BGH, Urt. 14.3.2017 - VI ZR 721/15

Werbe-E-Mail ohne informierte Einwilligung

Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 06/2017
Für eine wirksame Einwilligung in den Empfang eines werblichen E?Mail-Newsletters ist neben der Angabe, welches Unternehmen den Newsletter verschickt, erforderlich, dass klar benannt wird, welche Produkte oder Dienstleistungen dieses Unternehmens beworben werden sollen.

BGH, Urt. v. 14.3.2017 - VI ZR 721/15

Vorinstanz: LG Berlin, Urt. v. 3.11.2015 - 16 S 30/14
Vorinstanz: AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg, Urt. v. 26.8.2014 - 24 C 12/14

BDSG § 28 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 307 Abs. 1, 823, 1004; UWG § 7

Das Problem

Ein Handelsvertreter hatte von einer Drittwebseite eine Freeware-Software heruntergeladen. Im Zusammenhang mit der für den Download der Software erforderlichen Angabe der geschäftlichen E?Mail-Adresse will der Betreiber der Webseite darauf hingewiesen haben, dass er und seine „Sponsoren” die Adresse für werbliche Ansprachen nutzen würden. Die „Sponsoren” wurden weder bei Eingabe der E?Mail-Adresse noch im verlinkten Text der Nutzungsbedingungen explizit genannt. In einer Passage der Webseiten-AGB befand sich eine Verlinkung auf die Sponsorenliste. Nach dem Download erhielt der Softwarebezieher eine E?Mail, auf die er im Weg des Double-Opt-In-Verfahrens den Download bestätigen sollte. In dieser Mail war erneut ein genereller Hinweis auf die werbliche Nutzung der E?Mail-Adresse durch die „Sponsoren” erfolgt. Im Nachgang erhielt der Kläger von einem Dienstleister eines in der Sponsorenliste genannten Verlags Werbemails.

Die Entscheidung des Gerichts

Der BGH verneinte das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung in den E?Mail-Versand und bejahte im Ergebnis den Unterlassungsanspruch des Empfängers.

Eingriff in Gewerbebetrieb: In Fortführung seiner Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 12.9.2013 – I ZR 208/12, CR 2013, 797 m. Anm. Schirmbacher = ITRB 2014, 27 [Vogt]) stellt der BGH klar, dass das Zusenden der Werbemails an die geschäftliche E?Mail-Adresse des Empfängers einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, der an den Maßstäben von § 7 UWG zu messen ist. Schutzgüter seien hierbei die Betriebsabläufe und die Ressourcen des Empfängers, welche durch belästigende Werbung nicht beeinträchtigt bzw. gebunden werden sollten. Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sei rechtswidrig, da der Schutz der geschäftlichen Sphäre bei der erforderlichen Abwägung des Rahmenrechts gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Absenders Vorrang genieße. Wiederholungsgefahr sei gegeben, da keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben worden sei.

Keine wirksame Einwilligung: Dieser Eingriff sei nicht durch eine wirksame Einwilligung gedeckt. Selbst wenn der bestrittene Vortrag des Webseitenbetreibers zugrunde gelegt werde, halte die Einwilligungserklärung im Hinblick auf die Vorgaben von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (konkret § 307 Abs. 1 BGB) nicht der Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB stand. Eine Einwilligung in Kenntnis der Sachlage erfolge nur, wenn der Verbraucher wisse, dass seine Einwilligung ein Einverständnis darstelle und worauf sie sich beziehe. Folglich müsste dem Einwilligenden klar sein, welche Produkte und Dienstleistungen welcher Unternehmen konkret erfasst seien. Dies sei im konkreten Fall offengeblieben, so dass die Klausel als eine nicht ausreichende verdeckte Generaleinwilligung zu werten sei.

Kein Rechtsmissbrauch: Zwar habe der Empfänger gleichzeitig Unterlassung und Löschung seiner Daten geltend gemacht, implizit also auch die Datenweitergabe an die Dienstleister der Beklagten untersagt, bei denen ebenfalls die Löschung der Daten erfolgen solle. Dazu, ob eine einmalige Datenweitergabe nur zu Löschungszwecken zulässig sei, seien indes keine Feststellungen getroffen. Die Sache sei diesbezüglich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.


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