Wettbewerbsverstoß durch Tippfehler-Domain – wetteronline.de

Autor: RA Florian Hecht, München
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 06/2014
Das Verwenden eines aus der fehlerhaften Schreibweise einer registrierten Internetadresse gebildeten Domainnamens (sog. Tippfehler-Domain) ist wettbewerbswidrig, wenn der Internetnutzer auf eine Internetseite geleitet wird, auf der er nicht die zu erwartende Dienstleistung, sondern Werbung vorfindet. Wird er dort jedoch sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der angestrebten Internetseite befindet, wird eine unlautere Behinderung regelmäßig zu verneinen sein.

BGH, Urt. v. 22.1.2014 - I ZR 164/12

Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 10.2.2012 - 6 U 187/11
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 9.8.2011 - 81 O 42/11

BGB § 12; UWG § 4 Nr. 10

Das Problem:

Ein Unternehmen, das den Begriff „WetterOnline” in seiner Firma führt und unter der Domain www.wetteronline.de eine werbefinanzierte Internetseite betreibt, auf der es wetterbezogene Informationen und Dienstleistungen erbringt, verlangt vom Inhaber der Domain www.wetteronlin.de, bei deren Aufruf eine Umleitung auf eine kommerziell genutzte, themenfremde Seite erfolgt, Unterlassung und Domainlöschung.

Die Entscheidung des Gerichts:

Anders als die Vorinstanzen sah der BGH das Namensrecht als nicht verletzt an und wies die Klage auf Unterlassung und Löschung insoweit ab; auch der wettbewerbsrechtliche Löschungsanspruch wurde verneint, i.Ü. wurde die Sache an das OLG zurück verwiesen.

Namensrecht: Ansprüche aus Namensrecht stünden dem Unternehmen nicht zu. Es fehle schon an der für namensrechtliche Ansprüche erforderlichen Unterscheidungskraft. Dem Firmenbestandteil „WetterOnline” komme im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand keine originäre Unterscheidungskraft zu, weil er den Geschäftsgegenstand, „online” Informationen und Dienstleistungen zum Thema „Wetter” anzubieten, unmittelbar beschreibe. Ferner liege auch keine erhebliche Interessenbeeinträchtigung durch die sog. Sperrwirkung infolge der Registrierung der Tippfehler-Domain vor (vgl. BGH v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, BGHZ 149, 191 [198] = CR 2002, 525 = ITRB 2002, 177 – shell.de), denn die Registrierung der Tippfehler-Domain hindere den Namensinhaber nicht daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse weiter zu benutzen.

Wettbewerbsrecht: Grundsätzlich sei jedoch eine unlautere Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG gegeben. Mit der Registrierung der Tippfehler-Domain verfolge der Inhaber nämlich das Ziel, Nutzer auf die unter dieser Adresse von ihm betriebene Internetseite zu leiten, die eigentlich die Internetseite mit dem richtig geschriebenen Domainnamen hätten aufsuchen wollen. Darin liege eine unlautere Behinderung in der Form des Abfangens von Kunden, denn der Inhaber der Tippfehler-Domain wirke auf Kunden, die bereits dem Mitbewerber zuzurechnen seien, in unangemessener Weise ein, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten und stelle sich damit zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden, um diesen eine Änderung ihres Entschlusses, das Angebot des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen. Der wettbewerbliche Charakter der Tippfehler-Domain liege im Ausnutzen typischer und deshalb vorhersehbarer Versehen bei der Adresseneingabe zugunsten des eigenen Angebots. Dies beeinträchtige zudem Verbraucherinteressen, da kein Internetnutzer, der die Internetseite www.wetteronline.de aufsuchen wolle, die unter der Tippfehler-Domain auffindbare Werbung erwarte. Die Tippfehler-Domain führe daher zu einer den Internetnutzer belästigenden Fehlleitung.

Unterlassungsanspruch: Das Unternehmen könne die Unterlassung der Nutzung der Domain www.wetteronlin.de nicht vollumfänglich verlangen, da dies auch erlaubte Verhaltensweisen erfasse. Die unlautere Behinderung liege vorliegend darin, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher unter der Internetadresse das Angebot von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema Wetter und keine themenfremde Werbung erwarte. Eine unlautere Behinderung schiede folglich aus, wenn der Nutzer auf der Internetseite sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht würde, dass er sich nicht auf der angestrebten Seite befinde, weil er sich vermutlich bei der Eingabe des Domainnamens vertippt habe.

Kein Löschungsanspruch: Löschung schließlich könne das Unternehmen nicht verlangen, da der Inhaber der Tippfehler-Domain unter dem Domainnamen unter den genannten Voraussetzungen eine rechtlich zulässige Internetseite betreiben könne, so dass das Halten der Domain nicht generell untersagt wurden könne.


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