Wie funktioniert das Asylverfahren in Deutschland?

20.04.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (1121 mal gelesen)
Ausfüllen,Asylantrag,Flüchtling,Passport Wie läuft ein Asylverfahren in Deutschland ab? © Bu - freepik

Viele Menschen begehren in Deutschland Asyl oder Schutz vor Krieg und Folter. Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen Flüchtling und Asylant und wie läuft ein Asylverfahren eigentlich ab?

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) meldete im ersten Quartal 2023 den Eingang von 80.978 Erstanträgen und 6.799 Folgeanträgen auf Asyl. Im Vergleich zum ersten Quartal 2022 ist dies ein Anstieg um 80,3 Prozent bei den Erstanträgen und um 1,8 Prozent bei den Folgeanträgen. 2022 wurden 244.132 Asylanträge gezählt. Im ersten Quartal 2023 lag die Gesamtschutzquote - also die Quote derer, die insgesamt aus irgendeinem Grund bleiben dürfen, einschließlich Anerkennung als Flüchtling, subsidiärem Schutz, Abschiebeverbot, bei 51,1 Prozent. Dies ist ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Im März 2023 kamen die meisten Asylanträge von Personen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.
Wie läuft nun ein Asylverfahren ab und was passiert dabei? Hier einige Erläuterungen in Grundzügen.

Wo ist das Recht auf Asyl geregelt?


Art. 16a des Grundgesetzes schreibt vor, dass politisch Verfolgte in Deutschland Asylrecht haben. Auf gesetzlicher Ebene ist das Asylrecht im Asylverfahrensgesetz, Asylbewerberleistungsgesetz und Aufenthaltsgesetz geregelt. Seit 1993 ist das Asylrecht in mehreren Punkten eingeschränkt. So können sich etwa Ausländer nicht darauf berufen, die über einen anderen Staat der EU oder über ein sogenanntes sicheres Drittland nach Deutschland kommen. Sehr oft ist ein Antrag also in Deutschland erfolglos, weil ein anderes Land für die jeweiligen Personen zuständig ist.

Was bedeutet Asyl, Asylbewerber, Asylant?


Unter der Bezeichnung Asyl versteht man den Schutz, den ein Staat auf seinem Gebiet oder an einem anderen Ort unter seiner Kontrolle einer Person gewährt.
Ein Asylbewerber ist ein Mensch ohne deutsche Staatsangehörigkeit, der Asyl beantragt hat und der sich derzeit im Asylverfahren befindet.
Als Asylant wird ein Mensch bezeichnet, dessen Asylverfahren abgeschlossen ist und der als politisch Verfolgter anerkannt ist. Solche wegen politischer Verfolgung Schutzbedürftigen bekommen eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Was ist der Unterschied zwischen Asylant und Flüchtling?


Das Asylgesetz unterscheidet Asylberechtigte und Flüchtlinge. Wer als Asylberechtigter anerkannt wird, erhält eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz. Flüchtlinge – im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention – sind dagegen nicht allein politisch Verfolgte. Als Flüchtlinge sind demnach Menschen definiert, die ihr Heimatland aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verlassen haben.

Zu den Unterschieden gehört auch, dass die Bedrohung bei Flüchtlingen nicht unbedingt vom fremden Staat ausgehen muss. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Die rechtlichen Folgen beider Aufenthaltstitel sind gleich: Es besteht eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre.

Anschließend prüft die Behörde, ob die Voraussetzungen für den Asyl- oder Flüchtlingsstatus noch vorliegen. Wenn nicht, kann die Anerkennung widerrufen werden. Wenn ja, ist eine Verlängerung möglich. Nach frühestens drei Jahren kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn unter anderem der Lebensunterhalt weitgehend gesichert ist und die deutsche Sprache beherrscht wird. Dann darf der oder die Betreffende dauerhaft in Deutschland bleiben.

Was ist der sogenannte subsidiäre Schutz?


Nach dem Ausländerrecht wird subsidiärer Schutz Menschen gewährt, die keinen Anspruch auf politisches Asyl oder auf den Schutz als Flüchtling haben. Voraussetzung für den subsidiären Schutz ist, dass der Betreffende glaubhaft machen kann, bei der Rückkehr in sein Heimatland ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies kann zum Beispiel die Todesstrafe sein oder Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der letzte Teil betrifft viele der Kriegsflüchtlinge etwa aus Syrien oder dem Irak. Wird subsidiärer Schutz gewährt, führt dies zu einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative AufenthG. Diese gilt ein Jahr lang und kann dann für zwei Jahre verlängert werden (§ 26 AufenthG).

Wie läuft ein Asylantrag ab?


Wenn ein Asylbewerber nach Deutschland kommt, wird er zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht. Dort nimmt man seine Fingerabdrücke, erfasst seine persönlichen Daten und macht Fotos von ihm. Die Fingerabdrücke werden mit einer europaweiten Datenbank abgeglichen. So soll sichergestellt werden, dass nicht auch noch in einem anderen Land Asyl beantragt wurde. Anschließend kann der Asylbewerber bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seinen Asylantrag stellen. In der Zeit, in der dieser Antrag bearbeitet wird, ist ihm der Aufenthalt in Deutschland erlaubt – allerdings meist nur im Bezirk der Erstaufnahmeeinrichtung. Mehrere Bundesländer haben diese Regel inzwischen aufgehoben.

Wie läuft die Verteilung innerhalb von Deutschland ab?


Noch vor dem eigentlichen Asylantrag muss geklärt werden, in welchem Bundesland das Asylverfahren für die jeweilige Person stattfinden soll. Dazu gibt es das EASY-System (Erstverteilung der ASYlbegehrenden). Dieses nutzt den sogenannten Königsteiner Schlüssel, der eine gleichmäßige Verteilung der Asylbewerber auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sicherstellen soll. Durchgeführt wird dies als automatisiertes Verfahren per Computer, um Manipulationen zu verhindern. Asylbewerber, die für ihr Asylverfahren in ein anderes Bundesland reisen müssen, erhalten in der Regel ein Zugticket und ein Lunchpacket für die Reise. Am Zielort müssen sie sich in der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung melden.

Wie lange dauert ein Asylverfahren?


Die Dauer eines Asylverfahrens liegt zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Es kann jedoch auch länger dauern. 2022 waren es im Durchschnitt 7,6 Monate. In den einzelnen Bundesländern sind die Wartezeiten unterschiedlich. Sie hängen auch von der Zahl der gerade gestellten Asylanträge ab.

Was regelte die "Dublin-II-Verordnung"?


Diese EU-Verordnung sollte die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU regeln. Sie sieht grundsätzlich vor, dass jeder Asylsuchende in dem Mitgliedsstaat Asyl beantragen muss, in dem er zum ersten Mal EU-Boden betreten hat. Dann ist dieses Land für sein Asylverfahren zuständig. Damit könnte also theoretisch jeder, der über ein anderes EU-Land nach Deutschland gekommen ist, in das betreffende Land zurückgeschickt werden und so gut wie niemand könnte in Deutschland Asyl beantragen. Nur ging diese Rechnung nicht auf. Die Länder mit EU-Außengrenzen fühlen sich mit diesem System ungerecht behandelt und haben auch gar nicht die Infrastruktur, um große Zahlen von Flüchtlingen zu registrieren, unterzubringen und zu versorgen. Im Jahr 2013 wurden in über 4.700 Fällen Flüchtlinge in den Einreisestaat abgeschoben – das war auch damals bereits ein relativ geringer Anteil.

Was regelt die "Dublin-III-Verordnung"?


Aus den zuvor genannten Gründen wurde die Dublin-II-Verordnung 2013 überarbeitet und geändert. Seit dem 1. Januar 2014 gilt die "Dublin-III-Verordnung". Darin wurde neu geregelt, welcher EU-Mitgliedstaat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Nun gibt es eine Prüfreihenfolge, die festlegt, wie der für das Asylverfahren zuständige Staat bestimmt wird.

Dabei sind der Schutz des Kindeswohls sowie der Einheit der Familie besonders zu berücksichtigen. Bei unbegleiteten Minderjährigen ist derjenige Staat für das Asylverfahren zuständig, in dem sich schon Familienangehörige aufhalten, soweit dies dem Kindeswohl entspricht. Wenn ein Erwachsener Asyl beantragt, ist auf dessen Wunsch der Staat für das Asylverfahren zuständig, in dem sich enge Verwandte aufhalten, die sich schon im Asylverfahren befinden oder deren Asylantrag bewilligt wurde.

Von den genannten Fällen abgesehen, ist derjenige Staat für das Asylverfahren zuständig, in dem ein Asylbewerber die EU-Grenzen zum ersten Mal irregulär überschreitet.

Ist ein anderer Staat für den Antrag zuständig, sieht die Dublin-Verordnung vor, dass dieser Staat in der Regel gebeten wird, den Asylbewerber (wieder) aufzunehmen.
Neu eingeführt wurde ein Selbsteintrittsrecht, nach dem sich ein Dublin-Staat als zuständig für ein Asylverfahren erklären kann (Artikel 17 der Dublin-Verordnung).

Was passiert in der Zeit nach Stellung des Asylantrags?


Asylbewerber verbringen die ersten drei bis sechs Monate in der Regel in der Erstaufnahmeeinrichtung. Dann werden sie auf Wohnheime, Wohnungen und andere Unterkünfte aufgeteilt. Diese können sich auch an einem völlig anderen Ort befinden. Während des Aufenthalts in der Erstaufnahme ist den Asylbewerbern jede Arbeit untersagt. Sie erhalten dann ihren "notwendigen Bedarf" für Ernährung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter) in Form von Sachleistungen plus Taschengeld.

In den nächsten 12 Monaten dürfen sie theoretisch arbeiten. Voraussetzung ist aber, dass kein Deutscher oder anderer EU-Bewohner für den Job in Frage kommt. Sie haben Anspruch auf Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diese liegen unter dem Satz des Bürgergeldes. Nach frühestens 18 Monaten besteht Anspruch auf Leistungen nach dem 12. Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe).

Geflüchtete aus der Urkraine können seit 1. Juni 2022 Arbeitslosengeld II bzw. jetzt Bürgergeld erhalten. Voraussetzungen:

- Erkennungsdienstliche Behandlung,
- Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz beantragt,
- sogenannte Fiktionsbescheinigung ausgestellt oder
- Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz erteilt
- übrige Voraussetzungen für Grundsicherung nach 2. Sozialgesetzbuch erfüllt (z. B. erwerbsfähig).

Praxistipp zum Asylantrag


Gegen die Ablehnung eines Asylantrages können Asylbewerber eine Klage beim Verwaltungsgericht einreichen. Dies muss in der Regel innerhalb von sieben Tagen geschehen. Nach Ablehnung des Asylantrages und abgewiesener Klage droht die Abschiebung. Es gibt jedoch verschiedene Umstände, die eine Abschiebung unmöglich machen. Dann können die Personen mit einer "Duldung" zunächst in Deutschland bleiben. Ein Fachanwalt für Migrationsrecht kann Sie dazu fachgerecht beraten.

(Ma)


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