Persönlichkeitsrechtsverletzende Veröffentlichung persönlicher Nachrichten

Autor: RA Dr. Aegidius Vogt, RAYERMANN Legal, München – www.rayermann.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2013
Die eigenmächtige Veröffentlichung einer persönlich an einen bestimmten Empfänger gerichteten Nachricht im Internet, insb. in sozialen Netzwerken, verletzt den Verfasser in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wenn weder der Inhalt der Nachricht noch die Person des Verfassers im öffentlichen Interesse steht.

OLG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2013 - 7 W 5/13

Vorinstanz: LG Hamburg, Urt. v. 7.1.2013 - 324 O 684/12

BGB §§ 823 Abs. 1, 1004; GG Art. 1, 2

Das Problem:

Ähnlich wie Urheberrechte (bspw. im Rahmen von Filesharing) werden auch Persönlichkeitsrechte im Internet oft verletzt. Letzteres kommt vor allem dann vor, wenn im Netz Meinungsverschiedenheiten ausgetragen werden, die den Boden der sachlichen Diskussion verlassen und eher die Person eines Beteiligten als die streitige Angelegenheit an sich betreffen.

Vorliegend veröffentlichte der Betroffene auf einer frei zugänglichen Onlineplattform einen Beitrag zu seiner adligen Abstammung, den ein Leser zum Anlass nahm, ihn anzuschreiben. Die darauf folgende, an ihn persönlich gerichtete und mit zahlreichen Rechtschreibfehlern behaftete Antwort stellte der Empfänger ungefragt in einer öffentlichen Gruppe in Facebook ein.

Die Entscheidung des Gerichts:

Während das Instanzgericht nach einer Abwägung der widerstreitenden Interessen noch anders entschieden hatte, bejahte das OLG Hamburg eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Briefverfassers und untersagte die Veröffentlichung.

Persönlichkeitsrecht: Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts sei Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers (s. BGH, Urt. v. 25.5.1954 – I ZR 211/53, NJW 1954, 1404). Hieraus folge die dem Verfasser grundsätzlich allein zustehende Befugnis, über das Ob und Wie einer Zugänglichmachung seiner Aufzeichnungen für die Öffentlichkeit zu entscheiden.

Interessenabwägung: Ausnahmen von diesem Grundsatz lasse die Rechtsprechung nur zu, wenn das öffentliche Informationsinteresse das berechtigte Interesse des Verfassers, mit dem Inhalt seines Schreibens nicht in der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, überwiege. Ein Beispiel hierfür sei etwa der vom BVerfG entschiedene Fall eines in einem Buch zur Veröffentlichung vorgesehenen Chefarztbriefs an einen Bürgermeister betreffend die Missstände in einem Gemeindekrankenhaus (BVerfG, Beschl. v. 12.4.1991 – 1 BvR 1088/88, NJW 1991, 2339). Dieser Brief sei in amtlicher Funktion geschrieben und an einen Amtsinhaber gerichtet worden. Zudem sei der Inhalt des Briefes von öffentlichem Interesse gewesen.

Kein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse: Im entschiedenen Fall könne demnach kein Überwiegen des öffentlichen Informationsinteresses festgestellt werden. Der Verfasser habe in seinem Antwortschreiben die Gründe dargelegt, aus denen er seine Berechtigung zur Führung seines Adelstitels herleite. Eine Thematik von besonderem öffentlichem Interesse sei hier nicht erkennbar, zumal es sich bei der Person des Antragstellers nicht um eine solche des öffentlichen Interesses handle. Zu berücksichtigen sei zudem, dass das fragliche Schreiben zahlreiche Rechtschreibfehler enthalte, weshalb dessen Veröffentlichung den Antragsteller in zusätzlicher Weise bloßstelle.


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