polizisten ist ein Dienstunfall
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Infektion eines Polizeibeamten mit dem Coronavirus als Dienstunfall beurteilt. Der Kläger, ein Polizist, war mit Kollegen bei einem Sportlehrgang der Bereitschaftspolizei. Nach diesem Lehrgang wurde bei ihm eine Corona-Infektionen festgestellt. Beamte haben bei Dienstunfällen einen Anspruch auf eine spezielle Unfallfürsorge. Allerdings müssen sie dazu im Fall von Corona nachweisen, dass die Infektion im Dienst und nicht privat erfolgt ist. Dieser Nachweis ist schwierig. Das Gericht argumentierte insoweit, dass eine Infektion durch das private Umfeld des Beamten ausgeschlossen werden könne, weil dieser ununterbrochen bei der Schulung gewesen sei. Er habe während des Lehrgangs auch bei der Bereitschaftspolizei übernachtet. Der Kläger bekam deshalb Recht. (VG Augsburg, Aktenzeichen Au 2 K 20.2494)

+++ 20. Oktober 2021 +++ LAG Düsseldorf: Keine Erstattung von Urlaubstagen, wenn ohne ärztliches Attest in Quarantäne
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat geurteilt, dass eine Arbeitnehmerin, die während des Urlaubs wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne musste, keinen Anspruch auf Erstattung der während der Quarantäne verbrauchten Urlaubstage hat, wenn sie kein ärztliches Attest vorgelegt hat. Zwar enthielt das Schreiben des Gesundheitsamtes einen Passus, dass die Klägerin krank im Sinne des § 2 Nr. 4 Infektionsschutzgesetz sei. Jedoch hatte sich die Klägerin keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besorgt. Die Richter argumentierten mit § 9 Bundesurlaubsgesetz. Nach dieser Vorschrift seien durch ein ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub in dem Fall nicht anzurechnen, wenn ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin während des Urlaubs erkrankt ist. Ein ärztliche Attest sei dementsprechend zur Erstattung von Urlaubstagen zwingend erforderlich. Eine analoge Anwendung der Vorschrift mit Blick auf die durch das Gesundheitsamt bescheinigte Erkrankung schloss das Gericht aus, da urlaubsstörende Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers fielen (Urteil vom 15.10.2021, Aktenzeichen 7 Sa 857/21)

+++ 14. Oktober 2021 +++ BAG: Bei corona-bedingter Betriebsschließung kein Lohnanspruch
Das Bundesarbeitsgericht (Erfurt) hat am Mittwoch in einem Urteil entschieden, dass der Lohnanspruch einer Minijobberin entfällt, wenn ihr Arbeitgeber seinen Betrieb corona-bedingt schließen muss und sie deshalb nicht arbeiten kann. Die Klägerin hatte als nicht sozialversicherungspflichtig geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Unter Berufung auf die besondere Situation der Pandemie, zahlte ihr Arbeitgeber ihr keinen weiteren Lohn mehr. Es sei für ihn unangemessen, ihm in einem solchen Fall das Betriebsrisiko und damit das Lohnrisiko im Falle fehlender Beschäftigungsmöglichkeit aufzubürden. Die Klägerin klagte auf Lohnfortzahlung, da sie arbeitsfähig und -willig gewesen sei und das Betriebsrisiko beim Arbeitgeber läge. Vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gewann sie mit dieser Argumentation zunächst. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts gaben dagegen letztinstanzlich dem Arbeitgeber recht. Sie argumentierten, dass der Arbeitgeber dann nicht das Risiko eines Arbeitsausfalls trage, wenn zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen durch behördliche Anordnungen nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen würden. In einem solchen Fall realisiere sich nämlich nicht das in einem bestimmten Betrieb angelegte Betriebsrisiko. Vielmehr sei die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. In einer solchen Situation sei aber nicht der Arbeitgeber einstands- und zahlungspflichtig (Urteil vom 13.10.2021, Aktenzeichen 5 AZR 211/21).

+++ 13. Oktober 2021 +++ LAG Berlin: Kündigung eines Lehrers wegen Weigerung des Maskentragens gerechtfertigt
Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Berlin, hat das Landesarbeitsgericht Berlin die Kündigung eines Lehrers als wirksam bestätigt, der das Tragen einer Maske im Schulbetrieb ablehnte. Der Kläger hatte sich außerdem per Email mit Ausführungen zur allgemeinen Bewertung der Maskenpflicht in der Schule („bin ich der Meinung, dass diese „Pflicht“ eine Nötigung, Kindesmissbrauch, ja sogar vorsätzliche Körperverletzung bedeutet.“) an die Schulelternsprecherin gewandt und darüber hinaus die Eltern aufgefordert, gegen die Schule vorzugehen, wozu er ein vorformuliertes zweiseitiges Schreiben vorbereitet hatte. Das Gericht argumentierte, dass die Kündigung zum einen aufgrund der Äußerungen gegenüber der Schulelternsprecherin gerechtfertigt sei. Ein weiterer Kündigungsgrund bestehe in der beharrlichen Weigerung des Klägers, im Schulbetrieb einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen (Urteil vom 7.10.2021, Aktenzeichen 10 Sa 867/21).

+++ 07. Oktober 2021 +++ BayVGH: Bayerischer Lockdown war rechtswidrig
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat geurteilt, dass der durch die Bayerische Staatsregierung angeordnete Lockdown rechtswidrig war. Im März 2020 klagte ein Bürger gegen die Ausgangssperren. Nun wurde ihm das Urteil zugestellt. Das Gericht befand, die Androhung von empfindlichen Geldstrafen für das Verlassen des Hauses, habe gegen das „Übermaßverbot“ verstoßen. Gemeint ist damit, dass die Maßnahme in ihrer Schärfe in keinem Verhältnis zu durch sie erreichten, positiven Effekten stand. Die Ausgangssperre sei „keine notwendige Maßnahme“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes gewesen. Die Rechtsgrundlage für den Lockdown, § 28 Infektionsschutzgesetz, erklärte das Verwaltungsgericht für nichtig: „Es bestehen bereits Zweifel, ob der historische Gesetzgeber des Bundesseuchengesetzes und daran im Anschluss des Infektionsschutzgesetzes tatsächlich die Generalklausel des Paragrafen 28 auch im Hinblick auf sogenannte Lockdowns oder Shutdowns entwickelt hat, in dem Sinne, dass den Landesregierungen oder den subdelegierten Stellen der Erlass solch umfassender, das gesamte öffentliche Leben eines Landes tiefgreifend umgestaltender Einschränkungen erlaubt werden sollte“. Weiterhin bescheinigten die Richter der Bayerischen Staatsregierung einen sehr bedenklichen Umgang mit den Grundrechten: Es sei unterlassen worden, „bei der Auswahl der Maßnahmen von mehreren gleich geeigneten Mitteln das die Grundrechte der Normadressaten weniger belastende zu wählen“. Und weiter: „Der vom Antragsgegner vertretene gedankliche Schluss, dass die restriktivere Maßnahme im Vergleich immer die besser geeignete Maßnahme ist, ist dabei in dieser Allgemeinheit unzutreffend“. „Sollte in dem Verweilen in der Öffentlichkeit eine Gefahr für die Bildung von Ansammlungen gesehen worden sein, weil sich um den Verweilenden sozusagen als Kristallisationspunkt Ansammlungen von Menschen bilden könnten, so unterstellt diese Sichtweise ein rechtswidriges Verhalten der Bürger und setzt dieses sogar voraus.“ Wegen der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ließ der BayVGH die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu (Urteil vom 04.10.2021, Aktenzeichen 20 N 20.767).


+++ 01. Oktober 2021 +++ VG Frankfurt: Einzelhändlerin darf von sich aus 2G-Regel einführen
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in einem Eilverfahren beschlossen, dass eine Einzelhändlerin von sich aus in ihrer Filiale die 2G-Regelungen einführen und somit nur noch vollständig Geimpften und Genesenen den Zutritt erlauben darf. Laut § 26a Corona-Schutzverordnung (CoronaSchuV) des Landes Hessen dürfen nur die dort genannten Betriebe die 2G-Regel einführen - Verkaufsstätten sind aber nicht genannt. Nach Ansicht der Antragstellerin, bestehe zwischen dem Einzelhandel und den in der Corona-Schutzverordnung genannten Betrieben kein Unterschied. Es obliege ihrer unternehmerischen Freiheit, die 2G-Regel in ihrem Geschäft anzuwenden. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Klägerin in ihrer Rechtsansicht. Es bestünden erhebliche rechtliche Bedenken in Bezug auf den Ausschluss von Verkaufsstätten von der 2G-Regel, da die Ungleichbehandlung des Einzelhandels zu anderen Angeboten und Veranstaltungen nicht hinreichend begründet werde. Es sei nicht erkennbar, worin begründet sei, dass die Corona-Schutzverordnung allein Verkaufsstätten und ähnliche Einrichtungen von der 2G-Regel ausnehme. Deshalb bestünden Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG (Beschluss vom 29.09.2021, Aktenzeichen 5 L 2709/21.F).

+++ 01. Oktober 2021 +++ LG Köln: Kein Schmerzensgeld für Verleumdung als "Corona-Leugner"
Das Landgericht Köln hat die Schadensersatzklage eines Geschäftsinhabers abgewiesen, der 8.000 Euro Schadensersatz von der Stadt Bergisch Gladbach haben wollte. Dem ging eine Klage des Geschäftsinhabers vor dem Verwaltungsgericht gegen eine Allgemeinverfügung zur Schließung der Lokale durch die Stadt voraus, die abgewiesen wurde. Nach Ansicht des Klägers wurde diese verwaltungsgerichtliche Entscheidung von der Beklagten unter voller Nennung seines Namens an die Mitarbeiter anderer Kommunen weitergeleitet. Infolge sei er als "Corona Leugner" verleumdet worden. Als Anspruchsgrundlage für seine Schadensersatzforderung berief sich der Kläger auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO, wonach jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter hat.
Das Gericht konnte allerdings keine Kausalität zwischen der Weitergabe der im Namen des Klägers nicht unkenntlich gemachten verwaltungsgerichtliche Entscheidung und dessen Verleumdung als "Corona-Leugner" erkennen. Die geschilderten Beschimpfungen und Herabsetzungen seien nicht notwendigerweise auf die Weiterleitung des Beschlusses durch die Mitarbeiter der Stadt Bergisch Gladbach zurückzuführen. Der Beschluss sei auch in die Hände von Mitarbeiter anderer Kommunen gelangt, die ihrerseits einer Pflicht zur Verschwiegen unterlägen. Zudem hätten sich auch andere Geschäftsinhaber gegen die Schließung gerichtlich zur Wehr gesetzt. Deshalb könnten auch diese an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gelangt sein (Urteil vom 03.08.2021, Aktenzeichen 5 O 84/21).

+++ 13. September 2021 +++ OVG NRW - PCR-Testpflicht für Diskothekenbesucher rechtmäßig
Entgegen der Ansicht der Betreiberin einer Großraumdiskothek, hält das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Pflicht zur Vorlage eines PCR-Tests für nicht immunisierte Personen, welche die Diskothek besuchen wollen, in einem Eilbeschluss für rechtmäßig. Die Antragstellerin sei nicht offensichtlich in ihren grundgesetzlich geschützten Rechten verletzt. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass in derart geschlossenen Räumlichkeiten besonders infektionsbegünstigende Bedingungen herrschten. Bei lauter Musik sei - unabhängig von Gästezahl und eventuellen Lüftungsmöglichkeiten - zumindest lautes Sprechen unabdingbar. Eine Wahrung des Mindestabstands könne jedenfalls im Bereich der Tanzflächen sowie aufgrund einer alkoholbedingt enthemmten Grundstimmung, nicht sichergestellt werden (Beschluss vom 10.09.2021, Aktenzeichen 13 B 1412/21.NE).

+++ 27. August 2021 +++ VG Düsseldorf - Schüler muss trotz hoher Corona-Inzidenz in die Schule
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Eilantrag eines Düsseldorfer Schülers abgelehnt, der eine Befreiung vom Präsenzunterricht beanspruchen wollte, weil die Inzidenz in Düsseldorf über den Wert von 100 gestiegen ist. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass sich aus der Corona-Betreuungsverordnung kein solcher Befreiungsanspruch herleiten lasse. Auch habe der Kläger nicht belegen können, dass er oder seine Angehörigen durch eine Corona-Infektion besonders gefährdet seien. Mit Blick auf die allgemeinen Infektionslage habe die Durchführung von Präsenzunterricht unter Verweis auf den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag grundsätzlich Vorrang. Die staatliche Verpflichtung zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit sei dadurch nicht verletzt. Der Gesetzgeber hat nach Ansicht des Gerichts für den Schulbereich vielmehr hinreichende Schutzinstrumente zur Verfügung gestellt, etwa durch regelmäßige Tests, Maskenpflicht und Abstandsregeln (Beschluss vom 25.08.2021, Aktenzeichen 7 L 1811/21).

+++ 26. August 2021 +++ ArbG Neumünster - Anrechnung von Urlaubstagen trotz Quarantäne
Das Arbeitsgericht Neumünster hat geurteilt, dass ein Arbeitnehmer, der sich wegen eines Corona-Kontaktes in Quarantäne begeben muss, aber selbst nicht krank ist, keinen Anspruch auf Rückgewährung der in der Quarantäne aufgebrauchten Urlaubstage hat. Im zugrundeliegenden Fall wurde gegenüber dem Arbeitnehmer ausgerechnet in der Zeit seines Erholungsurlaubs eine behördliche Quarantäne angeordnet. Seine Arbeitgeberin zahlte trotzdem einerseits weiterhin den Lohn fort und rechnete andererseits die Tage in Quarantäne als Urlaubstage an. Dagegen klagte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung, dass ihm die für die Quarantäne angerechneten Urlaubstage weiterhin zustünden. Seiner Ansicht nach sei die Regelung in § 9 Bundesurlaubsgesetz, wonach ärztlich attestierte Krankheitstage während des Urlaubs nicht auf diesen angerechnet werden dürfen, in seinem Fall analog anzuwenden. Im Zuge der Quarantäne sei seine Leistungsfähigkeit weggefallen, so dass eine Reglungslücke vorläge und die Vorschrift analog anzuwenden sei. Abgesehen davon sei ihm eine frei und selbst gewählte Urlaubsgestaltung verwehrt geblieben. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht und erkannte für Recht, dass § 9 BUrlG gerade nicht analog auf den Fall einer angeordneten Quarantäne anzuwenden sei. Dem Gesetzgeber sei bei der Schaffung der Vorschrift die Unterscheidung zwischen Krankheit und Quarantäne bewusst gewesen. Mit § 9 BurlG habe er nur eine ganz besondere Situation der Urlaubsstörung herausgreifen wollen und weitere Gründe deshalb nicht explizit geregelt. Es handele sich um eine Ausnahmevorschrift. Eine planwidrige Regelungslücke läge deshalb nicht vor (Urteil vom 03.08.2021, Aktenzeichen 3 Ca 362 b/21).

+++ 20. August 2021 +++ VG Berlin: Geimpfte und Genesene dürfen in geschlossenen Räumen tanzen - Ungeimpfte nicht
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einer Eilentscheidung das generelle Verbot von Tanzveranstaltungen gekippt. Demnach sind Veranstaltungen in geschlossenen Räumen ausschließlich für Geimpfte und von Corona Genesene zulässig. Das Gericht argumentierte, für Ungeimpfte gelte das Verbot dagegen weiterhin, weil ein negativer Test nur eine Momentaufnahme darstelle. Nur Getestete hätten keinen erhöhten Schutz vor Ansteckung und schweren Verläufen und wiesen deshalb potenziell eine höhere Infektiosität auf. Das Tanzverbot verfolge einen legitimen Zweck, nämlich die Virus-Ausbreitung einzudämmen, und sei dafür auch als geeignet und erforderlich anzusehen. Es sei aber hinsichtlich geimpfter und genesener Personen "voraussichtlich als unverhältnismäßig" zu bewerten. Zuvor hatte der Berliner Senat in einem systematischen Feldversuch untersuchen lassen, ob von Club-Veranstaltungen in geschlossenen Räumen ein besonderes Infektionsrisiko ausgeht Das Ergebnis war negativ (Beschluss vom 20.08.2021, Aktenzeichen VG 14 L 467/21).

+++ 11. August 2021 +++ AG Quedlinburg: Krankenhausbesuch trotz Corona-Infektion nicht strafbar
Das Amtsgericht Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) hat eine 72jährige Frau freigesprochen, die trotz einer Corona-Infektion ihre Tochter im Krankenhaus besucht hat. Die Staatsanwaltschaft hatte sie wegen Hausfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Allerdings konnte sie der Angeklagten nicht nachweisen, dass sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Weil das Ergebnis eines zuvor durchgeführten PCR-Tests noch ausstand, ging die Strafrichterin in ihrem Urteil davon aus, dass sich die Angeklagte über eine Infektion "letztlich überhaupt keine Gedanken gemacht hat".
Dem Strafprozess ging folgender Sachverhalt voraus: Schon einige Tage vor dem Krankenhausbesuch hatte die Frau Symptome, von denen sie aber glaubte, dass sie die Folge einer Grippeschutzimpfung seien. Im Krankenhaus erklärte die 72jährige schriftlich, keine Symptome einer Coronavirus-Infektion zu haben. Kurz vor dem Besuch hatte sie sich aber an anderer Stelle testen lassen. Das Testergebnis wartete sie allerdings nicht ab und besuchte ihre Tochter. Nach dem Besuch erhielt sie vom Gesundheitsamt Bescheid, dass sie corona-positiv sei und informierte parallel zum Gesundheitsamt die Klinik, welche daraufhin Anzeige gegen sie erstattet hat (Urteil vom 10.08.2021, Aktenzeichen 2 DS 812/Js 84948/20).

+++ 10. August 2021 +++ ArbG Aachen: Entgeltfortzahlung auch für erkrankte Arbeitnehmer in Quarantäne
Das Arbeitsgericht Aachen hat festgestellt, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers nicht allein deshalb entfällt, weil ihm gegenüber eine Quarantäne angeordnet wurde.
Im zugrundeliegenden Fall ging der Kläger, ein Arbeitnehmer, wegen Kopf- und Magenschmerzen zum Arzt. Dieser attestierte die Arbeitsunfähigkeit, machte einen Corona-Test und meldete dies dem Gesundheitsamt, welches einige Tage später Quarantäne anordnete. Der Corona-Test fiel allerdings negativ aus. Nachdem die Arbeitgeberin, die Beklagte, von der Quarantäneanordnung erfuhr, zog sie die zunächst geleistete Entgeltfortzahlung von der folgenden Lohnabrechnung wieder ab und brachte stattdessen eine der Höhe nach geringere Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz zur Auszahlung. Ihrer Ansicht nach würden bei einem Zusammentreffen von Quarantäne und Erkrankung Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz Entgeltfortzahlungsansprüche verdrängen.
Das Arbeitsgericht Aachen argumentierte in seiner Entscheidung dagegen, dass die angeordnete Quarantäne den Entgeltfortzahlungsanspruch des arbeitsunfähig erkrankten Klägers nicht ausschließt. Zutreffend sie zwar, dass für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung die Arbeitsunfähigkeit die einzige Ursache für den Wegfall des Lohn- bzw. Gehaltsanspruches sei. Da der Arzt die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Kopf- und Magenschmerzen attestiert habe, liege diese Voraussetzung allerdings auch vor. Dagegen sei der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz gerade nicht für arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer, sondern nur für Ausscheider, Ansteckungs- und Krankheitsverdächtige gedacht. Nur in den Fällen, in denen der Verdienst gerade aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Maßnahme entfalle, müsse auf die subsidiäre Regelung des Infektionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden (Urteil v. 30.03.2021 - Aktenzeichen: 1 Ca 3196/20).

+++ 04. August 2021 +++ OVG Niedersachsen setzt Schließung von Diskotheken, Clubs und Shisha-Bars außer Vollzug
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat dem Eilantrag der Betreiberin einer Shisha-Bar stattgegeben und die Schließung von Diskotheken, Clubs und Shisha-Bars ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 10 außer Vollzug gesetzt. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Schließung der Einrichtungen nicht um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes handele. Unterhalb einer Inzidenz von 35 kämen bei der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Staffelung lediglich allgemeine Regelungen, wie Test- und Maskenpflicht sowie die Kontaktdatenerhebung, äußerstenfalls Zugangsbeschränkungen in Betracht. Generelle Betriebsschließungen einzelner Branchen seien damit nicht zulässig.
Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass im Hinblick auf das Fortschreiten der Immunisierung der Bevölkerung und der damit verbundenen weitgehenden Beschränkung des Infektionsgeschehens auf weniger vulnerable (jüngere) Gruppen eine Anpassung der Schwellenwerte an die geänderte Sachlage erforderlich sei. Auf Grundlage der derzeit geltenden Schwellenwerte könnten schwerwiegende Grundrechtseingriffe nur noch für einen kurzen Übergangszeitraum gerechtfertigt werden (Aktenzeichen 13 MN 352/21).

+++ 26. Juli 2021 +++ BayVGH setzt Schließung der Innenräume von Schankwirtschaften vorläufig außer Vollzug
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Schließung von Innenräumen reiner Schankwirtschaften (Bars und Kneipen) auf den Eilantrag einer Wirtin hin vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Antragstellerin machte eine Ungleichbehandlung mit Speisewirtschaften geltend. Die Richter argumentierten, dass anstelle der ausnahmslosen Schließung mildere Mittel in Betracht kämen, wie etwa Hygienekonzepte, ein Verbot des Ausschanks von Alkohol ab einer bestimmten Uhrzeit oder Sperrzeitregelungen. Bei Pandemiebeginn hätten für den Bereich der Innengastronomie zwischen Speise- und Schankwirtschaften rechtlich erhebliche Unterschiede im typischen Betriebsablauf bestanden. Inzwischen hätte sich das "gesellige Zusammensein" in Speisewirtschaften bei gesteigertem Alkoholkonsum den Verhältnissen in den Schankwirtschaften allerdings angepasst, so dass es keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung mehr gäbe. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Corona-Maßnahmen zuletzt eher in Richtung Lockerungen tendierten. Die Innenräume reiner Schankwirtschaften seien nun bereits sehr lange geschlossen, sodass letztlich mit dem Pauschalverbot ein sehr schwerwiegender Eingriff in die Berufsfreiheit vorliege (Beschluss vom 23. 07.2021, Aktenzeichen 25 NE 21.1832).

+++ 26. Juli 2021 +++ VG Hannover - kein Anspruch auf Luftfilter in Schulen
Das Verwaltungsgericht Hannover hat Eilanträge von Eltern und deren schulpflichtigen Kindern abgewiesen, mit denen diese die Schulträger zum Einbau von Raumluftfiltern verpflichten lassen wollten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Anträge nicht ausreichend bestimmt gewesen seien, da nicht zu erkennen sein, welche konkreten Räume die Kinder nutzten. Zudem habe sich der den Behörden zustehende Ermessensspielraum hinsichtlich des Einbaus der Luftfilter "noch nicht in einer Weise verengt, die eine einstweilige Anordnung durch das Verwaltungsgericht gebieten würde" (Beschluss vom 22.07.2021, Aktenzeichen 6 B 4041/21).

+++ 23. Juli 2021 +++ ArbG Bonn: Trotz Corona-Quarantäne gibt es keine Urlaubstage zurück
Das Arbeitsgericht Bonn hat geurteilt, dass Arbeitgeber nicht ohne Weiteres die Urlaubstage zurückgewähren müssen, die Arbeitnehmer in Quarantäne verbringen, weil sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Der Entscheidung lag der Fall einer Arbeitnehmerin zugrunde, die während ihres Erholungsurlaubes eine behördliche Anordnung auf Quarantäne erhielt. Sie verlangte deshalb von ihrem Arbeitgeber, dass er ihr die Tage, an denen sie Urlaub hatte und in Quarantäne war, zurückgewährt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konnte sie allerdings nicht vorlegen. Das Gericht argumentierte, die Voraussetzungen für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit lägen wegen des mangelnden ärztlichen Attests nicht vor. Die behördliche Anordnung der Quarantäne könne nicht mit einem ärztlichen Attest zur Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt werden. Allein der behandelnden Arzt beurteil das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit. Dagegen führe eine Erkrankung mit dem Coronavirus nicht zwingend zu einer Arbeitsunfähigkeit (Urteil vom 07.07.2021, Aktenzeichen 2 Ca 504/21).

+++ 12. Juli 2021 +++ OLG Nürnberg: Umgangsrecht nicht von negativem Test oder Impfung abhängig
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem Beschluss entschieden, dass das Umgangsrecht eines Elternteils nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass dieser negativ auf Corona getestet oder geimpft ist. Im zugrundliegenden Fall lebten die Kinder nach der Trennung beim Vater. Die Elternteile hatten sich auf einen dreistündigen, begleiteten Umgang pro Monat verständigt. Seit Beginn der Pandemie verlangte der Vater zunächst von der Mutter, dass diese sich vor jedem Treffen mit ihren Kindern auf Corona testen lassen solle. Nachdem die Mutter sich freiwillig dazu bereit erklärt hatte, verlangte er zusätzlich, dass sie zudem auch geimpft sein müsse. Dieses Ansinnen beschieden die Richter des OLG Nürnberg negativ. Wenn schon keine gesetzliche Impfpflicht bestehe, könne eine solche auch nicht Voraussetzung für die Ausübung des Umgangsrechts sein, denn dies liefe faktisch auf den Ausschluss des Umgangs hinaus. Auch ein Corona-Test könne nur dann verlangt werden, wenn typische Covid-19-Symptome vorlägen oder Kontakt mit einer erkrankten Person bestanden habe. Generell reichten die allgemeinen, einer Pandemie innewohnenden Ansteckungsgefahren nicht aus, um den Umgang mit den Kindern zu verhindern - das Kindeswohl sei höher zu bewerten (Beschluss vom 14.4.2021, Aktenzeichen 10 UF 72/21).

+++ 12. Juli 2021 +++ VG Köln: Quarantäne trotz negativer Testung auch in den Sommerferien
Das Verwaltungsgericht Köln hat mehrere Eilanträge abgelehnt, die sich gegen eine Anordnung des Gesundheitsamtes wendeten, nach der alle Mitschüler eines Grundschülers in eine vierzehntägige Quarantäne mussten, weil dieser positiv auf die Delta-Variante des Coronavirus getestet worden war. Eine Nachtestung ergab allerdings, dass alle Grundschüler negativ waren. Das Verwaltungsgericht entschied trotz dieser negativen Testung, dass die Quarantäne einzuhalten sei, da die Freitestung keinen gleichwertigen Schutz biete. Es bestehe ein besonderes Interesse daran, Infektionsketten aufzudecken und zu unterbrechen. Die Kontaktsituation der Kinder sei weitgehend ungeklärt geblieben. Vor diesem Hintergrund sei es zulässig gewesen, alle Schüler der Klasse als gefährdete, sogenannte enge Kontaktpersonen, einzustufen (Beschluss vom 08.07.2021, Aktenzeichen 7 L 1216/21 u.a.).

+++ 07. Juli 2021 +++ VG Karlsruhe: Kein Anspruch des Arbeitgebers auf Entschädigung wegen einsatzbedingter Quarantäne eines Arbeitnehmers
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat geurteilt, dass ein Unternehmen keinen Anspruch auf Entschädigung vom Staat für das während einer Quarantäne einem Arbeitnehmer gezahlte Arbeitsentgelt hat, der nach Einsatz in einem Corona-Risikogebiet (Österreich) vierzehn Tage in Absonderung musste. Das Gericht argumentierte, dass dem Servicemonteur kein Verdienstausfall entstanden sei, dessen Ausgleich durch das Unternehmen nach dem Infektionsschutzgesetz erstattungsfähig gewesen wäre. Vielmehr habe er eine Lohnfortzahlung erhalten, zu der das Unternehmen auch arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen sei. Hinzu komme, dass der Arbeitsausfall aufgrund der unternehmerischen Entscheidung eingetreten ist, einen Auftrag in einem Corona-Risikogebiet anzunehmen und durch den in Baden-Württemberg beschäftigten Servicemonteur durchführen zu lassen, obwohl dessen anschließende Absonderung vorhersehbar war. Der Arbeitsausfall falle daher in die Risikosphäre des Unternehmens und sei jedenfalls nicht von dem Servicemonteur, dem eine Weisung zur Vornahme der Dienstreise nach Österreich erteilt worden ist, verschuldet worden. Aber auch unabhängig von der erhaltenen Lohnfortzahlung habe der Servicemonteur keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, deren Übernahme durch das Unternehmen erstattungsfähig sein könnte. Grund: Die Dienstreise nach Österreich war im Sinne der maßgeblichen Regelung des Infektionsschutzgesetzes vermeidbar, da es sich bei dem zu behebenden Maschinenschaden nicht um ein höchstpersönliches oder vergleichbares außergewöhnliches Ereignis handelte. Eine Unvermeidbarkeit liege nicht vor, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Reise in ein Corona-Risikogebiet aufgrund unternehmerischer oder finanzieller Interessen des Arbeitgebers unternommen worden sei (Urteil vom 30.6.2021, Aktenzeichen 9 K 67/21).

+++ 07. Juli 2021 +++ BVerwG: Familiengerichte zuständig zur Überprüfung der Gefährdung des Kindeswohls durch Corona-Maßnahmen
Das Bundesverwaltungsgericht hat beschlossen, dass für die Entscheidung über eine an ein Amtsgericht gerichtete Anregung, die auf gerichtliche Anordnungen gegen eine Schule gem. § 1666 Abs. 1 und 4 BGB wegen Corona-Schutzmaßnahmen zielt, die Amtsgerichte (dort: Familiengerichte) zuständig sind. Die Verweisung eines solchen Verfahrens an ein Verwaltungsgericht sei ausnahmsweise wegen eines groben Verfahrensverstoßes nicht bindend.
Im zugrundeliegenden Fall hatten die Eltern eines minderjähriger Schülers beim Amtsgericht die Einleitung eines Verfahrens gem. § 1666 Abs. 1 und 4 BGB wegen Gefährdung des Kindeswohls angeregt, welche sich u.a. aufgrund schulinterner Anordnungen zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes sowie zur Einhaltung von Mindestabständen zu anderen Personen ergebe. Das AG erklärte sich allerdings für nicht zuständig und verwies den Rechtsstreit an das seiner Ansicht nach zuständige Verwaltungsgericht. Dieses erklärte sich seinerseits für unzuständig und rief das BVerwG zur Bestimmung der Zuständigkeit an.
Die Richter am Bundesverwaltungsgericht argumentierten, dass eine Verweisung an das Verwaltungsgericht zwar grundsätzlich bindend für dieses sei. Allerdings gelte dies nicht, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung nicht mehr nachvollziehbar erscheine und offensichtlich unhaltbar sei. Eine solche Situation läge hier vor, da die Eltern sich in ihrer Anregung an das Familiengericht ausdrücklich darauf beschränkt hätten, ein familiengerichtliches Tätigwerden gegen die Schule auf der Grundlage des § 1666 Abs. 1 und 4 BGB anzustoßen. Unterlassungsansprüche gegen die Schule, über die die Verwaltungsgerichte zu entscheiden hätten, hätten sie dagegen nicht geltend gemacht. Das Familiengericht hätte keine Verweisung aussprechen, sondern - da familiengerichtliche Anordnungen gegenüber Behörden rechtlich ausgeschlossen sind - entweder auf die Eröffnung eines Verfahrens verzichten oder ein bereits eröffnetes Verfahren einstellen müssen. Die trotzdem ausgesprochene Verweisung führe zu Brüchen mit den Prozessgrundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese kenne keine von Amts wegen einzuleitenden Verfahren, sondern überlasse es dem Kläger bzw. Antragsteller, ob und mit welcher Zielrichtung er ein Verfahren einleiten will. Erwiese sich die Verweisung für das Verwaltungsgericht aber als bindend, fänden sich die Kinder, für die lediglich bestimmte Maßnahmen angeregt wurden, nunmehr in der Rolle von Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens wieder. Das entspräche weder ihrem Willen noch ihrer vormaligen Stellung vor dem Amtsgericht. Deshalb erweise sich die Verweisung mit den Prinzipien der VwGO als schlechterdings unvereinbar und löse für das Verwaltungsgericht keine Bindungswirkung aus (Beschluss vom 16.6.2021, Aktenzeichen 6 AV 1.21 u.a.).

+++ 07. Juli 2021 +++ OVG Hamburg: Beschwerde gegen Corona-Testpflicht an Schulen erfolgreich
Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburgs bestätigt, wonach ein Widerspruch gegen den Musterhygieneplan der Schulbehörde aufschiebende Wirkung hat. Laut diesem Hygieneplan müssen sich Hamburger Schüler unter Aufsicht zumindest zweimal je Woche in der Schule selbst testen, wollen sie am Präsenzunterricht teilnehmen. Die Eltern eines Grundschülers vertraten dagegen die Ansicht, dass ihr Kind sich auch zu Hause testen könne und wandten sich per Eilantrag an das Verwaltungsgericht - mit Erfolg (Aktenzeichen 2 E 1710/21). Gegen diese Entscheidung legte die Schulbehörde Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein, welche durch das Gericht abgewiesen wurde (Beschluss vom 21.06.2021, Aktenzeichen 1 B 114/21). In der Konsequenz können sich die Hamburger Schüler nach den Sommerferien auch zu Hause testen, wenn sie gegen die Anordnung der Testpflicht unter Aufsicht in der Schule Widerspruch einlegen.

+++ 02. Juli 2021 +++ LG Frankfurt: Reiseanbieter muss Reisepreis bei Stornierung unverzüglich erstatten
Das Landgericht Frankfurt hat in einem Urteil entschieden, dass Reisende auch dann eine Pauschalreise kostenfrei stornieren können, wenn sie zunächst vorsorglich aus Angst vor Corona-Beeinträchtigungen storniert und sich diese Beeinträchtigungen dann im Nachhinein bestätigt hätten. Die Reisewilligen seien zudem nicht verpflichtet, eine unerwünschte Umbuchung der Reise auf einen anderen Reisezeitraum anzunehmen. Der Reisepreis sei nach Aufforderung zur Rückerstattung innerhalb von 14 Tagen zu erstatten (Urteil vom 04.05.2021 - Aktenzeichen 3-06 O 40/20).

+++ 01. Juli 2021 +++ AG Köln: Fristlose Kündigung trotz "Rotzlappenbefreiung" rechtens
Das Amtsgericht Köln hat eine Kündigungsschutzklage abgewiesen, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung seines Arbeitgeber wegen Verweigerung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes feststellen lassen wollte. Der Kläger war Servicetechniker im Außendienst und nicht gewillt, während der Arbeit bei den Kunden eine Maske zu tragen. Der ausdrücklichen Anordnung seines Arbeitgebers, die für alle Servicetechniker mit Kundenkontakt galt, folgte er nicht. Einen Termin im Dezember 2020 bei einem Kunden, der ausdrücklich auf das Tragen einer Maske bestand, verweigerte er. Ein halbes Jahr später legte der Kläger dann unter dem Betreff "Rotzlappenbefreiung" ein auf Blankopapier ausgestelltes ärztliches Attest vor. Dessen Inhalt besagte, dass es dem Techniker "aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen". Der Arbeitgeber erkannte das Attest nicht an, da er keine "konkreten nachvollziehbaren Angaben" sah. Er forderte den Kläger erneut auf, seiner Anordnung zum Tragen einer Maske nachzukommen und erklärte zudem, dass es dem Kläger einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz bezahlen werde. Trotzdem verweigerte der Kläger den Arbeitsauftrag auch weiterhin. Es folgte eine Abmahnung, die den Kläger auch nicht umstimmen konnte und schließlich die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. Das Gericht begründete die Abweisung der Klage damit, dass der Kläger wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe, indem er sich beharrlich weigerte, eine Maske zu tragen. Das vom Kläger vorgelegte Attest führe zu keinem anderen Ergebnis, da es ihm an der konkreten Diagnose eines Krankheitsbildes mangelte. Darüberhinaus zweifelte das Gericht an der Ernsthaftigkeit der medizinischen Einschränkungen des Klägers, da dieser die Maske als "Rotzlappen" bezeichnet habe und zudem auch das Angebot hinsichtlich einer betriebsärztlichen Untersuchung ausgeschlagen habe (Urteil vom 17.06.2021, Aktenzeichen 12 Ca 450/21).

+++ 01. Juli 2021 +++ AG Frankfurt am Main: Mann muss Anwaltskosten trotz Freispruchs zahlen
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Mann seine Anwaltskosten trotz Freispruchs in einem Bußgeldverfahren zahlen muss. Der Angeklagte war ohne Mund-Nasen-Schutz im Stadtgebiet unterwegs und wurde daraufhin von der Polizei angesprochen. Zwar war er im Besitz eines gültigen Attests, dieses hatte er aber nicht dabei und konnte es deshalb auch nicht vorzeigen. Infolge erging ein Bußgeldbescheid, den er nicht bezahlte. Es kam zur Anklage vor dem Strafgericht. Das Gericht begründete seine Kostenentscheidung wie folgt: Der Angeklagte haben mit seinem Verhalten wesentliche entlastende Umstände gegenüber den Polizeibeamten verschwiegen. Es sei ihm zumutbar gewesen, das Attest vorzulegen. Dies umso mehr, weil er im Gespräch mit den Polizisten selbst auf seine Erkrankung hingewiesen und sich damit zu der Beschuldigung bereits geäußert hatte. Unter dieser Voraussetzung hätte er auch das Attest erwähnen und vorzeigen können. Das Mitführen eines Asthma-Sprays allein belege ohne zusätzlichen Befund keine Atemwegserkrankung. Vor dem Hintergrund dieser Argumentation hat das Amtsgericht eine Ermessensentscheidung dahingehend getroffen, dass der Angeklagte trotz Freispruchs seine Anwaltskosten selbst tragen müsse (Urteil vom 23.04.2021, Aktenzeichen 940 OWi 858 Js 12014/21).

+++ 01. Juli 2021 +++ OLG Karlsruhe: Versicherung muss für corona-bedingte Betriebsschließung zahlen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat geurteilt, dass die Betriebsschließungsversicherung eines Hotelbetreibers diesem 60.000 Euro wegen der corona-bedingten Schließung seines Hotelbetriebs zahlen muss. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Versicherung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zwar mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz Bezug genommen habe. Jedoch habe die Versicherung nicht hinreichend klar und verständlich abgegrenzt, welche Krankheiten nun versichert seien und welche nicht. Diese Unklarheit ginge zu Lasten der Versicherung. Der Versicherungsschutz beschränke sich deshalb nicht nur auf behördliche Einzelfallanordnungen für Infektionen im Betrieb, sondern beziehe sich auch auf die durch Verordnung der Landesregierung angeordneten Schließungen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zu (Urteil vom 30. Juni 2021, Aktenzeichen 12 U 4/21 und 12 U 11/21).

+++ 24. Juni 2021 +++ OLG Köln: Hälftige Kostenteilung bei coronabedingter Stornierung von Hotelzimmern angemessen
Das Oberlandesgericht Köln hat geurteilt, dass eine hälftige Teilung der Buchungskosten zwischen Kunde und Hotel gerechtfertigt ist, wenn vor Ausbruch der Corona-Pandemie gebuchte Hotelzimmer wegen eines Beherbergungsverbots storniert werden mussten. Die Beklagte, eine Hotelkette, wollte der Klägerin nur 10 Prozent der Kosten erstatten. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass der Klägerin im Zuge der pandemiebedingte Absage einer Messe ein unverändertes Festhalten am Beherbergungsvertrag unzumutbar geworden sei. Bei Abschluss des Beherbergungsvertrages hätten beide Vertragsparteien nicht die Vorstellung gehabt, dass es zu einer Pandemie unter anderem mit Beherbergungsverboten kommen werde. Die erst nachträglich eingetretenen Beschränkungen würden deshalb eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragsabwicklung vorgestellten Umstände bedeuten, was zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führe. Unter Abwägung aller Umstände erscheine deshalb eine hälftige Teilung des Risikos und mithin eine hälftige Teilung der Buchungskosten sachgerecht (Urteil vom 14.5.2021, Aktenzeichen 1 U 9/21).

+++ 21. Juni 2021 +++ VG Düsseldorf: 14tägige Quarantäne auch für geimpfte Reiserückkehrer aus Brasilien
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Eilantrag eines aus Brasilien zurückgekehrten Ehepaars aus Neuss abgelehnt, mit dem es die Feststellung begehrte, dass es sich nach seiner Rückkehr aus Brasilien nicht in Quarantäne begeben müsse. Laut der Corona-Verordnung der Bundesregierung müssen sich Reiserückkehrer aus einem Virusvariantengebiet nach ihrer Rückkehr nach Deutschland vierzehn Tage absondern, auch wenn sie vollständig geimpft sind. Das Gericht argumentierte, die Pflicht zur Quarantäne für einen Zeitraum von 14 Tagen sei nicht unverhältnismäßig und verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Es bestehe ein hohes öffentliches Interesse daran, die weitere Eintragung und Verbreitung dieser Virusvarianten in Deutschland zu verhindern. Im Zuge der anzustellenden Folgenabwägung müssten die von den Reiserückkehrern hinzunehmenden Einschränkungen hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten (Beschluss vom 16.06.2021, Aktenzeichen 29 L 1267/21)

+++ 17. Juni 2021 +++ VG Düsseldorf: Suspendierung einer Grundschulleiterin, die Corona-Schutzmaßnahmen in ihrer Schule nicht umsetzt, rechtens
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Eilantrag der Leiterin einer Grundschule abgelehnt, die damit begehrte, das gegenüber ihr ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wegen Nichteinhaltung verschiedener Bestimmungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie außer Vollzug zu setzen. Die Schulleiterin hatte wiederholt gegen ihre Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske im Gebäude und auf dem Gelände der von ihr geleiteten Grundschule verstoßen. Das Gericht argumentierte, dass gegen die in der Corona-Betreuungsverordnung enthaltene Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Atteste, wonach sie aus medizinischen Gründen keine Maske tragen könne, seien unzureichend, weil sich aus ihnen nicht nachvollziehbar ergebe, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf Grund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule alsbald zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Darüber hinaus habe sich die Antragstellerin eigenmächtig über die ebenfalls aus der Corona-Betreuungsverordnung folgende Verpflichtung hinweggesetzt, wöchentlich Corona-Selbsttests bei allen in Präsenz an ihrer Schule tätigen Personen durchzuführen. Zudem hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Antragstellerin weitere Schutzvorkehrungen wie das Lüften der Klassenzimmer sowie Maskentragen und Einhaltung von Abständen bei Dienstbesprechungen nicht beachtet habe. Durch dieses auch gegen ausdrückliche Weisungen verstoßende Verhalten habe die Antragstellerin das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit, insbesondere der Schüler und ihrer Eltern, schwer erschüttert. Da sie uneinsichtig und eine Änderung ihres Verhaltens nicht zu erwarten sei, sei es zur Erhaltung des Vertrauens in die Lehrerschaft sowie zum Schutz der Kollegen und Schüler vor Gesundheitsgefährdungen aus zwingenden dienstlichen Gründen gerechtfertigt und sogar geboten, ihr die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten (Beschluss vom 14.6.2021, Aktenzeichen 2 L 1053/21).

+++ 14. Juni 2021 +++ AG Oldenburg: Rückforderung von Corona-Bonus durch Arbeitgeber rechtswidrig
Das Arbeitsgericht Oldenburg hat geurteilt, dass ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitenden freiwillig einen Corona-Bonus gezahlt hat, diesen nicht zurückfordern kann. Dies gilt auch dann, wenn ein Mitarbeiter kündigt und für diese Situation sogar extra eine Rückzahlungsklausel vereinbart worden ist. Das Gericht argumentierte einerseits, dass Rückzahlungsklauseln entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung unangemessen seien, wenn sie eine Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen über das folgende Quartal hinaus vorsähen. Schon aus diesem Grund sei die Rückzahlungsklausel im Vertrag des Erziehers, die sogar auf 12 Monate ausgelegt war, unzulässig. Andererseits stellte das Gericht fest, dass mit dem Corona-Bonus offensichtlich bereits erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden sollten, wofür der Corona-Bonus, der zum Ausgleich der durch Corona bedingte Mehrbelastung angedacht war, aber gerade nicht gedacht gewesen sei. Auch dies führe zur Unzulässigkeit der Rückforderung (Urteil vom 15.05.2021, Aktenzeichen 6 Ca 141/21).

+++ 08. Juni 2021 +++ VG Münster erklärt sich in Schul-Maskenstreit für unzuständig
Nachdem sich das Familiengericht Weimar und das Familiengericht Weilheim i.O. wegen Kindeswohlgefährdung durch das Maskentragen an Schulen für zuständig erklärt hatten, gab es in der Zuständigkeitsfrage harsche Kritik seitens der Verwaltungsgerichte und eine gespaltene Rechtsprechung der zuständigen Oberlandesgerichte.
Nun hat das Verwaltungsgericht Münster den (Zuständigkeits-)Spieß umgedreht und sich für unzuständig erklärt, nachdem ein Familiengericht sich seinerseits für unzuständig erklärt und ein Verfahren zur Prüfung wegen Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB) an das Verwaltungsgericht verwiesen hatte. Die Richter des Verwaltungsgerichts vertreten die Ansicht, die Familiengerichte dürften in diesen von Amts wegen einzuleitenden Verfahren zur Prüfung der Kindeswohlgefährdung nicht an andere Gerichte verweisen, sondern müssten die Verfahren ggf. einstellen. Zur Klärung der Zuständigkeitsfrage haben die Verwaltungsrichter nun das Bundesverwaltungsgericht angerufen.

+++ 27. Mai 2021 +++ OLG Oldenburg verneint Körperverletzung durch Corona-Schnelltest
Nachdem in einer 4. Klasse ein Corona-Fall aufgetreten war, wurden die übrigen Schüler durch einen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes mittels eines Schnelltests auf eine Infektion getestet. Daraufhin zeigte die Mutter eines der getesteten Kinder den Mitarbeiter wegen Körperverletzung im Amt an, da ihr Kind hierdurch psychisch traumatisiert worden sei, was die Mutter durch ein ärztliches Attest untermauerte. Das OLG hielt den Strafantrag sowohl aus formellen, als auch aus materiellen Gründen für unbegründet. Die Durchführung eines Corona-Schnelltests sei verhältnismäßig und hierin sei keine Körperverletzung zu sehen. Der Beweiswert des ärztlichen Attestes sei "denkbar gering". Vielmehr liege der Verdacht nahe, dass die betreffende Ärztin ein unrichtiges Gesundheitszeugnis, strafbar gemäß § 278 StGB, ausgestellt habe (Beschluss vom 10.05.2021, Aktenzeichen 1 Ws 141/21).

+++ 19. Mai 2021 +++ OVG Niedersachsen setzt Urlaubsverbot für Nichtniedersachsen außer Kraft
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat das in der niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Beherbergungsverbot für Urlauber aus anderen Bundesländern in einem Eilbeschluss außer Kraft gesetzt. Infolge können nun auch Urlauber ohne Wohnsitz in Niedersachsen dort Urlaub inklusive Übernachtung machen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das bloße Verbot der Beherbergung auswärtiger Besucher nur wenig zur Eindämmung der Corona-Infektionslage beitrage. Zum einen hätten auch zuvor schon Tagestouristen aus anderen Bundesländern nach Niedersachsen kommen können. Zum anderen stellten die Kapazitätsbegrenzung für Hotels und andere Unterkünfte sowie umfangreiche Testpflichten für Gäste ein milderes, aber ähnlich effektives Mittel zur Begrenzung neuer Infektionen dar (Verhältnismäßigkeit!). Zudem stelle das Beherbergungsverbot von Urlaubern aus anderen Bundesländern eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, da einerseits Gäste aus niedersächsischen Regionen mit einer hohen Inzidenz zu einem Urlaub anreisen dürften ("Landeskinderregelung"), Urlaubswillige aus Bundesländern mit geringerer Inzidenz dagegen nicht. Die Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, sodass das Beherberungsverbot in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten ist (Beschluss vom 18.5.2021, Aktenzeichen 13 MN 260/21).

+++ 14. Mai 2021 +++ VG Hamburg: Corona-Test in Schule für Teilnahme am Präsenzunterricht nicht erforderlich
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat dem Eilantrag eines Schülers stattgegeben, der darauf gerichtet war festzustellen, dass er auch ohne in der Schule gemachten Coronatest am Präsenzunterricht teilnehmen darf. Der Schüler hatte sich zu Hause testen lassen und der Schule nur das Ergebnis mitteilen wollen. Laut der aktuellen Hamburger Corona-Verordnung müssen sich Schüler in Hamburg aber mindestens zweimal pro Woche unter Aufsicht an der Schule testen lassen, wenn sie am Präsenzunterricht teilnehmen wollen. Einzige vom Verordnungsgeber zugelassene Alternative ist ein PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Dies sah das Gericht mit der Begründung als rechtswidrig an, dass die Testpflicht an der Schule den Datenschutz verletze, zumindest wenn ein Test positiv ausfalle und das Ergebnis an das Gesundheitsamt weitergeleitet werden müsse. Den Verweis der Schulbehörde auf das Homeschooling bei Nichttestung lehnte das Gericht ab, da dies einen Nachteil für den Schüler bedeute und dieser sich darum nicht freiwillig hinsichtlich des schulischen Coronatests entscheiden könne. Allerdings sah das Gericht auch den heimischen Selbsttest nicht als ausreichend an, sondern forderte als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht ein negatives Ergebnis aus einem anerkannten Schnelltestzentrum, das maximal 24 Stunden alt sei (Beschluss vom 29.4.2021, Aktenzeichen Az. 2 E 1710/21).

+++ 11. Mai 2021 +++ VG Hamburg: landesrechtliche, nächtliche Ausgangsbeschränkung rechtswidrig
Das Hamburger Verwaltungsgericht hat einem Eilantrag gegen die landesrechtliche, nächtliche Ausgangssperre im Eilverfahren stattgegeben. Das Gericht konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung mangels hinreichender Gefährdungsprognose nicht erkennen, dass die besonderen Voraussetzungen des § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IfSG erfüllt sind. Zudem stelle die Regelung des § 3a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO mangels Kriterien für die Beendigung der Ausgangsbeschränkung, wie etwa die Benennung einer Untergrenze bezüglich des 7-Tage-Inzidenz-Wertes, einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dar (Beschluss vom 4.5.2021, Aktenzeichen 13 E 1718/21).

+++ 11. Mai 2021 +++ AG Weimar: Freispruch von Bußgeld wegen Verstoßes gegen Kontaktverbot im Lockdown 2020
Das Amtsgericht Weimar hat einen Betroffenen freigesprochen, gegen den wegen Verstoßes gegen den Lockdown im Frühjahr 2020 ein Bußgeld verhängt wurde. Der Mann hatte sich am 4. April 2020 mit seiner Lebensgefährtin, seinem Sohn und seinem Stiefsohn in einem Garten getroffen, was nach der damals geltenden Corona-Verordnung verboten war, da alle vier Personen in vier verschiedenen Haushalten wohnten. Das Gericht begründete den Freispruch damit, dass es keinen Bußgeldtatbestand zur Ahndung eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO gegeben habe. Zudem sei § 3 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO verfassungswidrig, weil die Verordnung nicht von einem ordnungsgemäß ermächtigten Verordnungsgeber erlassen worden sei (Urteil vom 15.3.2021, Aktenzeichen 6 OWi 583 Js 200030/21).

+++ 06. Mai 2021 +++ VG Münster: Lehrer müssen Selbsttests durch Schüler beaufsichtigen
Das Verwaltungsgericht Münster hat den Eilantrag einer Lehrerin abgewiesen, mit dem diese festgestellen lassen wollte, dass sie nicht zur Beaufsichtigung von Schülern verpflichtet ist, die einen Selbsttest machen. Die Antragstellerin argumentierte, sie sei nicht zu einer Tätigkeit verpflichtet, die außerhalb ihrer Ausbildung, ihres Berufsbildes und ihrer Qualifikation liege. Die Beaufsichtigung der Schüler bei Schnelltests sei Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege. Auch sei sie nicht geimpft und im Zuge der Aufsicht deshalb einer ihr nicht zumutbaren Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Dem folgte das Gericht nicht. Die Anweisung zur Beaufsichtigung der Schüler verletze die Lehrerin nicht in ihren Rechten. Aus dem beamtenrechtlichen Anspruch auf Fürsorge durch den Dienstherrn ergebe sich kein Anspruch darauf, an der Schule eine Nullrisiko-Situation anzutreffen. Ein allumfassender Gesundheitsschutz während einer pandemischen Lage könne nicht sichergestellt werden (Beschluss vom 6.5.2021, Aktenzeichen 5 L 276/21).

+++ 06. Mai 2021 +++ BVerfG lehnt Eilanträge gegen bundesrechtliche nächtliche Ausgangsbeschränkungen ab
Das Bundesverfassungsgericht hat die Eilanträge verschiedener Antragsteller gegen die bundesrechtliche nächtliche Ausgangsbeschränkung ("Corona-Notbremse") abgelehnt. Die Richter begründeten ihren Beschluss damit, dass die Ausgangsbeschränkungen mit Blick auf die Folgen bei Außervollzugsetzung nach summarischer Prüfung verhältnismäßig und nicht offensichtlich verfassungswidrig seien. Die Karlsruher Richter wiesen aber darauf hin, dass die Prüfung, ob die Ausgangsbeschränkung grundgesetzkonform ist, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sei (Beschluss vom 5.5.2021, Aktenzeichen 1 BvR 781/21, 1 BvR 889/21, 1 BvR 854/21, 1 BvR 820/21, 1 BvR 805/21).

+++ 06. Mai 2021 +++ OLG Karlsruhe: Familiengerichte können Verfahren wegen Kindeswohlgefährdungen durch Corona-Maßnahmen selbst erledigen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Entscheidung des Amtsgerichts Pforzheim aufgehoben, in der sich dieses hinsichtlich Anregungen auf Einleitung von Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung durch Corona-Maßnahmen für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat. Die Richter begründeten ihren Beschluss damit, dass eine bloße Anregung an das Familiengericht, wegen einer Kindeswohlgefährdung tätig zu werden, noch kein förmliches gerichtliches Verfahren begründe, das an eine andere Gerichtsbarkeit verwiesen werden könnte. Das Familiengericht müsse vielmehr zunächst im Wege von Vorermittlungen prüfen, ob überhaupt ein Verfahren eingeleitet werde. Wenn es hierfür keinen Grund gäbe, könne es die Angelegenheit selbst beenden (Beschluss vom 28.4.2021, Aktenzeichen 20 WF 70/21).

+++ 05. Mai 2021 +++ LAG Köln: Arbeitnehmer hat trotz ärztlichem Masken-Attest kein Anspruch auf Beschäftigung
Das Landesarbeitsgericht Köln hat den Eilantrag eines Verwaltungsangestellten abgelehnt, der einen Anspruch auf Beschäftigung ohne das Tragen einer Maske - alternativ im Homeoffice - geltend gemacht hat. Der Kläger ist im Besitz zweier ärztlicher Atteste, die ihn von der Maskenpflicht, sowie von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art, befreien. Die Beklagte, seine Arbeitgeberin, wollte den Kläger mit Verweis auf die geltende Corona-Verordnung nicht ohne Maske im Rathaus beschäftigen. Die Ablehnung des Anspruchs auf Beschäftigung ohne Maske begründete das Gericht damit, dass der Kläger ärztlich attestiert nicht in der Lage zum Tragen einer Maske sei, er deshalb arbeitsunfähig und deshalb nicht zu beschäftigen sei. Den geltend gemachten Anspruch auf Beschäftigung im Homeoffice lehnten die Richter mit der Begründung ab, dass zumindest Teile seiner Aufgaben im Rathaus erledigt werden müssten. Die Arbeitsunfähigkeit würde durch eine partielle Tätigkeit von zu Hause aus nicht beseitigt, sodass ein Homeoffice-Arbeitsplatz von der Beklagten derzeit nicht eingerichtet werden müsse (LAG Köln Urteil vom 12.4.2021, Aktenzeichen 2 SaGa 1/21).

+++ 05. Mai 2021 +++ ArbG Köln: Während Corona Anspruch auf Betriebsratssitzungen per Videokonferenz
Das Arbeitsgericht Köln hat der Klage des Betriebsrates eines Textilunternehmens stattgegeben, mit der dieser den Arbeitgeber auf Unterlassung wegen Behinderung einer Betriebsratssitzung per Videokonferenz in Anspruch genommen hat. Der Arbeitgeber hatte die Betriebsratsmitglieder mit Blick auf die Videokonferenz abgemahnt und die für die Betriebsratssitzung aufgewendeten Zeiten nicht bezahlt. Das Arbeitsgericht sah die Gehaltskürzungen für die Zeiten der Sitzungsteilnahme als ebenso widerrechtlich an, wie die ausgesprochenen Abmahnungen der Betriebsratsmitglieder. Das Verhalten des Arbeitgebers wertete der Richter als Behinderung der Mitglieder des Betriebsrats bei der Ausübung ihrer Mandatstätigkeit. Die sei nach § 78 BetrVG unzulässig. Wegen der Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie (§ 129 Abs. 1 BetrVG) seien die Betriebsratsmitglieder bis zum 30.6.2021 berechtigt, per Videokonferenz an Betriebsratssitzungen teilzunehmen. Dies gelte insbesondere in dem Fall, dass ein ausreichend großer Raum für die Durchführung einer Betriebsratssitzung bei Anwesenheit aller Mitglieder unter Einhaltung der Vorgaben des § 2 Abs. 5 Satz 2 Corona-ArbSchV im Betrieb nicht vorhanden ist (ArbG Köln Urteil vom 24.3.2021 - Aktenzeichen 18 BVGa 11/21).

+++ 04. Mai 2021 +++ LG München: Miete ist trotz abgesagter Hochzeit zu zahlen
Das LG München I hat entschieden, dass ein Hochzeitspaar, welches die Hochzeitsfeier Corona-bedingt absagen musste, die Miete für die zuvor angemieteten Hochzeitsräumlichkeiten dennoch zahlen muss. Die Beklagten argumentierten, der Vermieter habe seine Leistungsverpflichtung nicht erbracht. Die Räumlichkeiten wären konkret für eine Hochzeitsfeier angemietet worden. Dieser Vertragszweck habe aber wegen der Corona-Pandemie nicht erreicht werden können. Deshalb seien beide Mietparteien von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Hilfsweise erklärten sie den Rücktritt vom Vertrag. Dem folgte der zur Entscheidung berufene Richter allerdings nicht. Demnach sei der Vermieter allein dazu verpflichtet gewesen, die angemieteten Räume zu überlassen und dies sei ihm gerade nicht unmöglich geworden. Ein möglicherweise vereinbarter Mietzweck sei dabei unbeachtlich. Das Risiko, die angemieteten Räume nutzen zu können, liege nämlich letztlich beim Mieter. Auch für ein Rücktrittsrecht sah der Richter keine Rechtfertigung. Zwar hätten sich die Umstände aufgrund der Corona-Pandemie nach Vertragsschluss "schwerwiegend verändert". Dies sei jedoch kein Grund, das Prinzip der Vertragstreue aufzugeben. Im Gegenteil: Gerade in solchen Fallgestaltungen sei die wechselseitige Rücksichtnahme der Vertragsparteien gefordert. Die Folge solcher schwerwiegenden Veränderungen der Geschäftsgrundlage sei daher ein "Anspruch auf Anpassung der Vertragsvereinbarungen in gegenseitiger Kooperation". Davon könne nur im Falle einer Unzumutbarkeit abgewichen werden. Da der Vermieter im Vorfeld versucht habe, durch Verschiebung des Termins eine Lösungsmöglichkeit in Kooperation mit den Beklagten zu finden, liege gerade keine Unzumutbarkeit vor. Indem die Beklagten auf dieses Angebot nicht reagierten, hätten sie zu erkennen gegeben, dass sie "an einer interessengerechten Lösung per se nicht interessiert" seien. Das Paar hätte durch sein Nichtreagieren gerade auf eine Vertragsauflösung gehofft, die einseitig zu Lasten des Vermieters geht. Deshalb war der Zahlungsklage des Vermieters stattzugeben (Urteil vom 29.4.2021, Aktenzeichen 29 O 8772/20).

+++ 03. Mai 2021 +++ OVG Mecklenburg-Vorpommern: Einreiseverbot für Geimpfte willkürlich
Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald hat in einem Eilbeschluss entschieden, dass § 5 Corona-LVO M-V gegen den in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz niedergeschriebenen Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der Antragsteller, der außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern seinen Hauptwohnsitz und in Mecklenburg-Vorpommern einen Nebenwohnsitz hat und der vollständig geimpft ist, hatte geltend gemacht, die angegriffene Vorschrift in der Corona-LVO M-V sei weder erforderlich noch verhältnismäßig und greife unverhältnismäßig in Art. 14 und Art. 11 GG ein. Das Gericht stellte fest, dass von dem bestehenden Einreiseverbot und Ausreisegebot sowohl die Gruppe der vollständig Geimpften als auch die Gruppe der nicht geimpften Personen erfasst sei und diese damit gleichbehandelt würden. Aufgrund des Umstandes, dass vollständig Geimpfte bei der Epidemiologie keine wesentliche Rolle mehr spielen würden, stelle sich dies als willkürlich dar. Es liege kein sachlicher Grund mehr vor, vollständig geimpfte Personen im Sinne der vom Robert Koch-Institut gemachten Vorgaben bzw. nach Maßgabe von § 1 b Abs. 2 Corona-LVO M-V vom 29. April 2021 bei der Einreise zu ihrer Zweitwohnung wie nichtgeimpfte Personen zu behandeln. Gleichwohl lehnte das Gericht den Eilantrag mit der Begründung ab, dass im Falle der Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung die Einreise für geimpfte und nicht geimpfte Personen unbeschränkt aus dem gesamten Bundesgebiet möglich wäre. Dies würde letztlich zu einer Steigerung der Risiko– und Gefährdungslage für die Gesundheit, Leib und Leben einer unüberschaubaren Vielzahl von Menschen führen. Zudem liege ein weiterer wichtiger Grund für die Ablehnung des Antrags darin, die laufende Impfkampagne nicht zu gefährden. Mit der Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm würde ein wesentliches Element der komplexen Pandemiebekämpfung des Antragsgegners in einem stark touristisch geprägten und frequentierten Land erheblich gestört (Beschluss vom 30.4.2021, Aktenzeichen 1 KM 272/21 OVG).

+++ 28. April 2021 +++ LAG Düsseldorf: Corona-Anhuster kann Kündigung rechtfertigen
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat der Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers stattgeben, welche die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Nichteinhaltung der Hygienemaßnahmen zum Gegenstand hatte. Dem lag ein Fall aus dem März 2020 zugrunde, in dem ein Arbeitnehmer bewusst einen Kollegen ohne weitere Barriere aus nächster Nähe angehustet und geäußert haben soll, er hoffe, dass er Corona bekäme. Der gekündigte Arbeitnehmer argumentierte dagegen, er habe einen Hustenreiz verspürt und deshalb spontan husten müssen. Dabei habe er ausreichenden Abstand zum Kollegen gehabt. Das Gericht wies darauf hin, dass das Verhalten des Arbeitnehmers im konkreten Fall eine fristlose Kündigung hätte rechtfertigen können. Allerdings scheiterte die Kündigung hier daran, dass der Arbeitgeber auch nach einer umfangreichen Beweisaufnahme den von ihm behaupteten Sachverhalt nicht beweisen konnte (Urteil vom 27.04.2021 - 3 Sa 646/20).

+++ 28. April 2021 +++ ArbG Köln: Arbeitnehmer darf wegen Corona-Quarantäne nicht gekündigt werden
Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigung eines Arbeitsvertrages für unwirksam erklärt, die wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne von einem Arbeitgeber ausgesprochen wurde. Dem ging voraus, dass der Arbeitnehmer eine von seinem Arbeitgeber eingeforderte schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlegen konnte, nachdem er sich aufgrund telefonischer Anordnung des Gesundheitsamts als Kontaktperson bereits in häuslicher Quarantäne befand. Obwohl das Kündigungsschutzgesetz in diesem Fall keine Anwendung fand, erkannte das Gericht die Kündigung als sittenwidrig und treuwidrig. Der Arbeitnehmer habe sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend komme hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen. (Urteil vom 15.4.2021, Az. 8 Ca 7334/20)

+++ 27. April 2021 +++ VG Münster: Teilnahme an Abschluss- und Berufsabschlussprüfungen auch ohne vorherigen Test
Das Verwaltungsgericht Münster hat in einem Eilbeschluss klargestellt, dass Schüler in Nordrhein-Westfalen auch ohne vorherigen Corona-Test an schulischen Abschlussprüfungen und Berufsabschlussprüfungen teilnehmen dürfen. Das Gericht argumentierte, dass der Antragsteller einen grundrechtlichen Anspruch auf Teilnahme an der Berufsabschlussprüfung habe. Nachdem er zur Prüfung zugelassen worden sei, habe er das Recht auf Teilnahme an der von der Antragsgegnerin vorgesehenen Berufsabschlussprüfung erworben. Indem sie die Teilnahme von der Vorlage eines negativen Testergebnisses abhängig mache, greife die Antragsgegnerin in dieses Recht ein. Eine Rechtsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich. Es sei eindeutig geregelt, dass Berufsabschlussprüfungen nicht von der Vorlage negativer Testergebnisse abhängig gemacht werden dürften. Nach der Coronabetreuungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen dürften nicht getestete Schüler an schulischen Abschlussprüfungen und Berufsabschlussprüfungen teilnehmen. Deren Prüfungen würden getrennt von den Prüfungen getesteter Schüler durchgeführt (Beschluss vom 27.04.2021, Aktenzeichen 5 L 268/21).

+++ 21. April 2021 +++ AG Düsseldorf: Bei Maskenpflicht am Urlaubsort ist kostenfreier Reiserücktritt möglich
Das Amtsgericht Düsseldorf hat geurteilt, dass mit Blick auf die Maskenpflicht am Urlaubsort ein kostenloser Reiserücktritt möglich ist. Nach dieser Entscheidung gilt: Lässt sich im Zeitpunkt der Kündigung des Reisevertrags prognostizieren, dass am Urlaubsort eine sog. "Maskenpflicht" besteht, so stellt dies einen unvermeidbaren außergewöhnlichen, die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigenden, Umstand gemäß § 651 h Abs. 3 BGB dar, wenn die Maskenpflicht in einer Art und Weise ausgestaltet ist, dass in weiten Teilen der üblichen Urlaubsgestaltung eine "Maske" zu tragen ist. Dies gelte jedenfalls dann, wenn eine vergleichbare umfassende Verpflichtung nicht allgemein üblich war, insbesondere am Heimatort des Urlaubers nicht bestanden hat (Urteil vom 12.2.2021, Aktenzeichen 37 C 420/20).

+++ 21. April 2021 +++ OVG Bremen zu Grundschülern: Maskenpflicht nein / Testpflicht ja
Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat am 20.4.2021 in zwei Verfahren über Eilanträge von Grundschülern entschieden. In einem Verfahren (1 B 178/21) wandten sich die Antragsteller gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ab einem Inzidenzwert von 100. Im anderen Verfahren (1 B 180/21) wandten sich die Antragsteller zusätzlich gegen die Regelung, dass der Zutritt zum Schulgelände – und damit die Teilnahme am Präsenzunterricht – nur unter Vorlage eines Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem negativen Testergebnis zulässig ist.
Im ersten Verfahren begründeten die Richter ihre Entscheidung damit, dass die der Maskenpflicht zugrundeliegende Anordnung nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz entspräche, deshalb rechtswidrig und nicht anwendbar ist.
Seine Entscheidung zur Testpflicht als Voraussetzung zur Teilnahme am Präsenzunterricht begründete das Gericht damit, dass diese als Teil eines Gesamtkonzeptes geeignet sei, um trotz gegenwärtiger Infektionslage Präsenzunterricht zu gewährleisten. Selbst wenn man annähme, dass die Testung in die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schüler eingreife, sei der Eingriff bei zu unterstellender sachgemäßer Anwendung als gering anzusehen. Wer den Test nicht durchführen wolle oder könne, werde nicht vom Unterrichtsangebot ausgeschlossen, sondern nehme stattdessen am Distanzunterricht teil (Beschlüsse vom 20.4.2021, Az. 1 B 178/21 und 1 B 180/21).

+++ 21. April 2021 +++ VG Weimar bestätigt Maskenpflicht in der Schule entgegen dem Urteil des Familiengerichts Weimar
Das Verwaltungsgericht Weimar wertet eine Entscheidung des Familiengerichts Weimar (siehe fünf Meldungen weiter unten) gegen die Maskenpflicht im Unterricht als "offensichtlich rechtswidrig". Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts liegt die sachliche Zuständigkeit für die gerichtliche Kontrolle von Behördenhandeln auch hinsichtlich von Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Schulen allein bei den Verwaltungsgerichten. Zur Maskenpflicht an sich führte das Gericht aus, dass es sich mangels eigener Sachkunde insbesondere auf die Sachkunde des Robert-Koch-Instituts berufe. Dessen Meinung werde von der Mehrzahl der Sachkundigen auch geteilt. Durchgreifende gesundheitlichen Bedenken für Kinder durch das Tragen einer Maske, seien wissenschaftlich fundierten Quellen nicht zu entnehmen. Davon abweichende Meinungen sind nach Ansicht der Richter lediglich Einzelmeinungen. Unabhängig davon sehe die Anordnung zur Maskenpflicht in der Schule im Einzelfall auch Ausnahmen von der Tragepflicht vor (Beschluss vom 20.4.2021, Az. 8 E 416/21 We).

+++ 19. April 2021 +++ KG Berlin: Gewerbemieter und Vermieter müssen Corona-Nachteile je hälfig tragen
Das Kammergericht Berlin hat geurteilt, dass die Gewerbemiete für die Zeit während staatlich angeordneter Schließungen herabzusetzen ist. Das gelte generell, eine konkrete Existenzbedrohung des Mieters im Einzelfall müsse nicht nachgewiesen werden. Die vertraglich vereinbarte Miete zwischen Halleneigentümer und gewerblichen Mieter sei um 50 Prozent zu reduzieren. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einer Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB. Seit der Schließungsanordnung habe der Mieter die Geschäftsräume nicht mehr in der vertraglich vorgesehenen Weise nutzen können. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses konnten die Vertragsparteien noch nichts von der Pandemie wissen. Deshalb hätten sich zu diesem Zeitpunkt beide Parteien nicht vorstellen können, dass es zu einer weitgehenden Stilllegung des öffentlichen Lebens durch staatliche Beschränkungen kommen könnte. In Kenntnis der mit der Pandemie verbundenen Folgen, hätten die Vertragsparteien nach Ansicht der Richter den Vertrag deshalb so nicht geschlossen. Staatlichen Maßnahmen stellten gerade kein normales vertragliches Risiko dar. Ein solcher potentiell existenzgefährdender Eingriff liege außerhalb der Verantwortungssphären von Mieter und Vermieter. Vor diesem Hintergrund sei es keiner Partei zumutbar, das Risiko der Stilllegung alleine tragen zu müssen (Urteil vom 1.4.2021, Aktenzeichen 8 U 1099/20).

+++ 16. April 2021 +++ VG Berlin: Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen auch für von COVID-19 Genesene rechtens
Das Verwaltungsgericht Berlin hat einen Eilantrag eines COVID-19-Genesenen zurückgewiesen, der darauf gerichtet war, dass die verordneten Kontakt- und Aufenthaltsbeschränkungen des Landes Berlin im Freien auf ihn vorläufig keine Anwendung finden sollten. Der Antragsteller argumentierte, die Beschränkungen seien im Hinblick auf Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, nicht geeignet. Das Gericht sah das anders und begründete seine Entscheidung damit, dass eine dauerhafte Immunität für Genesene wissenschaftlich nicht belegt sei. Zwar würden bei einer Infektion Antikörper gebildet, deren nachweisbare Menge nehme jedoch - insbesondere nach milder oder asymptomatischer Infektion - fortlaufend ab. Auch Reinfektionen mit dem Coronavirus seien belegt. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers werde zudem nicht unverhältnismäßig eingeschränkt (Beschluss vom 14.4.2021, Aktenzeichen VG 14 L 163/21).

+++ 16. April 2021 +++ VG Arnsberg kippt nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Märkischen Kreis, im Kreis Siegen-Wittgenstein und in Hagen
Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat im Zuge mehrerer Eilanträge die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen im Märkischen Kreis, im Kreis Siegen-Wittgenstein und in Hagen außer Vollzug gesetzt, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Regelung bestünden. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Vieles für eine nur sehr begrenzte Wirkung der Ausgangsbeschränkung spreche. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts fänden zudem zahlreiche Ausbrüche in Privathaushalten, Kindertageseinrichtungen und zunehmend auch in Schulen, sowie dem beruflichen Umfeld statt. Die Antragsgegner hätten deshalb begründen müssen, warum gerade private Kontakte zur Nachtzeit im Kreisgebiet einen ins Gewicht fallenden Anteil am gesamten Infektionsgeschehen haben sollen. An einer solchen Begründung fehle es jedoch. Ein entscheidender Einfluss (bloß) nächtlicher Ausgangsbeschränkungen sei auch nicht offenkundig (Beschlüsse vom 13., 14. und 15.4.2021, Aktenzeichen 6 L 286/21, 6 L 291/21, 6 L 303/21).

+++ 13. April 2021 +++ Familiengericht Weilheim i.OB: Maskenpflicht in der Schule verfassungswidrig
Das Amtsgericht Weilheim hat in einem Verfahren über die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an einer Realschule eine einstweilige Anordnung zugunsten der Betroffenen beschlossen: „Die Schulleitung der Realschule in S. bestehend aus dem Schulleiter und der stellvertretenden Schulleiterin, wird angewiesen, es zu unterlassen gegenüber der Betroffenen die Anordnung zu treffen, auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.“ Das Gericht holte zu dieser Entscheidung umfassende Sachverständigenmeinungen ein und befand, „dass von den Gesichtsmasken für Kinder eine erhebliche Gefährdung deren geistigen und körperlichen Wohles ausgehen kann.“ Die Anordnung der Maskenpflicht an Schulen gemäß § 18 Abs. 2 der Bayerischen Infektionsschutzverordnung sei verfassungswidrig und damit nichtig, da es keine Belege dafür gebe, dass Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 überhaupt oder sogar nennenswert senken können. Da die Anordnung zunächst nur im Verhältnis zu den betroffenen Verfahrensbeteiligten gilt, führte das Gericht weiterhin aus: „Es muss jedoch allen, die den Beschluss und insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen Kuhbandner kennen, klar sein, dass jeder, der ein Kind entgegen dessen Willen über einen längeren Zeitraum zwingt, eine Maske zu tragen, eine Gefährdung dessen Wohls verursacht und damit ohne rechtfertigenden Grund in dessen Rechte eingreift. […] Ein Schulleiter oder Lehrer, der dies in Kenntnis der damit verbundenen Gefahren dennoch tut, wird sich in dem Fall, dass die Gefährdung eine tatsächliche Schädigung des betroffenen Kindes zur Folge hat, nicht darauf berufen können, er habe die Gefahr nicht gekannt oder sei durch irgendeine Infektionsschutzverordnung oder ein Hygienekonzept hierzu gezwungen gewesen.“ (Beschluss vom 13.4.2021, Aktenzeichen 2 F 192/21).

+++ 12. April 2021 +++ Familiengericht Weimar setzt Corona-Regeln an zwei Thüringer Schulen außer Kraft
Das Familiengericht Weimar hat in einem Eilbeschluss die Corona-Regeln für zwei Weimarer Schulen mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt. Die Mutter zweier Kinder hatte dazu am Familiengericht ein Kinderschutzverfahren gemäß § 1666 Abs. 1 und 4 BGB angestrengt. Das Gericht hat den Schulen untersagt, den Schülern vorzuschreiben, Mund-Nasen-Bedeckungen aller Art (insbesondere qualifizierte Masken wie FFP2-Masken) zu tragen, AHA-Mindestabstände einzuhalten und/oder an SARS-CoV-2-Schnelltests teilzunehmen. Darüber hinaus hat das Gericht angeordnet, dass der Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten ist. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf drei Sachverständigengutachten. Es begründete seinen Beschluss damit, dass die Pflicht zum Maskentragen, zum Einhalten von Mindestabständen und zu Schnelltests an Schulen eine Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl der Kinder darstelle (Beschluss vom 8.3.2021, Aktenzeichen 9 F 148/21).

+++ 08. April 2021 +++ VG Berlin setzt Begrenzung der Kundenzahl im Einzelhandel außer Kraft
Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Eilanträge mehrerer Einzelhändler hinsichtlich der Begrenzung der Kundenzahl im Einzelhandel stattgegeben. Das Gericht begründete seinen Eilbeschluss damit, dass der Richtwert von einer Person pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche mit Blick auf die weiteren angeordneten Maßnahmen (Testpflicht, Kontaktnachverfolgung, FFP2-Masken) "kein signifikantes Mehr an Infektionsschutz" bringe und in keinem angemessenen Verhältnis "zu den dadurch erwartbar verursachten weiteren Umsatzeinbußen" stehe. Zudem habe der Berliner Senat nicht begründet, weshalb die 40-Quadratmeter-Regel trotz der bestehenden Testpflicht weiter gelten solle. Dagegen wies das Gericht die Eilanträge zurück, soweit sie sich gegen die Testpflicht für Kunden und die vorgeschriebene elektronische Kontaktnachverfolgung wandte. Diese Maßnahmen dienten einem "legitimen Zweck" und seien außerdem geeignet und erforderlich. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts gilt vorerst nur für die Geschäfte, die gegen die Infektionsschutzverordnung geklagt haben. (Beschlüsse vom 1.4.2021, Aktenzeichen VG 14 L 91/21, VG 14 L 92/21 und VG 14 L 96/21).

+++ 07. April 2021 +++ OVG Niedersachsen kippt Ausgangssperre wegen Unverhältnismäßigkeit
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat per Beschluss die Beschwerde der Region Hannover gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 2. April 2021 (siehe unten) zurückgewiesen und damit die erstinstanzliche Entscheidung, dass die in der Allgemeinverfügung der Region Hannover vom 31. März 2021 angeordnete Ausgangsbeschränkung voraussichtlich rechtswidrig ist, bestätigt. Die Ausgangsbeschränkung sei in ihrer hier allein zu beurteilenden konkreten Ausgestaltung keine notwendige Schutzmaßnahme, da sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße: Sie sei weder geeignet, noch erforderlich und infolge auch nicht angemessen, um das beabsichtigte Ziel, die Vermeidung von Infektionen insbesondere unter feiernden Jugendlichen, zu erreichen. „Nicht nachprüfbare Behauptungen reichten zur Rechtfertigung einer derart einschränkenden und weitreichenden Maßnahme wie einer Ausgangssperre nicht aus. Insbesondere sei es nicht zielführend, ein diffuses Infektionsgeschehen ohne Beleg in erster Linie mit fehlender Disziplin der Bevölkerung sowie verbotenen Feiern und Partys im privaten Raum zu erklären.“ Weiter: „Der Erlass einschneidender Maßnahmen lediglich auf Verdacht lasse sich in diesem fortgeschrittenen Stadium der Pandemie jedenfalls nicht mehr rechtfertigen.“ (Beschluss vom 7.4.2021, Aktenzeichen 13 ME 166/21).

+++ 02. April 2021 +++ VG Hannover setzt Ausgangsbeschränkungen in der Region Hannover außer Vollzug
Mit Beschlüssen vom 2. April 2021 hat das Verwaltungsgericht Hannover mehreren Eilanträgen, die sich gegen die Ausgangsbeschränkungen in der Region Hannover gerichtet haben, stattgegeben. Die Richter wiesen eingangs darauf hin, dass angesichts der hohen Infektionszahlen nicht das „Ob“ weitergehender infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen in Rede stehe, sondern der jeweilige Beschluss allein die Wahl des Mittels der abendlichen bzw. nächtlichen Ausgangsbeschränkung betreffe. In der Sache habe die Antragsgegnerin zum einen nicht hinreichend dargelegt, dass der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen zu einer wesentlichen, im Umfang der Gefahrenrealisierung gewichtigen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe. Zum anderen hatte das Gericht durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Ausgangssperre. Dies insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob es sich bei der angeordneten Maßnahme um das mildeste - gleich geeignete - Mittel handele (Beschlüsse vom 2.4.2021, Aktenzeichen 15 B 2895/21, 15 B 2883/21, 15 B 2904/21, 15 B 2905/21).

+++ 01. April 2021 +++ BayVGH: Schuhgeschäfte sind unverzichtbar für die tägliche Versorgung und dürfen öffnen
Nach einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gehören Schuhgeschäfte zu den für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäften im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 12. BayIfSMV und dürfen deshalb auch in Gebieten mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 100 öffnen. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass Schuhgeschäfte für die Versorgung der Bevölkerung eine vergleichbar gewichtige Bedeutung hätten, wie z.B. Buchhandlungen, Geschäfte für Babybedarf, Bau- und Gartenmärkte, Blumenläden oder Versicherungsbüros, die nach der geltenden Regelung ausdrücklich geöffnet sein dürfen (Beschluss vom 31.3.2021, Aktenzeichen 20 NE 21.540).

+++ 30. März 2021 +++ VG Potsdam gibt Eilantrag gegen Testpflicht beim Shopping statt
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat dem Eilantrag eines Unternehmens, das in Potsdam einen Baufachmarkt betreibt, gegen die vom Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam erlassene „Allgemeinverfügung über eine Testpflicht zum Zutritt zu Verkaufsstellen des Einzelhandels“ vom 24. März 2021 stattgegeben. Die Allgemeinverfügung sie einerseits inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, so das Gericht. Andererseits seien die in der Begründung der Allgemeinverfügung angestellten Ermessenserwägungen fehlerhaft, weil der Antragsgegner sein Entschließungsermessen zum Erlass der angegriffenen Allgemeinverfügung vom 24. März 2021 wesentlich auf eine wegen der Änderung der Siebten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung seit dem 22. März 2021 nicht mehr geltende Ermächtigungsgrundlage abstellt. Zudem bestünden Mängel hinsichtlich der Ermittlung der in das Ermessen einzustellenden Tatsachen. Schließlich weise die Begründung der Allgemeinverfügung widersprüchliche Angaben zur Angemessenheit und Erforderlichkeit auf, sodass auch insoweit die angefochtene Allgemeinverfügung als rechtswidrig erscheint (Beschluss vom 29.3.2021, Aktenzeichen VG 6 L 258/21).

+++ 30. März 2021 +++ VG Saarland zur Impfreihenfolge: Gymnasiallehrer sind keine Grundschullehrer
Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hat den Eilantrag eines Gymnasiallehrers zurückgewiesen, der sich mit der für Grundschullehrer geltenden Priorität gegen das Coronavirus impfen lassen wollte. Lehrer an Grundschulen dürfen sich im Saarland schon jetzt gegen das Coronavirus impfen lassen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Grundschulkinder im Vergleich zu Schülern einer weiterführenden Schule mehr Zuwendung und Nähe benötigten. Deshalb gebe es an Grundschulen auch Schwierigkeiten, die Abstandsregeln umzusetzen. Dies stelle einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Impfpriorisierung dar (Beschluss vom 29.3.2021, Aktenzeichen 6 L 295/21).

+++ 26. März 2021 +++ VG Dresden: Corona-Impfung ausnahmsweise auch außerhalb der Impfreihenfolge
Das Verwaltungsgericht Dresden hat dem Eilantrag einer 35-jährige Frau auf Impfung außerhalb der in der Corona-Impferverordnung bestimmten Reihenfolge stattgegeben. Die Antragstellerin kann sich nur mittels eines elektrischen Rollstuhls fortbewegen, da sie unter einer ausgeprägten Schwäche der Atemmuskulatur und der Extremitäten, sowie unter verschiedenen Autoimmunerkrankungen, die mit einer laufenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes einhergehen, leidet. Sie unterfällt allerdings nicht dem in § 2 CoronaImpfV genannten Personenkreis mit Anspruch höchster Priorität. Das Gericht argumentierte in seiner Entscheidung, dass die Antragstellerin aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise eine Zulassung zur Schutzimpfung als Anspruchsberechtigte mit höchster Priorität verlangen kann. Bei § 1 Abs. 2 Satz 1 CoronaImpfV handele es sich um eine "Soll"-Vorschrift, die in atypischen Fällen eine Abweichung von der intendierten Impfreihenfolge zulässt (so auch OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2021 - 13 B 58/21). Die Vorschrift schließe eine gruppenübergreifende Höherpriorisierung für einzelne Personen nachrangiger Schutzberechtigung nicht aus (Beschluss vom 29.1.2021, Aktenzeichen 6 L 42/21).

+++ 21. März 2021 +++ OVG NRW: Alle Einzelhändler können (nun doch nicht) wie vor Corona öffnen
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat dem Eilantrag eines Media-Marktes stattgegeben und die Vorschriften der Coronaschutzverordnung zur Beschränkung des Einzelhandels vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das bedeutet, dass ab sofort im gesamten Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen keine Kundenbegrenzung pro Quadratmeter mehr gilt und das Erfordernis der Terminbuchung entfällt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die aktuelle Corona-Verordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der Verordnungsgeber habe seinen Spielraum zur Differenzierung bei Öffnungen überschritten, da ein einleuchtender Grund für eine Ungleichbehandlung unterschiedlicher Einzelhändler nicht ersichtlich sei. Dies sei der Fall, soweit die aktuellen Corona-Maßnahmen bestimmten, dass auch Buchhandlungen, Schreibwarenläden und Gartenmärkte mit ihrem gesamten Sortiment unter vereinfachten Bedingungen, das heißt mit größerer Kundenzahl und ohne Terminbuchung betrieben werden dürften. Weder erschließe sich, noch werde durch den Verordnungsgeber begründet, warum die durch ihn getroffene Annahme, diese Betriebe würden ebenfalls eine Art Grundbedarf decken, für sich genommen andere Öffnungsmodalitäten rechtfertigen sollte, als beim übrigen Einzelhandel. Da nach geltender Rechtslage sämtliche Geschäfte öffnen dürften, könne die Frage danach, ob ein Warensortiment Grundbedarf sei, eine Ungleichbehandlung nicht mehr ohne Weiteres begründen. Erforderlich wäre vielmehr, dass gerade der angenommene Grundbedarf die unterschiedliche Behandlung in den Öffnungsmodalitäten nahelege. Die Richter haben allerdings darauf hingewiesen, dass das Land auch kurzfristig eine Neuregelung treffen könne, wenn es die unterschiedlichen Einschränkungen sachgerecht begründe. Der Beschluss ist unanfechtbar (Beschluss vom 19.3.2021, Aktenzeichen 13 B 252/21.NE).
Update: Nur wenige Stunden nach diesem Urteil wurde die NRW-Corona-Verordnung geändert. Nun gilt die Pflicht zur Terminvereinbarung und die 40qm-Begrenzung auch für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte.

+++ 17. März 2021 +++ VG Neustadt an der Weinstraße: Auch Geimpfte müssen bei Corona-Kontakt in Quarantäne
Das Verwaltungsgericht in Neustadt an der Weinstraße hat einen Eilantrag eines Ehepaars gegen eine sie betreffende Quaratäneanordnung abgelehnt. Die Antragsteller wurden im Januar und Februar gegen Corona geimpft. Anfang März wurde deren Tochter positiv getestet. Vier Tage nach dem Test schickte der Rhein-Pfalz-Kreis dem Ehepaar als Kontaktpersonen ersten Grades eine Quarantäneanordnung - Dauer: 14 Tage. Die Antragsteller machten unter Berufung auf eine israelische Studie geltend, dass sie mit Blick auf die Impfung keine Krankheitserreger mehr übertragen könnten. Außerdem seien ein PCR-Test und zwei Schnelltests bei ihnen negativ ausgefallen. Dem folgte das Gericht nicht. Es argumentierte, dass noch keine ausreichenden Belege dafür vorlägen, dass Geimpfte nicht infektiös erkrankten. Die Antragsteller zählten als Kontaktpersonen ersten Grades weiter zu den Ansteckungsverdächtigen. Zudem spreche sich das Robert Koch-Institut wegen der Zunahme von Mutanten aktuell dafür aus, die Quarantänezeit nicht durch einen negativen Test zu verkürzen (Beschluss vom 15.03.2021, Aktenzeichen 5 L 242/21.NW und 243/21.NW).

+++ 15. März 2021 +++ VG Aachen kippt Verweilverbot und Maskenpflicht in der Dürener Innenstadt
Das Verwaltungsgericht Aachen hat einem Eilantrag stattgeben, mit dem sich der Antragsteller gegen das Verweilverbot und die generelle Maskenpflicht in der Innenstadt der Stadt Düren gewandt hatte. Zum einen sei der Kreis Düren für die Anordnung zusätzlicher Schutzmaßnahmen schon nicht zuständig gewesen. Darüber hinaus seien die angegriffenen Regelungen der Allgemeinverfügung zudem voraussichtlich rechtswidrig. Voraussetzung für eine verpflichtende Anordnung zum Tragen einer Maske, unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands unter freiem Himmel, sei, dass gemessen an der verfügbaren Fläche mit dem Zusammentreffen einer so großen Anzahl von Menschen zu rechnen ist, dass Mindestabstände nicht sichergestellt werden können. Dies habe die Antragsgegnerin nicht dargelegt, denn es fehle insoweit an konkreten Feststellungen. Darüber hinaus erweise sich auch das Verweilverbot voraussichtlich als rechtswidrig. Die Richter sahen diese Anordnung als ungeeignet an, da die Antragsgegnerin mit Blick auf das ohnehin bestehende Abstandsgebot nicht nachvollziehbar dargelegt hätte, dass das Verweilverbot zu einer Reduzierung des Infektionsrisikos beitragen könne. Mit Blick auf die fortbestehenden ordnungsbehördlichen Möglichkeiten zur effektiven Durchsetzung des Abstandsgebots, sei das Verweilverbot jedenfalls auch nicht erforderlich gewesen und sei deshalb unverhältnismäßig. Gegen den Beschluss kann der Kreis Düren Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet (Beschluss vom 11.03.2021, Aktenzeichen 7 L 147/21).

+++ 15. März 2021 +++ VG Hamburg: Maskenpflicht beim Joggen unzulässig
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einem Eilantrag stattgeben, mit dem sich der Antragsteller gegen die allgemeine Maskenpflicht beim Joggen an Alster, Elbe und im Jenischpark gewandt hatte. Nach Auffassung der Richter stellt die Pflicht, an den genannten öffentlichen Orten eine Maske zu tragen, keine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz dar. Weder der Begründung der Verordnung noch der Antragserwiderung der Freien und Hansestadt Hamburg im Verfahren seien ausreichende Anhaltspunkte zu entnehmen, warum an den genannten Orten zu den festgelegten Zeiten eine generelle (situationsunabhängige) Maskenpflicht aus Gründen des Infektionsschutzes erforderlich sei. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, dass es an den genannten Orten an jedem Wochenende und jedem Feiertag, insbesondere unabhängig von den Wetterverhältnissen, zu Menschenansammlungen kommen könnte, in denen Mindestabstände nicht gewahrt werden (könnten), so dass auf ein vermehrtes Personenaufkommen nicht auch mit differenzierten Maßnahmen im Einzelfall reagiert werden könne. Gegen die Entscheidung kann die Antragsgegnerin Beschwerde bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben (Beschluss vom 12.03.2021, Aktenzeichen 9 E 920/21).

+++ 12. März 2021 +++ AG Ludwigsburg: Freispruch von Bußgeld wegen Verstoßes gegen Corona-Maßnahmen
Das Amtsgericht Ludwigsburg hat einen Mann freigesprochen, gegen den ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen Corona-Maßnahmen verhängt wurde. Dem Angeklagten wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, er habe im Mai 2020 gegen das Aufenthaltsverbot verstoßen, indem er sich mit mehr als einer weiteren Person, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstands gehörten, im öffentlichen Raum aufgehalten. Laut Zeugenaussage hätten sich der Beschuldigte und zwei weitere Personen an einem polizeilichen Einsatzwagen „vorbeigeschlängelt“. Dabei hätten sie den vorgeschriebenen Mindestabstand nicht eingehalten. Zudem wurde im Anschluss an eine polizeiliche Kontrolle nochmals der Mindestabstand missachtet.
Die urteilende Richterin begründete dem Freispruch zum einen damit, dass die Coronaverordnung, welche die Rechtsgrundlage des Bußgeldbescheides ist, verfassungswidrig und damit nichtig sei. Die Regelung im Verordnungswege verstoße gegen den Parlamentsvorbehalt. Außerdem überschreite die Exekutive mit einer solchen Verordnung ihren Gestaltungsspielraum. Hinzu komme, dass durch die in schneller Folge vorgenommenen Änderungen der Corona-Verordnungen sowohl für die Bürger, als auch für die Polizisten keine Rechtssicherheit mehr gegeben sei. Dies leitete das Gericht aus den Aussagen der als Zeugen geladenen Polizisten ab: Diesen war selbst nicht genau bekannt, was im Zeitpunkt der jeweils geltenden Corona-Verordnungen erlaubt bzw. verboten war.
Unabhängig von der Rechtswidrigkeit der Corona-Verordnung befand das Gericht, dass der Angeklagte auch aus tatsächlichen Gründen freizusprechen sei. Das versetzte Vorbeilaufen am geparkten Streifenwagen könne entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht als gemeinsamer Aufenthalt im öffentlichen Raum gewertet werden. Begründung: „Der Ort im Sinne der CoronaVO ist ausweislich des § 3 Abs. 1 S. 1 der öffentliche Raum, was in Konsequenz bedeuten würde, dass sich im gesamten öffentlichen Raum jeweils nur eine Person mit ihren Haushaltsangehörigen und einem weiteren Haushalt aufhalten dürfte. Dies geht jedoch offensichtlich zu weit und bedarf aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebotes der Bestimmtheit einer konkretisierenden Auslegung. Zu fordern sei daher sowohl ein subjektives Element im Sinne des gemeinsamen Aufenthalts als auch ein zeitliches Moment, um eine uferlose Ausweitung des Tatbestandes zu vermeiden.“
(AG Ludwigsburg, Urteil vom 29.1.2021, Az. 7 OWi 170 Js 112950/20)

+++ 12. März 2021 +++ VG Potsdam: Impfpriorisierung muss Härtefälle berücksichtigen
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat einem Eilantrag stattgegeben, mit dem die Antragstellerin eine vorgezogene Impfung beantragt hat. Es ging dabei um eine achtzigjährigen Tumorpatientin, der ärztlich ein exorbitantes Todesfallrisiko im Fall einer COVID-19 Ansteckung attestiert wurde. Das Gericht monierte, dass laut der aktuellen Corona-Impfverordnung ausgerechnet eine Person aus der denkbar vulnerabelsten Gruppe nicht die bestmögliche Priorisierung erhalten könne. Es sei rechtswidrig, Personen, die "aufgrund individueller Umstände ganz konkret am wahrscheinlichsten mit dem Tod bedroht" seien, hinter solchen Personen zu priorisieren, für die das nur aufgrund abstrakter Annahmen, wie etwa eines hohen Alters gelte. Dies folge aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (= staatliche Fürsorgepflicht). Darüber hinaus verstoße die aktuelle Fassung der CoronaImpfV gegen die Wertung ihrer Ermächtigungsgrundlage in § 20 i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. a) SGB V. Dieser Vorschrift aus dem Sozialrecht sei zu entnehmen, welche Kriterien der Gesetzgeber als maßgeblich für die Bildung einer Impfreihenfolge angesehen habe. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf meine nicht nur ältere Menschen. Auf gleicher Stufe stünden vielmehr auch Personen, für die ein solches Risiko aufgrund ihres individuellen Gesundheitszustandes bestehe. Dementsprechend verbiete die gesetzliche Wertung des Sozialrechts eine Ungleichbehandlung beider Personengruppen (Beschluss vom 17.2.2021, Aktenzeichen L 103/21).

+++ 11. März 2021 +++ OVG Saarland setzt Pflicht zur Terminvergabe und 40-qm-Regel im Einzelhandel außer Kraft
Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat die Pflicht zur Terminvergabe und 40-qm-Regel im Einzelhandel für unzulässig erklärt. Damit sind pro Kunde nur 15 Quadratmeter nötig. Die Richter argumentierten, dass mittlerweile erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen bestünden. Die erforderliche Rechtfertigung zur Ungleichbehandlung einzelner Branchen sei nicht mehr zu erkennen. Zudem verletze die gegenwärtige Regelung die Grundrechte der Berufsausübungsfreiheit und der Eigentumsgarantie. Das vorrangiges Ziel der Maßnahmen sei gewesen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Aktuell deuteten die Zahlen aber nicht darauf hin, dass es dazu kommen könne. Zudem habe das RKI das Infektionsrisiko und den Anteil am Gesamtinfektionsgeschehen für den Bereich Einzelhandel als niedrig eingestuft. (Beschluss vom 9.3.2021, Az. 2 B 58/21)

+++ 11. März 2021 +++ VG Berlin: Präsenzunterricht auch für Schüler der Klassen 7 und 9
Das Verwaltungsgericht Berlin hat zu mehreren Eilanträgen entschieden, dass das Land Berlin Präsenzunterricht auch für Schüler der Klassen 7 und 9 anbieten muss. Die Richter entschieden, dass es gleichheits- und deshalb rechtswidrig sei, dass einzelne Jahrgangsstufen jenseits der Primarstufe und der Abschlussklassen aktuell von der Präsenzbeschulung im Wechselmodell vollständig ausgeschlossen seien. Wie ein Gerichtssprecher betonte, wirkt sich diese Entscheidung allerdings nur auf die Antragsteller aus, nicht dagegen auf alle Berliner Kinder in den Klassenstufen 7 bis 9. (Beschlüsse vom 10. März 2021, Az. VG 3 L 51/21, Az. VG 3 L 57/21, Az. VG 3 L 58/21, Az. VG 3 L 59/21, Az. VG 3 L 60/21, Az. VG 3 L 61/21 und Az. VG 3 L 62/21)

+++ 11. März 2021 +++ Sozialgerichte Oldenburg und Karlsruhe: Haben Hartz IV-Bezieher Anspruch auf FFP2-Masken?
Das Sozialgericht Oldenburg lehnte einen darauf gerichteten Eilantrag mit der Begründung ab, dass die Antragsteller pandemiebedingte Einsparungen hätte, die es ihnen ermöglichten, die FFP2-Masken aus den Mitteln des Regelbedarfs zu kaufen. Zudem hätten die Antragsteller gegenüber ihrer Krankenkasse einen Anspruch auf zehn kostenlose FFP2-Masken und könnten ihren Bedarf damit gegenwärtig decken. (Beschl. v. 08.03.2021, Az. S 37 AS 48/21 ER)
Anders entschied das Sozialgericht Karlsruhe, das einen Anspruch eines Leistungsbeziehers auf 20 FFP2-Masken pro Person und Woche oder eine monatliche Geldleistung in Höhe von 129 Euro gegenüber dem Jobcenter bejaht hatte. Die Karlsruher Richter argumentierten, dass der Hartz-IV-Bezieher ohne Schutzmasken in seinem "Grundrecht auf soziale Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt" werde. Dem Gericht ging es aber auch um den Infektionsschutz an sich, welcher der Allgemeinheit diene und weswegen es einen Mehrbedarf von wöchentlich 20 FFP2-Masken annahm. (Beschl. v. 11.02.2021, Az. S 12 AS 213/21 ER).

+++ 11. März 2021 +++ OLG Köln: Aufpreis für Umbuchungen von Corona-bedingt annullierten Flügen zulässig
Das OBerlandesgericht Köln hat entschieden, dass Fluggesellschaften für die Umbuchung von Corona-bedingt annullierten Flügen einen Aufpreis verlangen dürfen, wenn die Umbuchung auf einen deutlich späteren Zeitpunkt erfolgt. Betroffene Fluggäste können sich insofern nicht auf die EU-Fluggastrechte-Verordnung berufen. (Urteil v. 26.2.2021, Az. 6 U 127/20)

+++ 10. März 2021 +++ Nds. Staatsgerichtshof: Landesregierung hätte Landtag vorab zu Corona-Verordnungen informieren müssen
Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat per Urteil festgestellt, "dass die Niedersächsische Landesregierung den Niedersächsischen Landtag in seinem Recht aus Art. 25 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung auf frühzeitige und vollständige Unterrichtung über die Vorbereitung von Verordnungen verletzt hat, indem sie es unterlassen hat, dem Niedersächsischen Landtag den jeweiligen Entwurfstext der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020, der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 und der Niedersächsischen Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 zeitgleich mit der Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zuzuleiten. Die vorgenannten Verordnungen wurden jeweils erlassen, ohne dass eine frühzeitige vollständige Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages als Ganzes nach Art. 25 NV erfolgte."
Sinn und Zweck der Vorschrift in der niedersächsischen Landesverfassung sei es, „den Mitgliedern des Landtages die notwendigen Informationen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu verschaffen und dadurch die Entwicklung von Initiativen einerseits und eine wirksame Kontrolle der Regierungstätigkeit durch das Parlament andererseits zu ermöglichen.
Bei den streitgegenständlichen Corona-Verordnungen handelt es sich um solche, die Gegenstände grundsätzlicher Bedeutung betreffen. Sie enthalten Regelungen, die weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen haben, von erheblicher Grundrechtsrelevanz sind, Entschädigungsansprüche gegen das Land auslösen könnten, in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden und starke Beachtung finden.“
(Urteil vom 9. März 2021, Az. StGH 3/20)

+++ 09. März 2021 +++ OVG NRW / OVG SH: Videoüberwachung während elektronisch stattfindender Prüfungen ist erlaubt
Die Oberverwaltungsgerichte des Landes Nordrhein-Westfalen und des Landes Schleswig-Holstein erachten die Videoüberwachung von Studenten während elektronisch stattfindender Prüfungen als zulässig.
Das OVG NRW begründete seine Eilentscheidung damit, dass die DSGVO die Datenverarbeitung erlaube, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sei, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Da Hochschulen zur Durchführung von Prüfungen verpflichtet seien, liege diese Voraussetzung vor. Bei der Umsetzung dieser Aufgabe müsse der Grundsatz der Chancengleichheit gewährleistet sein, was im konkreten Fall bedeute, allen zu prüfenden Studenten vergleichbare Prüfungen mit gleichen Erfolgschancen bereitzustellen. Die Videoüberwachung verfolge einerseits das Ziel, Täuschungen durch die Studenten zu verhindern. Daneben biete sie den Prüflingen den Nachweis von Störungen während der Prüfungszeit.
Das OVG Schleswig-Holstein argumentierte, dass sich die Studenten frei entscheiden könnten, ob sie der Videoüberwachung zustimmen, oder die Prüfung später als Präsenzprüfung ablegen. Ein Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung liege deshalb nicht vor.
Beide Oberverwaltungsgerichte sahen den den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor dem Hintergrund der Wahrung der Chancengleichheit als gerechtfertigt an. Die Videoaufsicht sei auch nicht weniger geeignet, Täuschungsversuche zu enttarnen, als es in Präsenzprüfungen durch die Klausuraufsicht geschehe. Es komme darüber hinaus auch nicht zu einem "unbeobachtbaren Beobachtetwerden", da die Überwachung von Prüfungen in der Natur der Sache liege und den Studenten zudem bekannt sei (OVG NRW, Beschluss vom 4.3.2021, Aktenzeichen 14 B 278/21.NE / OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4.3.2021, Aktenzeichen 3 MR 7/21).


+++ 04. März 2021 +++ Thüringer VerfGH erklärt alte Corona-Verordnungen mit Blick auf Bußgeldregelungen für nichtig
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat die bis zum 11. November 2020 geltenden Thüringer Corona-Verordnungen mit Blick auf die darin enthaltenen Bußgeldregelungen für nichtig erklärt. Die Thüringer Verfassungsrichter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Bußgeldvorschriften gegen das aus Art. 44 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf i. V. m. Art. 103 Abs. 2 GG folgende besondere Bestimmtheitsgebot verstießen. Dies deshalb, weil der Normadressat, also der Bürger, hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen nicht bereits dem formellen Gesetz die Voraussetzungen einer Bußgeldbewehrung hinreichend deutlich entnehmen könne (Urteil vom 1.3.2021, Aktenzeichen 4/21 und VerfGH 5/21).

+++ 01. März 2021 +++ OLG Karlsruhe: Gewerbemieter hat kein Recht auf Mietminderung wegen Lockdowns
Anders als das OLG Dresden (siehe zwei Meldungen weiter unten) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe geurteilt, dass die Einzelhandelskette KiK die Miete wegen des Lockdowns nicht kürzen darf. Die Richter argumentierten, dass eine Corona bedingte Schließungsanordnung keinen Sachmangel begründe. Der Zustand der Mieträume erlaube auch weiterhin die Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume. Desweiteren sei es Mietern wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur dann unzumutbar, den vollständigen Mietzins zu zahlen, wenn ihre Inanspruchnahme deren Existenz vernichten oder ihr wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaube. Dafür sei eine Prüfung der Umstände im Einzelnen erforderlich, z.B.: Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware. Solche besonderen Umstände habe die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Urteil von 24.02.2021, Aktenzeichen 7 U 109/20).

+++ 25. Februar 2021 +++ LG Düsseldorf verurteilt Versicherung zur Zahlung von über 750.000 Euro
Das Landgericht Düsseldorf hat eine Versicherung zur Zahlung von Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung in Höhe von 765.000 € verurteilt. Zwar sei bei den im Versicherungsvertrag aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern das Virus SARS-CoV2 nicht aufgeführt. Der Versicherungsschutz bestehe aber, auch wenn zum Zeitpunkt der Allgemeinverfügung vom 18.3.2020 naturgemäß der Erreger SARS-CoV2 noch nicht in der Liste der im Infektionsschutzgesetz aufgeführten Krankheiten aufgenommen war. Die Klausel in den Versicherungsbedingungen, die den Versicherungsfall auf die im alten Infektionsschutzgesetz ausdrücklich aufgeführten Erreger beschränkt, sei unangemessen benachteiligend und deshalb nach § 307 BGB unwirksam. Auch gegenüber einem Kaufmann habe die Versicherung nicht ausreichend klar herausgestellt, dass der Versicherungsschutz für neu entstehende Krankheiten ausgeschlossen sei (Urteil vom 19.02.2021, Aktenzeichen 40 O 53/20).

+++ 25. Februar 2021 +++ OLG Dresden: Gewerbemieter darf im Lockdown die Miete um 50 Prozent kürzen
Das Oberlandesgericht Dresden hat geurteilt, dass für ein von staatlicher Schließungsanordnung aufgrund von Corona-Schutzmaßnahmen betroffenes Ladenlokal ein angepasster Mietzins in Höhe von nur 50 Prozent der Kaltmiete zu zahlen ist und gaben der Beklagten, einer Textilkette, damit zur Hälfte recht. Das Gericht argumentierte, dass es auf das Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts nicht ankomme und die Vorschriften der Unmöglichkeit keine Anwendung fänden. Vielmehr sei im Zuge der staatlichen Schließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB des Mietvertrages eingetreten. Diese löse eine Anpassung des Mietvertrages dahin aus, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde. Die Richter hielten eine Reduzierung der Kaltmiete um 50% für gerechtfertigt und begründeten dies damit, dass keine der Mietvertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder diese vorhergesehen habe. Deshalb sei es im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden (OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021, Aktenzeichen 5 U 1782/20).

+++ 25. Februar 2021 +++ LG Potsdam weist Klage eines Hoteliers auf Entschädigung ab
Das Potsdamer Landgericht hat die Klage eines Hotelbetreibers aus dem Landkreis Teltow-Fläming abgewiesen, der wegen hoher Verluste durch den Lockdown eine finanzielle Entschädigung gefordert hatte. Eine Sprecherin des LG Potsdam erklärte nach Verkündung des Urteils, "Es gibt keine Grundlage, die ihm den geltend gemachten Anspruch zusprechen würde - insbesondere nicht aus dem Infektionsschutzgesetz". Der Kläger ist dagegen der Ansicht, er müsse Entschädigung für die Schließung erhalten, da er als sogenannter Ansteckungsverdächtiger gelte und will Berufung vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht einlegen.

+++ 25. Februar 2021 +++ VG Cottbus hebt Quarantäne-Anordnung gegen eine Familie auf
Das Verwaltungsgericht Cottbus hat die Quarantäne-Anordnung gegen eine Familie aufgehoben. In der Kita eines ihrer Kinder gab es einen Corona-Fall, weshalb der Oberbürgermeister der Stadt Cottbus häusliche Quarantäne für die ganze Familie angeordnet hatte. Das Gericht hob die Quarantäne-Anordnung für die Eltern und das Geschwisterkind auf. Der Sohn dagegen müsse in häuslicher Quarantäne bleiben, da aufgrund der schwer zu überblickenden Kontaktsituation in einer Kita-Gruppe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass er Krankheitserreger aufgenommen habe (Beschluss vom 18.02.2021, Aktenzeichen VG 8 L 70/21)

+++ 15. Februar 2021 +++ VG Berlin kippt Verbot von nicht dringlichen Behandlungen in Notfallkrankenhäusern
Das Verwaltungsgericht Berlin hat zwei Eilanträgen von Notfallkrankenhaus-Trägerinnen gegen das Verbot, nicht dringliche Behandlungen durchzuführen, stattgegeben. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 der Corona-Verordnung des Landes Berlin dürfen in allen Notfallkrankenhäusern unter Einhaltung der vorgegebenen Reservierungs- und Freihaltequoten nur noch medizinisch dringliche planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe bei Patienten durchgeführt werden (Behandlungsverbot). Das Gericht erkannte, dass sich das Behandlungsverbot der Landes-Coronaverordnung in einem Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig und nichtig erweise, da ihm eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage fehle. Die vom Antragsgegner, dem Land Berlin angeführte Ermächtigungsgrundlage (§ 32 Satz 1 i.V.m. §§ 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG) decke das Behandlungsverbot nicht ab. Die mit dem Behandlungsverbot angestrebte Sicherstellung ausreichender Kapazitäten für eine stationäre Aufnahme und bedarfsgerechte Versorgung von Covid-19-Erkrankten sei vom Ermächtigungszweck des Infektionsschutzgesetzes nicht gedeckt (Beschlüsse der 14. Kammer vom 11. Februar 2021, Aktenzeichen VG 14 L 18/21, VG 14 L 20/21).

+++ 15. Februar 2021 +++ LG München I gibt der Klage eines Vermieters gegen C&A statt
Das Landgericht München I hat der Klage eines Vermieters gegen die Modekette C&A auf Zahlung der Ladenmiete für den Monat April 2020 stattgegeben. C&A war der Ansicht, dass die fehlende Möglichkeit der Geschäftsöffnung für den Publikumsverkehr einen Sachmangel darstelle. Der Vermieter habe das Risiko zu tragen, dass der Mieter die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden könne. Das Gericht sah das allerdings anders und urteilte gegen C&A: Das Verwendungsrisiko könne nicht auf den Vermieter abgewälzt werden.
Auch eine Anpassung des Mietvertrags sah das Gericht nicht als zwingend an. Voraussetzung dafür sei, dass die Mietzahlung für C&A unzumutbar hätte sein müssen. Es sei dem Unternehmen aber „generell und auch auf Basis der Ergebnisse aus den vorangegangenen drei Geschäftsjahren“ zumutbar gewesen, eine Rücklage in Höhe einer Monatsmiete zu bilden. Laut dem der Klage zugrundeliegenden Streitwert betrug die Monatsmiete gut eine Million Euro (Urteil vom 12.02.2021, Aktenzeichen 31 O 11516/20).

+++ 10. Februar 2021 +++ VG Greifswald: Keine Ferienwohnungen für gegen Corona Geimpfte und Genesene
Das Verwaltungsgericht Greifswald hat einen Antrag eines Vermieters aus Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen, der darauf gerichtet war ihm per Ausnahmegenehmigung zu gestatten, seine Usedomer Ferienwohnungen an gegen Covid19 Geimpfte und Genesene zu vermieten. Die Richter begründeten ihre Ablehnung unter anderem damit, dass es derzeit keine hinreichend gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür gebe, dass Geimpfte oder Genesene das Coronavirus nicht weiter verbreiten können. Die Corona-Verordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sei bezüglich des generellen Vermietungsverbots auch mit Blick auf die hohen Infektionszahlen verhältnismäßig (Beschluss vom 09.02.2021 Aktenzeichen 4 B 122/21 HGW).

+++ 10. Februar 2021 +++ OVG Nordrhein-Westfalen kippt generelle Maskenpflicht
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat dem Eilantrag einer Frau stattgegeben, die gegen die generelle Pflicht zum Tragen einer Alltagsmaske geklagt hatte. Zwar lehnten die Richter den Eilantrag größtenteils ab, jedoch gaben sie der Antragstellerin in einem Punkt recht: Im Umfeld des Einzelhandels setzte es die Maskenpflicht außer Kraft. Begründung: Das Gericht sah die Formulierung „unmittelbares Umfeld“ als zu unbestimmt an, weil sie mehrere Auslegungen zulasse (Bestimmtheitsgebot). Die diesbezügliche Unklarheit der Corona-Verordnung wiege besonders schwer, da ein Verstoß gegen die Maskenpflicht bußgeldbewehrt sei. (Beschluss vom 10.02.2021; Az. Aktenzeichen: 13 B 1932/20.NE)

+++ 08. Februar 2021 +++ VGH Baden-Württemberg setzt nächtliche Ausgangsbeschränkung außer Vollzug
Das Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die nächtliche Ausgangsbeschränkung per Eilbeschluss mit Wirkung ab dem 11. Februar, 5 Uhr, außer Vollzug gesetzt. Die Richter argumentierten, Ausgangsbeschränkungen seien gesetzlich nur möglich, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet wäre“. Ausgangsbeschränkungen, so das Gericht weiter, seien „nicht bereits dann zulässig, wenn ihr Unterlassen zu irgendwelchen Nachteilen in der Pandemiebekämpfung führe, sondern kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe“. Das Vorbringen der Landesregierung, bei zu früher Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen bestehe die Gefahr eines erneuten exponentiellen Wachstums des Infektionsgeschehens, bewerteten die Richter als „zu pauschal und undifferenziert“. Kurz gesagt, die Richter halten diese Corona-Anordnung zum jetzigen Zeitpunkt für insgesamt unverhältnismäßig (Beschluss vom 5. Februar 2021, Aktenzeichen 1 S 321/21).

+++ 08. Februar 2021 +++ OVG Berlin-Brandenburg kippt ganztägiges Alkoholverbot
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat per Eilbeschluss das ganztägige Alkoholverbot im öffentlichen Raum in Brandenburg außer Kraft gesetzt. Die Richter begründeten dies damit, dass das Infektionsschutzgesetz lediglich dazu ermächtigte, Alkoholkonsum auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder in bestimmten öffentlich zugänglichen Einrichtungen zu verbieten, nicht aber flächendeckend im gesamten öffentlichen Raum. Der Beschluss in einem Eilverfahren auf vorläufigen Rechtsschutz ist unanfechtbar. (Beschluss vom 5. Februar 2021, Az: OVG 11 S 10/21)

+++ 02. Februar 2021 +++ VG Greifswald gibt einstweiligen Rechtsschutzanträgen gegen 15 km-Regel statt
Das Verwaltungsgericht Greifswald hat mit zwei Beschlüssen einstweiligen Rechtsschutzanträgen gegen die 15-km-Regel stattgegeben. Die Richter hatten einerseits erhebliche Bedenken, ob derartige Regelungen überhaupt in einer Allgemeinverfügung angeordnet werden dürfen. Andererseits erachtete das Gericht die 15-km-Regel auch in der Sache für rechtswidrig, weil unverhältnismäßig. In der Allgemeinverfügung sei weder begründet worden, dass das quasi Ausreiseverbot zum angestrebten Zweck erforderlich und geeignet sei, noch sei die Anordnung inhaltlich hinreichend bestimmt, da nicht ersichtlich sei, wo der 15-km-Umkreis ende. (Az. 4 B 134/21 HGW und 4 B 154/21 HGW)

+++ 01. Februar 2021 +++ VG Hannover: 83jähriger hat keinen Anspruch auf unverzügliche Impfung
Mit einem Eilantrag am Verwaltungsgericht Hannover begehrte ein 83jähriger die unverzügliche Impfung gegen Covid 19. Er war der Ansicht, dass er aufgrund seiner Lebenssituation - er ist Vater zweier schulpflichtiger Kinder und hat einschlägige Vorerkrankungen - einen Härtefall darstellt und daher vorrangig geimpft werden müsse. Dies sah das Verwaltungsgericht anders: Im Vergleich zu anderen impfberechtigten Personen sei seine Situation nicht so verschärft, dass sich hieraus eine unverzügliche Impfberechtigung ableiten lassen. Es sei ihm zuzumuten, sich "durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung vor einer Ansteckung zu schützen und sich weitgehend in seiner häuslichen Umgebung aufzuhalten" (Beschluss vom 26. Januar 2021, Aktenzeichen 15 B 269/21).

+++ 27. Januar 2021 +++ BayVGH - Kein Anspruch auf Videounterricht nach Stundenplan
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat den Eilantrag von Schülern abgelehnt, während der Corona-bedingten „Schulschließungen“ mittels Videounterricht im Umfang des jeweiligen Stundenplans unterrichtet zu werden. Der Antrag sei zum einen aus formellen Gründen unwirksam, da sich die Antragsteller zunächst an ihre Schule hätten wenden müssen, was sie nicht getan haben. Der Antrag sei darüber hinaus aber auch unbegründet, da dem Staat bei Planung, Organisation, Leitung und inhaltlich didaktischer Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens aufgrund des Bildungsauftrags eine umfassende Gestaltungsfreiheit verbleibe. Wie und mit welcher Kommunikationstechnik die jeweilige Schule Distanzunterricht durchführe, sei eine schulinterne Organisationsmaßnahme, die den Unterrichtsbetrieb betreffe. Schüler und Eltern hätten insoweit keinen Anspruch gegen den Staat, solange ihre Rechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden, etwa durch unzumutbare Nachteile oder eindeutig rechtswidrige Maßnahmen. Das Gericht konnte keine Hinweise auf eine solche Fallgestaltung erkennen (Beschluss vom 25. Januar 2021, Aktenzeichen RN 3 E 21.34).

+++ 26. Januar 2021 +++ BayVGH bestätigt die FFP2-Maskenpflicht und kippt die 15-km-Regel
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat in einem Eilbeschluss die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in FFP2-Qualität beim Einkaufen und im ÖPNV bestätigt. Die Richter argumentierten, FFP2-Masken würden voraussichtlich gegenüber nicht medizinischen oder sogenannten Community-Masken einen erhöhten Selbst- und Fremdschutz bieten. Deshalb bestünden gegen ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keine Bedenken. Gesundheitsgefährdungen seien insbesondere wegen der regelmäßig begrenzten zeitlichen Tragedauer nicht zu erwarten. Grundsätzlich seien die Aufwendungen für die Anschaffung der Masken zumutbar (BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2021, Aktenzeichen 20 NE 21.171).

In einem weiteren Eilverfahren hat der BayVGH das Verbot touristischer Tagesausflüge für Bewohner von sogenannten Hotspots für unzulässig erklärt (= 15 km-Regel). Das Verbot verstößt nach Ansicht des Gerichts aller Voraussicht nach gegen den Grundsatz der Normenklarheit. Für die Betroffenen sei der räumliche Geltungsbereich des Verbots touristischer Tagesausflüge über einen Umkreis von 15 km um die Wohnortgemeinde hinaus nicht hinreichend erkennbar. Die textliche Festlegung eines 15-km-Umkreises sei nicht deutlich und anschaulich genug (BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2021, Aktenzeichen 20 NE 21.162).

+++ 21. Januar 2021 +++ AG Weimar - Freispruch von Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Kontaktverbot
Ein Strafprozess vor dem Amtsgericht Weimar endete für einen Mann, der wegen Verstoßes gegen das Corona-Kontaktverbot zu einer Geldbuße verurteilt werden sollte, mit Freispruch. Das Gericht monierte mit Blick auf die Formulierung des Infektionsschutzgesetzes das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Der Gesetzgeber dürfe nicht einfach Pauschalanordnungen treffen, die dann von den Behörden nach Gusto ausgelegt würden. Das Infektionsschutzgesetz formuliere sehr allgemein, dass die „zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen“ zu treffen hätten. Ein allgemeines Kontaktverbot könne davon aber nicht erfasst sein, da ein derart allgemein formuliertes Gesetz den Handlungsspielraum, den der Gesetzgeber einer Behörde überlassen kann, überdehne. Ein allgemeines Kontaktverbot greife so weit in die Freiheits-Grundrechte der Bürger ein, dass es nicht ohne eine in den Eingriffsvoraussetzungen genau formulierte Rechtsgrundlage von einer Behörde ausgesprochen werden dürfe (Urteil vom 11. Januar 2021, Aktenzeichen 6 OWi – 523 Js 202518/20).

+++ 20. Januar 2021 +++ OVG Saarbrücken hält Kontaktbeschränkungen im Familienkreis für unzulässig
Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat in einem Eilverfahren § 6 Abs. 1 der aktuellen Corona-Verordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit er Kontaktbeschränkungen auch für den familiären Bezugskreis vorsieht (1 Personen-Regel). Die Antragstellerin sah sich daran gehindert, ihre Enkel gemeinsam mit ihrem Mann und mit deren Eltern zu treffen oder zu besuchen bzw. Besuch von diesen zu empfangen. Die Richter sahen in den widersprüchlich formulierten Regelungen des § 6 Abs. 1 und des § 1 Abs. 2 der Verordnung einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Gebot der Bestimmtheit. Eine Vorschrift müsse so formuliert sein, dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage klar erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Dies sei nicht gegeben (Beschluss vom 20.1.2021, Aktenzeichen 2 B 7/21).

+++ 20. Januar 2021 +++ LSG Thüringen verpflichtet Jobcenter zum Kauf eines Computers für das Homeschooling
Das Landessozialgericht Thüringen hat das Jobcenter Nordhausen in einem Beschluss verpflichtet, der Antragstellerin, welche die 8. Klasse besucht, ein internetfähiges Endgerät nebst Zubehör (Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker, drei Druckerpatronen) für das pandemiebedingte Homeschooling zur Verfügung zustellen. Alternativ kann das Jobcenter die Verpflichtung erfüllen, in dem es der Antragstellerin die Beschaffung in Eigenregie genehmigt und die Kosten bis zu einer Höhe von maximal 500 Euro übernimmt. Die für die begehrte Ausstattung geltend gemachten Kosten stellen nach Ansicht des Gerichts einen unabweisbaren, laufenden Mehrbedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II dar (Aktenzeichen L 9 AS 862/20 B ER).

+++ 20. Januar 2021 +++ VG Gießen hält Anordnung des 15 km-Bewegungsradius für zulässig
Das Verwaltungsgericht Gießen hat einem Eilantrag abgelehnt und damit eine Allgemeinverfügung des Landkreises Gießen, die auch die 15-Kilometer-Regelung zur Eindämmung der Corona-Pandemie enthält, für zulässig erklärt. Das Gericht hatte im Gegensatz zum VG Wiesbaden (siehe unten) keine Bedenken, dass die 15-km-Regelung zu unbestimmt sei. Zweifel hatten sie dagegen an der Geeignetheit der Maßnahme. Allerdings überwiege aufgrund von Reisen in Gebiete mit hohen Inzidenzwerten und der Virusmutationen das öffentliche Interesse am Vollzug der Maßnahme das Aufschubinteresse des Antragstellers. Zwar werde in dessen Handlungsfreiheit eingegriffen, aber dieser überschaubare Eingriff in den Bereich der Freizeitgestaltung sei zum Schutz von Leib und Leben hinnehmbar (Beschluss vom 14.1.2021, Aktenzeichen 4 L 42/21.GI).

+++ 20. Januar 2021 +++ VG Wiesbaden hält Anordnung des 15 km-Bewegungsradius für unzulässig
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat einem Eilantrag stattgegeben und damit eine Allgemeinverfügung des Kreises Limburg-Weilburg, die auch die 15-Kilometer-Regelung zur Eindämmung der Corona-Pandemie enthält, für rechtswidrig erklärt. Die Richter argumentierten, dass die darin enthaltenen Angaben zur 15-Kilometer-Regel nicht hinreichend bestimmt seien. Der Inhalt müsse aber für die Betroffenen "so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein", dass sie ihr Verhalten danach ausrichten könnten. Es sei weder klar, was mit dem Begriff "politische Gemeinde" gemeint sei, noch, wie sich die Entfernung genau berechne. Darüberhinaus hatten die Richter generelle Zweifel, ob sich mit dieser Beschränkung des Bewegungsradius für tagestouristische Ausflüge eine Absenkung der Infektionsfälle im Landkreis Limburg-Weilburg erreichen lassen könne (Beschluss vom 15.1.2021, Aktenzeichen 7 L 31/21.WI).

+++ 19. Januar 2021 +++ BayVGH kippt bayernweites Alkoholverbot im öffentlichen Raum
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat das bayernweite Alkoholverbot im öffentlichen Raum vorläufig außer Vollzug gesetzt und damit dem Eilantrag einer Privatperson aus Regensburg stattgegeben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass nach § 28a des Infektionsschutzgesetzes Alkoholverbote nur an bestimmten öffentlichen Plätzen vorgesehen seien. Die Anordnung eines Alkoholverbots für die gesamte Fläche des Freistaats Bayern überschreite daher die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers (Beschluss vom 19. Januar 2021, Aktenzeichen 20 NE 21.76).

+++ 19. Januar 2021 +++ OVG Rheinland Pfalz bestätigt zusätzliche Personenbegrenzung bei Läden mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat den Eilantrag der Betreiberin von drei großen Supermärkten abgelehnt, mit dem diese begehrte, die zusätzliche Personenbegrenzung ab einer Verkaufsfläche von 800 qm (ab da an nur noch eine Person je 20 qm; bis zu dieser Fläche eine Person je 10 qm) für unzulässig zu erklären. Die Richter erkannten, dass diese zusätzliche Personenbegrenzung ab 800 qm nicht gleichheitswidrig sei. In Läden komme es an bestimmten Stellen wie beispielsweise an Bedientheken oder im Kassenbereich bei lebensnaher Betrachtung zu Ansammlungen, die umso größer seien, je mehr Kunden im Laden sind. Mit zunehmender Personenzahl einer solchen Ansammlung steige die Wahrscheinlichkeit der Verletzung des Abstandsgebots und diese Wahrscheinlichkeit könne eben in großflächigen Läden deutlich höher ausfallen. (Beschluss vom 14.1.2020, Aktenzeichen 6 B 11642/20.OVG).

+++ 18. Januar 2021 +++ OVG Berlin-Brandenburg bestätigt 15 Kilometer-Regelung des Landes Brandenburg
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den Eilantrag eines Brandenburgers abgelehnt. Dieser wollte feststellen lassen, dass bestimmte Freizeitaktivitäten auch über einen Umkreis von 15 Kilometern über seinen Heimatlandkreis hinaus zulässig sind. Die Richter sahen die Einschränkung der Bewegungsfreiheit allerdings nicht als rechtswidrig an. Die Einschränkung sei dem Ziel der Maßnahme förderlich, die Verbreitung des Virus aus Gebieten mit sehr hohen Inzidenzwerten einzudämmen, auch wenn unter freiem Himmel eine geringere Ansteckungsgefahr bestehe. Zudem sei die Einschränkung nicht unangemessen, denn die durch sie Betroffenen seien lediglich in einem überschaubaren Bereich ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Dem stünden die besonders hochwertigen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit gegenüber (Beschluss vom 14.01.2021, Aktenzeichen OVG 11 S 3/21).

+++ 15. Januar 2021 +++ VG Münster: Hundefriseur darf öffnen, da vergleichbar mit Waschsalon
Das Verwaltungsgericht Münster hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die Schließungsanordnung hinsichtlich eines Hundefriseurs rechtswidrig war. Die Richter begründeten dies damit, dass die Coronaschutzverordnung des Landes NRW zwar Friseurdienstleistungen untersage. Allerdings beziehe sich dies nur auf solche Arbeiten, die an Menschen erbracht würden. Das Frisieren oder Krallenschneiden bei Hunden sei dagegen mit einer Handwerksleistung etwa in einer Fahrrad- oder Kfz-Werkstatt vergleichbar oder auch einem Waschsalon. Es komme zwar zu Kundenkontakt, hier zwischen Hundebesitzer und dem Hundefriseur, aber die "Übergabe der zu reparierenden Sache" könne unter Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern erfolgen (Beschluss vom 11.1.2021, Aktenzeichen 5 L 7/21).

+++ 14. Januar 2021 +++ BayVGH: Nächtliche Spaziergänge zwischen 21 und 5 Uhr bleiben verboten
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat einen Eilantrag gegen die nächtliche Ausgangsbeschränkung abgelehnt. Nach Ansicht der Richter sei der Staat verpflichtet, die Bevölkerung vor Gefahren für Leib und Leben zu schützen. Dagegen müssten die Interessen der von den Ausgangsbeschränkungen Betroffenen derzeit zurücktreten. Nur Personen, die einen triftigen Grund (etwa medizinische Notfälle, die Betreuung von Kindern, die Begleitung Sterbender oder das Gassigehen) haben, dürfen derzeit in Bayern in der Zeit von 21 bis 5 Uhr die Wohnung verlassen (Beschluss vom 14.01.2021, Aktenzeichen 20 NE 20.2907).

+++ 13. Januar 2021 +++ VG Düsseldorf: Künstler, der schon vor Corona pleite war, muss Corona-Hilfe zurückzahlen
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage eines selbstständigen freischaffenden Künstlers gegen die Rückforderung der Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro abgewiesen. Geklagt hatte die Bezirksregierung Düsseldorf. Die Richter entschieden, dass die Rückforderung wegen der bereits vor Corona bestehenden Zahlungsunfähigkeit des Klägers - er hatte am Stichtag fällige Steuerverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 360.000 Euro - zu Recht erfolgt sei. Das Argument des Klägers, wonach für ihn als Solo-Selbständigen nicht erkennbar gewesen sei, dass er das Merkmal "Unternehmen in Schwierigkeiten" hätte prüfen müssen, ließ das Gericht nicht gelten. (Urteil vom 12.01.2021, Aktenzeichen 20 K 4706/20).

+++ 11. Januar 2021 +++ OVG Berlin-Brandenburg bestätigt das Berliner Beherbergungsverbot
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Eilantrag entschieden, dass touristische Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben in der Hauptstadt weiterhin untersagt bleiben. Geklagt hatte eine Vermieterin von 228 Ferienappartements. Angesichts des diffusen Infektionsgeschehens könne die Bekämpfung der Pandemie nicht mehr nur bei vermeintlichen "Haupttreibern" ansetzen, entschieden die Richter. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die gesetzliche Ermächtigung im Infektionsschutzgesetz auch nicht offensichtlich verfassungswidrig. (Beschluss vom 08.01.2021, Aktenzeichen 1 S 156/20)

+++ 11. Januar 2021 +++ OVG NRW bestätigt Wahlmöglichkeit für Reiserückkehrer - Test oder Quarantäne
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in einem Eilverfahren bestätigt, dass für Reiserückkehrer grundsätzlich eine Quarantänepflicht gilt. Allerdings haben die Rückkehrer die Möglichkeit, die Quarantäne durch einen freiwilligen Test bei der Einreise oder kurz danach zu umgehen. Diese Vorgaben der Corona-Einreiseverordnung seien nicht zu beanstanden, entschieden die Richter. Auch gegen die Corona-Schnelltests hatten die Richter nichts einzuwenden: Es handele sich hierbei um einen niederschwelligen, in der Regel folgenlosen, Eingriff. Die Kosten von 30 bis 40 Euro seien - verglichen mit den Kosten einer größeren Reise – "sehr überschaubar". (Beschluss vom 07.01.2020, Aktenzeichen 13 B 2046/20.NE)

+++ 08. Januar 2021 +++ OVG Berlin-Brandenburg: Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht muss im Original mitgeführt werden, jedoch keine Diagnose enthalten
Die Regelung, dass ein Attest zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes zum Nachweis im Original mitzuführen ist, wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Eilverfahren für (zunächst) rechtmäßig erklärt (Beschluss vom 06.01.2021, Aktenzeichen 11 S 138/20). Vorläufig gekippt hat das Gericht hingegen die Regelung, dass in einem solchen Attest auch ein hinreichender gesundheitlicher Grund angegeben werden muss, warum die Befreiung von der Maskenpflicht erfolgte (Beschluss vom 04.01.2021, Aktenzeichen 11 S 132/20). Hier überwiege - jedenfalls nach summarischer Prüfung - der Datenschutz des/der Betroffenen.

+++ 05. Januar 2021 +++ ArbG Siegburg: Arbeitnehmer muss trotz Attest Maske tragen
In einem Eilverfahren bestätigte das Arbeitsgericht Siegburg am 16.12.2020 (Aktenzeichen: 4 Ga 18/20) die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Maskenpflicht für einen Verwaltungsangestellten im Rathaus. Der Arbeitnehmer legte ein nicht weiter spezifiziertes Attest vor, in welchem ihm bescheinigt wurde, keine Maske tragen zu können. Das Gericht hatte Zweifel an der Richtigkeit des Attestes: Dieses müsse konkrete und nachvollziehbare Gründe benennen, warum der Arbeitnehmer keine Maske tragen könne. Sei dies nicht der Fall, so überwiege der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses.

+++ 30. Dezember 2020 +++ OVG Berlin-Brandenburg bestätigt Verkaufsverbot für Feuerwerk
Mit Beschluss vom 28.12.2020 (Aktenzeichen 11 S 134.20 u.a.) hat das Oberverwaltungsgericht in Berlin das bundesweite Verkaufsverbot für Feuerwerksartikel der Kategorie 2 (Raketen, Böller, etc.) für rechtmäßig erachtet. Zwar greife dieses Verbot gravierend in die Berufsausübungsfreiheit der entsprechenden Hersteller ein. Das Ziel der Maßnahme, die Krankenhäuser während der Corona-Pandemie vor Überlastung zu schützen, überwiege jedoch das Interesse der Hersteller am Verkauf ihrer Produkte.

+++ 29. Dezember 2020 +++ VerfGH Thüringen erklärt Böllerverbot an Silvester für rechtmäßig
Der Thüringische Verfassungsgerichtshof in Weimar hat die Corona-Verordnung des Landes in Bezug auf das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände, das nächtliche Ausgangsverbot und den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit per Eilverfahren (Beschluss vom 28.12.2020, Aktenzeichen VerfGH 118/20) für rechtmäßig erachtet. Die durch die Landtagsfraktion der AfD gerügten Grundrechtseinschränkungen seinen gegenüber den konkurrierenden Grundrechten des Schutzes von Leben und Gesundheit der Bevölkerung von eher geringem Gewicht.

+++ 28. Dezember 2020 +++ OVG Lüneburg: Kontaktbeschränkungen nach Corona-VO sind rechtmäßig
Am 23.12.2020 entschied das Niedersächsiche Oberverwaltungsgericht in Lüneburg im Eilverfahren (Aktenzeichen 13 MN 569/20), dass die, durch die derzeit geltende Corona-Verordnung des Landes auferlegten, Kontaktberschränkungen geeignet und angemessen seien, um Corona-Infektionen zu verhindern bzw. einzudämmen. Der Eingriff in den grundgesetzlichen Schutz von Familie und in die allgemeine Handlungsfreiheit sei verhältnismäßig und somit durch die Verordnung gerechtfertigt.

+++ 23. Dezember 2020 +++ VGH Baden-Württemberg bestätigt Böllerverbot an Silvester
Im Gegensatz zum OVG Niedersachsen (siehe Ticker-Meldung weiter unten) hat der der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim das coronabedingt angeordnete Böllerverbot im Eilverfahren bestätigt (Beschluss vom 22.12.2020, Aktenzeichen 1 S 4109/20). Er sieht den Erlass eines Verbots des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände im öffentlichen Raum als vom Infektionsschutzgesetz gedeckt an, da dieses nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG führe.

+++ 23. Dezember 2020 +++ ArbG Berlin: Flugsicherheitsassistentin muss Mund-Nasen-Schutz tragen
Die Arbeitnehmerin wandte sich gegen die arbeitgeberseitige Weisung im Dienst einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Sie war der Ansicht ein Gesichtschutzschirm reiche auch aus. Dies hat das Arbeitsgericht Berlin im Eilverfahren verneint, denn ein Gesichtsvisier sei für den Schutz Dritter weniger geeignet als der vorgeschriebene Mund-Nasen-Schutz (Beschluss vom 15.10.2020 - Aktenzeichen 42 Ga 13034/20).

+++ 21. Dezember 2020 +++ VG Baden-Württemberg erklärt Abholservice einer Buchhandlung für unzulässig
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat den Eilantrag einer Buchhandlung gegen das Verbot eines Abholservice aufgrund der Corona-Verordnung abgelehnt. Die Richter begründeten dies mit dem Ziel der Verordnung, dass das Verbot des Abholservice gerade auch im Hinblick auf Weihnachtseinkäufe dazu diene, ein erhöhtes Besucheraufkommen in den Innenstädten und das damit verbundene Aufeinandertreffen einer Vielzahl von Personen zu unterbinden. Da die Buchhandlung auch bereits einen eigenen Onlineshop mit Lieferservice betreibe, sei ihre Befürchtung, die Kunden könnten zu den "konkurrierenden Größen des Online-Versandhandels" abwandern, nicht fundiert. Der Beschluss ist unanfechtbar (18.12.2020, Aktenzeichen 1 S 4080/20)

+++ 18. Dezember 2020 +++ OVG Niedersachsen setzt Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper außer Vollzug
Mit Beschluss vom 18.12.2020 (Aktenzeichen 13 MN 568/20) setzt das niedersächsische OVG in Lüneburg das Verkaufs- und Mitführungsverbot für Feuerwerkskörper aller Art gemäß § 10a der derzeit (seit 16.12.2020) geltenden Fassung der niedersächsischen Corona-Verordnung außer Kraft. Ein derart umfassendes Verbot sei kaum geeignet und erforderlich und somit auch nicht verhältnismäßig, um die Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu erreichen und daher auch nicht von dieser Norm gedeckt.

+++ 18. Dezember 2020 +++ LG Köln versagt Versicherungsschutz bei Lockdown-Schließungen
Das Landgericht Köln hat die Klagen zweier Gastronomiebetriebe gegen ihre Betriebsschließungsversicherungen abgewiesen. Die klagenden Gastwirte argumentierten, dass sich die Versicherungsbedingungen immer auf die jeweils aktuelle Version des Infektionsschutzgesetzes beziehen, sodass auch das neuartige Coronavirus von den Versicherungsbedingungen umfasst sei. Die Richter sahen die Sache anders: Seien die Versicherungsklauseln wie in den vorliegenden Fällen klar formuliert und enthielten eine abschließende Aufzählung der versicherten Risiken, so bestehe kein Anspruch auf Ersatz des ausgefallenen Umsatzes. (Urteil vom 26.11.2020, Aktenzeichen 24 O 252/20; Urteil vom 02.12.2020, Aktenzeichen 20 O 139/20)
In einem anderen Fall sprach das LG Köln einem Gastronomen dagegen dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz des Umsatzausfalls zu, da die von der Versicherung verwendeten Vertragsbedingungen mehrdeutig und damit nicht klar formuliert waren.

+++ 17. Dezember 2020 +++ VG Koblenz - Entzug der Fahrerlaubnis auch in Corona-Krise zulässig
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, dass der Entzug der Fahrerlaubnis auch dann keine unzumutbare Härte darstellt, wenn der Betroffene wegen der Corona-Pandemie besonders auf das Führen eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist. Dem Antragsteller war die Fahrerlaubnis entzogen worden, weil das Fahreignungs-Bewertungssystem einen Stand von acht bzw. mehr Punkten dokumentierte. Der Antragsteller begründete seinen Antrag damit, dass er seine Tochter mit dem Auto zur Schule bringen und Versorgungsfahrten für seine Eltern durchführen müsse, die wegen der Corona-Pandemie außer ihm niemanden mehr in ihr Haus ließen. Die Richter argumentierten dagegen, dass negative Auswirkungen, wie sie der Antragsteller geltend gemacht hat, vom Gesetzgeber bei der Schaffung der einschlägigen Bestimmungen bedacht worden, aber zum Schutze anderer Verkehrsteilnehmer hingenommen worden sind. (VG Koblenz Beschluss v. 1.12.2020 - 4 L 1078/20.KO)

+++ 14. Dezember 2020 +++ VG Darmstadt: Eilantrag eines Seniorenheimbewohners gegen Quarantäne erfolgreich
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat dem Antrag des Bewohners einer Seniorenresidenz stattgegeben. Dieser hatte sich gegen eine an seine Seniorenresidenz gerichtete Anordnung des Gesundheitsamtes gewehrt, die verfügte, dass die Bewohner wegen eines in der Einrichtung aufgetretenen Infektionsfalls ihre Zimmer "bis mindestens zum 26.11.2020" nicht verlassen dürfen.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung zum einen damit, dass die entsprechende Anordnung in zeitlicher Hinsicht zu unbestimmt sei. Grund: Für die Betroffenen sei nicht erkennbar, ob die angeordnete Maßnahme am 26.11.2020 ende oder gegebenenfalls darüber hinaus wirksam bleibe. Zum anderen hätte sich das Gesundheitsamt mit seiner Anordnung direkt an die unmittelbar betroffenen einzelnen Bewohner der Residenz zu wenden, anstatt an die Seniorenresidenz. Darüber hinaus sei es rechtlich auch nicht zulässig, der Seniorenresidenz aufzugeben, den in Quarantäne befindlichen Personen ein Verlassen ihrer Zimmer zu untersagen. Das Infektionsschutzgesetz sehe eine Übertragung von hoheitlichen Befugnissen auf Dritte nicht vor, zumal darin ein erheblicher Eingriff in die Freiheitsrechte der Bewohner liege. (Beschluss vom 11.12.2020 - 4 L 1947/20)

+++ 10. Dezember 2020 +++ BayVGH: Neu ausgestaltetes Infektionsschutzgesetz verfassungsgemäß
Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist das Anfang November im Eiltempo durchgepeitschte Infektionsschutzgesetz verfassungsgemäß. Zwar seien die in § 28a IfSG geregelten Befugnisse der Infektionsschutzbehörden "zum Teil sehr weitgehend und in die Grundrechte der Betroffenen tief eingreifend". Allerdings seien die dort genannten Befugnisse auch speziell auf die Corona-Pandemie "zugeschnitten". Desweiteren sei nicht ersichtlich, dass der Deutsche Bundestag mit seiner Feststellung, dass eine epidemische Lage von nationaler Tragweite vorliegt, seinen Gestaltungsspielraum überschritten habe. Zudem hätten die Behörden und Fachgerichte genügend Spielraum, um eine verhältnismäßige Anwendung der Regelung im Einzelfall sicherzustellen (Beschluss vom 08.12.2020, Az. 20 NE 20.2461).

+++ 09. Dezember 2020 +++ VG Stuttgart: Pauschale Pflicht zum Tragen einer Maske unzulässig
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die pauschale Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Ludwigsburger Innenstadt für unzulässig erklärt. Die Richter bezweifelten zum einen die Zuständigkeit der Stadt für den Erlass einer solchen Verordnung. Zum anderen konnten die Richter weder der Begründung der Allgemeinverfügung noch den Ausführungen der Stadt Ludwigsburg ausreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine über die Vorgaben der Landes-Corona-Verordnung hinausgehende Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unabhängig von der Sicherstellung des Mindestabstands erforderlich sei. Für nicht überzeugend befand das Gericht auch die pauschale Begründung der Stadt Ludwigsburg, es handle sich um jederzeit besonders stark frequentierte Orte, an denen ein hohes Ansteckungsrisiko bestehe. Der Beschluss gilt unmittelbar nur zugunsten der Antragsteller. Allerdings gelten im Zuge des Beschlusses nun allgemein wieder die Regelungen des Landes Baden-Württemberg. Diese beinhalten eine Maskenpflicht für bestimmte Bereiche wie Fußgängerzonen, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. (Beschluss vom 4. Dezember 2020, Az.: 16 K 5554/20).

+++ 09. Dezember 2020 +++ OVG Berlin-Brandenburg: Brandenburger Quarantäne-Regelung rechtmäßig
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat einen gegen die Brandenburger Quarantäne-Regelung für Reiserückkehrer aus internationalen Risikogebieten gerichteten Eilantrag abgelehnt. Die Antragsteller wollten von Ende Dezember bis Mitte Januar 2021 in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen. Sie bemängelten die fehlende Rechtsgrundlage für die Verordnung und sahen das Quarantäne-Gebot als unverhältnismäßig an. Der Antrag sei schon deshalb unzulässig, da die Verordnung mit Ablauf des 15. Dezembers 2020 außer Kraft trete und die geplante Rückreise der Antragsteller nicht mehr erfasse (allerdings wurde die Verordnung einen Tag nach der Entscheidung bis zum 15. Januar verlängert). Abgesehen von der formalen Unzulässigkeit des Antrags argumentierten die Richter inhaltlich, dass das Reisen Infektionsrisiken berge, denen Personen im Inland nicht in vergleichbarer Weise ausgesetzt seien. Das Infektionsgeschehen erfordere zudem ein sofortiges effizientes Handeln. Der Beschluss ist unanfechtbar. (Beschluss vom 7. Dezember 2020, Az. OVG 11 S 123/20)

+++ 26. November 2020 +++ BayVerfGH: Quarantäneanordnung für Einreisende war verfassungsgemäß
Die vom 10. April bis 15. Mai 2020 in Bayern geltende Einreise-Quarantäneverordnung wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichthof als verfassungsgemäß bestätigt. Diese Verordnung verpflichtete Einreisende und Reiserückkehrer dazu, sich nach der Einreise nach Bayern unverzüglich auf direktem Weg in eine 14-tägige Quarantäne zu begeben. Ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 102 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Bayern) lag nach Ansicht der Richter nicht vor, da es mangels Eingriffsbefugnis keinen Zwang zur Einhaltung der Quarantäne gab. In dem angedrohten Bußgeld konnten die Richter keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit erkennen (Entscheidung vom 23.11.2020, Aktenzeichen Vf. 59-VII-20).

+++ 25. November 2020 +++ OVG Münster: Keine verkaufsoffenen Sonntage in NRW
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat per Eilbeschluss eine Regelung der Landesregierung zur Öffnung der Läden an den Vorweihnachtssonntagen sowie am Sonntag nach Neujahr abgelehnt. Die Landesregierung hatte die Regelung als Infektionsschutzmaßnahme begründet, weil man so einen "unregulierbaren Kundenandrang" vermeiden und damit das Einkaufsgeschehen entzerren wolle. An der infektionsschützenden Wirkung hatte das Gericht allerdings "erhebliche Zweifel". Es könne nämlich nicht angenommen werden, dass sich das Kundenaufkommen des Samstags auch auf den Sonntag verteile. Im Gegenteil erscheine sogar naheliegend, dass in Ermangelung anderer Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zusätzliche Kunden animiert würden, in die Innenstädte zu strömen. (Beschluss vom 24.11.2020, Az. 13 B 1712/20 NE).

+++ 16. November 2020 +++ LG Frankfurt a. M.: Coronabedingte Geschäftsschließung ist kein Mietmangel
Während es ersten Lockdowns im März/April 2020 musste eine Bekleidungskette ihre Ladengeschäfte aufgrund der Corona-Eindämmungsverordnung in Hessen schließen. Daraufhin minderte diese die Miete unter Berufung darauf, dass das öffentlich-rechtliche Öffnungsverbot einen Mietmangel darstelle bzw. die Geschäftsgrundlage (zum Teil) entfallen sei. Dies sah das LG Frankfurt a. M. (Urteil vom 05.10.2020, Az. 2-15 O 23/20) anders: In diesem Fall liege weder eine Störung der Geschäftsgrundlage noch ein Mietmangel vor.

+++ 13. November 2020 +++ BVerfG: Eilantrag einer Gastronomin hat keinen Erfolg
Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag einer Restaurantbetreiberin aus Bayern abgelehnt, die Schließung ihres Restaurants in einem Kino aufzuheben. Die vorläufige Schließung des Restaurants stelle zwar einen gravierender Eingriff in ihre Berufsfreiheit dar. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass die Beschränkungen nach der derzeitigen Rechtsverordnung in Bayern bis Ende November befristet seien. Außerdem bekämen die betroffenen Betriebe eine Hilfe von 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats.
Dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung sei deshalb ein höherer Stellenwert einzuräumen, als dem Grundrecht auf Berufsausübung, so die Richter. Die Gefahren der Pandemie seien weiterhin sehr ernst zu nehmen. Die Neuinfektionen seien auf einem hohen Niveau und nähmen derzeit weiter zu. Aus diesem Grund sei mit erheblichen Belastungen des Gesundheitssystems zu rechnen. Da die genaue Infektionsquelle in den meisten Fällen unbekannt sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gaststätten zum Infektionsgeschehen beitragen (Beschluss vom 11. November 2020; Az.: 1 BvR 2530/20).

+++ 13. November 2020 +++ OVG Berlin-Brandenburg: Brandenburger Gastwirte scheitern mit Eilanträgen
Die Eilanträge mehrerer Gastwirte gegen die Corona-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg wurden durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückgewiesen. Die Richter begründeten ihre ablehnende Entscheidung mit dem derzeitigen Infektionsgeschehen. Die Pandemie-Lage erfordere ein sofortiges effizientes Handeln. Der Beschluss ist unanfechtbar. (Beschluss vom 11. November 2020; Az.: OVG 11 S 111/20)

+++ 12. November 2020 +++ VG/OVG Hamburg: Fitness Studio in Hamburg auf und gleich wieder zu
Am 10.11.2020 hat das Verwaltungsgericht Hamburg im Eilverfahren (Aktenzeichen 13 E 4550/20) entschieden, dass die Fitnessstudiokette Fitness First durch die aktuelle Corona-Verordnung zum "Lockdown Light" in ihrer Berufsfreiheit aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 GG schwerwiegend verletzt wird. Das der Verordnung zu Grunde liegende Infektionsschutzgesetz sei in Bezug auf die getroffene Maßnahme (Schließung) nicht hinreichend konkret genug. Nachdem die Stadt Hamburg gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt hatte, verfügte jedoch das Oberverwaltungsgericht Hamburg per Hängebeschluss, dass die Studios bis zur Entscheidung durch das OVG trotzdem geschlossen bleiben müssen.

+++ 11. November 2020 +++ VG Berlin: Schließung von Gastronomiebetrieben rechtens
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Eilanträge mehrerer Gastronomen gegen die Schließung ihrer Lokale abgelehnt. Die Verordnung des Berliner Senats, mit der die Schließung der Betriebe im November angeordnet worden war, beruhe "auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage", so die Richter. Das Verbot diene "dem legitimen Ziel der Bekämpfung der Krankheit Covid-19, die sich insbesondere in Berlin in kürzester Zeit dramatisch verbreitet" habe. "Die Aussage, Gaststätten trügen nicht wesentlich zur Verbreitung der Pandemie bei, sei nicht haltbar", so die Richter weiter. "Auch wenn das Robert-Koch-Institut viele Ansteckungen auf den privaten Bereich zurückführe, ließen sich drei Viertel der Erkrankungen nicht mehr auf eine bestimmte Quelle zurückführen." (Beschluss vom 9.11.2020, Az.: VG 4 L 476/20)

+++ 10. November 2020 +++ VG Berlin: Quarantäne-Anordnung für komplette Grundschule rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Quarantäne-Anordnung für eine gesamte Grundschule als rechtmäßig erkannt und den dagegen gerichteten Eilantrag abgelehnt. Die Schulleitung habe mit dem Gesundheitsamt und Amtsärzten entschieden, die Schule zu schließen, da eine Kontaktpersonennachverfolgung zu umfangreich sei. Alle Schüler seien gemäß der vom Bezirksamt erlassenen Allgemeinverfügung zur Isolation von Kontaktpersonen der Kategorie I verpflichtet, sich in Quarantäne zu begeben. Die ergriffenen Maßnahmen seien rechtmäßig und auch verhältnismäßig, so die Verwaltungsrichter. (Beschluss vom 6. November 2020; Az.: VG 3 L 623/20)

+++ 09. November 2020 +++ VG Düsseldorf: Gesamtstädtische Pflicht zum Tragen von Alltagsmasken ist rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat dem gegen die Stadt Düsseldorf gerichteten Antrag eines Düsseldorfer Bürgers im Eilverfahren entsprochen. Die Allgemeinverfügung sei unbestimmt, da für den Bürger nicht eindeutig erkennbar sei, wo und wann er der Maskenpflicht unterliege. Vielmehr müsse er anhand der unbestimmten Begriffe „Tageszeit, räumliche Situation und Passantenfrequenz“ selbst über das Vorliegen einer Situation entscheiden, in der ein Begegnungsverkehr „objektiv ausgeschlossen“ sei. Dem Bestimmtheitsgebot sei nicht genügt, wenn der Bürger – wie hier – nicht ohne weiteres in der Lage sei zu erkennen, welches Verhalten von ihm gefordert werde. Dies gelte erst recht, wenn ein Verstoß bußgeldbewehrt sei. Die Richter haben zudem Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festlegung einer Abstandsregelung von fünf Metern geäußert. Aber Achtung: Der Beschluss wirkt sich nur im Verhältnis zum Antragsteller aus. Alle anderen Personen, die sich in Düsseldorf bewegen, müssen die Allgemeinverfügung weiterhin beachten. (Beschluss v. 03.11.2020, Az.: 26 L 2226/20)

+++ 09. November 2020 +++ VGH Baden-Württemberg lehnt Eilanträge von Betrieben gegen Lockdown ab
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat sechs Eilanträge gegen die Schließung von Betrieben infolge des neuen Lockdowns abgelehnt. Die Richter halten Ungleichbehandlungen von Betrieben bei diffusem Infektionsgeschehen für zulässig, weil manche wie etwa Lebensmittelläden der Aufrechterhaltung des Gemeinwohls dienten, andere hingegen nicht. Auch Abweichungen etwa für Schulen seien, wenn auch nicht infektionsschutzrechtlich, so doch pädagogisch zu begründen. (Beschl. v. 06.11.2020, Az. 1 S 3388/20 u.a.)

+++ 09. November 2020 +++ OVG NRW lehnt Eilantrag eines Fitnessstudios gegen Lockdown ab
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat am Freitag einen Eilantrag der Betreiberin eines Fitnessstudios abgewiesen. Fitnessstudios in Nordrhein-Westfalen müssen dementsprechend im November geschlossen bleiben. Zwar sei offen, ob die infektionsschutzrechtliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für die erneuten Schließungen dem Parlamentsvorbehalt genüge. Dies sei aber Gegenstand des Hauptsacheverfahren. Im Übrigen seien die Schließungen aber voraussichtlich verhältnismäßig. (Beschl. v. 06.11.2020, Az. 13 B 1657/20.NE)

+++ 06. November 2020 +++ Auch das OVG Niedersachsen weist Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Sachen Lockdown ab
Mit den heutigen Beschlüssen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (06.11.2020, Az. 13 MN 411/20 u.a.; Az. 13 MN 433/20 u.a.) in Lüneburg, wurden die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Maßnahmen des zweiten Lockdowns (Schließung von Gaststätten, Fitnessstudios, etc.) abgewiesen. In der Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiege der Gesundheitsschutz der Bevölkerung die Interessen der Antragsteller auf Fortführung Ihres Gewerbebetriebs. Im Übrigen seinen die Maßnahmen aufgrund einer tragfähigen und dem Parlamentsvorbehalt genügenden Rechtsgrundlage erlassen worden. Für das Hauptsacheverfahren bleibe allerdings offen, ob die Regelungen der aktuellen Corona-Verordnung für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären seien.

+++ 05. November 2020 +++ BayVGH: Schließung von Gastronomiebetrieben sowie Beherbergungsverbot rechtmäßig
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat heute einen Eilantrag gegen die Untersagung des Gastronomiebetriebs und die Einschränkung des Beherbergungsbetriebs durch die Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) abgelehnt. Die Zweifel des Gerichts, ob die einschlägigen Bestimmungen des Bundesinfektionsschutzgesetzes (IfSG) in ihrer derzeitigen Fassung als Grundlage der angegriffenen Bestimmungen der 8. BayIfSMV dem Parlamentsvorbehalt genügten, blieben zwar. Die angegriffenen Regelungen der 8. BayIfSMV seien aber nicht offensichtlich rechtswidrig. Sie seien ein Bestandteil des der Verordnung zugrundeliegenden Auswahl- und Regelungskonzepts, das die Bereiche Bildung und Erwerbsleben, soweit es nicht den Freizeitbereich betreffe, weitgehend offenhalte und hinsichtlich der Einschränkungen an das Freizeitverhalten der Gesellschaft anknüpfe. Dies sei bei prognostischer Einschätzung eine denkbare Reaktion auf das derzeit stark ansteigende pandemische Geschehen und erwiese sich bei summarischer Prüfung nicht als offensichtlich unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig. Dabei sei zu berücksichtigen, dass für die betroffenen Betriebe erhebliche staatliche Entschädigungsleistungen für den Umsatzausfall angekündigt worden seien. Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es keine Rechtsmittel. (BayVGH, Beschluss vom 5. November 2020, Az. 20 NE 20.2468)

+++ 04. November 2020 +++ OVG Berlin-Brandenburg: Tattoo-Studio bleibt geschlossen
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg lehnte den Eilantrag des Betreibers eines Tattoo-Studios ab, der darauf gerichtet war, das Verbot körpernaher Dienstleistungen in der Verordnung des Landes Brandenburg - in diesem Fall das Tätowieren - vorläufig auszusetzen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Stand des Infektionsgeschehens ein sofortiges effizientes Handeln erfordere, um dem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen wirksam begegnen zu können. Die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betreibers müssten hinter diesen Zweck zurücktreten. Die Einschränkung der körpernahen Dienstleistungen in Tattoo-Studios sei geeignet, erforderlich und angemessen. Anders, als die Dienstleistungen von Friseuren, dienten Tattoo-Studios nicht der Grundversorgung der Bevölkerung. Ein Vergleich mit dem Einzelhandel und dem Aufenthalt im öffentlichen Raum sei unzutreffend, weil dort das Abstandsgebot einzuhalten sei. (Beschluss vom 4.11.2020, Az. 11 S 94/20).

+++ 04. November 2020 +++ OVG Sachsen-Anhalt: Teil-Lockdown in Sachsen-Anhalt rechtmäßig
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat den Eilantrag einer großen Hotelkette abgewiesen und den von der Landesregierung angeordneten Teil-Lockdown als verhältnismäßig bestätigt. Das Gericht begründete dies damit, dass das Ziel der Maßnahmen, nämlich den exponentiellen Anstieg des Infektionsgeschehens durch eine Kontaktreduzierung zu stoppen und so eine Überforderung des Gesundheitssystems zu verhindern, legitim sei. Dem Verordnungsgeber stünde hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, dass mit den angeordneten Maßnahmen nicht nur auf Risikogruppen abgestellt werde, sondern auf die gesamte Bevölkerung. Zwar erkennen die Richter an, dass laut Robert-Koch-Institut (RKI) das Beherbergungsgewerbe nicht zum Treiber der Pandemie zählt. Nach Angaben des RKI sei aber andererseits bei 75 Prozent der Fälle nicht mehr klar, wo sie sich infiziert hätten. Die Herangehensweise, die Kontakte in der Bevölkerung aus diesem Grund allgemein zu reduzieren, um die Zahl der Neuinfektionen wieder auf eine nachverfolgbare Größenordnung zu senken, sei deshalb nicht zu beanstanden. Hinzu komme, dass die Eingriffe in die Grundrechte - hier insbesondere in die Freiheit der Berufsausübung - dadurch abgemildert würden, dass die betroffenen Branchen eine Entschädigung für Umsatzausfälle erhalten sollen. (Beschluss vom 4.11.2020, Az. 3 R 218/20).

+++ 30. Oktober 2020 +++ Niedersächsischen OVG: Schülerin nicht dauerhaft vom Unterricht befreit
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichtes hat entschieden, dass eine Schülerin nicht dauerhaft vom Präsenzunterricht in der Schule befreit, weil eines ihrer Elternteile zu einer Corona-Risikogruppe gehört. Allerdings darf sie zwischenzeitlich im Homeschooling von zu Hause aus lernen. (Az.: 2 ME 388/20).

+++ 26. Oktober 2020 +++ LG München I: Betriebsschließungsversicherung muss an Gastronomen zahlen
Das Landgericht München I hat einer weiteren Klage gegen eine Versicherung auf Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 430.000 € aufgrund der Corona-bedingten Betriebsschließung eines Gasthauses weitgehend stattgegeben. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Versicherungsumfang sei - entgegen der Ansicht der beklagten Versicherung - nicht wirksam eingeschränkt, denn die von der Beklagten in § 1 Ziffer 2 AVB verwendete Klausel sei intransparent und daher unwirksam. Dem Versicherungsnehmer müsse, wenn der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt werde, deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe. Dies habe die beklagte Versicherung nicht getan, sodass sie zur Zahlung der Entschädigung verpflichtet sei. (LG München I, Urteil v. 22.10.2020 – 12 O 5868/20)

+++ 23. Oktober 2020 +++ Auch das OVG Schleswig-Holstein hat dem Beherbergungsverbot eine Absage erteilt
Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig hat das in Schleswig-Holstein bestehende Beherbergungsverbot für Touristen aus Corona-Hotspots für rechtswidrig erklärt. Das Gericht begründete dies mit einem möglichen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da das Verbot nur für Touristen gelte, nicht aber zum Beispiel für Verwandtenbesuche. Außerdem seien Ansteckungen in Hotels eher selten, die meisten Infektionen fänden in privaten Haushalten und beim Feiern statt. Die Entscheidung fiel im Eilverfahren, bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren ist das Verbot nun außer Kraft (Beschluss vom 23.10.2020, Az. 3 MR 47/20).

+++ 22. Oktober 2020 +++ Bundesverfassungsgericht weist Eilantrag gegen Beherbergungsverbot ab
Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag einer Familie aus Tübingen gegen das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein abgelehnt. Der Antrag wurde als unzulässig angesehen, da er nicht ausreichend begründet war. So hätten sich die Antragsteller nicht mit den bisherigen Urteilen der Oberlandesgerichte zu diesem Thema auseinandergesetzt. Das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein besteht damit weiter, das Urteil hat keinen Einfluss auf die Lage in anderen Bundesländern (Beschluss vom 22.10.2020, Az. 1 BvQ 116/20).

+++ 15. Oktober 2020 +++ Auch das OVG Niedersachsen entscheidet gegen das Beherbergungsverbot
Auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen kippt das Beherbergungsverbot in einem Eilverfahren. Begründung: Das Beherbergungsverbot erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. Das Verbot sei schon nicht hinreichend bestimmt. Es erfasse Personen aus Risikogebieten, ohne festzulegen, ob diese Personen dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssten, oder ein kurzzeitiger Aufenthalt genüge. Das Verbot stelle sich auch nicht als notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme dar, da es nur einen sehr begrenzten Ausschnitt des Reisegeschehens erfasse und deshalb überhaupt nur insoweit eine Wirkung auf das Infektionsgeschehen entfalten könne. Das Beherbergungsverbot beziehe sich zudem auch auf Sachverhalte, die jedenfalls nicht offensichtlich mit einer erhöhten Infektionsgefahr verbunden seien. Der Beschluss ist unanfechtbar. (Beschluss v. 15.10.2020, Az. (13 MN 371/20)

+++ 14. Oktober 2020 +++ VGH Baden-Württemberg: Beherbergungsverbot außer Vollzug gesetzt
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat das gerade durch das Land angeordnete Beherbergungsverbot wegen Unverhältnismäßigkeit in einem Eilverfahren außer Vollzug gesetzt. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass das Beherbergungsverbot in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG eingreife und daher voraussichtlich verfassungswidrig sei. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Der Antragsgegner habe einerseits nicht dargelegt, dass im Zusammenhang mit der Beherbergung ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe. Den Antragstellern sei andererseits nicht zumutbar, sich auf die Möglichkeit verweisen zu lassen, negative Coronatests vorzulegen. Nach derzeitiger Sachlage erscheine es nicht hinreichend gewährleistet, dass ein solcher Test von Reisenden überhaupt so kurzfristig erlangt werden könne. Schon aus rein organisatorischer Sicht sei fraglich, ob dieses enge Zeitfenster, in dem eine Abstrichentnahme durch medizinisches Fachpersonal, der Transport der Proben ins Labor sowie die Übermittlung des Ergebnisses und schließlich das Erscheinen des Gastes im Beherbergungsbetrieb stattfinden müsse, überhaupt eingehalten werden könne.
Der Beschluss ist unanfechtbar. (Beschluss v. 14.10.2020, Az. 1 S 3156/20)

+++ 13. Oktober 2020 +++ LG Berlin: Wirt erhält keine Entschädigung für Umsatzeinbußen
Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass ein Berliner Wirt keine Entschädigung wegen des Lockdowns erhält. Es begründete die Abweisung der Klage damit, dass "der Kläger unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Aspekt einen Entschädigungsanspruch gegen das Land Berlin habe". Die angeordneten Einschränkungen seien verhältnismäßig gewesen. Die Umsatzeinbußen seien deshalb nicht als sogenanntes unzumutbares "Sonderopfer" zu werten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim Kammergericht Berlin eingelegt werden. (Urteil v. 13.10.2020, Aktenzeichen: 2 O 247/20)

+++ 1. Oktober 2020 +++ LG München: Wirt bekommt eine Million Euro von seiner Versicherung
Das Münchner Landgericht hat einem Wirt Schadensersatz wegen Corona bedingter Umsatzeinbußen in Höhe von 1,014 Millionen Euro gegen seine Versicherung zugesprochen. Die Versicherung wollte nicht zahlen, da der Covid-19-Erreger in den Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich als Betriebsschließungsrisiko genannt war. Das Gericht folgte dieser Argumentation mit der Begründung "Wir sind der Meinung, dass man von einem Versicherungsnehmer nicht erwarten kann, dass ihm das Infektionsschutzgesetz geläufig ist", nicht und gab dem Kläger Recht. Weder das Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen wurden angerechnet, da diese keine Schadensersatzleistungen seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (LG München I, Urteil vom 1.10.2020, Az. 12 O 5895/20)

+++ 17. September 2020 +++ Ohne Maske keine Verhandlung
Ein gegen ein Bußgeld eingelegter Einspruch wurde vom Amtsgericht Reutlingen (Urteil vom 14.08.2020, Az. 9 OWi 29 Js 9730/20) verworfen, da sich der Betroffene - trotz vorangehenden Hinweises auf die Maskenpflicht im Gerichtsgebäude - weigerte eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das Gericht legte dieses Verhalten als "Ausbleiben ohne genügende Entschuldigung" im Sinne des § 74 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz aus.

+++ 16. September 2020 +++ Anspruch auf Homeschooling wegen Corona?
Da ihre Mutter an Asthma leidet und damit einer erhöhten Gefahr eines schweren Verlaufs bei einer Corona-Infektion ausgesetzt ist, beantragten zwei im Haushalt der Mutter lebende Schüler die Befreiung vom Präsenzunterricht. Ein solcher Anspruch sei jedoch nicht gegeben urteilte das Verwaltungsgericht Lüneburg im Eilverfahren (Beschluss vom 14.09.2020, Az. 4 B 49/20). Ein Anspruch auf Homeschooling bestehe nur dann, wenn ein Schüler selbst (etwa an Asthma) erkrankt sei und so zur Risikogruppe gehöre. Desweiteren komme die Befreiung eines Schülers, der mit einer Risikoperson in einem Haushalt lebt nur dann in Betracht, wenn es an der Schule eine bestätigte Corona-Infektion gegeben habe, was hier nicht der Fall war.

+++ 15. September 2020 +++ Maskenpflicht im Bayerischen Landtag bleibt
Eine offenkundige Verletzung der Abgeordnetenrechte im Landtag sieht der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Beschluss vom 14.09.2020, Az. Vf. 70-IVa-20) in der Plicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht. In der Abwägung Schutz von Leben und Gesundheit, sowie die Funktionsfähigkeit des Landtags zu erhalten gegenüber andere Rechte der Abgeordneten, müssten letztere zurücktreten.

+++ 14. September 2020 +++ Auch Corona-Leugner müssen auf einer Demo Mindestabstand einhalten
Eine Demonstration von sogenannten Corona-Leugnern, die sich gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie richten sollte, wurde unter der Auflage genehmigt, dass die Demonstranten einen Mindestabstand von 1,50 Metern halten müssen bzw. wo dies nicht möglich ist, verpflichtet sind, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Hiergegen richtete sich ein Antrag der Veranstalter beim Verwaltungsgericht Hannover. Das VG wies den Antrag ab (Beschluss vom 11.09.2020; Az. 10 B 4681/20): Die Auflagen seien aufgrund der derzeitigen Pandemie-Lage verhältnismäßig.

+++ 14. September 2020 +++ Ist ein Gesichtsvisier einer Mund-Nasen-Bedeckung gleichwertig?
Ein Schüler wollte aus gesundheitlichen Gründen lieber ein Gesichtsvisier tragen, statt der vorgeschriebenen Mund-Nasen-Bedeckung. Die Schule gestattete dies nicht. Der hiergegen beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße eingereichte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 10.09.2020; Az. 5 L 757/20.N). Das Gericht stellte fest, dass ein solches Visier keinen gleichwertigen Schutz gegen die Verbreitung des Corona-Virus biete.

+++ 09. September 2020 +++ Prostitution auch in NRW wieder erlaubt
Mit Beschluss des gestrigen Tages (08.09.2020 – Az. 13 B 902/20.NE) hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen die derzeit geltende Coronaverordnung in Bezug auf die Untersagung des Betreibens einer sogenannten Prostitutionsstätte außer Vollzug gesetzt. Das vollständige Verbot sexueller Dienstleistungen sei zum jetzigen Zeitpunkt voraussichtlich nicht mehr verhältnismäßig. Auch die norddeutschen Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen wollen das Verbot sexueller Handlungen im Rahmen der Prostitution nun aufheben.

+++ 08. September 2020 +++ Maskenpflicht an bayerischen Schulen vorerst rechtens
Heute beginnt in Bayern die Schule wieder und die Schüler sollen auch im Unterricht eine Maske tragen. Hiergegen wandte sich ein zehnjähriger Schüler einer weiterführenden Schule im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 7.9.2020 (Az. 20 NE 20.1981) bestätigte jedoch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die voraussichtliche Rechtmäßigkeit der entsprechenden Coronaverordnung. Der BayVGH hält die Maßnahme für zweckmäßig und angemessen, um die weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus einzudämmen.

+++ 08. September 2020 +++ Pop-Up-Radwege wegen Corona rechtmäßig?
Um die "systemrelevante Mobilität" in Pandemie-Zeiten zu erhalten, beschloss die Verkehrssenatorin Berlins im Stadtgebiet beschleunigt neue Radwege einzurichten. Dies wurde mit sogenannten Pop-Up-Radwegen umgesetzt. Die hiergegen gerichtete Klage eines Berliner Abgeordneten vor dem Verwaltungsgericht Berlin hatte Erfolg: Das VG (Beschluss vom 04.09.2020, Az. VG 11 L 205/20) hat "ernstliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme. Solche Radwege dürften nur dort eingerichtet werden, wo eine konkrete Gefahrenlage für Radfahrer bestehe. Eine solche konnte das Gericht, auch bei im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie möglicherweise geänderter Straßennutzung durch die Verkehrsteilnehmer, nicht erkennen.

+++ 07. September 2020 +++ Schule darf Tragen eines Mund-/Nasenschutz nicht "dringend" empfehlen
Die "dringende Empfehlung" einer Schule - trotz einer insofern geänderten Corona-Verordnung - auch im Unterreicht weiterhin eine Maske zu tragen, erfolgt ohne Rechtsgrundlage, so entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Beschluss vom 24.08.2020 - 6 L 938/20.WI). Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass eine solch dringende Empfehlung ggf. diskriminierende Verhaltensweisen durch maskentragende Lehrer auslösen könnte.

+++ 04. September 2020 +++ Bordellbetrieb wieder möglich!?
Gestern entschied das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 3.9.2020 – Az. 3 R 156/20), dass die dortige Corona-Verordnung in Bezug auf die Regelungen die Prostitution betreffend, keine Gültigkeit mehr haben kann. Die ausnahmslose Schließung von Bordellen sei deswegen keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes, da nicht ersichtlich sei, warum nicht auch in solchen Betrieben der Ansteckungsgefahr entgegen wirkende Abstands- und Hygienekonzepte umgesetzt werden können.

+++ 03. September 2020 +++ Keine Uni-Klausuren im Home-Office
Studierende haben keinen Anspruch darauf, eine von der Universität als Präsenz-Klausur angesetzte Prüfung, aufgrund der Corona-Pandemie online von zu Hause aus zu schreiben. So entschied gestern das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 02.09.2020 - 2 ME 349/20). Die für die Klausur festgelegten Maßnahmen zum Gesundheitsschutz seinen nach dem Stand der Wissenschaft ausreichend wirksam. Die Tatsache, dass der Antragsteller einer Risikogruppe (Raucher) angehöre, ändere nichts an dieser Beurteilung.

+++ 02. September 2020 +++ Corona-Soforthilfe ist nicht pfändbar
In seinem Beschluss vom 01.09.2020 entschied der Bundesfinanzhof (Az. VII S 23/20), dass die im Rahmen der Corona-Pandemie gezahlte Soforthilfe aufgrund ihrer Zweckbindung nicht pfändbar ist. Die Soforthilfe werde gewährt, um unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelöste wirtschaftliche Engpässe abzumildern. Altschulden, beispielsweise beim Finanzamt - wie in diesem Fall -, müssen damit nicht ausgeglichen werden.

+++ 02. September 2020 +++ Auch nach 23.00 Uhr wieder Bier in München
Das Verbot im gesamten öffentlichen Raum Münchens nach 23.00 Uhr Alkohol zu konsumieren ist unverhältnismäßig, so urteilte gestern der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 01.09.2020, Az. 20 CS 20.1962). Zwar sieht auch der BayVGH im Alkoholverbot ein geeignetes Mittel, die Verbreitung des Coronavirus einzuschränken, da es Menschenansammlungen im öffentlichen Raum verhindere. Allerdings sei ein Verbot für das gesamte Stadtgebiet unverhältnismäßig. Es reiche aus, die Maßnahme auf bekannte Hotspots zu beschränken.

+++ 24. August 2020 +++ VG Schleswig: Maskenpflicht in Schulen rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Schleswig hat mehrere Eilanträge verbeamteter Lehrer, die mit Blick auf die Covid-19-Pandemie von der Pflicht zum Präsenzunterricht befreit werden wollten, abgelehnt. Eine Befreiung käme nur dann in Betracht, wenn dies den Betroffenen unter Berücksichtigung der getroffenen Schutzmaßnahmen unzumutbar sei. Insoweit sei die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber der beamtenrechtlichen Einsatzpflicht der Lehrer abzuwägen. Das Gericht sah die vom Land Schleswig-Holstein getroffenen allgemeinen Hygienemaßnahmen als ausreichend an. Die Lehrer hätten keinen Anspruch darauf, an ihrer Schule eine „Nullrisiko-Situation“ vorzufinden. (Beschluss v. 20.08.2020, Az. 12 B 45/20 u.a.)

+++ 21. August 2020 +++ OVG Münster: Maskenpflicht im Unterricht voraussichtlich rechtens
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat zwei Eilanträge gegen die Maskenpflicht abgewiesen. Diese sei zwar eine erhebliche Belastung für die Schüler, trotzdem aber voraussichtlich rechtmäßig. Angesichts der Gefahren durch die Corona-Pademie sei die Maskenpflicht verhältnismäßig und erforderlich. Es sei nicht feststellbar, dass das Tragen der Alltagsmaske Gesundheitsgefahren mit sich bringe. Es lägen auch keine belastbaren Erkenntnisse für die Annahme vor, dass die Masken die Atmung beeinträchtigen könnten. Zudem könnten die Schulleitungen aus medizinischen Gründen Ausnahmen von der Maskenpflicht erteilen. (Beschl. v. 20.08.2020, Az. 13 B 1197/20.NE)

+++ 21. August 2020 +++ OLG Frankfurt: Umgangsrecht des Vaters trotz Corona-Pandemie
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der familiengerichtlich geregelte Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ohne eine rechtfertigende Änderungsentscheidung des Gerichts nicht unter Hinweis auf die Corona-Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Coronavirus verweigert werden darf. Hält sich der andere Elternteil nicht daran, könne ein Ordnungsgeld verhängt werden. (Beschl. v. 08.07.2020, Az. 1 WF 102/20).

+++ 21. August 2020 +++ VGH München: Presse hat ein Auskunftsrecht zu gemeindegenauer Gesamtzahl der COVID-19-Infektionen
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die Presse von den zuständigen Behörden Auskunft über die Gesamtzahl der seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie dokumentierten Infektionszahlen verlangen kann und zwar aufgeschlüsselt nach einzelnen Landkreisgemeinden. Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch sei das Bayerische Pressegesetz. Etwas anderes gelte nur, wenn personenbezogene Daten betroffen seien. (Beschluss vom 19.08.2020 - 7 CE 20.1822)

+++ 19. August 2020 +++ VG Gießen: Zweitsemester dürfen nicht in die Unibibliothek
Das Verwaltungsgericht Gießen lehnte den Eilantrag eines Zweitsemesterstudenten ab, mit dem er gegen die Corona-bedingten Einschränkungen des Sport- und Lehrangebots der Universität Gießen vorgehen wollte. Konkret wollte er erreichen, dass ihm die Nutzung des universitären Sportplatzes zum Laufen und die Nutzung der Bibliothek des juristischen Fachbereichs ermöglicht wird. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Die Öffnung des Sportplatzes könne nur unter sehr hohem organisatorischem Aufwand umgesetzt werden. Dazu sei die Universität aber nicht verpflichtet. Hinsichtlich seines Ausschlusses von der Nutzung der Bibliothek befand das Gericht, dass es zulässig sei, die Anzahl der Plätze zur Wahrung der Abstandsregelungen und zum Gesundheitssschutz zu begrenzen. Die vorrangige Vergabe der Bibliotheksplätze an die Examenskandidaten, verletze den Zweitsemester nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung, da die die Examenskandidaten gegenüber anderen Studierenden in besonderem Maße auf den Zugang und die Nutzung von Literatur während ihrer zeitintensiven Vorbereitungsphase auf das Examen angewiesen. (Beschl. v. 11.08.2020, Az. 3 L 2412/20.Gl).

+++ 19. August 2020 +++ VG Schleswig: Maskenpflicht in Schulen rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Schleswig hat in einem Eilverfahren entschieden, dass die von einer Schule angeordnete Maskenpflicht ein Verwaltungsakt ist. Dagegen sei ein Widerspruch möglich, der dann aufschiebende Wirkung habe, sodass der widersprechende Schüler vorerst keine Maske tragen müsse. (Beschl. v. 19.08.2020, Az. 9 B 23/20).
Vor diesem Hintergrund hat das Land Schleswig-Holstein am selben Tag eine Maskenpflicht an den Schulen eingeführt.

+++ 19. August 2020 +++ LG Hannover: Keine Entschädigung für Umsatzverluste während des Lockdowns
Das Landgericht Hannover hat entschieden, dass ein Gaststättenbetreiber seine während des Corona bedingten Lockdowns entstandenen Umsatzverluste nicht vom Land Niedersachsen ersetzt bekommt. Das Gericht urteilte, dass es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Insbesondere sehe das Bundesinfektionsschutzgesetz keine ausdrückliche Regelung vor, was auch der Intention des Gesetzgebers entspräche. Aus diesem Grund sei auch ein Rückgriff auf das Landespolizeirecht als Anspruchsgrundlage nicht möglich, das grundsätzlich eine Entschädigungsregelung für als "Nichtstörer" in Anspruch genommene Personen vorsieht. Letztlich ergebe sich auch aus dem allgemeinem Staatshaftungsrecht kein Entschädigungsanspruch, da dem Kläger durch die eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen betreffenden Corona-Maßnahmen kein individuelles und unzumutbares Sonderopfer auferlegt wurde. (LG Hannover, Urteil v. 9.7.2020 - 8 O 2/20)

+++ 18. August 2020 +++ AG Frankfurt am Main: Volle Reisekostenerstattung wegen Corona
Wird eine Urlaubsreise wegen Corona storniert, ist der Reiseveranstalter zur Rückerstattung des kompletten Reisepreises verpflichtet, hat das Amtsgericht Frankfurt am Main geurteilt. Eine amtliche Reisewarnung sei dafür nicht Voraussetzung. Es reiche aus, wenn der Reiserücktritt auf einem unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand beruhe. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus sei insoweit ausreichend. (Urt. v. 11.8.2020, Az. 32 C 2136/20)

+++ 17. August 2020 +++ BVerfG: Triage-Situation nicht verbindlich zu regeln
Das Bundesverfassungsgerichts hat einen Eilantrag mehrerer Beschwerdeführer mit Behinderungen und Vorerkrankungen abgelehnt, der darauf gerichtet war, den Gesetzgeber zu einer Regelung darüber zu verpflichten, welche Patienten von Ärzten bei Engpässen in der Corona-Pandemie zu retten sind und welche nicht (sog. Triage-Situation). Die Beschwerdeführer befürchten, aufgrund ihrer Behinderung oder Vorerkrankung schlechter behandelt oder gar von einer lebensrettenden Behandlung ausgeschlossen zu werden. Diese "schwierige Frage, ob und wann gesetzgeberisches Handeln in Erfüllung einer Schutzpflicht des Staates gegenüber behinderten Menschen verfassungsrechtlich geboten ist und wie weit der Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Regelungen medizinischer Priorisierungsentscheidungen reicht", könne in einem Eilverfahren aber nicht geprüft werden, so das Gericht. (Beschl. v. 16.07.2020, Az. 1 BvR 1541/20).

+++ 11. August 2020 +++ VG Hamburg: Keine Maskenpflicht im Unterricht rechtens
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Eilantrag eines Lehrers abgewiesen, mit dem dieser erreichen wollte, dass auch während des Unterrichts eine Maske getragen werden müsse. Laut dem Gericht sei nicht erkenntlich, dass die bereits getroffenen Schutzvorkehrungen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich wären, oder erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben würden. Es sei zudem nicht ersichtlich, warum das Tragen einer Maske im Unterricht zwingend notwendig sei. (Beschl. v. 10.8.2020, Az. 3 E 3336/20)
+++ 09. August 2020 +++ VG Berlin: Kein Mindestabstand in der Schule erforderlich
Das Verwaltungsgericht Berlin hat einen Antrag von Eltern und Schülern abgelehnt, die erreichen wollten, dass auch in der Schule ein Mindestabstand von 1,5 Metern gelten solle. Das Gericht lehnte den Antrag mit der Begründung ab, das Land Berlin habe ausreichend andere Maßnahmen vorgeschlagen, um das Infektionsrisiko zu senken. (Beschl. v. 7.8.2020, Az. VG 14 L 234/20)

+++ 22. Juli 2020 +++ VG Köln: Maskenpflicht beim Klausurenschreiben rechtens
Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass Studenten auch bei mehrstündigen Klausuren in der Uni grundsätzlich einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Die von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz geschützten prüfungsrechtlichen Interessen der Studenten seien nachrangig zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der anderen Studenten. Die Universität habe auch dadurch für Verhältnismäßigkeit gesorgt, dass nicht bestandene Klausuren als nicht unternommen gewertet würden und wiederholt werden könnten. Studenten mit gesundheitlichen Einschränkungen könnten zudem die Klausuren in einem extra Raum, in dem keine Maskenpflicht gelte, schreiben. (Beschl. v. 17.07.2020 Az. 6 L 1246/20).

+++ 16. Juli 2020 +++ VGH Mannheim: Quarantäne nach Rückkehr aus Türkei rechtmäßig
Wer aus der Türkei nach Baden-Württemberg einreist, muss sich in häusliche Quarantäne begeben. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim lehnte einen Eilantrag eines Stuttgarter Rechtsanwalts ab, der ab kommender Woche für zwei Wochen nach Izmir reisen will. Die Einreise aus Ländern mit vielen Ansteckungen könne das Virus in Deutschland weiterverbreiten. Nur wenn der Einreisende einen höchstens 48 Stunden vor der Ankunft in Deutschland vorgenommenen negativen Corona-Test vorweisen könne, könne die Quarantäne entfallen. (Beschl. v. 16.07.2020, Az. 1 S 1792/20).

+++ 12. Juni 2020 +++ VG Braunschweig: Betriebsverbot für Kinos weiterhin rechtmäßig
Die Antragstellerin betreibt neben einem Kino in Salzgitter weitere Kinos in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Seit dem 17. März 2020 ist ihr in Salzgitter betriebenes Kino nach der Corona-Verordnung geschlossen. Die Antragstellerin hatte einen Hygieneplan vorgelegt, der unter anderem Maßnahmen zur Trennung der Besucherströme vorsieht sowie eine verstärkte regelmäßige Zwischenreinigung, eine Verringerung der Sitzplätze und eine ausgedehntere Belüftung der Kinosäle. Darüber hinaus sollten die Tickets grundsätzlich nur online verkauft werden und die Besucher eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Ungleichbehandlung von Kinos im Vergleich zu Restaurants und anderen Freizeitangeboten halte sie nicht für gerechtfertigt.
Das Gericht hat den Eilantrag abgelehnt. Das Betriebsverbot sei mit den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes vereinbar. Auch Grundrechte der Antragstellerin seien nicht verletzt. Derzeit bestünde bei der Öffnung von Kinos auch unter Beachtung eines Hygieneplans, wie ihn die Antragstellerin vorgelegt habe, weiterhin die Gefahr einer Verbreitung des Corona-Virus. Die Nutzung der Kinosäle werde voraussichtlich dazu führen, dass der Mindestabstand zwischen den Besuchern regelmäßig unterschritten werde. Aufgrund des engen Durchgangs in den Sitzreihen sei es nicht möglich, beim Aufsuchen des Sitzplatzes und auf dem Weg zur Toilette den erforderlichen Abstand einzuhalten. Das Hygienekonzept der Antragstellerin lasse nicht erkennen, ob sie diesen Umstand überhaupt beachtet und hierfür eine praktische Lösung gefunden habe. Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Freizeitangeboten sei durch wesentliche Unterschiede gerechtfertigt. Die Mindestabstände in anderen Einrichtungen, wie Museen, Ausstellungen und Galerien könnten leichter eingehalten werden, da sich die Besucher hier nicht zwangsläufig an anderen Besuchern "vorbeidrängen" müssten. In Speisewirtschaften könne eine räumliche Trennung der Gäste durch die Platzierung an Tischen gewährleistet werden.
(Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 12.06.2020, 4 B 209/20)

+++ 16. Juni 2020 +++ VG Gießen: Berufsschüler: Kein Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht
Das Verwaltungsgericht Gießen hat den Eilantrag von Berufsschülerinnen abgelehnt, die behauptet hatten, der einmal wöchentlich durchgeführten Präsenzunterricht sei ihnen nicht zumutbar und verletze ihr verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die in der Verordnung vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Mindestabstand, Gruppengröße, Beachtung der Hygieneregeln des RKI) stellten zusammen mit dem vom Kultusministerium erstellten „Hygieneplan-Corona“ geeignete und ausreichende Schutzmaßnahmen dar, um das Risiko einer Ansteckung grundsätzlich auf ein vertretbares und zumutbares Maß zu begrenzen. Die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Verordnung stelle zudem eine ausreichende gesetzliche Grundlage dar.
(Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss v. 16.06.2020, 7 L 2117/20.GI)

+++ 15. Juni 2020 +++ OVG Sachsen-Anhalt: Abweichungen vom Mindestabstand in Schulen zulässig
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat den Antrag eines Grundschullehrers abgelehnt, der auf die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,50 Meter an den Schulen gerichtet war. Die entsprechende Regelung über die Abweichung vom Mindestabstand verletze nicht die staatliche Pflicht zum Schutz der Gesundheit der betroffenen Lehrer und Schüler. Eine konkrete Gefährdung von Schülern und Lehrkräften bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,50 m sei bislang wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen. (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. Juni 2020 - 3 R 111/20)

+++ 20. Mai 2020 +++ VGH München: Ausgangsbeschränkungen sind rechtmäßig
Der Verwaltungsgerichtshof München hat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass die vom Land Bayern in seiner Corona-Verordnung bestimmten Ausgangsbeschränkungen nicht unverhältnismäßig seien. Bei Aussetzung des Vollzugs der Verordnung, wäre mit vermehrten Infektionsfällen zu rechnen, die nach der derzeitigen Risikobewertung zwingend so weit wie möglich zu verhindern seien, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verzögern. (Beschluss v. 30.03.2020 – 20 NE 20.632)
+++ 19. Mai 2020 +++ VG Wiesbaden: Keine Maskenpflicht in der Schule

In Hessen besteht in Schulen keine Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske; vielmehr bleibt dies nur eine Empfehlung. Ein Schüler wollte daraus per einstweiliger Verfügung für den Unterricht eine Pflicht machen. Er scheiterte allerdings mit seinem Antrag, weil seine Schule nach Ansicht des Gerichts alle übrigen vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen einhalte. Eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung erachtete das Verwaltungsgericht Wiesbaden auch deshalb nicht als notwendig, weil aufgund der Entwicklung von Corona-Infektionen in der betreffenden Gemeinde keine besondere Gefährdung erkennbar sei (Beschl. v. 11.05.2020, Az. 6 L 485/20.WI).

+++ 11. Mai 2020 +++ Niedersächsisches OVG setzt Quarantänepflicht außer Vollzug
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die generelle Quarantänepflicht für Menschen, die aus dem Ausland einreisen, einstweilig außer Vollzug gesetzt die aus dem Ausland nach Deutschland einreisen. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Nach Ansicht der Richter lasse das Infektionsschutzgesetz eine Regelung durch Rechtsverordnung nur zu, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlägen. Eine Quarantäne sehe dieses Gesetz aber nur für bestimmte Personen vor, z.B. Kranke oder Krankheitsverdächtige. Mit Blick auf die weltweiten Fallzahlen, die in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen seien, könne auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender aber nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden. (Beschluss v. 11. Mai 2020, Az. 13 MN 143/20)

+++ 29. April 2020 +++ LG Heilbronn: Keine Entschädigung für Ladenbetreiber
Die Inhaberin eines Friseursalons in Baden-Württemberg, der wegen der Corona-Verordnung schließen musste, hatte auf Entschädigungsvorschuss im einstweiligen Rechtsschutz geklagt. Das Landgericht Heilbronn hat den Anspruch abgelehnt. Die Klägerin habe bereits eine ausreichende Soforthilfe vom Land in Höhe von 9.000 Euro erhalten. Deshalb habe eine existenzielle Notlage, die die Klägerin im Eilverfahren hätte nachweisen müssen, nicht vorgelegen. Auch ein Anspruch aus § 56 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG), der Existenzbedrohten eine Entschädigung für Verdienstausfall zuspricht, besteht nach Ansicht des Gerichts nicht. Grund: Die allgemeinen Betriebsschließungen seien keine Maßnahme nach dem IfSG selbst (§ 56 Abs. 1 IfSG). Darüber hinaus ist nach Ansicht des Gerichts auch aus § 55 Polizeigesetz (PolG) Baden-Württemberg kein Anspruch auf Entschädigung abzuleiten, weil das Infektionsschutzgesetz abschließende Regelungen für diesen Sachverhalt treffe. (Urt. v. 29.4.2020, Az.: I 4 O 82/20)

+++ 29. April 2020 +++ BVerfG: Fitnessstudios dürfen nicht aufmachen
Der Betreiber eines Fitnessstudios aus Baden-Württemberg ist vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit seinem Eilantrag gegen die Zwangsschließung seines Studios gescheitert. Dei Schließung sei zwar ein "schwerwiegender und teilweise irreversibler Eingriff" in die Berufsfreiheit "mit erheblich nachteiligen wirtschaftlichen Folgen". Mit Blick auf die Gefahren für Leib und Leben der Mitglieder des Fitnessstudios, müssten diese Interessen aber derzeit zurücktreten (Beschl. 28.04.2020, Az. 1 BvR 899/20).

+++ 29. April 2020 +++ VGH BaWü: Gaststätten dürfen nicht öffnen
Eine Restaurantbetreiberin hatte in einem Eilverfahren beanstandet, dass durch die weitere Schließung ihrer drei Betriebe einerseits und die Öffnung von Ladengeschäften und Handwerksbetrieben andererseits eine Ungleichbehandlung vorliege. Sie könne die Hygieneregelungen zwecks Gesundheitsschutzes in ihren Restaurants ebenso umsetzen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Würtemberg folgte dem nicht und hat kein deutlich überwiegendes Interesse der Restaurantbetreiberin an der Öffnung ihres Betriebs gegenüber dem Gesundheitsschutz ihrer Kunden festgestellt. Der Eilantrag wurde dementsprechend abgelehnt (Beschl. v. 28.04.2020 Az. 1 S 1068/20).

+++ 29. April 2020 +++ BVerfG: Kein pauschales Verbot von Gottesdiensten
Ein pauschales Verbot von Gottesdiensten hat das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren, das von einer islamischen Glaubensgemeinschaft beantragt wurde, für rechtswidrig erklärt. Ausnahmen im Sinne der Glaubensfreiheit müssten möglich sein, wenn entsprechende Schutzvorkehrungen beachtet würden. Demnach sei es kaum vertretbar, dass die Corona-Verordnung keine Ausnahmen eröffne. Das BVerfG hat mit seiner Entscheidung die entsprechende Regelung in der niedersächsischen Corona-Verordnung außer Kraft gesetzt (Az. 1 BvQ 44/20).

+++ 29. April 2020 +++ Berlin: Öffnung bis 800 Quadratmeter rechtens
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die auf bis zu 800 Quadratmetern Fläche beschränkte Öffnung von Ladengeschäften für rechtmäßig erklärt. Aufgrund der aktuellen Gefährdungslage sei diese Einschränkung rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht begründet dies damit, dass die erforderlichen Hygienemaßnahmen in kleineren Geschäften mit weniger Kunden leichter gewährleistet werden könnten.

+++ 28. April 2020 +++ Saarland: Ausgangsbeschränkungen teilweise aufgehoben
Im Saarland hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die Ausgangsbeschränkungen zum Teil sofort zu lockern sind. Es bestünde derzeit kein belastbarer Grund mehr für Regelungen in dieser Schärfe. Ab sofort sind private Treffen von Verwandten in gerader Linie, also Eltern, Großeltern und Enkeln, aber auch Geschwistern und Nichten erlaubt. Erlaubt ist auch das Verweilen im Freien, nicht nur zu Sport und Bewegung und ohne triftigen Grund. Bei beidem gilt weiterhin das Kontaktreduzierungs- und Abstandsgebot.
(Beschluss vom 28. April 2020, Az. Lv 7/20)

+++ 28. April 2020 +++ Hamburg: Maskenpflicht bleibt
Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg verstößt die Pflicht, in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften und auf Wochenmärkten Masken zu tragen, nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Mund-Nasen-Masken seien geeignet, dem Gesundheitsschutz zu dienen. Die Bürger müssten dies für einen begrenzten Zeitraum hinnehmen.
(Beschluss vom 28.4.2020, Az. 10 E 1784/20)

+++ 27.April 2020 +++ Bayern: 800-Quadratmeter-Regel rechtswidrig
In Bayern dürfen im Zuge der Lockerungen ab 20. April Baumärkte und ab 27. April Buchhandlungen und Fahrradläden wieder öffnen, sowie "sonstige Einzelhandelsbetriebe", wenn deren Verkaufsfläche 800 Quadratmeter nicht überschreitet. Auch sollten nur "sonstige" Einzelhandelsgeschäfte ihre Kundenzahl auf einen Kunden pro 20 Quadratmeter begrenzen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied auf Antrag einer Einzelhandelskette, dass die Regelung verfassungswidrig ist (Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund, kein erkennbarer Vorteil für Infektionsschutz). Da die Vorschrift befristet war, verzichtete das Gericht auf eine Außerkraftsetzung.
(BayVGH, Beschluss vom 27.4.2020, Az. 20 NE 20.793)

+++ 27. April 2020 +++ Sachsen-Anhalt: 800-Quadratmeter-Regel rechtmäßig
Das OVG Magdeburg hat die Regelung bestätigt, nach der nur Ladengeschäfte bis 800 qm Verkaufsfläche wieder öffnen dürfen und einige Branchen, wie Buchhändler und Fahrradläden, davon ausgenommen sind. In Geschäften könne durch Hygienemaßnahmen allein kein wirksamer Infektionsschutz erreicht werden, daher sei die Begrenzung sinnvoll. Auch die Ausnahmen seien gerechtfertigt.
(OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.4.2020, Az. 3 R 52/20)

+++ 26. April 2020 +++ Bayern: Freiwillige Beschränkung der Verkaufsräume
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat entschieden, dass Geschäfte, die ihre eigentlich größere Verkaufsfläche auf maximal 800 Quadratmeter verringern, nicht automatisch wieder öffnen dürfen.
(VG Ansbach, Beschlüsse vom 24.4.2020 und 26.4.2020, Az. AN 18 E 20.00745 und AN 30 S 20.00775).

+++ 24. April 2020 +++ Hessen: Kein Unterricht nur für 4. Klasse
In Hessen ist am 16.4.2020 eine Verordnung erlassen worden, nach der der Schulunterricht bis 3.5.2020 ausfällt - allerdings nicht für Schüler der vierten Jahrgangsstufe, Förderschüler im Bereich "Hören und Sehen" und für Schüler an Sprachheilschulen. Eine Schülerin der vierten Klasse klagte dagegen, da auch für sie ein Infektionsrisiko bestünde. Der hessische Verwaltungsgerichtshof hat dem Antrag im Eilverfahren stattgegeben und die Schulpflicht für die genannten Gruppen vorläufig ausgesetzt (Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund). (VGH Kassel, Beschluss vom 24.4.2020, Az. 8 B 1097/20.N)

+++ 24. April 2020 +++ Schleswig-Holstein: Outlet-Center darf öffnen
Nach der Schleswig-Holsteinischen Corona-Verordnung vom 18.4.2020 müssen trotz ersten Lockerungen für Ladengeschäfte Outlet-Center geschlossen bleiben. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat diese Regelung außer Vollzug gesetzt. Halte der Verordnungsgeber ein “Anfahren” der wirtschaftlichen Betätigung für vertretbar, müsse er vergleichbare Sachverhalte auch vergleichbar regeln.
(OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.4.2020, Az. 3 MR 9/20)

+++ 24. April 2020 +++ Saarland: 800 Quadratmeter-Regel bestätigt
Die Kaufhäuser der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH im Saarland bleiben geschlossen, weil sie über 800 qm Verkaufsfläche haben. Dies hat das OVG Saarlouis entschieden. Die Begrenzung auf 800 Quadratmeter sei rechtens, großflächige Einzelhandelsbetriebe und gerade Kaufhäuser mit vielfältigem Angebot seien besonders attraktiv und zögen Menschenmassen an. Die Ungleichbehandlung mit Läden, die nur bestimmte Waren wie Bücher verkauften, sei gerechtfertigt.
(OVG Saarlouis, Beschluss vom 24.4.2020, Az. 2 B 122/20)

+++ 24. April 2020 +++ Wesel: Videoüberwachung von Arbeitnehmern unzulässig
Das Arbeitsgericht Wesel hat entschieden, dass ein Arbeitgeber keine flächendeckende Videoüberwachung der Arbeitnehmer durchführen darf, um zu kontrollieren, ob sich diese auch an die Corona-Abstandsregeln halten. Begründet wurde die Entscheidung mit der unsicheren Verarbeitung der Daten im Ausland und der fehlenden Beteiligung des Betriebsrates.
(ArbG Wesel, Beschluss vom 24.4.2020, Az. 2 BVGa 4/20)

+++ 23. April 2020 +++ Niedersachsen: Gottesdienste verboten
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat es abgelehnt, das Verbot von Gottesdiensten in Kirchen, Moscheen und Synagogen außer Vollzug zu setzen. Die gezielte Zusammenkunft zahlreicher Personen berge ein zu hohes Infektionsrisiko.
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.4.2020, Az. 13 MN 109/20).

+++ 23. April 2020 +++ Brandenburg: Ferienwohnungen bleiben zu
Nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ist das Verbot des Betriebs von Ferienwohnungen rechtmäßig. Die Berufsfreiheit der Betreiber müsse hinter dem Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit zurückstehen.
(OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.4.2020, Az. OVG 11 S 25.20)

+++ 22. April 2020 +++ Hamburg: 800-Quadratmeter-Regel gekippt
Eine Hamburger Verordnung besagte, dass zunächst nur Geschäfte bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche öffnen dürfen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat dem Eilantrag einer Sportläden-Kette stattgegeben: Die Regel verstoße gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz). Die Beschränkung auf 800 qm sei nicht geeignet, den Infektionsschutz zu verbessern. In großen Geschäften könne man genauso gut Abstand halten. Die Entscheidung des OVG Hamburg steht noch aus.
(Beschluss vom 22.4.2020, Az. 3 E 1675/20)

+++ 22. April 2020 +++ Minden: Kein Aufnahmestopp für Klinik
Eine stationäre Reha-Klinik wurde im Zuge der Corona-Bekämpfung vorübergehend als Einrichtung zur Entlastung der akutstationär zu versorgenden Patienten bestimmt. Als bekannt wurde, dass eine Patientin mit Corona infiziert war, wurde über die Klinik ein behördlicher Aufnahmestopp für neue Patienten verhängt. Das Verwaltungsgericht Minden sah dies als rechtswidrig an. Zumindest hätte die Behörde zuerst auch andere Maßnahmen prüfen müssen.

(VG Minden, Beschluss vom 21.4.2020, Az. 7 L 299/20)
+++ 17. April 2020 +++ Hamburg: Mutter darf Kinder besuchen
Das in der Hamburger Corona-Verordnung vom 9. April 2020 festgelegte Verbot, nach dem Eltern ihre in Kinderschutzeinrichtungen untergebrachten Kinder nicht besuchen dürfen, ist rechtswidrig. So entschied das Verwaltungsgericht Hamburg.
(VG Hamburg, Beschluss vom 17.4.2020, Az. 11 E 1630/20)

+++ 15. April 2020 +++ BVerfG: Kein pauschales Demonstrationsverbot in Gießen
Das Bundesverfassungsgericht hat einem Eilantrag gegen ein von der Stadt Gießen verhängtes Versammlungsverbot gegen die andauernden Corona-Maßnahmen teilweise stattgegeben. Die Richter wiesen die Stadt Gießen an, erneut über angemeldete Versammlungen zu entscheiden. Die Corona-Verordnungen führten nicht zu einem pauschalen Verbot von Versammlungen mit mehr als zwei Menschen aus unterschiedlichen Haushalten. (Beschluss vom 15. April 2020, Az. 1 BvR 828/20)

Praxistipp
Wer sich als Bürger oder Unternehmen gegen behördliche Bescheide oder gar gegen Verordnungen von Landesregierungen zur Wehr setzen will, sollte sich an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht wenden. Dieser kann prüfen, ob die jeweiligen Maßnahmen verfassungsgemäß sind.

(Bu)


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 Stephan Buch
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