Zur Reichweite des pers. Strafaufhebungsgrundes in Art. 31 GFK (Einreise mit falschem Pass/ über EU-Staat / Schleuser)

25.09.2013, Autor: Herr Peter von Auer / Lesedauer ca. 2 Min. (1070 mal gelesen)
Das OLG Bamberg hat dem EuGH mit einem Vorlagebeschluss vom 29.08.2013 einige interessante Fragen zum persönlichen Strafaufhebungsgrund des Art. 31 GFK (= Genfer Flüchtlingskonvention) vorgelegt.

Diese betreffen die Reichweite des persönlichen Strafaufhebungsgrundes, wie die Einreise mit falschen Pässen, mit Hilfe von "Schleppern" sowie über einen anderen EU-Mitgliedstaat.

Das OLG Bamberg hat dem EuGH mit Beschluss vom 29.08.2013 einige interessante Fragen zum persönlichen Strafaufhebungsgrund des Art. 31 GFK (= Genfer Flüchtlingskonvention) vorgelegt.

Diese Norm bestimmt:

"Die vertragschließenden Staaten werden wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts keine Strafen gegen Flüchtlinge verhängen, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht waren und die ohne Erlaubnis in das Gebiet der vertragschließenden Staaten einreisen oder sich dort aufhalten, vorausgesetzt, dass sie sich unverzüglich bei den Behörden melden und Gründe darlegen, die ihre unrechtmäßige Einreise oder ihren unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen."

In Deutschland gebietet § 95 Abs. 5 AufenthG die Anwendung dieses persönlichen Strafaufhebungsgrundes - freilich ohne genau dessen Reichweite zu bestimmen.

Umstritten ist, ob dieser Strafaufhebungsgrund nur die illegale Einreise als solche erfasst oder auch die - nach zutreffender Ansicht in vielen Fällen hierzu unerlässliche und daher ebenfalls zu berücksichtigende Einreise mit falschen / verfälschten Pässen bzw. mit Hilfe von Fluchthelfern ("Schleusern"):
Denn wie soll ein Flüchtling ohne derlei Mittel angesichts immer dichterer Grenzkontrollen bspw. auch nur auf einen Flughafen des ihn verfolgenden Herkunftsstaates gelangen, geschweige ein Flugzeug besteigen. Oder - zumeist zahlreiche -Landesgrenzen passieren, ehe er einen für ihn sicheren Staat erreicht hat (vgl. Fischer-Lescano/Horst, Das Pönalisierungsverbot aus Art. 31 I GFK, in ZAR 3/2011)?

Ebenso wenig kann das Eingreifen des Pönalisierungsverbots verneint werden, wenn ein Flüchtling zwar über einen anderen EU-Staat einreist, dort aber nicht sicher war, weil dieser Staat - wie bspw. Griechenland - das non-refoulement-Verbot (= Verbot der Zurückweisung in den Verfolgerstaat) in Art. 33 GFK verletzt.

Die Vorlagefragen des OLG lauten wie folgt:

1. Erfasst der persönliche Strafaufhebungsgrund des Art. 31 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (GK) über seinen Wortlaut hinaus auch eine Urkundenfälschung, die durch Vorlage eines gefälschten Passes gegenüber einem Polizeibeamten anlässlich der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftweg begangen wurde, wenn dieses Gebrauchmachen von dem gefälschten Pass zur Geltendmachung von Asyl in diesem Staat gar nicht erforderlich ist?

2. Lässt die Inanspruchnahme von Schleuserdiensten die Berufung auf Art. 31 GK entfallen?

3. Ist das Tatbestandsmerkmal in Art. 31 GK der "unmittelbaren" Herkunft aus einem Gebiet, in dem das Leben oder die Freiheit des Betroffenen bedroht war, dahingehend auszulegen, dass diese Voraussetzung auch dann erfüllt ist, wenn der Betroffene zunächst in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union (hier: Griechenland) eingereist war und von dort aus in einen weiteren Mitgliedstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) weiterreist und dort um Asyl nachsucht?