Unzulässige Verweigerung der Zustimmung zu Adwords-Werbung

Autor: RA Markus Rössel, LL.M. (Informationsrecht), Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2015
Es stellt eine gezielte Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG dar, wenn der Markeninhaber nach Einlegung einer Markenbeschwerde bei Google, durch die die Verwendung der Marke in Adwords-Anzeigen unterbunden wird, die Zustimmung zu der Adwords-Werbung eines Mitbewerbers nicht erteilt, obwohl die beabsichtigte Werbung das Markenrecht nicht verletzt.

BGH, Urt. v. 12.3.2015 - I ZR 188/13

Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 18.7.2013 - 6 U 4941/12
Vorinstanz: LG München I, Urt. v. 4.12.2012 - 1 HKO 13833/12

UWG §§ 4 Nr. 10, 8 Abs. 1; GMV Art. 9 Abs. 1

Das Problem

Eine Schmuckhändlerin handelt u.a. mit gebrauchten Uhren der Marke „ROLEX”. Die Markeninhaberin stellt hochwertige Uhren her, die sie selbst oder über konzessionierte Fachhändler ausschließlich als Neuware in Deutschland vertreibt. Die Schmuckhändlerin beabsichtigt Adwords-Werbeanzeigen „Ankauf: Rolex Armbanduhren” zu veröffentlichen. Google lehnte dies wegen einer von der Markeninhaberin eingelegten sog. allgemeinen Markenbeschwerde ab. Die Schmuckhändlerin forderte daraufhin die Markeninhaberin ohne Erfolg auf, der geplanten Werbeanzeige zuzustimmen.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Anspruch auf Zustimmung der Markeninhaberin zur Adwords-Werbung stehe der Schmuckhändlerin aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 10 UWG als Beseitigungsanspruch unter dem Aspekt der unlauteren Mitbewerberbehinderung zu.

Wettbewerbsverhältnis: Die Schmuckhändlerin sei als Mitbewerberin der Markeninhaberin i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Für am Erwerb der hochpreisigen Uhren der Markeninhaberin interessierte Kunden könne der Kauf einer gebrauchten Rolex-Uhr eine Alternative darstellen.

Keine wettbewerbswidrige Markenbeschwerde: Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setze eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgehe und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweise. Bei objektiver Betrachtung stelle sich die legitime Durchsetzung von Markenrechten etwa durch die allgemeine Markenbeschwerde bei Google für die davon betroffenen Mitbewerber aber nur als wettbewerbsimmanente Handlungsbeschränkung dar. Entscheidend sei, dass der Markeninhaberin eine effektive Durchsetzung ihrer Markenrechte im Internet wegen der Vielzahl und Vielfältigkeit möglicher Verletzungshandlungen ohne die Möglichkeit einer allgemeinen Markenbeschwerde bei Google kaum möglich sein werde.

Keine Beeinträchtigung der Markenfunktion: Werde eine Marke im Rahmen des Warenabsatzes oder des Ankaufs zu Zwecken des Wiederverkaufs zur Produktbezeichnung und damit zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen benutzt, trete hierdurch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke ein, gegen die der Markeninhaber geschützt sei (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2009 – I ZR 42/07 – DAX – Rz. 55, BGHZ 181, 77). Die von der in Deutschland ansässigen Schmuckhändlerin beabsichtigte Anzeige in deutscher Sprache beziehe sich aber auf Waren, bei denen die Voraussetzungen der Erschöpfung als markenrechtlicher Schranke gem. Art. 13 Abs. 1 GMV i.V.m. Art. 65 Abs. 2, Protokoll 28 und Anhang XVII Nr. 4 des Abkommens über den EWR vorlägen.

Gezielte Behinderung: Sei die beabsichtigte Werbung somit markenrechtlich zulässig, so sei die Verweigerung der Zustimmung bei objektiver Betrachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Schmuckhändlerin gem. § 4 Nr. 10 UWG gerichtet (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 190/05 – EROS – Rz. 23, GRUR 2008, 917). Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein schützenswertes Interesse hätten, sich im Internet konkret über die Ankaufsmöglichkeiten von Uhren einer bestimmten Marke zu informieren. Die Einlegung der Google-Markenbeschwerde und eine unterbliebene Zustimmung zu einer markenrechtlich unbedenklichen Werbung nach einer vorherigen Aufforderung durch den Werbenden seien als ein einheitliches Verhalten des Markeninhabers als aktives Tun anzusehen, durch das eine an sich unbedenkliche Sperrwirkung einer Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs eingesetzt wird (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 – I ZR 29/02, GRUR 2005, 581 [582]).

Beseitigungsanspruch: Soweit die Markeninhaberin ihre Zustimmung zu einer zulässigen Adword-Werbung verweigere und diese Werbung aufgrund der von der Markeninhaberin zuvor eingelegten Google-Markenbeschwerde als aktives Tun unterbleiben müsse, verhindere die Markeninhaberin ein erlaubtes Wettbewerbsverhalten der Schmuckhändlerin. Die geeignete und erforderliche Maßnahme zur Beseitigung der gezielten Behinderung gem. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 10 UWG sei die Erteilung der begehrten Zustimmung. Unzumutbarer Prüfungsaufwand könne nicht geltend gemacht werden, da dieser auch ohne die Erleichterung aufgrund der Beschwerdemöglichkeit bei Google bestünde.


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