OLG Koblenz, Beschl. 15.1.2021 - 7 UF 385/20

Abtrennung eines nicht in den Verbund fallenden deliktischen Anspruchs in Beschwerdeinstanz

Autor: RiAG Niels Bauer, Lörrach
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 07/2021
1. Deliktische Ansprüche gegenüber dem Ehepartner wegen Täuschung bei Abschluss eines Ehevertrags stellen eine sonstige Familiensache nach § 266 FamFG dar.2. Sonstige Familiensachen nach § 266 FamFG sind nicht verbundfähig. Dies gilt auch dann, wenn diese hilfsweise in einer Folgesache geltend gemacht werden und ein enger Sachzusammenhang besteht.3. Eine erstinstanzlich unterlassene Abtrennung eines nicht verbundfähigen Antrages nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 145 ZPO kann auch in der Beschwerdeinstanz erfolgen. Der Scheidungsverbundbeschluss ist dann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Bezug auf das abgetrennte Verfahren aufzuheben und die abgetrennte Sache zurückzuverweisen.4. Bei der Prüfung einer Zurückverweisung nach § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist das Beschwerdegericht mangels Anwendbarkeit von § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht auf die Prüfung von gerügten Verfahrensmängeln beschränkt. Vielmehr ist der Beschluss von Amts wegen auf schwerwiegende Verfahrensfehler zu prüfen.5. Ein sich aus der ehelichen Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 BGB) ergebender wechselseitiger Unterrichtungsanspruch der Eheleute über ihr Vermögen endet mit Rechtskraft der Scheidung und umfasst anders als güterrechtliche Auskunftsansprüche nicht die Vorlage von Belegen.6. Auch nach Rechtskraft der Scheidung kann sich aus der fortwirkenden nachehelichen Solidarität nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Auskunftspflicht der geschiedenen Eheleute über ihr Vermögen ergeben.

ZPO § 145 ZPO, § 538 Abs. 2; BGB § 242, § 1353

Das Problem

Die Ehefrau hat im Scheidungsverbund einen Stufenantrag auf Zugewinnausgleich gestellt und hilfsweise Schadensersatz aus unerlaubter Handlung geltend gemacht, da sie der Auffassung ist, der Ehemann habe sie durch unrichtige Vermögensauskünfte im Vorfeld des Abschlusses ihres Ehevertrags arglistig getäuscht. Das AG hat die Beteiligten geschieden und die Folgesache insgesamt abgewiesen, da es der Auffassung war, der Ehevertrag sei bereits mangels fristgerechter Anfechtung wirksam und zum Schadensersatzanspruch sei nicht hinreichend vorgetragen.

Für das OLG stellte sich zunächst die Frage, ob ein im Rahmen einer Folgesache hilfsweise anhängig gemachter deliktischer Anspruch verbundfähig ist (§ 137 FamFG) und ob dieser noch in der Beschwerdeinstanz abgetrennt werden kann. Außerdem war über die Reichweite eines sich aus der ehelichen Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 BGB) bzw. Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebenden Vermögensauskunftsanspruch unter Eheleuten zu entscheiden.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG trennt den Antrag auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung vom Verbund ab und verweist dieses abgetrennte Verfahren unter Abänderung des Scheidungsbeschlusses an das AG zurück. Das FamG hätte über die hilfsweise geltend gemachten deliktischen Ansprüche und die flankierenden Auskunftsansprüche nicht innerhalb des Scheidungsverbunds entscheiden dürfen. Bei dem deliktischen Anspruch wegen Täuschung bei Ehevertragsabschluss handele es sich um eine nicht verbundfähige sonstige Familiensache i.S.d. § 266 FamFG. Die erstinstanzlich unterbliebene Abtrennung holt der Senat nach, indem er das Verfahren insoweit aufhebt und zurückverweist.

Das OLG zeigt zudem auf, dass sich aus der ehelichen Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 BGB) ein Vermögensauskunftsanspruch ergibt, der aufgrund fortwirkender nachehelicher Solidarität nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nach Rechtskraft der Scheidung bestehen kann. Der güterrechtliche Auskunftsanspruch half der Ehefrau nämlich nicht weiter, da insoweit weder der Stichtag des Anfangs- noch des Trennungs- oder Endvermögens relevant war, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags. Das OLG meint jedoch, dass dieser Auskunftsanspruch anders als die güterrechtlichen Auskunftsansprüche keinen Anspruch auf Belegvorlage umfasst.


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