Ehescheidung im Ausland – in Deutschland anerkannt?

29.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (2225 mal gelesen)
Scheidung,Ausland,Anerkennung,Scheidungstourismus Eine Scheidung im Ausland gilt nicht selbstverständlich auch in Deutschland. © Bu - Anwalt-Suchservice

Viele deutsche Ehepaare lassen sich im Ausland scheiden, obwohl sie normalerweise in Deutschland leben. Allerdings wird eine ausländische Scheidung in Deutschland nicht ohne Weiteres anerkannt.

Es kommt gar nicht so selten vor, dass Paare, die in Deutschland leben oder deutsche Staatsbürger sind, ihre Ehe im Ausland scheiden lassen. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe: Vielleicht halten sich beide zum Zeitpunkt der Scheidung zufällig für längere Zeit im Ausland auf. Oder es haben zwei Ausländer in Deutschland geheiratet, lassen sich nun in ihrem Heimatland scheiden, und nur einer kehrt nach Deutschland zurück. Oft geht es aber auch um das Thema Bürokratie: Manch scheidungswilliges Paar erhofft sich im Ausland eine einfachere, schnellere und auch billigere Scheidung.

Werden Auslands-Scheidungen immer anerkannt?


Üblicherweise wird eine Ehe durch ein Gerichtsurteil geschieden. Gerichtsurteile aus einem Staat werden aber völkerrechtlich nicht zwingend auch in einem andern Staat anerkannt. So besteht zum Beispiel eine außerhalb der EU geschiedene Ehe aus Sicht des deutschen Staates einfach weiter – mit allen Folgen etwa für eine erneute Eheschließung. Nach deutschem Recht kann keine neue Ehe geschlossen werden, solange die alte Ehe noch besteht.
Ob eine Ehe noch besteht oder nicht, hat viele weitere Konsequenzen, etwa beim Thema Steuern oder Erbschaft.

Wie wird die Ehe aus deutscher Sicht beendet?


Eine ausländische Ehescheidung gilt in Deutschland erst als wirksam, wenn die Landesjustizverwaltung des zuständigen Bundeslandes sie offiziell anerkannt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die Ehepartner in den deutschen Personenstandsbüchern und Melderegistern als verheiratet eingetragen. Für diesen Zustand gibt es die umgangssprachliche Bezeichnung "hinkende Ehe".
In den vergangenen Jahren ging es bei den meisten Anträgen auf Anerkennung von Ehescheidungen um Scheidungsurteile aus den USA, der Türkei und der Russischen Föderation.

Einfachere Regeln innerhalb der EU


Innerhalb der Europäischen Union (außer: Dänemark) ist es etwas einfacher. Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten erkennen nämlich Scheidungen untereinander an. Es spielt dabei keine Rolle, welchem EU-Mitgliedsstaat die Eheleute selbst angehören. Lassen sich also zum Beispiel zwei Deutsche in Spanien scheiden, gilt diese Scheidung auch in Deutschland als rechtswirksam. Dafür ist kein besonderes Anerkennungsverfahren in Deutschland notwendig.

Zu Problemen kann es höchstens bei schweren Verfahrensfehlern oder einer Unvereinbarkeit mit den Grundprinzipen des deutschen Rechts kommen. Allerdings dürfte dies in EU-Ländern eher eine Ausnahme sein. Sind die Eheleute aus irgendeinem Grund daran interessiert, dass ihre Scheidung offiziell anerkannt wird, können sie ein deutsches Anerkennungsverfahren beantragen. Dies wird dann auch durchgeführt, ohne dass eine gesetzliche Pflicht dazu besteht.

Entscheidungen aus dem Heimatstaat


Entbehrlich ist die förmliche Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils durch deutsche Behörden auch dann, wenn die Ehe durch ein Gericht des ausländischen Staates geschieden wurde, dem beide Ehepartner bei der Scheidung angehörten. Ein solches Urteil wird auch als Heimatstaatentscheidung bezeichnet (§ 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
Dafür müssen also beide Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung die Staatsangehörigkeit des Scheidungsstaates gehabt haben. Sobald einer von ihnen eine zusätzliche Staatsangehörigkeit gehabt hat oder auch nur in einem anderen Staat einen Status als Asylsuchender etc. hatte, gilt diese Ausnahmeregelung nicht mehr.

Welche Behörde ist für die Anerkennung einer Scheidung zuständig?


Zuständig ist die Justizverwaltung des Bundeslandes, in welchem ein Ehegatte normalerweise seinen Wohnsitz hat. Wenn sich keiner der beiden Ehepartner in Deutschland aufhält, ist die Landesjustizverwaltung des Bundeslandes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen werden soll. Halten sich beide auf Dauer im Ausland auf und soll auch die neue Ehe im Ausland geschlossen werden, liegt die Zuständigkeit bei der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin.

Wer kann ein Anerkennungsverfahren beantragen?


Außer den betroffenen Ehegatten selbst darf jeder einen solchen Antrag stellen, der ein rechtliches Interesse an der Klärung der Statusfrage glaubhaft machen kann. Zum Beispiel kann dies eine Person sein, die einen der beiden Eheleute heiraten will, aber auch Erben oder Rentenversicherungsanstalten.

Wie funktioniert das Anerkennungsverfahren?


Ob eine ausländische Ehescheidung anerkennt wird, entscheidet die Behörde in einem Verwaltungsverfahren. Ein Gericht ist hier nicht beteiligt. Der Bescheid der Behörde kann jedoch gerichtlich überprüft werden. Die meisten ausländischen Ehescheidungen werden in Deutschland jedoch anerkannt.

Eingeleitet wird ein Anerkennungsverfahren nur auf Antrag. Diesem sind die Originale einiger Dokumente beizulegen. Insbesondere sind dies ein Nachweis über die Eheschließung und das ausländische Scheidungsurteil oder die ausländische behördliche Urkunde über die Scheidung. Unter Umständen können je nach Fall auch weitere Dokumente verlangt werden. In Deutschland müssen mit den Originaldokumenten auch Übersetzungen vorgelegt werden, die ein dazu ermächtigter Übersetzer angefertigt hat.

Auch muss die Echtheit der ausländischen Dokumente durch die diplomatische Vertretung des ausländischen Staates in Deutschland bestätigt werden. Diese Art der Beglaubigung nennt man eine "Legalisation".
Unter den Staaten des Haager Abkommens von 1961 reicht eine sogenannte Apostille aus. Dies ist eine Echtheitsbescheinigung, die von der zuständigen Behörde des betreffenden Staates ausgestellt wird.

Was versteht man unter Privatentscheidungen?


Nicht nur Ehescheidungen durch staatliche Gerichte können offiziell anerkannt werden, sondern auch sogenannte Privatentscheidungen. Dies sind beispielsweise Ehescheidungen durch religiöse Autoritäten. Privatentscheidungen existieren etwa im jüdischen und im islamischen Recht, aber auch im Eherecht der christlichen Kirchen oder im afrikanischen Stammesrecht.
Ein Beispiel für eine solche Privatentscheidung ist die Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann nach dem islamischen Recht. Allerdings erfordert auch dieser Vorgang in vielen Staaten die Beteiligung eines Gerichts oder jedenfalls eines Notars und ist behördlich zu registrieren.

Praxistipp


Beim sogenannten Scheidungstourismus kann die Anerkennung in Deutschland leicht daran scheitern, dass das ausländische Gericht für eine Ehescheidung überhaupt nicht zuständig war, weil die Ehepartner keinerlei Beziehung zu dem ausländischen Staat hatten. In diesem Fall wird in Deutschland noch einmal ein ganz normales Scheidungsverfahren erforderlich. Damit hat die ausländische Ehescheidung keine Kosten gespart, sondern zusätzliche Kosten verursacht. Diesen Fehler gilt es also zu vermeiden. Qualifizierte Beratung im Scheidungsfall finden Sie bei einem Fachanwalt für Familienrecht.

(Bu)


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 Stephan Buch
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